Fragwürdige Gruppen, Internetseiten,etc

Und da ist die Idee ja gerade, menschenfeindliche, rechte Inhalte auf eine Art zu präsentieren, die bei oberflächlicher Betrachtung legitim oder gar links wirkt. Da sind solche Sachen wie die Nationalen Autonomen, die das Erscheinungsbild und die Organisation linker Autonomer kopieren, damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, es wären die linken Autonomen, die den Krawall machen. Oder um auch die linken Autonomen zu unterwandern. Autonomous.kollektiv gehört in diese Systemgegner-Strömung, die unter dem Deckmantel der Medienkritik durch gezieltes Manipulieren von Bildmaterial Stimmung gegen Migranten oder Flüchtlinge machen. Dein Flüchtlinge-werfen-Essen-Weg-Video ist so ein Paradebeispiel dafür. Da wird manipulativ Bildmaterial ausgewählt, es werden scheinbar unschuldig Fragen gestellt (warum werfen die das weg?) und falsche, aber plausibel scheinende Antworten gegeben (denen geht es ja offensichtlich gut), und das ganze wird dann natürlich nicht unter als "Hetze gegen Flüchtlinge" etikettiert, sondern als "Medienkritik", indem es mit der Frage garniert wird "Warum berichten die Mainstreammedien nicht darüber?" <- (Spoiler: Weil es ausgedachter Unsinn ist). Das scheinbare Ziel ist also etwas, womit man auch in großen Teilen der linken Szene punkten kann (Medienkritik ), das eigentliche Ziel ist aber, eine rechte Diskursstruktur in der linken Szene oder gar im Mainstream zu etablieren.
Gerade am Begriff der "Lügenpresse" kann man das gut nachverfolgen. Das ist ein relativ alter linker Topos. Aus der Geschichte mit '68, der RAF und Springer heraus entstanden. Nachdem die Hetze der BILD ziemlich direkt an den Attentaten auf Ohnesorg und Dutschke mitverantwortlich war, war das Verhältnis von Linken und der deutschen Presse nachhaltig geschädigt. '68 war ja auch gerade mal zwanzig Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches und der Propagandaerfahrung dieser Zeit. Es gab natürlich noch linke Presse. Aber als dann das "Sturmgeschütz der Demokratie", das ehemalige Nachrichtenmagazin Spiegel im Zuge der Blairisierung der SPD den linken Diskurs verließ, war die Linke in Deutschland der Presse endgültig entfremdet. Von einigen lokalen Blättern wie der TAZ mal abgesehen. Das war genau die Gemütslage, an der rechte Querfrontler mit ihrer Lügenpresse-Rhetorik angeknüpft haben. Vornehmlich die links-rechts-dichotomie überwindend (sinngemäß Ken Jebsen: Ich kenne kein Links und kein Rechts mehr, ich kenne nur noch unten gegen oben), haben sie mit den Mahnwachen an alte, linke, klassenkämpferische Instinkte appelliert, und hatten damit bei den unreflektierteren Linken auch einigen Erfolg. Prominent vertreten waren dabei neben dem Antisemiten Jebsen auch homophobe, antisemitische Gruselgestalten wie Jürgen Elsässer, der politisch-inhaltlich super in die NPD passen würde, sich aber äußerlich als Bürgerlich-konservativer gibt. Das ist so das Klima, in dem auch die Idee der "Lügenpresse" entstanden ist: Der angeblich 'staatlich gelenkten' Propagandapresse. Wirklich unabhängig und frei sind in dem Szenario dann nur solche Leute Organe wie Jebsens KenFM oder Elsässers Compakt-Magazin. Die sind aber tatsächlich vor allem (wie jede andere Zeitung auch) Katalysatoren für die Verbreitung der politischen Haltung ihrer Inhaber. Die Idee hinter der "Lügenpresse" ist jetzt aber alles, was diesem faschistoid-verschwörungstheoretischen Narrativ widerspricht, als "Propaganda" zu diskreditieren, um die alleinige Deutungshoheit zu beanspruchen. Dass die "besorgten Bürger" von Freital jetzt von "Lügenpresse" reden und der Begriff damit ganz offen da angekommen ist, wo er schon immer war, in der Hand strammer Neonazis, ist dabei ein Treppenwitz. Denn die bestehen ja darauf, keine Neonazis zu sein, sondern nur "besorgte Bürger" aus der "Mitte der Gesellschaft". Was genau das ist, was mit der Querfront bezweckt wird: Rechtes Gedankengut in die Mitte der Gesellschaft tragen, indem man dafür sorgt, dass es nicht mehr sofort als Rechts erkennbar ist.