Far Away Land

Tybalt

Gott
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Es war einmal eine schlichte, ganz normale Fantasyswelt. Aber eines Tages wurde die Welt von Alien angegriffen, schlank, groß, grau und mit großen schwanrzen Augen. Der Angriff war hart und brutal, und es sah schnell so aus als ob die Aliens gewinnen würden. Aber dann erwachten die uralten Beschützer der Welt aus ihrem tiefen, langen Schlaf und griffen in den Kampf ein: gigantische, PSI-begabte Schnecken. Sie kämpfen Seite an Seite mit Elfen, Zwergen und anderen Rassen. Die Aliens aktivierten Dimensionsportale um zusätzliche Armeen von ihrem Heimatplanten herbeizuholen, aber das ging schief und aus dem ganzen Multiversum wurden Lebewesen, Teile von Landschaften und sogar Städte in das Far Away Land gezogen. So kamen auch die Menschen in dieses Land. Die Aliens waren von von ihrem dringend benötigten Nachschub abgeschnitten und konnten besiegt werden, aber das Far Away Land war für immer verändert…




Far Away Land ist ein regelleichtes, oldschooliges Fantasy-Rollenspiel mit sporadischen Science Fiction-Elementen. Erhältlich ist es auf DriveThruRPG /RPGNow in PDF und Print (PoD), in 4 vollfarbigen Einzelbänden (PDF 8$/PoD 15$) oder ein einem einzigen, ebenfalls vollfarbigen Hardcoverband, dem "Tome of Awesome". (PDF 25$ / PoD 35$ / PoD Premium 45$) Und seien wir ehrlich, "Tome of Awesome" klingt doch gleich viel besser als "Grundregelwerk" oder "Basisregelwerk"...


FAL setzt sich nicht nur durch seine Grafik vom Gros der Fantasy-Systeme ab, sondern auch und gerade durch die schrägen Settingelemente. Die Grafik ist simpel und weit weg von der üblichen Fantasy-Ästhetik, sie ist gut, aber erstmal gewöhnungsbedürftig. Und es fallen sehr schnell die speziellen Eigenheiten des Settings auf, daß im Kern grundsätzlich ein gewöhnliches EDO-Setting wäre, wenn es da nicht die vielen schrägen Details gäbe. Z.B. die Agnun, eine Rasse von militanten, telepathisch begabten Wesen die wie Nonnen aussehen und die auf Bären in den Kampf reiten, die Nokil, eine Rasse von bösen Abraham-Lincoln-Klonen, die Orka, eine Rasse von blauen Humanoiden mit nur einem zentralen Auge und Stacheln anstatt Haaren, die Soracan, riesige, fliegende Roboterköpfe… und das ist nur die Spitze des Eisbergs. FAL ist im wahrsten Sinne des Wortes bunt, manchmal ein bißchen albern, es ist randvoll mit skurrilen Ideen, es nimmt sich selbst nicht ernst, aber das ändert nichts daran daß SCs durchaus sterblich sind, und der Kampf in FAL kann sehr brutal sein. Es ist, auch wenn das auf den ersten Blick anders erscheinen mag, sehr, sehr weit weg von einem Slapstickspiel wie Toon und viel näher dran an Spielen wie Tunnel & Trolls, Dungeonslayers oder den OSR-Retro-Klones.


Die Regeln von FAL sind simpel. Es gibt 3 Attribute und 15 Fertigkeiten (Boons genannt), für Proben wird ein W6 Pool gebildet wobei nur der höchste Würfel zählt. Wenn also bei einem Pool von 3W6 2, 4, und 5 gewürfelt wird ist das Ergebnis des Wurfs 5. Jede 6 nach der ersten gibt +1 auf das Ergebnis, 2,6 und 6 würde also 7 ergeben. Nachteile (Flaws) ziehen Würfel vom Pool ab. Der Kampf läuft über vergleichende Proben ab, der Erfolgsgrad wird als Bonus zum Schaden addiert, Rüstung verringert Schaden. Alles nichts weltbewegend neues, aber sehr kompakt und in sich schlüssig.


FAL ist ein klassenloses Stufensystem, wobei man mit Erfahrungspunkten entweder die Stufe steigern kann oder ein Attribut bzw. eine Fertigkeit. Die Stufe beeinflußt die Lebensenergie, die Gummipunkte und die Spruchstufe, die Magier lernen können. Wobei der Anstieg der Lebensenergie eher gering ist.


Wo wir gerade bei Magie sind, Magie läuft ähnlich wie bei D&D, man lernt Sprüche, und kann x Sprüche pro Tag anwenden. Im Gegensatz zum klassischen D&D muß man die Sprüche aber nicht morgens memorieren, man zaubert einfach drauf los bis man die maximale Anzahl von Sprüchen pro Tag rausgehauen hat. Auch die Spruchliste ist sehr deutlich von D&D inspiriert, was aber an sich keine schlechte Sache ist. FAL unterscheidet allerdings nicht zwischen Kleriker und Magier, es gibt nur eine Spruchliste.


Für ein regelleichtes System ist FAL recht umfangreich, es geht sehr in die Breite. Es gibt Regeln für die Erschaffung von magischen und normalen Gegenständen, für Massenkampf, Regeln für Sonderfertigkeiten von Kreaturen und zum Basteln von Kreaturen, sogar Regeln für hochstufige SCs, die sich niederlassen wollen und sich eine Burg o.ä. bauen möchten. Und es gibt ein Mini-Spiel zum gemeinschaftlichen Erschaffen einer Spielwelt.


Aber FAL bringt auch seine eigene Welt mit, inkl. Schöpfungsgeschichte und andere Existenzebenen wie z.B. der Hölle oder der Elementarebene. Die Welt selbst ist eher ein Sammelsurium aus verschiedenen Ideen als ein kohärentes Ganzes, was es aber sehr leicht macht, das Setting zu verändern und eigene Ideen einzubringen. Zumal in der Geschichte der Welt glaubhaft dargestellt wird, warum die Welt manchmal wie ein Flickenteppich wirkt…


Negativ fällt auf daß FAL manchmal etwas schwammig formuliert ist, und es hapert an ein, zwei Stellen mit den Regeln. So fehlen die Regeln für den unbewaffneten Kampf (Wieviel Schaden macht ein unbewaffneter Angriff? Das Regelwerk schweigt dazu.), und an anderen Stellen gibt es nur vage Hinweise. So schlägt der Autor vor, man könne auch Humanoiden aus dem Bestiarium (Zwerge, Elfen, die schon oben erwähnten Orkas und noch mehr) spielen, aber die bringen alle eigene Vorteile mit. Kein Wort dazu wie man dann damit umgeht, daß die Menschen keinerlei Vorteile haben. Dann sind einige Sprüche arg knapp beschrieben, das kann unnötige Diskussionen am Spieltisch nach sich führen.


Aber trotzdem: FAL ist ein sympathisches, regelleichtes Spiel mit einem durchdachten Regelkern, einem ganz eigenem Stil und genug Material um vernünftig loszulegen. Dazu kommt noch, daß es bei DriveThruRPG /RPGNow einen ganzen Schwung Abenteuer gibt, die man sich umsonst runterladen kann, und auch ein paar Papierminis in FAL-Ästhetik, wobei das Spiel grundsätzlich keine Minis braucht.


Wer ein einfaches, schnelles, klassisches Fantasy-System sucht sollte sich FAL mal genauer anschauen. Und auch wer von dem skurrilen Setting abgeschreckt ist kann trotzdem einen Blick riskieren, das Setting ist in keiner Weise mit den Regeln verzahnt.
 
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