Erwachen

Durro-Dhun

Erklär(wer)bär
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12. September 2003
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Szene: Erwachen


Langsam beginnen die Augenlider zu zucken. Wie von Kleister gehalten scheinen sie mir heute, öffnen sich nur widerwillig. Hell.
Noch bevor das malträtierte Hirn überhaupt den gleißenden Einschlag des Lichtes auf der Netzhaut verarbeite, zuckt das Auge bereits wieder zu.
Noch ein Versuch.
Diesmal vorsichtig, wissend. Trotzdem entrinnt der trockenen, ausgedorrten Kehle ein schmerzhaftes Grunzen. Die Sehnerven schreien malträtiert auf. Langsam, fast schon verschämt wird der Blick schärfer. Verliert sich in der Skyline aus leeren Bierflaschen auf dem Tisch, die um meinen Kopf herum drapiert sind.
Der Kopf ruckt von der Tischplatte, verknotete Muskeln im Rücken straffen sich, schwankend richtet sich der Oberkörper auf. Sicherheitshalber auf dem Tisch abstützen. Ein Bierkäpselchen, auf dem mein Kopf die Nacht über lag, löst sich von der Wange, tanzt trällernd, spöttisch, hämisch klimpernd über den Boden.

Nur langsam realisiert mein blutunterlaufener Blick die Szene. „Muss ja eine riesen Feier gewesen sein“, schießt es mir durch den Kopf. Eine leise, verträumte Glocke beginnt in meinem Unterbewusstsein zu klimpern, aufdringlich... um Aufmerksamkeit heischend. Unbemerkt.
Dann zuckt der Blick plötzlich auf den mit klebrigen Bierflecken verunstalteten Computerausdruck. Die Erkenntnis ist grausam...
Wieder schweift der Blick über die geleerten Flaschen. Eine schadenfrohe Stimme zählt in Gedanken laut mit... ein leicht fehl am Platz wirkender Teil meines Unterbewusstseins ist – typisch männlich! - stolz auf die Menge des vernichteten Alkohols. „Nicht schlecht, so ganz alleine...“ flüstert er mir zu...
Endlich werde ich mir auch wieder der Erinnerung bewusst, auf die mich das schrille Klimpern der gedanklichen Glocke vorhin so penetrant hinweisen wollte.

Mit zitternden Fingern greife ich nach dem versifften Blatt. Einige Buchstaben sind verschwommen, doch alles in allem ist der Text noch gut lesbar. Mit unbewegter Miene überfliege ich ihn, die Worte, die mir am Abend zuvor so flüssig, unter so viel heißen Tränen aus den Fingern durch die Tastatur in den PC geflossen sind, scheinen mich nicht einmal mehr zu berühren.
Und doch hatten sie sich in meine Seele gebrannt, bevor ich sie auf dieses wertlose Stück Papier gebannt hatte, mit einem simplen Mausklick auf den „Drucken“-Button.

Wie lange hatte ich gebraucht, um mir bewusst zu werden, dass das mit uns nichts werden wird, werden kann ?
Eine Woche? Einen Tag? Ein Wort einer guten Freundin?
Der Kopfschmerz setzt ein, etwas vier Zentimeter innerhalb des rechten Auges... wie die Kriegstrommeln eines kleinen, verrückt gewordenen Moria-Orks in meinem Schädel.
Mein Rücken fühlt sich an, als hätte jemand stundenlang, geduldig hineingetreten, die Schultern....
Ein schriller Schmerz durchschießt meine Ohren, die Klingel an der Haustür schreit ihren Protest über mein verspätetes Aufwachen hinaus. Benommen, torkelnd, stolpere ich zur Türe. Als ich sie öffne, stehst du vor mir, mit verheulten Augen, verlaufener Schminke, wirfst dich mir in die Arme, küsst mich auf den Mund und...


Kaltes Glas berührt meine Lippen. Die Augen blinzeln, scheinen mit Kleister verleimt zu sein. Als sich der Blick erhellt, werde ich mir der Skyline der um meinen Kopf drapierten, leeren Bierflaschen bewusst, die neben diesem auf der Tischplatte stehen...
 
Durro-Dhun schrieb:
Szene: Erwachen


Langsam beginnen die Augenlider zu zucken. Wie von Kleister gehalten scheinen sie mir heute, öffnen sich nur widerwillig. Hell.


Ich finde dieses Hell sehr gelungen.

Hell wie zuviel Licht und Hell wie Hölle.

Ansonsten seeeeehr geil geschrieben.

Nochmal Postverbot.
 
danke... tut gut, so was zu hoeren... das war der erste Text, ueber den ich mir vorher mal laenger Gedanken gemacht habe....alle anderen waren mehr spontane Sachen...
 
Ich würd sagen, zweimal Postverbot hebt sich auf... also... schreib weiter ja? bitte...

@Seele... schon mal drüber nachgedacht, was dieses Forum versäumt, wenn manche der Leute hier dein Postverbot ernst nehmen?! (ist nicht böse gemeint... ich bin nur grad... etwas... nachdenklich...)
 
Höy......

Das war ja auch NIEMALS ernst gemeint, sondern einfachnur als mehr oder weniger witzige Parole gemeint
 
ICH weiß... ja, ich weiß ja...

...

:nixwissen

ach ich weiß gar nix... woher soll ich wissen, wie ich das meine...
oder wie ich auf die Idee komm... :koppzu:

es ist nur... Zweifel

Ich weiß, wies gemeint is - aber wenn da nur einer dabei is, der das nicht weiß... versäumen wir da nicht unglaublich viel?


kann mir mal jemand sagen worauf ich würfeln muss um einen wurf gegen zweifel zumachen? zweifel (TM) machen immer alles kaputt...
ich hasse das...
 
@Tarha:

Der Wurf geht auf Selbstsicherheit, du kannst ihn dir aber durch Freunde und intensive Gespräche mit ihnen erheblich erleichtern ;)
 
das is echt wahnsinnig gut, was du geschrieben hast. gefällt mir verdammt gut.
 
Selbstsicherheit? Da hab ich nur 3W10, Schwierigkeit ist für sowas 8...
mal sehen...

[dice]
 
Neee... Freunde und Gespräche erniedrigen die Schwierigkeit um 3, also hast du einen Erfolg ... :)

Alte Pessimistin ;)
 
Du versuchst es mit allen Tricks, was? Patzer ist Patzer...

ich bins gewöhnt
 
Die generelle Schwäche dieser Szene ist, dass die Vergleiche sehr erzwungen wirken und in den seltensten Fällen passen.
Wenn du außerdem Fremdwörter benutzt, fällt es besonders auf, wenn dir mit jenem Wort auf recht kurzer "Distanz" eine "Dopplung" widerfährt.
Unglücklich ist die gleichzeige Nutzung von "lateinischen Fremdwörtern" und "Anglizismen".
Der Satzbau ist ebenfalls wenig überzeugend, da die Geschichte viel zu hypotaktisch ist und innerhalb der Nebensätze Informationen transportiert werden, die durch die bloße Flut an ihnen ins Lächerliche gezogen werden.
Die eigentliche Geschichte hat ein nettes Ende, mehr jedoch nicht.
Innerhalb so weniger Zeilen es ist günstiger anhand der geschrieben Worte, wichtige Eindrücke zu vermitteln und der Anflug von "männlichem Stolz" gehört nach meinem Verständnis deiner Geschichte nicht dazu.

Grüße,
Hasran
 
@Hasran:

Aha.... naja, die Geschichte hab ich ja eigentlich auch nicht für die User hier geschrieben, sondern nur, um sie von der Seele zu kriegen... Ich denke nciht großartig über meine Texte nach, meistens sprudeln sie nur so aus mir heraus und ich überarbeite sie auch nur sehr wenig. Deshalb gleichen meine Geschichten meist meiner Redeweise... die du ja hier ausgiebig kritisierst...

Werde aber trotzdem mal deine Argumente bei der nächsten Story berücksichtigen...
 
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