Eine erzwungene Entscheidung - a short story in Unhallowed Metropolis

Nishiko

Wiedergänger
Registriert
15. Juni 2007
Beiträge
74
Emily räkelte sich in dem großen Bett und genoß die weiche Daunendecke, die ihren schlanken Körper bedeckte. Obwohl der Abend mit Lord und Lady Kelly am Anfang recht schleppend begonnen hatte und sie fast schon mit einem desaströsen Ende gerechnet hatte, war es doch erstaunlich gut gelaufen. Sie war mit dem gut aussehenden Adeligen ins Gespräch gekommen und er war nicht abgeschreckt gewesen, als er von ihren „anderen“ Talente gehört hatte, nein, er hatte sich sogar sehr dafür interessiert.
Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie an den groß gewachsenen, jungen Mann dachte. So edel und doch so normal… Mit diesem seeligen Lächeln schlief die junge Diebin ein und fiel schnell in einen tiefen Schlaf, der von romantischen Träumen mit „ihrem“ Lord versüßt wurde…

Ihre Reflexe ließen sie erwachen, als es plötzlich zu poltern begann. Noch bevor sie richtig wach war, hatten ihre Hände den schlanken, kühlen Griff des Kampfmessers umschlossen und Emily atmete ruhig und lauschte in die Nacht hinein. Über ihr schien etwas zu passieren, doch so schnell wie es begonnen hatte, war es auch schon vorbei. Vielleicht hatte sie doch zu tief geschlafen, gefangen in ihren Träumen. Dieses Haus verleitete einen leicht dazu…
Vorsichtig und leise erhob sie sich aus dem Bett und schlich langsam zur Tür. Ohne einen Laut öffnete sich diese unter ihren zarten Händen und schwang nach innen, während die junge Frau sich hinausbewegte. Aus dem Dienstbotenflügel hörte sie leises Flüstern und tippelnde Schritte, doch die Diener ließen sich nicht sehen. Zu viel passierte in letzter Zeit in diesem Haus.
Sie bahnte sich weiter ihren Weg durch die dunklen Flure und lugte um die nächste Ecke, als plötzlich William vor ihr stand. Aufrecht und dunkel schien er dort fast regungslos zu stehen. Noch bevor sie ihn ansprechen konnte, winkte er ihr zu, ihm zu folgen. Aus dem Gang heraus. In die Bibliothek.

Was danach passierte, schien Emily wie ein böser Traum zu sein. Seine kurzen und stockenden Sätze rauschten an der jungen, verliebten Frau vorbei, ohne sie wirklich zu berühren. Doch sie konnte fast sehen und spüren, was er ihr erzählte…

Lord und Lady Kelly saßen in ihrer Kutsche und befanden sich gerade auf dem Weg nach Hause. Leicht angeheitert und erfreut, wie angenehm der Abend verlaufen war, scherzten die beiden miteinander. Vielleicht war ihr Schattendasein unter den gnadenlosen und unwirtlichen Lavenders bald vorbei, ersetzt durch die führende Hand eines anderen Lords, der Worte wie Mitleid, Hilfe und Vernunft kannte. Auch über die junge Ms Harrington sprachen sie, beschwingt durch den Alkohol und zumindest von seiner Seite durch großes Interesse und eine gewisse, wachsende Zuneigung.
Plötzlich ging ein Ruck durch den Wagen. Ein kurzer, erstickter Schrei vom Bock der Kutsche ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Schützend lehnte sich Lord Kelly vor seine Schwester, als plötzlich ein Gesicht im Seitenfenster zu sehen war. Erleichterung.
„Cerberus, wie gut, Sie hier zu sehen. Was passiert dort draußen, werden wir angegriffen?“
Noch bevor sie realisieren konnten, was geschah, schwang sich der trainierte Körper des Dhampirs in die enge Kutsche. Die Hände legten sich noch im Flug auf die zwei Schwerter, die an seiner Seite hingen. Wie in einem Tanz schwangen die Klingen von außen durch die Körper der beiden Adligen und trafen in der Mitte klirrend aufeinander. Zurückgezogen, um doch gleich wieder zuzustoßen und sich in die Herzen ihrer Opfer zu bohren.
„Es tut mir leid“, hörte man die traurige Stimme des Dhampirs, der nicht wusste, warum sein Gönner ihren Tod gewünscht hatte. Mit einem Schwung war er durch die Seitentür gesprungen und in der Nacht verschwunden.

„Was hast du getan, William? WAS HAST DU GETAN?“
 
Zurück
Oben Unten