Ein Tag

Lethrael

Schreiberling
Registriert
9. März 2004
Beiträge
1.858
Ich schreib mal ne zweite Kurzgeschichte hier rein, wär für mich interessant, was iohr davon haltet.
Ein Tag.
In dem dunkel einer mondlosen nacht, jagt eine eule. Ihr leiser schrei hallt wie durch einen alptraum in meinen ohren wieder, wie tausend glocken so hell. Einsam, ja das bin ich, ich weis es, niemand ist bei mir. Tiefe leere um mich herum, nur weis ich es immer noch nicht wie es dazu kam.
Alles begann an diesem morgen, am frühstückstisch, ein belangloses wort, ein hartes wort und sie war fort. Sie sagte sie kommt wieder, wenn sie sich beruhigt hat, meine mama, doch laut fuhr mir ein quietschen und ein schrei in die ohren. Sie ist fort, weit weg, nicht zu erreichen.
Der polizist wollte von mir wissen, was geschehen ist, wollte nicht glauben, das ich schuld hatte, verneinte es, doch ich weis es, es ist meine schuld. Ich lief fort, wollte allein sein, ich lief bis zu meinem versteck, weis nicht wo ich hin soll, papa ist weg, irgendwo, ich weis es nicht, mama ist weg, irgendwo, ich weis es nicht. Niemand ist da, niemand ist bei mir.
Wollte nur raus, irgendwohin ich weis es nicht, so landete ich hier, weit weg von zuhause, ich weis nicht wo ich bin. Doch da, hinter mir ist jemand, ich höre ihn näher kommen. Ich habe angst, ich bin so einsam.

Ich wanderte so lange durch die Heide, diese Ruhe, wie schön ruhig es hier ist, dennoch lassen mich diese Bilder von heute Morgen nicht mehr los, eine Frau lief vor meinen Augen in ein Auto, ich weis nicht wieso sie es tat, ich weis es nicht. Doch ihr Sohn tat mir leid, jetzt ist er ganz allein auf der Welt. So wie ich. Auch ich bin allein, ganz allein, wenn ich ihm nur helfen könnte, dem armen Jungen, wie er dastand, so allein, so einsam. Ich hatte keine Lust mehr zur Arbeit zu gehen, wo ich nur zerstörte Familien sehe, ich wollte nur meine Ruhe haben, so bin ich in die Heide gefahren, um hier zu entspannen, doch ich höre etwas weinen, ich weis nicht wer es ist, aber ich werde ihm helfen. Ich werde dich finden, wer auch immer du bist.

Polizeiprotokoll vom 21.03.04:
Protokollführer: Oberkommissar Walter König
Tatbestandsaufnahme: Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang.
Beteiligte: Frau Sarah Neuhuber und Herr Phillip Maximilian Meier.
Zeugen: Herr Peter Meier, Herr Samuel Müller, Herr Nicolaus Lessing, Frau Simone Lessing und Frau Rauke Adelbar
Protokoll: Um 9.32 Uhr ging in der Polizeidienststelle am Neudamm ein Notruf ein, gemeldet wurde eine Frau mit schwerster Kopfverletzung.
Als der Funkwagen am Unfallort eintraf wurde schnell offensichtlich, dass Frau Neuhuber, ohne auf den heranfahrenden Mercedes E-Klasse von Herrn Meier zu achten, auf die Straße gegangen ist und dort von dem heranbrausenden Wagen erfasst wurde.
Frau Neuhuber erlitt schwerste Kopfverletzungen, die zum Tode führten. Sie hinterlässt einen neunjährigen Sohn, der jedoch weg gelaufen ist, Suchaktionen blieben bisher erfolglos.

Die Bild berichtete:
Heute Morgen um circa halb zehn wurde die Neuendorfer Straße in Hamburg Zeuge eines schrecklichen Unfalls. Eine allein stehende Frau konnte vermutlich den Stress nicht mehr aushalten und brachte sich, ohne an ihr Kind zu denken um. Sie stürzte sich vor das Auto eines angesehenen Geschäftsmannes und starb. Wie eine Nachbarin in einem Interview verlauten lies, drohte ihr die Zwangsversteigerung und da der geschiedene Ehemann der Frau keine Alimente zahlte sah sie wohl keinen anderen Ausweg mehr. Dazu der Ex-Mann: „Diese Schlampe kann froh sein, dass sie tot ist, so erspart sie sich wenigstens ein Leben auf der Straße.“ Dennoch bedauert die BILD den Jungen zutiefst. Wir hoffen er findet eine bessere Familie.

Nachsatz:
Das Kind wurde in der Heide entdeckt und in ein Waisenhaus gebracht. Doch dort blieb es nicht lange, denn es lief fort, heute lebt es auf der Straße und versucht dort zu überleben.
Herr Peter Meier arbeitet heute wieder bei dem Sozialamt und trifft sich häufig mit dem Kind.
Herr Walter König wurde von einem nervösen Drogenjunkie erstochen. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.
Die BILD schreibt noch immer Schund und verdummt Deutschland.
 
:) das ist gut! das gefällt mir!
und ich hab so das Gefühl, einige Leute haben das einfach überlesen...
Kann frau ja ändern ;)

Zu Beginn hat mich die Schreibung irritiert, bis ich verstanden hab, dass du damit die Gedanken des Kindes ausdrückst. Passt ganz gut.
Der Sozialarbeiter ist meiner bescheidenen Meinung nach nicht so gelungen... er dürfte schon ein wenig erwachsener klingen, würde ihm nicht schaden.
Das Polizeiprotokoll ist etwas zu oberflächlich, würde ich sagen... wenigstens eine Zeugenaussage sollte schon dabei sein.
Der Bild-Text ist dir gut gelungen, der Nachsatz erst recht. ;) Man könnte sich natürlich fragen, warum der Sozialarbeiter das Kind nicht adoptiert (das hatten wir doch schon mal, aber es passt...)
Die letzten drei Sätze sind... ziemlich genial, Respekt...

MfG,
Tarha,
unerträglich kritikwütig
 
Zurück
Oben Unten