Rollenspieltheorie Die Wichtigkeit des Settings...

Silvermane

Wahnsinniger
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22. Februar 2004
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...oder: Ab wann ist ein RPG ein RPG.

Wie vorhin bei Nice Guy Eddie kurz angerissen, hier eine Frage an die versammelte Mannschaft:

Ist ein "Rollenspiel" ohne Setting denn überhaupt ein "richtiges" RPG? Ich rede hier nicht von GURPS oder HERO, denn obwohl beide Universalsysteme sind, existieren doch eine Unmenge an offiziellen, publizierten Settings dafür.

Kann man das reine Regelwerk schon als Rollenspiel bezeichnen, oder gehört zum Rollenspiel ein Setting, wie knapp auch immer es sein mag? (Die Deadworlds von AFMBE kommen einem hier in den Sinn, sehr knapp, ja, aber Setting.)

-Silver
 
Definition für mich: Rollenspiel = Setting + System.

Beide Teile mögen ohneeinander bestehen können, aber ein Spiel besteht immer aus beiden Teilen.

(Für mich.)
 
Wenn ich nur knobeln will hol ich mir nen Kniffel-Spiel.
Wenn ich nur nen Hintergrund haben will, kauf ich mir nen beliebigen Fantasy/whatsoever Roman.
 
Ein Rollenspiel ist es doch eigentlich erst dann, wenn man es/seine Rolle spielen kann. 'Mensch ärgere dich nicht' ist auch erst mit den Figuren und dem Brett ein Spiel, vorher ist es nur ein loses Regelwerk.
Da man auch 'rollenspielen' kann ohne Regelwerk, also nur mit einem Setting... ;)
 
Das Setting kann man sich aber auch selbst erschaffen. An sich halte ich die Regeln für relevanter.
 
Regeln kann man sich auch selbst erschaffen. Bei einem fein ausgearbeiteten Setting kommt das wohl auch auf die gleiche Arbeit hinaus...
 
Silvermane schrieb:
Ist ein "Rollenspiel" ohne Setting denn überhaupt ein "richtiges" RPG?
...
Kann man das reine Regelwerk schon als Rollenspiel bezeichnen, oder gehört zum Rollenspiel ein Setting, wie knapp auch immer es sein mag?
Ja und Nein. - Ein Rollenspiel, welches in seiner Publikation nur aus Regelwerk besteht, was aber niemanden gestört hatte es trotzdem zu spielen, war AD&D 1st Ed. - Ja, natürlich gab es damals auch irgendwo eine Publikation zur World of Greyhawk. Die hatten wir aber nicht und auch keine Kohle. Wir haben aber trotzdem gespielt.

Wie kann das gehen?

Das geht, wenn man sich sein Setting selbst bastelt. Man malt mal einfach ein Stück krude Landkarte und spielt drauflos. Und nach ein paar Jahren hat man eine eigene Welt, eigene Religionen, eigene Kulturen etc. - Ich habe das zu Schulzeiten miterlebt und dann nochmal an der Uni. Beide Male wurden z.T. recht umfangreiche Welten im Selbstbau von mir und meinem "Wechsel-AD&D-Spielleiter" gebastelt. Ebenfalls an der Uni habe ich parallel dazu an einer Kampagne mitgespielt, in der zwei andere Kumpels aus der Mathematik ihre Idee einer Fantasy-Welt mit in die Grundfeste der Welt "eingewobenen" mystischen Einflüssen gebaut hatten.

Damals gab es einfach noch nicht zu jedem Regelwerk gleich ein Setting mitgeliefert, welches "mundgerecht" für den Spielleiter zum loslegen taugte. Da hatten wir VIEL selbst gebastelt. Wenn ich da nur an die -zig detailierten Stadtpläne jeder wichtigen Stadt der Kampagne denke. Beim letzten Umzug fielen mir (neben Tapetenlangen Traveller-Deckplänen im 15mm-Maßstab) ein Haufen handgemalter Landkarten und Stadtpläne wieder in die Hände. Das war alles aus Zeiten, als ein PC noch nicht zur Diskussion stand und man in der Uni an der VAX sein Fortran 77 gehackt hatte.

Die Zeiten heute sind anders und die Erwartungshaltung von Rollenspiel-Käufern hat sich gewandelt. Selbermachen ist auch nicht mehr bei allen so beliebt, wenn man doch viel leichter konsumieren kann und Fertig-Settings adaptieren kann.

Das ist nichts Schlechtes: seit ich durch meinen Job weniger Zeit als noch an der Uni oder die Jahre als arbeitsloser Akademiker über habe, bin ich über Fertig-Szenarien froh. Wenn ich mehr Zeit habe, dann arbeite ich sie selbst um oder bastele gleich was eigenes - auch mal als Zwischen-Kapitel - aber ab und an habe ich eben KEINE Zeit, und dann nehme ich, was ich kriegen kann. Das heißt nicht, daß diese Szenarien dann so laufen, wie es geschrieben steht. Dazu mehr weiter unten...

Übrigens: In der ersten Midgard-Ausgabe in den Din/A5-Heftchen war KEINE Weltbeschreibung enthalten. Wir haben uns da genötig gesehen die EDFC-Bände zu Magira zu erwerben, um überhaupt zu spannen, auf was für einer Welt Midgard eigentlich spielen soll. Und die fehlende bzw. in Midgard 2 mit drei(!) Seiten lächerlich mickrige Weltvorstellung (Weltbeschreibung KANN man dazu einfach nicht sagen) hat sich erst mit dem zähflüssigen Erscheinen der Regionenbände gebessert. Jedoch ist Midgard IMMER NOCH ein von der gesamten Regelaufbereitung und der Verquickung insbesondere der Magieregeln auf genau EINE Spielwelt festgelegtes Rollenspiel, zu dem KEINE Gesamtbeschreibung der Welt verfügbar ist! 8o Man muß sich immer alles einzeln zusammenklauben und schauen, ob und wie das alles zusammenpaßt (zumal Midgard auch stark unter Rollenspiel-Orthodoxie leidet).

Und trotzdem haben wir Midgard spielen können. Das ging (nach der Lektüre der "Ewiges Spiel"-Bände) sogar ganz gut, weil die Kulturen auf Magira/Midgard nicht so weit weg von irdischen Mustern, nach denen sie nachgebildet waren, lagen, daß wir uns nicht viel des fehlenden Materials selbst ausdenken oder in der Stadtbibliothek recherchieren konnten (wenn ich da nur an die Stufenpyramide im Regenwald denke, zu der unser damaliger Spielleiter echt coole Handouts aus Büchern und National Geographic Heften beigebracht hatte - das war schon was Tolles).

Da war Abenteuer in Magira m.E. das viel besser kultur- und settingbezogene Spiel. Abenteuer in Magira ist ja das Schwester-System zu Midgard und hatte früher die bessere Kultureinbettung und das glattere System. Midgard hatte ja auf der identischen Welt begonnen war aber mehr von Regelfreaks geprägt, weniger von Kulturfreaks (und natürlich als Klon von EPT mit D&D-Einflüssen versehen). Damals hatte uns, die wir mit (Basic)D&D angefangen hatten und parallel zu Midgard 1 auch AD&D 1st Ed. spielten, das Midgard-System (nicht die Welt!) besser gefallen, da wir Level = Grad in unserer Denkweise bereits verinnerlicht hatten. Erst als ich ein paar Jahre später Runequest kennengelernt hatte, habe ich Abenteuer in Magira richtig schätzen gelernt.

Ardettes schrieb:
Definition für mich: Rollenspiel = Setting + System.

Beide Teile mögen ohneeinander bestehen können, aber ein Spiel besteht immer aus beiden Teilen.

(Für mich.)
Nicht nur für Dich. Deine "Formel" ist das Savage Worlds Prinzip praktisch wörtlich (übersetzt). Savage Worlds ist ein generisches Regelwerk OHNE jegliche Settingbezüge. Es trifft nur sehr wenige Annahmen über die Art von Settings, die unterstützt werden sollen. Man kann hier, wie im alten AD&D nicht ohne ein eigenes oder ein Kauf-Setting spielen.

Und da kommt der zweite Teil hinzu: es gibt KEINE weiteren Regelbände, sondern nur noch Settingbände. Man soll sogar zum Spielen nur zwei Bücher mitnehmen müssen: das Regelbuch und den Settingband (mit Weltbeschreibung und Szenarien, bzw. "Plot-Points", die zu einer Kampagne aneinandergereiht werden können (aber nicht müssen)) - auf keinen Fall den in vielen Systemen/Settings üblichen Handkarren für alle Publikationen, die man immer griffbereit haben möchte. Natürlich kommt es bei sehr beliebten Settings mal zu einer weiteren Publikationen, aber die Savage Worlds Fans wollen NICHT die d20-typische Inflation an aufgeblähten inhaltsarmen Publikationen über jeden Scheiß in einem Setting, sondern nur die wesentlichen, harten Fakten, die man zum Losspielen braucht.

Interessanterweise ist Savage Worlds bei Rollenspielern über 30 recht beliebt (und erst recht bei denen über 40 ;)), weil diese schon eine Menge Zeit in ihr Rollenspielhobby gesteckt haben, wissen, was sie wollen, aber in diesem Alter so langsam die Zeit mit Familie, Frau, Freunden, und natürlich Beruf (so vorhanden) teilen müssen. Da will man ein schnelles einfach zu lernendes System, das in den Settingbänden einem erfahrenen Spielleiter genug Informationen gibt den Rest aus dem Ärmel zu schütteln, wenn er mit seinen Alten Säcken am Spieltisch sitzt (oder auch mit jungen Leuten im Verein, oder daheim mit Frau/Freundin - und seinen Kindern!).

Ein Regelwerk allein ist nicht ausreichend zum Rollenspielen, aber für ein "Rollenspiel" genanntes Produkt wie GURPS, D20 Modern, Active Exploits, ... ist das durchaus ausreichend. Zum eigentlichen Spielen braucht man jedoch IMMER einen Hintergrund.

Harlekin schrieb:
Ein Rollenspiel ist es doch eigentlich erst dann, wenn man es/seine Rolle spielen kann.
Man kann ja seine Rollen auch spielen, wenn man ein äußerst unterbestimmtes Setting hat - nämlich nur das grobe Genre: Tolkien-artiges Fantasy-Zeugs. Dies als Vorgabe kann ich doch auf der Basis jedes generischen Systems ein paar Charaktere zusammenschustern, die DIE Fantasy-Stereotypen abbilden: den mürrischen Zwerg, den verschlagenen Waldläufer, den verfressenen Hobbit, den schwuchteligen Elf, den manipulierenden Magier. Dann kann es schon mit einem Abenteuer losgehen. Die Kultur, die Völker, die Landschaft. Die braucht es doch garnicht um da gleich loszuspielen.

Und warum?

Weil viel VORWISSEN der SPIELER hier einfach die fehlende Information inferiert. Das i_t wi_ m__ solc_e_ Sä__en _ier, di_ m__ j_ _uch da_n _och ver_teh__ kan_, se_bs_ w__n ma_ nic_t al_e _uch_tabe_ vorf__det. - Die Spieler haben, jeder für sich, eine Vorstellung, was zum oben genannten Genre wohl gehören könnte. Und dann spielen sie auf der Basis dieses eigenen Bildes los und erschaffen im Spielen selbst alle fehlenden Informationen. Wie gut das funktioniert erlebe ich gerade bei meiner Evernight-Kampagne, einer auch ziemlich nach Tolkien-Klon beginnenden Kampagne, in der man auch nur die Bare-Bones an Information über die Welt bekommt und dann losspielt. Frage der Sonnenpriesterin: "Wie macht man hier eigentlich ein Segnungsritual?" - Antwort von mir (Engel läßt grüßen): "Erzähle Du es mir." - Dann schreibe ich mir das auf und es ist so. Hauptsache man bleibt dann halbwegs konsistent.

Ich sagte oben, man braucht zum Spielen IMMER einen Hintergrund. Ich sagte aber nicht, wie detailliert dieser ausgearbeitet sein muß, oder ob er VOR dem Spiel oder erst WÄHREND des Spiels ausgearbeitet/erspielt wird.

So wie das alte Midgard eine extrem unterspezifizierte Spielwelt hat, so gibt es auch Spielwelten, die ich als überspezifiziert, als den Spielleiter UND die Spieler mit ihren kreativen Potentialen erstickend empfinde. Leider gehört DSA4 und auch Midgard4 dazu (nicht jedoch Myrkgard, die dunkele Seite Midgards - ein Fan-Produkt, das echt cool ist!). Das liegt aber daran, daß ich - zumindest im Fantasy-Genre, auf das ich hier vornehmlich erstmal abgehoben bin - möchte, daß die Spieler, wenn sie Lust dazu haben und eine gute Idee, die Welt aus den Angeln heben können sollen. Ich mag es, wenn die Spielercharaktere nicht 08/15-Stoppelhopser sind, sondern etwas bewegen können (nicht müssen, wohlgemerkt). Ich habe mir angewöhnt mit den Ideen der Spieler mitzugehen. Daher kommt es trotz meiner zeitknappheitsbedingten Verwendung von Kauf-Szenarien öfter als nicht vor, daß man nachher die gespielte Geschichte nicht mehr als die des Szenarios erkennen kann. Das finde ich gut so und behalte das bei. YMMV und so.

Harlekin schrieb:
Da man auch 'rollenspielen' kann ohne Regelwerk, also nur mit einem Setting... ;)
Komplett Regelwerkloses "Rollenspiel" ist kein Rollenspiel mehr, sondern nur kollektives Geschichtenerzählen. Eine Laberrunde mit ständigem Konsens. Nett, aber kein Rollenspiel.

Wieso das?

Ohne ein (noch so dünnes - wie z.B. Arkana-Karten) System hat man keinen Mechanismus, kein Betriebssystem ;) zur Lösung von Konflikten. Das muß nicht unbedingt ein Zufallsmechanismus wie die Arkana-Karten oder die so üblichen Würfel sein, sondern es kann auch wie bei Active Exploits ein anderer, quantitativer Mechanismus sein. Aber OHNE Mechanismus zur Konfliktlösung hat man kein Rollenspiel. (Konflikt hier nicht in der eingeschränkten Bedeutung als Kampf gemeint, sondern wirklich von der Geschichte her kommend in der allgemeinen Bedeutung.)

Selbst wenn man nach DRASTIC-Art ohne Spielleiter und ohne elaboriertes Regelwerk spielt, so braucht es einen Konflikt-Lösungsmechanismus, selbst wenn dieser nur das Rederecht regelt, damit nicht alle gleichzeitig durcheinanderbrüllen und sich gegenseitig in die Quere "erzählen" (aber immer "in character" versteht sich). Auch oder gerade bei DRASTIC wird ein "System" z.T. on-the-fly erzeugt. Man einigt sich auf einen Gruppenvertrag (kann sehr knapp gehen), und einigt sich - z.T. während des Spielens selbst - auf ein paar für diese Runde, genau jetzt geltenden Regeln. - Das ist übrigens so - wie ich mich noch entsinnen kann - wie wir als Kinder gespielt haben und für Spiele wie Fangen mitten im Spiel neue Regeln, Ausnahmen oder Erschwernisse erfunden haben, um es interessanter zu machen. Da haben auch alle mitgeredet, man hat sich schnell geeinigt und dann weitergespielt. Nach den neuen Regeln. Bis zur nächsten tollen Idee...

Die meisten DRASTIC-Runden nutzen aber einfache Regelmechanismen wie Engel-Arkana, Tarot-Karten, Stein-Schere-Papier, oder Einfachst-Systeme wie Risus, um Spieler-zu-Spieler-Konflikte zu vermeiden und Konflikte nur auf der Handlungsebene zwischen den Charakteren zu belassen.

Ein Setting allein, OHNE System reicht auch nicht zum Rollenspielen. Wenn es keine Regeln, kein System gibt, so macht man sich halt eins im laufenden Spiel. - Genauso wie man sich ohne Setting eins im laufenden Spiel macht.

Damit wären wir an dem Punkt, wo ich meine Meinung - mal ausnahmsweise kurz - zusammenfasse:

Code:
Rollenspiel := System + Setting + Spieler (+ Spielleiter?)

Fehlt das System, so wird es inferiert oder im Spielen erschaffen.
Fehlt das Setting, so wird es inferiert oder im Spielen erschaffen.
Fehlen beide, so hat man NICHTS. (=> Alles selbst basteln, oder lieber ein kostenloses Rollenspiel aus dem Web herunterladen, am besten mit kostenlosem Setting ;))
 
Rollenspiel := System + Setting + Spieler (+ Spielleiter?) Fehlt das System, so wird es inferiert oder im Spielen erschaffen. Fehlt das Setting, so wird es inferiert oder im Spielen erschaffen. Fehlen beide, so hat man NICHTS.

Da stimme ich dir voll und ganz zu, und ich denke da wird dir auch niemand wiedersprechen, so lange es um Rollenspiel als Tätigkeit geht.
Als die Frage aufgetauch ist, ging es aber eher um Rollenspiel auf der "Publikationsebene".

Ich würde sagen, das alles ein Rollenspiel ist dass so wie es konzipiert ist spielbar ist. D.h. wenn ein Rollenspiel nur aus Regeln besteht, diese aber vom Konzept her so aufgebaut sind, das man sie ohne Setting spielen kann (oder sollte), ist es ein (vollständiges) Rollenspiel. Beispiele hierfür sind, denke ich PTA und das von Zornhau erwähnte D&D 1. Ed..
 
Ist "Rollenspiel"nicht doch schon das bloße zusammensitzen und Charaktere miemen? Ohne Regeln, ohne Setting, nur mit einem der ne Geschichte erzählt und somit als Meister fungiert? Seine Geschichte ist halt das Setting.
Nur Regeln die zB Kämpfe klären und Vorgefertigte Charrs dir in die Hand drücken (zB HeroQuest) sind für mich ein Tabletop, kein wirkliches Rollenspiel, das wird es für mich erst, wenn Interaktionen stattfinden wo die Wesen und Macken der Charaktere offenbart werden, sie nach ihrer Motivation und Ihren Zielen handeln( Und nicht nach "Tür auf, Monster tot")
Aber dafür brauch ich eigtl. wenig bis keine Regeln. :)
Und zum Thema Setting... ich finde das das tollste Setting für'n Bimstein ist wenn es nicht richtig rüberkommt. Denke da an zig langweilige Stunden SR geplänkel und 2 Nervenaufreibende Stunden auf ner Con wo echt mal wer WUSSTE was es bedeutet aufm Run zu sein.

Greetz da Josh
 
Ist "Rollenspiel"nicht doch schon das bloße zusammensitzen und Charaktere miemen? Ohne Regeln, ohne Setting, nur mit einem der ne Geschichte erzählt und somit als Meister fungiert? Seine Geschichte ist halt das Setting.

Nicht ganz. Mal abgesehen davon, dass immer auch die Spieler das Setting mitgestalten(und sei es dadurch, dass sie die Worte des SL akzeptieren oder nicht - Lumbleyprinzip) bewegt man sich immer auch in einem gemeinsamen Vorstellungsraum.
Kleines Shadowrunbeispiel: Spricht dort der SL von Geld, weiß jeder sofort, dass von NuYen die Rede ist, ohne dass es zuvor schon einmal erwähnt wurde oder dass man sich darüber verständigen musste.
Setting ist einfach der Teil der Geschichte, der vor Spielbeginn schon steht und in jedem Spieler präsent ist und sei es nur als ungefähres Gefühl für die Atmosphäre und die Umgebung.

Nimm dir zum Beispiel mal zwei Spieler und gehe eine völlig normale Fantasysequenz mit ihnen durch. Bloß dem einen erzählst du vorher, ihr würdet in den Vergessen Reichen spielen und dem anderen sagst du, es sei Aventurien.
Wenn die Sequenz so normal ist, dass sie in beide Settings passt werden trotzdem beide Spieler unterschiedliche Bilder im Kopf haben. Und das ist Setting.
 
Ich kann mich da Zornhaus Meinung anschließen. Ein Rollenspiel muß nicht zwangsläufig ein eigenes Seeting haben. Im Gegenteil, es kann ganz reizvoll sein sich sein eigenes Setting zu entwickeln, auch wenn das natürlich mit einigem Aufwand verbunden ist.

Ich persönlich finde es sehr reizvoll eine Welt zusammen mit anderen Spielern selbst zu gestalten, weil man völlig frei ist, und die eigene Kreativität spielen lassen kann. Wir haben derartige Dinge schon mit etlichen Systemen angestellt, z.B. Star Wars (Regeln genommen, eigene Spielwelt konstruiert), WoD (Regeln genommen und einige Gegebenheiten umdefiniert, so daß ein völlig neues Setting entstand), D&D (Regeln genommen, neue Welt konstruiert und die Eigenheiten/Einstellungen der verschiedenen Völker völlig umdefiniert), Call of Cthulhu (Regeln genommen und den Hintergrund ein wenig modifiziert. Anm. des Spielers: Ich wußte nicht, daß es noch gruseliger geht, als im Original...*schauder*), etc.

Ist natürlich nicht ganz dasselbe, als wenn man ganz ohne Hintergrundinformationen anfangen muß, aber ich denke es macht deutlich, daß ein Rollenspiel nicht zwangsläufig vom mitgelieferten Setting abhängig ist. Meiner Meinung nach ist ein Rollenspiel erst dann ein Rollenspiel, wenn die Spieler mit dem Meister am Tisch sitzen und spielen. Ich würde das Hintergrundmaterial an sich, egal wie es gestrickt ist, nicht als Rollenspiel bezeichnen. Es sind nur Regeln und Hintergrundinfos, das eigentliche Spiel entsteht erst beim Spielen ;)
 
NiceGuyEddie schrieb:
Nimm dir zum Beispiel mal zwei Spieler und gehe eine völlig normale Fantasysequenz mit ihnen durch. Bloß dem einen erzählst du vorher, ihr würdet in den Vergessen Reichen spielen und dem anderen sagst du, es sei Aventurien.
Wenn die Sequenz so normal ist, dass sie in beide Settings passt werden trotzdem beide Spieler unterschiedliche Bilder im Kopf haben. Und das ist Setting.
Aber auch nur, wenn du dich treu-doof an die gekaufte Version hälst.:D
Und selbst DANN hat der eine ne Truppe Pappkammeraden zum umhauen im Kopf und der Andere ne gebügelte und geputzte Fantasywelt, wo das größte Unglück ein nicht gewaschener Ork ist:D
Ich weiß was du meinst, möchte aber nur darauf hinweisen, das IMHO selbst das beste Setting von dem schlimmsten Erzähler mit einer Bande von Powergamern zu einem Klumpen Knete zeredet werden kann. Finde also nicht das Setting wichtig oder Setting+Regeln sondern vielmehr das Zusammenspiel von Gruppe und Meister wichtig. Das Setting ist doch nur eine Umgebung damit jeder das "gleiche" im Kopf hat.
Halte es genauso wie Amanora. Ein wenig davon, ein wenig hiervon, dort mal was weglassen und was anderes hinzufügen... oder einfach nur die Regeln aber ein ganz anderes Setting erdacht.

Greetz da Josh
 
@Josh: Ich glaube Eddie wollte das genaue Gegenteil sagen.

Zäumen wir das Pferd mal von hinten auf:

Was braucht Rollenspiel?

Rollenspiel braucht einen sozialen Vertrag. Etwa:

"Wir treffen usn Sonntag um 17:00 bei Conni. Jeder bringt was zu knabbern mit. Gideon meistert SR."

Jede Spielrunde hat so etwas. Der mag nicht explizit formuliert sein, aber er ist da. (Tipp: Einfach mal drüber nachdenken, was in eurem sozialen Vertrag steht.)

Dann geht das Rollenspiel los. Wo findet Rollenspiel statt? In der Vorstellung in der Mitspieler. Jeder stellt sich etwas vor und was sich die Leute vorstellen, wird sich garantiert unterscheiden. Was sich die Leute so vorstellen, heißt persönlicher Vorstellungsraum.
Allerdings wird es gewisse Gemeinsamkeiten geben, quasi den Schnitt über die persönlichen Vorstellunngsräume der Teilnehmer.

Wenn man jetzt anfängt, könnte man mit einem schwarzen Raum und einem Samenkorn anfangen. Ganz im Stil der unendlichen Geschichte.
Alternativ kann man sich vorher auf eine bestimmte Spielwelt inklusive dazu gehöriger Hintergrundinformationen einigen und damit in großem Stil Fakten in den Vorstellungsraum importieren. Eben das, was Eddie über Geld in Shadowrun und Nuyen gesagt hat.

Was passiert jetzt beim Spiel? Es werden laufend Dinge dem geteilten Vorstellungsraum hinzugefügt: Charaktere, Orte, Handlungen, usw. usf.
Die Methoden mit denen das geschiet, werden in Forge-Kreisen als System bezeichnet. Das bedeutet also, wenn ich sage "Mein Charakter bindet sich die Schuhe zu." und niemand wiederspricht, habe ich so eben eine Instanz des Systems benutzt, das mir sagt: "Du darfst dem geteilten Vorstellungsraum die Information hinzufügen, dass dein Charakter sich die Schuhe zubindet." (Das kann man vermutlich verallgemeinern...)
Regelloses Spiel gibt es damit gar nicht. Regeln fangen nicht erst da an, wo man Werte nachschaut oder würfelt. Alles was ihr tut, folgt einer bestimmten Regel.


Jetzt haben wir einen guten Eindruck davon gewonnen, wie Rollenspiel funktioniert. Kommen wir zur Anfangsfrage:

Ist Setting wichtig?

Dazu muss man jetzt erstmal definieren, was Setting ist. Der Begriff schwankt nämlich, wenn man sich dieses Thema noch mal genau anschaut, zwischen geteiltem Vorstellungsraum und voher importierten Hintergrundinformationen.

Das muss man trennen. Ohne geteilten Vorstellungsraum geht es nicht.

Vorher bestimmte Hintergrundinformationen zu importieren ist optional. (Genau genommen ist "Sich auf Hintergrundinformationen einigen" auch nur ein Systemelement, da es den geteilten Vorstellungsraum manipuliert.)
 
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