Die unfasslichen Abenteuer des Freiherren von Münchhausen

Rinso

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Hat das schon mal jemand hier gespielt?
Ich habe gerade das "Regelbuch", wenn man es so nennen will, gelesen und bin schwer begeistert.

Kurze Beschreibung:
Es gibt keinen Spielleiter, keine Würfel, keine Charakterbögen.
Alles, was die Spieler über ihre Chars wissen müssen, sind Alter, Name, Herkunftsland und, ganz wichtig, den Titel.
Eine Gruppe von Adligen des 18. Jahrhunderts sitzt gemeinsam am Tisch und erzählt sich phantastische Geschichten wie sie der berühmte Lügenbaron selbst erzählt hat. Das Regelbuch empfiehlt ausdrücklich, während des Spiels ein paar Flaschen Wein und Cognac zu leeren, um die Zungen der Mitspieler zu lösen. Das ganze beginnt so, dass derjenige, welcher als letzter die Gläser nachgefüllt hat, seinen Nachbarn bittet, eines seiner Erlebnisse zum Besten zu geben: "Werter Freiherr, erzählt uns doch, wie ihr es geschafft habt, die Zarin von Russland mit Hilfe einer Herde Nashörner aus der türkischen Gefangenschaft zu befreien." o.Ä.
Der Angesprochene kann die Geschichte entweder weiterreichen ("Meine Kehle ist im Augenblick zu trocken, um eine solch ausufernde Geschichte zu erzählen" - was aber für ihn bedeutet, dass er augenblicklich für sich und den Rest der Runde neue Getränke sponsorn muss) oder eben mit dem Erzählen beginnen. Er erzählt aber nicht einfach nur eine Stehgreif-Story, das wäre zu einfach und wohl auch zu langweilig für die anderen: Diese dürfen den Erzähler nämlich mit Wetten und Einwürfen unterbrechen. Eine Wette wäre "Ich wette, hinter der Tür, die ihr gerade erwähntet, wartete bereits eine ganze Kompanie Husaren auf euch.", ein Einwurf etwas wie "Aber, aber, Freiherr, ist nicht das gemeine Nashorn eigentlich ein Pflanzenfresser? Könnte es sein, dass das Kraut, welches die Türken in ihren Wasserpfeifen zu rauchen pflegen, eure Sinne leicht vernebelte?". Es gibt ein einfaches System mit Münzen, die bei diesen Eingriffen den Besitzer wechseln können und die am Ende, wenn jeder seine Geschichte erzählt hat, dazu dienen, den Sieger zu küren. Schlechte Erzähler soll man laut Regelwerk mit Gebäck bewerfen, um sie am weitersprechen zu hindern.
Achja, ein "Kampfsystem" für die zwischen Edelleuten unausweichlichen Duelle gibt es auch: es ist vielleicht besser bekannt unter dem Namen Schere-Stein-Papier..

Das Regelbuch selbst ist wunderschön aus der Sicht des großen Freiherren von Münchhausen selbst geschrieben und mit Illustrationen aus alten Auflagen des Märchenbuches geschmückt. Es enthält neben den einfachen Grundregeln über 200 Anfänge für Geschichten, einen kurzen Überblick über die Epoche, in der das Spiel angesetzt ist (Wobei historische, geographische und naturwissenschaftliche Gegebenheiten für das Spiel größtenteils außer Acht gelassen werden dürfen) und die Geschichte des ursprünglichen, real existierenden Freiherren von Münchhausen und der Geschichte des Buches, das über ihn geschreiben wurde. Das einzige, was vielleicht zu bemängeln ist, ist das Fehlen eines exemplarischen Ablaufs einer kompletten Geschichte, also vom Anfang mit Einwürfen und Wetten der anderen bis zu einem gelungenen Schluss.
 
Ja, hab ich, ist wirklich ein schönes Buch mit schönen Ideen, hat mich aber nie zum spielen gereizt, deshalb kann ich keine Erfahrungswerte liefern.

Liegt in meinem Regal unter "nett, aber nicht ganz mein Ding".

Wenn du mal ne Proberunde spielst, würde mich ein erfahrungsbericht interessieren.
 
Zornhau schrieb:
Aber es ist KEIN ROLLENSPIEL.

Wo war doch gleich der unterschied? Ich hab da immer ein kleines Problem die Sachen in die richtigen Schubladen abzulegen.

Bei Rollenspiel übernimmt man die Rolle fiktiver charaktere um in einem reglementierten Spielsystem abenteuer zu erleben, bei Munchhausen......moment.... :rolleyes:
 
Das klingt nach einem interessanten Konzept. In meiner Kindheit hab ich den Münchausenkram verschlungen :)

Ist das Spiel noch zu kaufen oder schon OOP? Gibt es das auch übersetzt? Ich hab nämlich noch nie davon gehört.
 
6,50EUR also... Da kann man sich auch nen Fehlkauf leisten, denk ich. Ich werd's mir gelegentlich anschaffen.
 
Skyrock schrieb:
Ist das Spiel noch zu kaufen oder schon OOP? Gibt es das auch übersetzt? Ich hab nämlich noch nie davon gehört.

Das Original ist out of print (wie die ganze New Style Reihe :(), aber eventuell noch erhältlich (wie das mit out of print Nischenprodukten eben so ist), die deutsche Version sollte noch problemloser zu bekommen sein.

mfG
bvh
 
Hehe, wer ich mir wohl auch mal ansehen/zulegen. Klingt spassig, wenn auch wahrscheinlich eher für eine kleines Zwischenspiel geeignet.
 
So, nach langer Zeit hatten wir gestern den ersten Spieleabend mit Münchhausen.
Erste Eindrücke:
Das Spiel ist nichts für einen ganzen Abend. Die Stimmung muss schon vorher locker und aufgeheitert sein, schön sind Spielchen wie Prominentenraten, Monstermaler oder Wohin gehst du?, dann spielt man 3-4 Runden Münchhausen, danach aber auch wieder mal was anderes. Trotzdem macht es einen Riesenspaß, wir haben stellenweise echt Tränen gelacht als Lord Fridolin aus Kopenhagen erläuterte, wie er auf der Reise zum Russischen Zarenhof von polnischen Spargelkanonieren beschossen wurde und seinen treuen Reit-Emu verlor.
Das Geschichtenimprovisieren, das beim Lesen des Buches ziemlich schwierig anmutet, ist viel einfacher als gedacht. Alkohol ist da aber ein wichtiger Faktor; pheeere, der fahren musste, war glaube ich nicht so begeistert ^^
Die harten Sachen sollte man dafür aber nicht rausholen, ein paar Flaschen Wein reichen. Mit Bier kann ich mir das Spiel nicht vorstellen.
Knabberzeug ist auch wichtig, Salzgebäck, Brezeln, Käsespießchen hatten wir.

Man sollte mMn für eine Münchhausenrunde mindestens 5 Spieler haben, mit weinger Leuten macht es glaube ich nicht so viel Spaß. Das müssen aber nicht unbedingt Rollenspieler sein; pheeere und ich waren gestern die einzigen, die regelmäßig Rollenspiele spielen, alle anderen hatten überhaupt keine Erfahrung damit.

Fazit: Tolles Spiel für nen Spieleabend mit Wein und Knabbereien, aber nichts abendfüllendes.
 
AW: Re: Die unfasslichen Abenteuer des Freiherren von Münchhausen

*buddel*

Zornhau schrieb:
Das ist vielleicht ein nettes "Erzähl"-Spiel. Aber es ist KEIN ROLLENSPIEL.
Die Brücke vom Erzählspiel zum Rollenspiel wird tatsächlich recht oberflächlich geschlagen. Aber nichts desto trotz gibt es eine rudimentäre Charaktererschaffung, eine Kampfregelung und die Rolle eines Adeligen des 18. Jahhunderts zu verkörpern, der von seinen Abenteuern in Münchhausen-Manier erzählt.

Grundsätzlich trifft neben Erzählspiel also durchaus auch die Definition des Rollenspiels (und die eines Trinkspiels) zu. :)
 
AW: Re: Die unfasslichen Abenteuer des Freiherren von Münchhausen

Zornhau schrieb:
Das ist vielleicht ein nettes "Erzähl"-Spiel. Aber es ist KEIN ROLLENSPIEL.

Natürlich ist es ein Rollenspiel. Man spielt die Rolle von Adeligen, die ein Erzählspiel spielen.
In sofern ist es sogar ein Rollenspiel und ein Erzählspiel. Wobei der Schwerpunkt klar auf Erzählspiel liegt.
 
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