Aventurien Das Soldbuch

Maximiliano

Methusalem
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13. Oktober 2006
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Nein, hier geht es nicht um eine Spielhilfe (jedenfalls nicht im engeren Sinne), noch um ein Büchlein mit einer endlosen Liste von Namen und Zahlen. "Das Soldbuch" umfasst die Aufzeichnungen meines Kor-Geweihten seiner (gespielten) Abenteuer. Einer meiner Versuche Spielerlebnisse zu verewigen, der sich bisher noch nicht im Sande verlaufen hat.

Dies zum Geleit: das Ganze ist alpha. (Notizen+Erinnerung+Zusammenfassung) - Korrekturlesen = unfertige Mischung. Neben Rechtschreibfehlern gibt es möglicherweise Sätze oder Stellen die einem unbedarften Leser keinen Sinn machen. Einiges davon ist allerdings Absicht: da es sich um Aufzeichnungen handelt, die mein Charakter macht, ohne die Absicht sie zu veröffentlichen, macht er sich nicht unbedingt die Mühe Dinge zu erklären, die für ihn auf der Hand liegen. Besonders seine Gefährten beschreibt er nicht groß (er weiß ja wer gemeint ist) und hat dazu noch bei jedem seiner Gefährten mehr als zwei Optionen sie zu bezeichnen. Ich könnte zwar eine Übersicht über die kleine Truppe dran hängen, aber wo bleibt denn da der Spaß? Dazu gibt es natürlich weder Spoiler aber auch keine Markierung, was dem offiziellen Hintergrund entnommen ist und wo Spielleiterwillkür herrscht.

Man beachte auch, dass ich einige wirklich lange ausgespielten Szenen mit wenigen Sätzen abgehakt habe. Es ist halt vom Ergebnis her erzählt / aufgeschrieben.

Aber als Einleitung: die Aufzeichnungen stammen von Kralos, einem Kor-Geweihten, der sich gerade (vor 2 Monaten) mit einem in Perricum gemusterten Söldnerhaufen auf nach Gareth gemacht hat. Da man aktuell den Ingerimm 1027 BF schreibt, befindet man sich gerade im Jahr des Feuers. Seinen Haufen hat er stolz "Kors Rechte Hände" genannt, aber viel ist davon nicht mehr übrig ...
 
Soldbuch, 14. Ingerimm 1027 BF

Ankunft in Gareth. Nur Vier von uns haben sie schließlich erreicht, die Kaiserstadt, Hauptstadt des Reiches, Mittelpunkt der Welt. Man kennt sie aus der Ferne, so weit ist sie. Von Horizont zu Horizont reicht sie und überall sind Menschen. Doch prächtig war unser Blick nicht, wie es uns die Bauern auf dem Weg beschrieben. Finstere Berge mit feurigem Atem erheben sich über die Stadt, Elend ist Haus und Mensch vor den großen Mauern. Und die Brache der Dämonen lässt allein den Blick erschauern.

Dennoch gewaltig diese Stadt der Kaiser. Hinter jedem Bauwerk ist noch ein Bauwerk. Hinter jedem Mensch geht noch ein Mensch. Jede Ecke hat ihren Verkauf, in jeder Gasse findet sich ein Laden. Elend schiebt sich ohne Beine auf gleicher Straße wie Adel hoch zu Ross.

Zwei Monate Krieg in Darpatien lagen hinter uns und wir hofften auf ein wenig Ruhe und sichere Rast. Ivan, die Verrückte Maraskanerin, der Leutnant und meine Wenigkeit. So viele Söldnerseelen verloren wir in Darpatien, doch wir waren noch da. So kehrten wir bei erster Gelegenheit ein und ließen Bier fließen, auch weil Rondra von ihrem nahen Zorn kündete. Und selbst in dieser heruntergekommenen Kaschemme konnten wir Volk aus allen Himmelsrichtungen sehen. Sogar einen Mann des kleinen Volkes, der aussah als konnte er Gold scheißen.

Als Rondras Zorn weitergezogen war, traten wir wieder auf die Straße. Unser nächster Weg führte an einem mächtigen Gebäude vorbei, wo Leutnant Trogar eine Nachricht zu überbringen hatte. Welche Nachricht auch immer dies war, ein kluger Mann hält sich aus den Angelegenheiten von Zauberern heraus und fragt nicht. Nach einiger Zeit kam er dann tatsächlich mit einem Auftrag für Gutes Gold wieder heraus. Einen anderen Zauberer sollten wir suchen, bei gewöhnlichem Lohn und Gefahrenzulage. Obwohl unsere Kriegskasse noch für mindestens zwei Wochen gefüllt war, erschien es uns unklug auf dieses Gold zu verzichten.

Dennoch suchten wir uns erst einmal eine Unterkunft, um unseren Tross zu verstauen und eine Mahlzeit einzunehmen. Silkwiesen Stube hieß das Gasthaus und ist ein Treff für Veteranen, wie uns berichtet wurde und es den Anschein hatte. Ein preiswertes Zimmer mit echten Betten wurde bezahlt und es gab die Hoffnung die Betten in der Nacht tatsächlich auch zu sehen. Auch die Speisen des Hauses schienen ordentliches Handwerk zu sein. Im Schankraum kamen wir mit einem der Veteranen ins Gespräch, er warnte uns vor diesem Südquartier. Dort wo wir den Verschwundenen suchen wollten, solle das Recht des Stärkeren herrschen. Doch das schreckte uns nicht. Nachdem wir uns gestärkt und beratschlagt hatten, brachen wir auf den Magister Falke zu suchen.

Auf unserem Weg tiefer in diese Stadt vor den Toren des Alten Gareths begegneten wir einem weiteren Zauberer. Schien ein recht junger Bücherwurm zu sein mit Namen Brin. Jedenfalls konnte er uns einen Hinweis geben, der uns zum Speichermarkt führte. Dort fanden wir wiederum einen Bettler, der uns weiterhelfen konnte. Angeblich hatte der Verschwundene Umgang mit einem Mann namens Greifenfurter, der an einem Ort mit Namen Zauberschmiede haust. Schnell war diese Mietskaserne gefunden und obwohl die Verrückte Maraskanerin sich mit einem Totschläger angelegt hatte, gelangten wir ohne weiteres Federlesens hinein und konnten mit diesem Iryan Greifenfurter sprechen. Er kannte den Verschwundenen tatsächlich und berichtete von dessen Beobachtungen im Südquartier: Schattenhafte Gestalten an der Brache, verschwundene Menschen, zu wenige Leichen in den Gassen. Außerdem erzählte uns der Alte, dass Falke häufiger in Begleitung einer Frau gesehen wurde.

Trotz dieser dunklen Nachrichten und der hereinbrechenden Nacht suchten wir weiter. Auf dem Speichermarkt fanden wir noch einen Händler, der die Frau in Begleitung Falkes sogar kannte und wusste wo sie zu finden war. Es handelte sich um eine ehemalige Hure mit Namen Tsaiane Winterbach. Also machten wir uns auf zum Gardelweg, wo die Frau eine Behausung besitzen und die Zukunft verkünden sollte.

Die Hütte der Frau war das einzige intakte Gebäude in der ganzen Straße, der Rest schien vor langer Zeit einem Feuer zum Opfer gefallen zu sein. Wer oder was immer in den Ruinen hauste war still genug, um uns Kampflärm aus der Hütte gewahr werden zu lassen. Bevor wie sie noch erreichen konnte hörte ich laute Worte, mit dem unverwechselbaren Klang der Kehle eines Zauberers. Dann konnten wir das Feuer auch hören und das Flackern hinter dem Holz erahnen. Mit dem Spieß voran, gedeckt von meinen Männern, stürmte ich in die gute Stube. Dort lag der gesuchte Magus am Boden, wie wir nach dem Kampf im Schein von Kerzenlicht feststellen konnten. Zuerst aber mussten wir uns um zwei Totschläger kümmern, die die liegende Gestalt mit Knüppel und Streitkolben bearbeiteten. Doch dies bereitete uns keinerlei Mühe, schon eher einen von ihnen am Leben zu lassen.

Der Magus hatte es irgendwie geschafft zu überleben, wie auch eine kohlende Leiche von seiner Zauberkraft zeugte. Der Magus war recht mitgenommen von dem Angriff der Lumpen, konnte sich aber auf den Beinen halten. Er erzählte von diesen zwielichtigen Gestalten (welche wirklich kränklich und mehr als ärmlich aussahen), die seit einiger Zeit die armen Viertel offenbar unsicher machen. Von Verschwundenen, die offenbar in die Kanalisation geschleppt wurden, ob tot oder lebendig. Und von seiner Geliebten, mit der er diesen Umtrieben auf den Grund gehen wollte. Doch dann waren sie in dieser Hütte von einem halben Dutzend dieser widerwärtigen Totschläger überfallen worden und offenbar hatten sie die Frau verschleppt.

Obwohl nicht von der Lust beseelt der Spur dieser widerlichen Gestalten zu folgen, beschlossen wir es dennoch, nach eindringlicher Bitte des Magus und dem Versprechen von 100 Dukaten. Der Magus konnte uns Ausrüstung überlassen, die er selbst zu Erforschung der Kanalisation beschafft hatte, und uns den Weg zum nächsten Eingang weisen. Mir gefiel dieser ganze Spuk trotzdem nicht, auch weil der Magus nun allein durch die Nacht zurück zu seinem Orden laufen wollte um weitere Hilfe zu holen. Würden wir am Ende gar keine weitere Münze sehen, obwohl wir den Auftrag erfüllt hatten?

Allein – 100 Dukaten für ein paar Stunden Müh und meinem Herrn gefälligem Kampf.

Wir verabschiedeten uns von Magister Falke und ließen auch den Totschläger zurück, dessen Leben wir verschonten aber nun nicht ausfragen konnten. Im Licht zweier Sturmlaternen und des brennenden Stabes des Leutnants geht es hinab in die Kanalisation. Vier Schritt in die dunkle Tiefe, über alte eiserne Stiegen senkrecht hinab.

Die Dunkelheit empfing uns mit Schatten und bestialischem Gestank. Wir folgten einem Steg, neben uns ein Rinnsal aus Abfall und Notdurft, welches wir gar nicht richtig ins Auge fassen wollten. Noch war die Decke des Ganges über meinem Schädel, aber breit war der rutschige Steg nicht gerade. Schlechte Sicht, beengter Raum und keinerlei Ortskenntnis beunruhigten mich, obwohl die kränklichen Gestalten auch so kaum eine Gefahr darstellten. Doch hier unten mochte es sicher noch andere Kreaturen geben.

Doch die Würfel waren gefallen und wir folgten den scharfen Augen von Ivan. Seine Fähigkeit auch aus größter Entfernung den Heller zu treffen schien sich auch beim Lesen von Spuren bezahlt zu machen. Natürlich hielten wir unsere Waffen bereit und achteten ebenso scharf auf die uns umgebende Dunkelheit, wie auch auf den unsicheren Steg vor uns.

Plötzlich schlug uns eine Welle Ratten entgegen. Welcher Trossbursche hat nicht schon einmal eine Ratte erschlagen müssen? Doch dies war eine ganze Horde von diesen Kreaturen und sie strömte auf uns zu, um uns herum. Einige konnten wir in das dreckige Rinnsal befördern, andere gleich erschlagen, doch zu meinem Unglück erwischte mich doch eines der Biester am Fuße. Im nächsten Augenblick verschwanden die dicken und harrigen Gestalten aber auch schon wieder in der Dunkelheit. Offensichtlich wollten sie nicht über uns herfallen, sondern an uns vorbei. Also schickte ich die Verrückte Maraskanerin und Ivan nach vorn. Spähtrupp.

Als der Leutnant und ich wenig später laute Rufe vor uns in der Dunkelheit hörten, stürmten wir vorwärts. Wir halfen Ivan durch eine Mauerspalte in der er stecken geblieben war, um dann in einen Raum zu gelangen, in dem die Verrückte Maraskanerin ein paar Diebe überrascht hatte. Die Diebe flohen, wurden aber von unserem Schnitter direkt verfolgt. Augenblicke später sind wir in dem Gang, den die Diebe zu Flucht benutzten und wieder bei ihr. Sie hat tatsächlich zwei der Schurken gestellt und kampfunfähig gemacht.

Die beiden Halunken schienen tatsächlich nur harmlose Diebe zu sein, die eine Villa ausgeräumt hatten und dann durch die Kanalisation geflüchtet waren. In ihren Beutesäcken fanden sich kostbare Gewänder, aber wir hatten keinen Arm mehr frei. Also brachten wir die beiden zum reden und ließen sie dann mit ihrer Beute laufen. Viel konnten sie uns leider nicht sagen und erst recht nichts Neues über die Entführer. Aber offenbar müssen wir uns nach Norden halten. Als wäre es so einfach sich in dieser stinkenden, ekelhaften Dunkelheit zu orientieren.

Wir bewegten uns weiter durch die dunklen, feuchten und stinkenden Gänge. Unsere Lichtquellen ließen finstere Schatten über dunklen Stein huschen und auch wenn wir Kreidezeichen anbrachten hatte ich schon längst das Gefühl hier unten für immer verloren zu sein. Und dann führten die Spuren in Gänge, die immer enger und niedriger wurden.

Ich konnte nur noch kriechen, musste mich dabei seitlich bewegen, so eng und niedrig war der Gang dem wir schließlich folgten. Dazu musste ich den Schein der Laterne nach vorne richten und mit der anderen Hand den Spieß noch mitführen. Die dunklen glitschigen Wände links und rechts nahmen mir den Atem und die Kameraden vor und hinter mir das Gefühl hier wieder heraus zu kommen. Wir hatten uns die 100 Dukaten schon längst verdient.

Plötzlich endete der Gang und wurde von einem Tunnel aus fließendem Unrat gekreuzt. Unter uns die zähfließende, gurgelnde Maße, uns gegenüber in ein paar Schritt Entfernung eine Öffnung in der der Gang fortlief. Jenseits des Hindernisses aus Unrat gab es einen Balken, der zu uns herüber musste, damit wir nicht in die Drecksbrühe unter uns zu steigen hatten. Doch noch während Schnitter vor mir die Lage erspähte, warf das Rinnsaal unter uns Blasen und begann zu brodeln. Dann erhob sich aus dem Dreck eine unförmige Gestalt. Mit einem Mal war Schnitter verschwunden und eine Kreatur wie ein gewölbtes Langschild mit Insektengliedern darunter kroch in den Gang hinein direkt auf mich zu!

Ohne zu zögern stach ich mit dem Spieß in das Ding hinein und traf es schon mit dem zweiten Stoß schwer genug, damit es wieder aus dem Gang befördert und zurück in die eklige Brühe fiel. Da es sich dort unten nicht mehr rührte, konnte Schnitte mir dann den Balken von der anderen Seite anreichen. Ich hatte keine Zeit zu überlegen, wo sie wohl gerade noch abgeblieben war und wie sie die Brühe aus Unrat vermieden hatte. Denn schon hörten wir erneutes Kratzen und Schaben vor uns in der Dunkelheit des Ganges, den wir noch nicht wieder richtig betreten hatten.

Ich konnte blasses Fleisch sehen, grünlich oder gräulich? Es hatte so etwas wie Arme und daran Hände, aber die Finger waren zu schwärzlichen Klauen verformt. Es zischte und zuckte, wand sich gar schrecklich und stank wahrhaft grausig nach Verwesung. Doch ich kam nicht heran, befand sich doch Schnitter vor mir in diesem engen Gang. Augenblicke später jedoch war auch diesem Ding durch Schnitters Schnitter und Trogars Zauber der Garaus gemacht. Es zerfloss zu einer ekelhaften Brühe, aber das hätte mich nicht weiter wundern sollen – hier unten schien jedes Ding und jede Kreatur von ekelhafter Beschaffenheit zu sein.

Wir krochen weiter.

Als der Gang erneut endete, konnten wir diesmal in einen größeren herabsteigen, welcher wieder einen Steg und ein widerliches Rinnsal daneben aufwies. Doch dann hörten wir aus zwei Richtungen Stimmen. Einmal von hinten, offenbar solche zwielichtige Gestalten wie jene welchen wir auf der Spur waren. Außerdem aus der Dunkelheit vor uns, von wo eine Gestalt auf uns zu stolperte.

Die stolpernde Gestalt erwies sich als verängstigter Rattenfänger, der bei unserem Anblick ausrutschte und dann bewusstlos zu Boden fiel. Oder erst fiel und dann das Bewusstsein verlor. Jedenfalls war er dann erst einmal still und rührte sich nicht mehr. Hinter uns aber machten sich vier Gestalten daran uns auf den Pelz zu rücken.

Zu ihrem Pech mussten sie dabei durch diesen wirklich engen Gang, den wir dem Gnadenlosen sei Dank gerade entronnen waren. Während wir uns also aufstellten, um sie mit blutigen Grüßen zu empfangen, machte Ivan sein Mordinstrument bereit. Dann leuchteten wir in den Gang und der Bornländer zerschmetterte mit seinen Kugeln drei der Gestalten den Schädel, noch ehe sie auch nur in unsere Nähe gelangt waren. Der Vierte wandte sich zur Flucht, aber schon war Schnitter hinter ihm her. Leider machte die Verrückte Maraskanerin ihrem Ruf wieder alle Ehre und kehrte ohne Gefangenen zurück. Aber entkommen war der üble Hund natürlich nicht.

Während wir darauf warten mussten, dass der Rattenfänger wieder zu sich kam, schickte ich den Leutnant auf Spähtrupp. Wenig später erschien er wieder und berichtete von Fackelschein und Bosparano voraus. Doch erst einmal mussten wir dem Rattenfänger die Zunge lösen, nachdem er wieder bei uns war. Offenbar war er dabei gewesen seinen Lehrling anzuleiten, als er von einer Kreatur mit schwarzen Augenhöhlen angegriffen worden war, deren Beschreibung uns bekannt vorkam. Offenbar gab es hier unten noch mehr von diesen Kreaturen, die uns in dem Gang aufgelauert hatte. Eine davon hatte dann wohl den Lehrling gefressen.

Da wir mit dem völlig verängstigten und verwundeten Mann nicht anfangen konnten, schickten wir ihn den Weg zurück, den wir gekommen waren. Und zu einem Tempel, möglichst den der Boroni, damit möglicherweise ein Versuch unternommen werden konnte die Leichen von hier unten zu Bergen. Denn hier unten gab es weder die Möglichkeit sie zu begraben noch war es sinnvoll sie zu verbrennen, was ansonsten unsere Pflicht gewesen wäre. Aber die Härten des Krieges mussten wir nun mal akzeptieren.

Wir schlichen zu der Stelle, zu dem Raum, wo der Leutnant Leben ausgemacht hatte. Dort trafen wir dann tatsächlich auf eine weitere dieser unnatürlichen und widerlichen Kreaturen. Sie sah ein wenig anders aus, als die aus dem Tunnel, aber kein Mensch gleicht dem anderen wirklich. Nicht größer als 1,60 Schritt war sie, spindeldürr, mit einem grotesken Buckel und wild aus dem Gesicht stehenden Hauern. Doch nicht nur die Kreatur fanden wir dort, auch einen dicklichen Zauberer in schwarzer Robe. Er schien dabei dem Ding Befehle zu geben, die dieses Ding aber nicht befolgen wollte. Dennoch schien es unter einer Art Bann zu stehen, denn es griff ihn nicht an.

Nach einem, äh, Missverständnis konnten wir mit dem Zauberer überein kommen. Offenbar suchte dieser Simonian von Mörderthal ebenfalls nach einem Verschwundenen hier unten. Wir taten uns also zusammen und Ivan schoss dem Ding den Schädel mit einem Schuss vom Körper, was das Leben dieses widerlichen Dinges beendete. Jedenfalls schienen es keine Untote zu sein. Aber ich konnte nur raten.

Wir gingen nach Norden, jedenfalls glaubten wir das. Denn auch der Zauberer behauptete unser Ziel sei im Norden zu finden, er habe dies im Schädel der widerlichen Kreatur sehen können. Was für eine Zauberei er auch benutzt haben mochte, seine feine Robe sah nicht so aus, als wollte er hier unten länger es nötig bleiben. Deswegen vertraute ich seinen Worten erst einmal.

Nach einer Weile stillen Marsches durch Dunkelheit und Ekel endete der Weg vor einer Öffnung, die mit einer massigen Steinplatte verschlossen war. Obwohl wir suchten, fanden wir keinen Weg den Stein zu bewegen. Ihn aus dem Weg zu schieben gelang mir nicht. Also nahm ich meinen mächtigen Spieß und zerschlug den Stein weit genug, damit wir hindurch kamen. Zu meinem Leidwesen benötigte ich nur vier mächtige Hiebe, statt neun.

Weiter ging es durch das Labyrinth der Gänge, begleitet vom ekelhaften Gestank von Rinnsalen aus Unrat und Dreck. Allerdings hatten sich unsere Nasen schon halbwegs daran gewöhnt und wenn man nicht genau hinsah … Schließlich trafen wir auf einen weiteren Dieb, der hier unten unterwegs war. Er war darauf bedacht den schnellsten Weg hier heraus zu finden, denn er berichtete von einem Dämonenbaum, der seinen Bruder an eines dieser schwarzäugigen Biester und den anderen Gefährten an einen Baum verloren hatte. An einen Arkhobal, einen Dämonenbaum welcher seine Umgebung langsam Stück für Stück auffrisst.

Er nannte uns die Stelle wo der Baum zu finden war, doch meine Kameraden brachten mich schließlich davon ab sofort lozuziehen und dieses Unwesen zur Strecke zu bringen. Und möglicherweise waren wir tatsächlich nicht bereit für diesen Kampf. Doch ich merkte mir die Wegbeschreibung und die Umgebung genau, um später darauf zurückzukommen. Diesem Bösen durfte nicht zu lange Pardon geschenkt werden. Wir aber zogen weiter, um die entführte Frau endlich zu finden.

Kaum hatten wir die nächsten zwei Ecken hinter uns gebracht, kroch erneut eine widerliche Kreatur aus der Dunkelheit auf uns zu. Eine riesige nackte Schnecke mit widerlichen Kratern überall. Doch mit Schüssen des Bornländers und Hieben meines Spießes war dieses Ding in zwei Augenblicken zerschlagen. Ich sammelte die von diesem Ding abgefeuerten Stachel ein, die in meiner Rüstung steckengeblieben war und verstaute sie. Möglicherweise konnte man sie ja einem Alchemisten verkaufen.

Als nächstes erreichten wir nach weiterem Weg durch Dunkelheit, Gestank, Kälte und Feuchtigkeit eine schwere Tür. Dahinter hatten sich Aussätzige verbarrikadiert. Zumindest erzählte uns dies die Stimme, die hinter dem schweren mit Eisen beschlagenen Holz ertönte. Wir zogen es vor ihr zu glauben.

Schließlich gerieten wir in einen älteren Teil der Kanalisation. Möglicherweise gar kein Teil einer Kanalisation, denn die Wände und die Decke wichen endlich vor uns zurück und gaben uns ein wenig Platz. Weit und breit floss kein träger Fluss aus Auswurf und Unrat. Die Wände schienen mit einfachen Werkzeug in den Fels getrieben worden zu sein.

Dann plötzlich standen wir vor einem Durchbruch zu einem riesigen Raum, dessen Decke mindestens sieben oder acht Schritt hoch war. Dünne Säulen sahen wir, getaucht in ein befremdliches Licht. Auf dem Boden schien es ein Mosaik zu geben. Weit und breit war kein Staub zu erkennen.

Vorsichtig betraten wir den Raum und bewegten uns vorwärts. Der Zauberer folgte uns mit Abstand, was sein Verderben war. Denn nach vielleicht fünfzehn oder zwanzig Schritt regte sich plötzlich Leben über unseren Köpfen. Fledermäuse! Einem Schauer gleich fielen sie auf uns herab. Doch noch gerade rechtzeitig fiel mir ein, dass man Fledermäuse mit Geschrei vertreiben konnte. Ob ich das an einem Wachtfeuer in Darpatien einmal gehört hatte? Jedenfalls brüllten wir aus Leibeskräften und es half. Die Fledermäuse waren wir los.

Doch dafür sprang nun ein halbes Dutzend dieser grausigen Kreaturen mit den schwarzen Augenhöhlen aus der Dunkelheit und griff uns an.

Ich ging natürlich an der Spitze und konnte nicht genau erkennen, was sich hinten tat. Doch einer der ersten Angriffe muss gleich diesen Mörderthal-Zauberer erwischt haben. Jedenfalls stürzte ich mich auf diese Dinger, die sich mir aber nicht stellen wollten und nur meine Kameraden attackierten. Ob sie die Gunst des Gnadenlosen in mir erkannten und mich deshalb mieden? Jedenfalls dauerte es trotz des überraschenden Überfalls nicht lange, um diese gräulichen Kreaturen niederzumetzeln, auch wenn sie noch durch zwei weitere etwas unbeweglichere Exemplare verstärkt wurden. Doch gerade als nur noch eines dieser Biester stand, wirkte der Zauberer noch einen Feuerzauber. Ob schon tot oder nicht, der verfluchte Zauber erwischte eine Säule und dies schien der schon beeinträchtigen Decke des Raumes den Rest zu geben. Sie stürzte herab auf uns.

Gerade wollte ich einen triumphierenden Siegesschrei ausstoßen, denn obwohl um mich herum große und schwere Steinstücke herabgestürzt waren, hatte ich keinen Kratzer abbekommen, da brach der Boden des Raumes ein. Mit lautem Getöse, knirschend und krachend sprang der Stein und ich fiel in die schwarze Tiefe.

Ich fiel und fiel, war zu überrascht um zu schreien. Doch dann begriff ich, dass ich mich im freien Fall befand und mir der Sieg in der Schlacht möglicherweise gestohlen worden war. Für einen Moment glaubt ich ewig zu fallen, dann schlug ich auf. Hart. Der Schmerz lief durch meine Glieder, aber ich hieß ihn willkommen. Im nächsten Augenblick wurde es kalt und nass um mich herum und Wasser drückte in meinen Mund, war überall. Ich fiel noch immer, nur sanfter.

Ich versank in einem unterirdischen See.
 
Ich konnte nichts sehen oder erkennen, meine Füße fanden keinen Halt und meine Hände konnten sich nur an den Spieß klammern, den sie nicht losgelassen hatten. Wieder dachte ich für alle Ewigkeit weiter zu versinken, da spürte ich schließlich doch Grund unter den Stiefeln. Doch der Druck des Wassers wurde immer größer. Angst kroch mir in die Glieder, während mein Körper immer stärker danach verlangte den Mund zu öffnen und Luft zu holen.

Welche eine Schmach für diesen mächtigen Diener des Herrn der Schlachten! Dem sicheren Siege in der Schlacht entrissen um in der leeren Dunkelheit jämmerlich zu ertrinken!

Der Zorn über dieses Schicksal drängte die Angst zurück. Ich sammelte die verbliebenen Kräfte und begann zu marschieren. Kampflos wollte ich dieses lächerliche Ende nicht hinnehmen. Und ich war mich sicher, der Gnadenlose wollte mich kämpfen sehen. Also nutzte ich einen Teil seines Geschenkes, um meine Sinne zu schärfen. Und tatsächlich konnte ich nun für einen Augenblick meine Umgebung erkennen, eine Wand vor mir. Mit neuem Mut, aber keine Luft mehr in der Brust, wandte ich mich auf gut Glück einer Richtung zu, um zu einem Ufer zu gelangen, von dem ich nicht wusste ob es überhaupt existierte.

Doch dann erschien mir die Rettung direkt vor der Nase, als ich den Schaft des Schnitters vor mir aus dem Dunkel auftauchen sah. Er schien an einem Seil zu hängen und ohne zu Zögern griff ich mit einer Hand danach. Ich bekam ihn zu fassen, nutzte noch einmal das Geschenk meines Gottes um mich durch das Wasser bewegen zu können und in die Höhe ziehen zu lassen. Und dann, als ich eigentlich schon an einem Punkt angelangt war, an dem ich den Mund nicht mehr geschlossen halten konnte, durchbrach ich die Oberfläche des unterirdischen Sees und konnte frische Luft in meine Lungen saugen. Endlich konnte ich diesem unglaublichen Druck nachgeben.

Was ich dann allerdings im Dunkel mehr erahnen als sehen konnte, ließ mich daran zweifeln gerettet worden zu sein. Helejida schien in der Luft zu schweben und ihre Arme waren keine Arme sondern lange Schlangenleiber! War ich doch ertrunken? Oder einem Dämon in die Hände gefallen?

Mitgenommen wie ich war, ließ ich mich erst einmal ans Ufer ziehen, von dieser seltsamen Kreatur. Möglicherweise spielten mir aber auch meine Sinne einen Streich? Die Laternen waren verloren, das Licht der Zauberstäbe erloschen. Erst als Trogar ans Ufer gelangte und seinen wieder entzündete konnte ich tatsächlich die Maraskanerin im Lichtschein erkennen.

Doch uns, bis auf den Zauberer hatten meine Gefährten ebenso wie ich den Sturz überstanden und waren ans Ufer gezogen worden, blieb erst einmal keine Zeit Worte zu wechseln oder das Geschehen zu begreifen. Denn schon wurden wir erneut angegriffen. Vier aufrecht gehende große Molche erhoben sich aus dem Wasser und griffen uns an. Es gab zwar wenig Licht, doch viel Platz. Meine Gefährten schienen wie ich nur wenig Schaden genommen zu haben, im Kampf und Sturz. Also konnten wir auch diesen Kampf mit wenigen Hieben für uns entscheiden. Schon flohen diese merkwürdigen Kreaturen zurück ins Wasser.

Wir aber konnten nun endlich zu Boden sinken und in Ruhe durchatmen.
 
Soldbuch, 15. Ingerimm 1027 BF

Nachdem ich auf meinem Hosenboden gelandet war und durchgeatmet hatte, klärte sich mein Schädel wieder. Mir war nicht klar gewesen, wie schwer er eben noch war. Da meine Nase auch nicht mehr voller Wasser war merkte ich ebenfalls wie sich die Luft verbesserte. Offenbar hatten diese merkwürdigen Seekreaturen einen schweren Geruch verbreitet, der einem die Glieder lähmte. Aber es gab keine Zeit großartig auszuruhen.

Wir befanden uns in einer riesigen Höhle, der Ende wir nicht erkennen konnten. Das Ufer, wenn man es so nennen wollte, zog sich hunderte Schritt lang. Dies konnten wir nur erkennen, weil die Wände mit einem Pilzgeflecht überzogen waren, welches einen blassen Schimmer absonderte. Vor uns breitete sich das dunkle Gewässer aus, bis es von Dunkelheit geschluckt wurde. Wir konnten von dort lediglich ab und zu leises Plätschern oder ein Glucksen hören. Geblieben war uns lediglich das Licht eines Zauberstabes, wir waren nass und spürten nun die Kälte an diesem Ort.

Wir machten eine schnelle Inventur und dann war es an der Zeit der Maraskanerin ein paar Fragen zu stellen. Aber die Verrückte war nicht gewillt sie zu beantworten. Die einzige Antwort, die wir bekamen war: „Maraskaner sind gut darin sich anzupassen.“ Da wir dringendere Probleme hatten und sie uns gerade die Haut samt Inhalt gerettet hatte, beließ ich es dabei.

Wir entdeckten einen Gang in der Wand, nicht sehr hoch, aber gerade breit genug. Doch das fehlende Licht machte uns sorgen. Ivan schnitt einen der Pilze von der Wand, um zu schauen ob er dann noch weiter leuchten würde. Zu unserem Schrecken begann der Pilz aber, statt abzusterben, sich auszubreiten. Der Bornländer warf den Pilz sofort von sich, als er das merkte. Doch dieses Gewächs war bereits durch seinen Handschuh gedrungen hatte so etwas wie ein Geflecht auf seiner Haut hinterlassen. Zum Glück war die Hand aber noch zu benutzen.

Also mussten wir uns ohne zusätzliche Lichtquelle in den Gang, der natürlichen Ursprungs schien, begeben. Wir konnten nur hintereinander gehen und ich war beinahe gezwungen auf Knien zu robben. Nun, da wir nur noch das Licht eines Zauberstabes besaßen war es hier unten gleich viel bedrückender und enger. Wir waren blind und beinahe bewegungsunfähig. Meine Laune sank immer tiefer unter die Untiefen, durch die wir stolperten.

Nach einer Weile gerieten wir auf eine Art Kreuzung. Vier dieser engen Erdspalten trafen sich und der Blick nach oben endete am Rand des Scheins unseres Lichtes. Allerdings entdeckte die Maraskanerin, welche voraus ging, auch Spinnenfäden und schon ließ sich eine Spinne, deren Körper gut 7 Spann im Durchmesser maß, auf sie hernieder, während wir noch in dem Gang steckten. Doch konnte der Leutnant, der direkt hinter ihr ging, die Spinne mit dem brennenden Zauberstab in die Flucht schlagen, Kor sei Dank.

Wir wählen einen der drei weiteren Gänge und schieben uns weiter vorwärts. Nach einiger Zeit entdeckten wir einige Zeichen von Bearbeitung an den Wänden des Ganges. Dann hörten wir sogar ein Rauschen neben uns, es schien aus der Wand zu kommen. Um zu schauen, ob ich nicht schon völlig die Sinne verloren hatte, klopfte ich gegen die Wand. Daraufhin ertönte ein dumpfer Ton, der sich weiter fortpflanzte. Und plötzlich knirschte der Stein und gab nach! Dabei hatte ich ihn kaum gestreichelt.

Wir nahmen die Beine in die Hand, soweit dies in dieser engen Spalte ging, während hinter uns Wasser in den Gang flutete. Doch schon nach wenigen Momenten rollte das Wasser über uns hinweg und riss uns mit. Wir wurden herum geschleudert, prallten gegen die Wände und hätten uns beinahe auf unsere Waffen gespießt. Dann spülten wir ohne Warnung in ruhiges Wasser, welches mir zum Gürtel reichte, nachdem ich mich aufgerichtet hatte. Mir nicht mehr den Rücken krumm zu beugen hellte meine Stimmung ein wenig auf, trotz des widerlichen Geschmackes im Mund und dem unguten Gefühl wegen des Wassers in meinem Bauch.

Es war eine Höhle, ziemlich groß. Aber diese war stockduster. Nachdem der Leutnant versucht hatte seinen Stab zu entflammen, gab es eine Explosion und er verbrannte sich fast das Gesicht. Das kurze Licht ließ uns aber ein Plateau unweit von uns erkennen. Augenblicke später hatten wir uns durch Wasser und Finsternis auf das Plateau gekämpft. Dort konnten wir erst einmal wieder zu Luft kommen. Diese schmeckte allerdings widerlich und nach Metall. Das Atmen fiel uns schwer.

Helejida schien sich um den angeschlagenen Leutnant zu kümmern und Ivan schlug um sich, während er seinem Zorn über unsere Lage freien Lauf lässt. Wahrscheinlich weil seine kostbare Rotze mit widerlichem Brackwasser vollgelaufen war. Ich konnte ihn wieder beruhigen und Trogar fand irgendwo noch die Kraft ein Licht herbei zu zaubern, so dass wir wieder etwas schauen konnten. Anders als der brennende Stab brachte das Licht die Luft nicht zum explodieren. Was aber auch Nachteile hatte, so konnten wir in kurzer Entfernung die Reste von Eiern entdecken. Eierschalen mit einer Länge von sicherlich 2 Schritt.

Nach kurzem Schreck führten wir dann erst einmal eine Inventur durch, um festzustellen wie es um unsere Ausrüstung stand. Dann erforschten wir den Stein, auf dem wir gelandet waren. Er führte uns bis zum Rand der Höhle, deren Ausmaße das kleine Zauberlicht nicht mal annähernd erhellen konnte. An diesem Rand stießen wir auf einen Spalt aus dem ein bestialischer Gestank zu kommen schien. Schnell wandten wir uns wieder zurück, da es kein Fortkommen gab.

Wir mussten in die andere Richtung, wo wir einen weiteren Stein als Plateau aus den dunklen Wassern ragen erahnen konnten. Ich konnte meinen Männern deutlich ansehen, wie wenig begeistert sie waren, wieder in diese Brühe zu steigen, zumal hier offensichtlich riesige Tiere lebten. Wahrscheinlich in dieser Brühe. Aber es gab kein Zurück, also mussten wir voran. Was auch ganz gut klappte. Doch kurz vor dem Erreichen unseres Ziels spürten wir Bewegung und Berührung an den Beinen. Platschend und taumelnd konnten wir uns schließlich auf den festen Grund ziehen. Von dort aus gelang es auch der Maraskanerin mit ihrem Schnitter eines der Tiere zu durchbohren, die da über uns hergefallen waren. Es war ein langes Ding, bleich und unförmig, bei Licht betrachtet wenig furchterregend.

Als wir nun das zweite Plateau erkundeten, fanden wir einen großen Haufen Knochen unter einem Loch in der Höhlendecke über uns. Die Truppe schien der Meinung zu sein unbedingt durch dieses Loch aus dieser Höhle zu entkommen, ich dagegen fand diese Idee wenig erbaulich. Aber wir hatten die Ausrüstung für diese Kletterei und die Verrückte sprang doch tatsächlich in die Luft und schwebte dann hinauf zu dem Loch!

Ich fragte Trogar bei dieser Gelegenheit, was er denn über die erstaunlichen Talente der „Anpassungsfähigkeit“ der Maraskanerin dachte. Bisher hatte ich nur von Hexen gehört, die durch die Luft fliegen konnten. Oder tulamidischen Teppichen. Trogar wies mich allerdings darauf hin, dass Hexen eigentlich einen Besen für diese Fliegerei benötigten. Dann mussten wir uns aber auch schon auf die Kletterei konzentrieren.

Wir kletterten also in die Höhe und in diesen finsteren Kamin, der uns irgendwohin führen mochte. Ich nahm die Spitze, auch wenn ich gar nicht hinauf wollte. Aber ein Hauptmann muss seinen Männern voraus gehen. Das Loch war selbst für mich groß genug, aber klein genug, um sich an den Wänden mit Armen und Beinen abzustützen. Wir waren mit Seil verbunden und haben Kletterhaken, dennoch war der Fels nass und kalt. Und nach einigen Schritt wuchert ein seltsamer Bewuchs darüber. Auf und unter diesem Bewuchs tummelten sich winziges Viechzeug, welches auch auf uns krabbelte.

Kaum hatten wir ein paar weitere Schritt in die Dunkelheit hinauf geschafft, als ich ins Leere griff und mit dem Fuß abrutschte.
 
Zweimal schaffte es Hela irgendwie uns davor zu bewahren in die Tiefe zu stürzen. Sie kletterte an letzter Position und schien davon viel mehr zu verstehen als der Rest von uns. Wie sie es auch anstellte, wir konnten heilfroh sein. Allerdings war mir nicht danach. Finsternis um mich, tödliche Leere unter mir, nasses Gewächs links und rechts und überall dieses winzige Insektenviehzeug, welches auf uns kletterte. Ich richtete als mein Trachten und Willen darauf diesen Schacht endlich hinter uns zu bringen.

Schließlich, nachdem wir ein altes Spinnennetz zerschnitten und hinter uns gelassen hatten, der Lichtzauber des Leutnants erloschen war, erreichte ich das Ende des Kamins. In völliger Dunkelheit wuchtete ich mich erleichtert aus dem Loch und einen festen Boden. Ich half den anderen aus dem Loch und erschöpft von der Kletterei schafften wir es dennoch unsere letzte Pechfackel zu entzünden.

Im flackernden Schein der Fackel sahen wir um uns herum schleimiges Getier und Spinnen, die auf dem Boden herumkrochen oder vor dem Licht davon trippelten. Im nächsten Moment fiel aus der Dunkelheit über uns eine Art Faden und traf Hela. Aber es war kein Faden sondern eine Art Sekret und dieses tropfte aus dem Hals einer Kreatur, die plötzlich zwischen uns steht. Sie war nackt, weiße Haut, wie ein stämmiges Kind, völlig haarlos, spitze gelbe Reißzähne, und ein aufgeschlitzter Hals, aus dem dieses Sekret lief. Und das Ding war nicht allein. Ein zweites, dessen eine Gesichtshälfte von wimmelnden Maden gebildet wurde, griff uns ebenfalls an.

Zu meiner Schande fuhr mir der Anblick dieser widerlichen kleinen Dinger direkt in die Knochen. Und der Gestank dieses Zeugs, welches der einen Kreatur aus dem Hals lief, ließ mich meinen Mageninhalt auf dem Boden lassen. Von dem Kampf bekam ich kaum etwas mit, mein Körper verkrampfte sich, ich konnte kaum etwas sehen und ich fühlte mich jämmerlich schwach. Es gelang mir nicht einmal vernünftig um mich zu schlagen, während ich die Hiebe und Bisse dieser Dinger spürte. Meine Kameraden berichteten mir später, sie hätten diese Kreaturen mit Leichtigkeit in Stücke schlagen können – aber die Stück hätten einfach weiter gekämpft! Ob Arm oder Kopf, es schien ihn nichts auszumachen vom Torso geschlagen zu werden.

Als wir den Kampf überstanden hatten, ließ ich mir erst einmal mehrere Verbände anlegen. Manch ein Diener des Gnadenlosen verachtet die Heilkunst und blutet lieber aus, als sich nach der Schlacht helfen zu lassen. Aber der Schwarze Mantikor verlangt solches nicht. Statt also mein Banner im Stich zu lassen, schöpfte ich neue Kraft.

Als nächstes versuchten wir diesen Raum schnell zu verlassen, denn im Dunkel unter der Decke erkannten wir noch ein weiteres Dutzend dieser kleinen bleichen Kreaturen, die jedoch bewegungslos verharrten. Da der eine Ausgang aus zwei winzigen Spalten im Fels bestand, wandten wir uns dem anderen zu. Diese Öffnung erinnerte uns an einen Bergwerksdurchgang. Auf der Pfad dahinter wirkte mit den Brettern und Bohlen, der abgestützten Decke, wie ein Bergwerkstunnel. Der Tunnel stieg leicht an, bis er uns zu einer T-Kreuzung führte. Einer der Stollen war allerdings eingestürzt, so dass wir keine Wahl hatten. Am Ende dieses Stollen stießen wir schließlich auf einen großen Stein, der den Tunnel verschloss. Mir Hilfe der Maraskanerin konnte Ivan ihn aber aus dem Weg hebeln.

Der Raum dahinter war.gut zehn mal zehn Schritt groß und wirkte ebenfalls wie ein Teil eines (aufgegebenen) Bergwerks. Aus den Augenwinkeln konnten meine Leute gerade noch ein kindsgroßes Geschöpf sehen, welches in einen Tunnel verschwand. Um also nicht von hinten und vorn in die Zange genommen zu werden, rollten wir den großen Stein wieder vor dem Tunnel, aus dem wir gekommen waren. Dann machten wir uns daran das Geschöpf voraus mit angebrachter Vorsicht zu verfolgen. Kurz darauf konnten wir leises Gemurmel und Stimmen voraus hören, Ivan und Trogar waren der Meinung es wäre ein eigenartiges Zwergisch.

Wir erreichten eine Halle, aus der das Gemurmel gekommen war. Die Halle war nicht nur mit den verfallenen Überresten des Bergwerks geschmückt, sondern auch von einer Menge kleiner, nackter und bleicher Gestalten bevölkert. Doch statt uns mit Klauen und Zähnen anzugreifen, brach fast eine Panik unter den Gestalten aus, als sie uns entdeckten. Sie hatten gerade einmal Bretter als Keulen und ihr Anführer trug so etwas wie ein Zahnrad als Krone auf dem Kopf. Ich überließ es Trogar und Hela mit den kleinen Leuten zu verhandeln, nachdem diese sich wieder beruhigt hatten. Eins von diesen eigenartigen Geschöpfen konnte sogar gebrochen Garethi.

Diese ängstlichen Ghulenzwerge nannten sich selbst „Volk von König Ardoch“ (oder so ähnlich) und wir konnten erfahren, dass sie wohl in letzter Zeit unter den Angriffen von ekelhaften Kreaturen zu leiden hatten, denen wir schon begegnet waren. Außerdem wurden sie anscheinend von einem „Schattenmann“ geplagt. Ein wenig Hoffnung keimte in mir auf, den Urheber dieser unheiligen Kreaturen und Landplage gefunden zu haben. Darüber hinaus boten uns die kleinen Dinger an, uns einen Weg zurück an die Oberfläche zu zeigen und sogar Schätze. Was auch immer diese Kreaturen als Schätze betrachten mochten. Als Gegenleistung sollten wir ihnen den Schattenmann vom Hals schaffen. Natürlich schlugen wir ein, schließlich war ich der Meinung ein gutes Geschäft zu machen und zweimal für dieselbe Arbeit bezahlt zu werden.

Da wir aber vor einem solchen Kampf etwas Ruhe und neue Leuchtmittel benötigten, ließen wir uns von dem Dolmetscher erst einmal durch ein Ganggewirr zu einem relativ trockenen Raum mit einer Tür (wir kamen durch ein wirklich verdammt winziges Loch in den Raum gekrochen) führen. Während unser Führer in der Dunkelheit loszog, um uns brennbare Materialien zu besorgen, ließen wir uns häuslich nieder. Wir überprüften unsere Ausrüstung, Ivan konnte endlich seine heißgebliebte Rotze auseinandernehmen und trocknen, und uns um unsere Prellungen und Abschürfungen kümmern. In diesem Raum schienen wir uns übrigens wieder in der normalen Kanalisation der Stadt über uns zu befinden. Meine Erinnerung an den Anblick der Kaiserstadt kam mir unwirklich vor – existierte der Moloch über unseren Köpfen tatsächlich? Und würden wir aus dieser Dunkelheit wieder dort hinaus finden?

Nach ein paar Stunden Rast erschien der Ghulzwerg wieder und brachte Geschenke mit. Es war nur besseres Gerümpel, aber es sollte halbwegs genügen. Hätten wir doch nur die Sturmlaternen nicht verloren! Aber wer rastet der rostet. Also machten wir uns dann auf unserem seltsamen Führer wieder in die Dunkelheit zu folgen, um dem „Schattenmann“ den Garaus zu machen.

Nach einigen Gängen meinte Trogar, es sähe aus wie ein bosparanisches Aquädukt, durch welches wir schritten. Jedenfalls erinnerten ihn die Steine um uns herum an solche, die er in Perricum gesehen hatte. Aber dieser lustige Plausch endete, als wir in einen Gang mit im Boden versteckten Falltüren gerieten. Am Ende des Ganges war eine massive und große Doppeltür eingelassen und so vermuteten wir uns direkt vor dem Versteck dieses „Schattenmannes“. Doch erst einmal mussten wir diese Falltüren überwinden. Mit viel Vorsicht aber auch entschlossenem Schweiß überwanden wir die Fallen und standen dann vor dem großen Portal. Während Ivan noch seine Werkzeuge auspackte, um das komplizierte aber mechanische Schloss der Tür zu öffnen, trat die Maraskanerin fluchend vor eben dieses Schloss und spuckte es an. Zischend und schmatzend zerfloss das Metall daraufhin!

Während wir noch entgeistert unsere Verrückte anstarrten, öffnete sie die Türen und damit den Blick auf ein rundes Arbeitszimmer, oder besser gesagt: eine Alchimistenstube.
 
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