Das Schwert zerbricht [Talaganuindale]

Freako

Der Kriegerpoet
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4. April 2004
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Dieser Post ist Teil der Geschichte von Freako Lainvendil. Bevor Ihr ihn lest solltet Ihr Euch vielleicht erst einmal seine Lebensgeschichte ansehen, um die Hintergründe zu erfahren.

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Nebelschwaden waberten durch das kleine Tal, an dessen Hängen uralte, grüne Bäume wuchsen. Die Ebene, die sonst grün und fruchtbar war, wirkte ebenso grau und trostlos wie der Himmel war. Kein Lüftchen regte sich, und doch war es eisig kalt, und gelegentliche Regenschauer, die seit mehreren Tagen anhielten und immer wiederkehrten, hatten den Boden in einen braunen Morast verwandelt.

Inmitten des Tals stand eine Stadt, in der es nicht minder traurig aussah. Die Fahnen und Wimpel hingen schwer und regengetränkt an ihren Stangen, das Kopfsteinpflaster der Straßen war glitschig, und kaum eine Menschenseele war auf der Straße zu sehen. Für letzteres jedoch war nicht das Wetter verantwortlich; die Menschen der Stadt wussten, dass sich ein gewaltiges Orkheer auf das friedvolle Tal zubewegte. Die Verteidigung der Stadt war stark, doch die Massen der Orks waren den Menschenstreitkräften dennoch um ein vielfaches überlegen. Verstärkung würde nicht rechtzeitig eintreffen. Jeder waffenfähige war gerüstet, und unablässig patroullierten Wachen auf den Mauerzinnen. Jeder wusste, dass diese Schlacht nicht gewonnen werden konnte. Dennoch wichen die Menschen nicht sondern waren gewillt, ihre Heimat zu verteidigen, bis zum letzten Blutstropfen.

Von all diesen Dingen wusste die Gestalt, die durch die nahen Wälder irrte, nichts. Der zerfetzte graue Umhang hing von den Schultern des Elfen wie die langen, blonden Haare, die ihm in durchnässten Strähnen im Gesicht klebten. Die prachtvolle Mithrilrüstung war über und über mit Schlamm und Blättern bedeckt. Die schmutzigen Hände hielten eine schwarze Klinge umklammert, so fest, dass die Knöchel totz des Drecks, der auf ihnen lag, weiß hervortraten; es wirkte, als hielte sich dieser Elf mit letzter Kraft an dem Schwert fest, als wäre es das einzige, das ihn an diese Welt noch band. Er taumelte wie ein Betrunkener und stieß nicht selten gegen einen Baum oder stolperte über eine Wurzel; doch er schlug nicht zu Boden sondern fing sich stets mit beinahe traumwandlerischer Sicherheit auf, obwohl er erschöpft wirkte wie nach einem wochenlangen Marsch durch die Wüste. Über seine Lippen drangen gemurmelte, nicht zu erkennende Laute, aus denen einzig die Worte Valderag... wo... bist du... herauszuhören waren. Von Zeit zu Zeit glomm die Klinge in einem unheimlichen Blau auf; dann war es, als würde wieder etwas Kraft in den Körper des Elfen fließen; seine Augen strahlten heller und seine Schritte wurden für kurze Zeit bestimmter.

Freako dachte nicht mehr. Er hatte keine Ahnung, wie lang oder wohin er unterwegs war.Er setzte stets nur einen Fuß vor den anderen. Er wusste nicht, was mit seinem Pferd geschehen war; er wusste nicht einmal mehr, dass er mit seinem treuen Hengst vor unbekannter Zeit von den Landen der Baumelfen aufgebrochen war.

Er spürte weder die Kälte, noch die Feuchtigkeit, während er durch die alten Wälder streifte wie ein Vagabund und Wegelagerer. Er aß nicht, trank nicht; er wusste nicht, dass ihn nur die Kraft des Schwertes, das er trug noch am Leben erhielt. Auch, dass das Schwert der Grund seines Irrweges war, war ihm nicht bewusst.

So vergingen weitere Tage, in denen der Kriegerpoet umherirrte, ohne Ziel, und doch auf dem Weg seines Schicksals. Alles lebende Getier floh ihn; er war nicht mehr als ein Schatten seiner selbst, der eine Kälte ausstrahlte, die nicht von dieser Welt war.

Da geschah es eines Morgens, dass er aus dem dichten Wald heraustrat und seit langem wieder das Licht der Sonne erblickte, das vom dichten Blätterdach komplett ausgesperrt worden war. Er blinzelte und kniff die Augen zu engen Schlitzen zusammen, schloss sie schließlich ganz. Die Strahlen, die vom diesigen Himmel herabschienen, vermochten ihn nicht zu wärmen. Freako blieb stehen und ließ seinen Blick teilnahmslos über das nebelverhangene Tal schweifen.

Plötzlich erscholl ein Horn; es war ein wiederlicher, quäkender Ton, der einem durch Mark und Bein drang. Nur Orks konnten einen derartigen Klang erzeugen, doch Freako rührte sich nicht. Er stand einfach da und blickte in das Tal hinab. Er sah eine unbekannte Stadt, mit festen Mauern, rauchenden Schornsteinen; doch nichts rührte sich darin. Dennoch erkannte er die mat aufblitzenden Helme der Soldaten, die in vielen Reihen hinter den Mauern standen.

Das Horn erscholl ein zweites Mal. Etwas zog Freakos Blick von der Stadt weg zu einer Hügelgruppe etwa eine Meile vor den Toren der Stadt hin. Einzelne, schwarze Punkte bewegten sich schnell über die Ebene hin. Es wurden mehr und mehr. Freakos Blick, obwohl immer noch völlig leer, erkannte trotz der großen Entfernung Orks, die auf geifernden Wargen ritten.

Und mit einem Mal, als das Horn zum dritten Mal erscholl, war sie da: eine gewaltige schwarze Sturmflut, die sich über die Hügel ergoss. Reihe um Reihe, Abteilung um Abteilung, marschierten kräftige Orkkrieger, bewehrt mit riesigen Schilden und Schwertern oder langen, gezackten Speeren auf die Stadt zu. Es mussten zehntausende sein. Sie zogen gewaltige Kriegsmaschinen mit sich und gepanzerte Trolle waren hin und wieder als riesige Schemen zwischen den Kriegermassen zu sehen.

Freako war immer noch unberührt.

Er beobachtete das gewaltige Heer, das immer noch nicht vollständig über die Hügelkuppen gekommen war und sich vor der Stadt zu sammeln begann und bemerkte nicht, wie Angrist langsam immer stärker zu glühen begann. die Klinge vibrierte, doch der Elf stand immer noch unberührt.

Nach weiterer Zeit war das Heer vollständig versammelt und in Schlachtordnung aufgestellt. In der Stadt rührte sich immer noch nichts. Schließlich erscholl das Horn ein drittes Mal, und die Belagerungsmaschinen der Orks begannen zu feuern. Felsbrocken, brennendes Pech oder gewaltige Pfeile wurden abgeschossen und schlugen mit verheerender Wirkung in der Stadt ein. Da erscholl ein weiterer Hornklang, doch von anderer Art; kräftig, jedoch von angenehmerem Klang; das Herz eines jeden tapferen Menschen oder Elfen würde bei diesem Klang höher schlagen; doch Freako reagierte immer noch nicht.

Die Tore der Stadt öffneten sich, und eine große Abteilung schwer gepanzerter Reiter strömte heraus. Sie hielten auf die Kriegsmaschinen zu und damit auch auf das gewaltige Heer vor ihnen. Es war aussichtslos. Das war der erste Gedanke, der Freako nach langer Zeit wieder durch den Kopf ging. Nicht lange, und die Krieger prallten mit ungeheurer Wucht auf die Orkreihen. Die wucht des Angriffs trieb einen Keil in das schwarze Heer, und in diesem Moment ergoss sich eine große Zahl an Fußsoldaten aus den Toren, die mit gellenden Kriegsschreien hinter der Kavallerie herstürmte. Schnell entbrannte der Kampf mit verzehrender Wut und Verbissenheit, doch es war klar, dass die Menschen nicht gewinnen konnten. Die Orks waren ihnen fünf zu eins überlegen.

Und Freako tat einen Schritt.

Er hielt inne, wunderte sich, was er tat; doch er machte einen zweiten Schritt. Etwas zog ihn hin, hin zur Schlacht; und er wusste, dass es Angrist war. Ein weiterer Schritt, dann noch einer. Freako begann zu rennen. Das blaue Feuer des Schwertes glomm auf wie das Leuchten seiner Augen, und trotz der schweren Rüstung bewegte er sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit. Die Schlacht rückte immer näher und näher. Schon hatten ihn zwei Orks erkannt und ritten ihm auf ihren Wargen entgegen. Das letzte, was sie sahen, war der abgerissene Elfenkrieger, der auf sie zurannte, mit einem wahnsinnigen Feuer in den Augen und hoch erhobener Klinge.

Reiter und Reittiere brachen hinter Freako tot zusammen, und ihr Blut benetzte das Gras. Der Kriegerpoet war nicht einmal langsamer geworden. Und mit einem beinahe unwirklichen Schrei stürzte er sich in die Schlacht.

Schwarzes Blut und blaues Feuer vernebelten seine Sicht. Ork um Ork fiel vor seinem brennenden Hass und der Macht des Titanenstahls, und bald waren die Leichen, die seinen Weg durch das schwarze Heer pflasterten, ungezählt. Die unheilige Flamme brannte in ihm, vermischt mit der Macht des Edhiliergeschlechts. Keine Macht dieser Welt konnte ihn in diesem Augenblick bremsen.

Die Menschen, deren Reihen gewankt hatten, schöpften neuen Mut beim Anblick des rasenden Kriegers, der ihre Feinde niedermetzelte wie eine Sense Strohhalme mähen konnte. Sie formierten sich und strömten in den Keil, den der Elf getrieben hatte; Mit dem Elfen! war der Ruf, der sie in die Schlacht und in den Tod begleitete.

Immer weiter wütete der Kriegerpoet, und seine Rüstung und sein Haar waren schwarz vom Blut der gefallenen Krieger. Er bot einen derart furchterregenden Anblick, dass die Orks um ihn herum nur zu oft der Kampfeswille verließ. Er fällte einen gewaltigen Troll wie einen morschen Baum und wirbelte weiter. Die Reihen der menschlichen Soldaten folgten ihm dichtauf; doch dies war ein schrecklicher Fehler. Als die ersten ihn erreichten fuhr er herum und metzelte sie genauso nieder wie die Orks. Angrist machte keinen Unterschied zwischen rotem und schwarzem Blut; und bald verloren die Menschen ihren Kampfgeist und verfluchten den Krieger, den sie zuvor noch gepriesen hatten.

Doch Freako focht immer weiter, bis er auf einen kleinen Hügel gelangte. um ihn herum tobte die Schlacht mit unverminderter Härte, und kein Feind wagte sich in diesem Augenblick an ihn heran. So überblickte er das Schlachtfeld und wurde einer Abteilung Wargreiter gewahr, die sich ihren Weg durch die Schlacht bahnten; doch an ihrer Spitze befand sich ein Krieger, der auf einem Pferd ritt. Die Abteilung hielt genau auf Freako zu; es war Zufall, dass sie auf ihrem Weg durch die Schlacht den Weg des Kriegerpoeten kreuzte, und doch war es von schicksalhafter Bedeutung.

Angrist bebte. In Freakos Kopf ertönde ein dröhnendes, hasserfülltes Lachen. Das Schwert war erfreut über die Unmengen an Blut, die es getrunken hatte. Es würde nicht mehr lange dauern, und es würde die Macht haben um den Krieger vollständig zu beherrschen.

Die Reiter näherten sich dem Hügel und brachen hinaus auf den leeren Kreis, in dessen Mitte der Elf stand. Der Krieger an der Spitze schwang einen gewaltigen, langen Stab mit einer verzierten Klinge an der Spitze nach Freako, ohne Geschwindigkeit zu verlieren. Der Schlag war mit gewaltiger Kraft geführt.

Freako blockte ihn mit der blanken Klinge ab und packte den Stab mit einem einzigen harten Ruck. Der Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert und prallte mit großer Wucht auf dem Boden auf. Sein Helm rutschte ihm vom Kopf und kullerte davon. Darunter kam ein Schopf aus schulterlangem, leuchtend grünen Haar zum Vorschein, unter dem ein Paar strahlend blauer Augen zornig hervorblitzte. Eine Elfenfrau.

Schartige Klingen zuckten nach Freako, als die Wargreiter begannen ihn einzukreisen und nach ihm zu schlagen. Ohne Mühe wich er den Hieben aus und tötete Warg und Ork gleichermaßen schnell und grausam, bis sich ein großer, stinkender Haufen toten Fleisches um ihn herum auftürmte. Dann wandte er sich langsam zu der Elfin um. Um ein Haar wäre seine Reaktion zu spät gekommen. Er spürte eine Bewegung und tauchte blitzschnell unter dem Hieb hinweg. Der lange Stab machte eine kraftvolle, halbkreisförmige Bewegung und raste erneut heran. Freako parierte den schweren Hieb und packte abermals den Schaft der Gelfe. Er versuchte sie der Elfin zu entreißen, doch sie hielt mit erstaunlicher Kraft daran fest. Durch die Kraft der Bewegung wurde sie mit ihrer Waffe von den Füßen gerissen, als Freako sie mit unmenschlicher Kraft von sich warf. Blitzschnell rappelte sie sich hoch und blickte ihn mit blitzenden Augen an.

Ihre Augen...

Sekundenlang standen sich die beiden ungleichen Gegner gegenüber und musterten sich. Freakos Blick war kalt, gefühllos, keine Regung war in seiner Mine zu erkennen; die Kriegerin musterte ihn abschätzend. Doch obwohl ihre Blicke so verschieden waren... waren ihre Augen die selben.

In diesem Moment, inmitten einer Schlacht auf Leben und Tod, traf der gefallene Vater auf seine Tochter.

Freako erkannte Aredhél sofort. Ihr grünes Haar, die strahlenden blauen Augen, wie sie nur einem Sproß der edhilischen Rasse gehören konnten... für einen winzigen Moment fiel der Bann von ihm ab, und das Schicksal ließ ihn den grausamen Schmerz über all das, was er getan hatte, auskosten; doch noch bevor er etwas sagen konnte, bemächtigte sich Angrist wieder seines Geistes.

Freako lachte laut, doch die Stimme, mit der er sprach, war nicht die seine.

"Gut getroffen, Aredhél Soraja van Sálem Lainvendil! Welch langer Name für ein bald endendes, so kurzes Leben. Erkennt Ihr mich nicht? Ich bin Euch wohl vertraut; Euer Tod und Euer Leben; Seit Eurem Zug mit den Orks seht Ihr mir ständig ins Gesicht und seht Euch doch nach mir. Sagt mir, wer bin ich?"

"Ich kenne Euch nicht!" Schleuderte Aredhél ihm wütend entgegen. "Was erdreistet Ihr Euch! Ihr tötet meine Krieger und verspottet mich? Erklärt, wer Ihr seid, und Euer Tod wird kurz und schmerzlos sein!"

Wieder ertönte dieses unwirkliche Lachen aus der Kehle des Kriegerpoeten.

"Ihr wisst es tatsächlich nicht! Ihr seid so närrisch und naiv, dass Ihr Euer Schicksal nicht erkennt, wenn Ihr es trefft. Ihr seid die Rolle nicht wert, die Euch das Schicksal zugeteilt hat. Aber bitte- Ich werde Euch auf die Sprünge helfen, bevor Ihr von der Hand dessen sterbt, der euch am meisten liebt und mit dem Ihr niemals glücklich vereint sein sollt! Diese Hülle, derer ich mich bemächtigt habe, ist Euer leiblicher Vater, Freako Lainvendil!"

Angrist vibrierte vor Freude bei diesen Worten. Es schien sich an dem ungläubigen Gesichtsausdruck Aredhéls zu weiden.

"Ganz recht, Närrin! Sehr, was aus diesem ehrbaren Krieger, Idol für nachkommende Elfengenerationen ward er einst genannt, geworden ist! Von seiner Hand werdet Ihr nun einen grausamen Tod erfahren."


"Ihr lügt! Elender Bastard, der Ihr das Andenken an meinen Vater beschmutzt! Eure fauligen Worte sollen diese Lande nicht mehr länger beschmutzen!"


Und mit diesen Worten warf sich Aredhél auf Freako. In ihr brannte ein Hass, entzündet durch diese grausamen Worte, der dem des Titanenschwertes kaum nachstand. Mit ungeheurer Wucht prallte Araonor auf Angrist, und da offenbarte sich die wahre Macht der Waffe, die die Elfin zu der ihren erwählt hatte: denn der Titanenstahl konnte sie nicht zerschneiden, wie er jede andere Waffe teilen konnte. Funken stoben, als die Kämpfer zusammenprallten und wieder voneinander wichen.

Ein rasender Tanz begann, und die, die ihn beobachten konnten, erstarrten vor Furcht. Es war, als wäre die Welt um Aredhél und Freako in das Licht zweier einziger Farben getaucht, ein kaltes, fahles Blau und ein pulsierendes, warmes Grün, und von diesen Farben waren auch die gleißenden Funken, die aus den Waffen sprangen. Es war ein Kampf, wie er die Lande der Hoffnung schon lange nicht mehr erschüttert hatte. Es ging nicht einfach nur um Leben und Tod- es ging um Gut und Böse, schwarz und weiß, vielleicht sogar um das Schicksal ganz New Hopes. Und nicht von dieser Welt schienen die beiden Streiter zu sein. Die zierliche Elfin focht mit ihrer riesigen Gelfe gegen den Hass und die dunklen Mächte von Jahrtausenden, die die Macht der Titanen, die noch auf dieser Welt verblieben war, darstellten. Und doch unterlag sie nicht. Wo kein anderer hätte bestehen können, hielt sie stand und trotzte den schweren Schlägen.

Viele Barden singen noch heute das Lied vom Kampfe zwischen Tochter und Vater auf den blutigen Feldern im Nebeltal; und wahrhaft lange dauerte er an. Um die beiden herum trieben die Orks die Menschen langsam zurück, und grausam war das Gemetzel, das sie anrichteten, als sie durch die Stadtmauern brachen und über die Bogenschützen und anschließend die wehrlose Bevölkerung herfielen. Kein einziger konnte vor den schwarzen Horden fliehen.

Doch während all dies geschah fochten Aredhél und Freako ihren hitzigen Kampf, und niemand, nicht Mensch und nicht Ork, wagte es, sich den beiden zu nähern. Die Kräfte wogten hin und her, und lange war es unklar, wer den Sieg davontragen würde. Beide schienen unermüdlich, von überirdischen Kräften getrieben; und tatsächlich heißt es in manchen Liedern, dass die Elfengöttin Cyrra persönlich in Aredhél Soraja wirkte, um die Macht der Titanen zu brechen.

Nach langer Zeit neigte sich der Kampf dem Ende zu. Die Schläge wurden immer hitziger, und die Kämpfenden waren nicht mehr zu erkennen; alles was man sah war ein rasender Wirbel grünen und blauen Lichts, der immer greller wurde und sich zu einem gleißenden Ball verdichtete. Die umstehenden Orks schlossen geblendet die Augen, und plötzlich zuckte ein greller Lichtblitz auf, der die Krieger sich vor Panik zu Boden werfen ließ. Ein dröhnender, hassverzehrter, unmenschlicher Schrei ließ die Orks vor Schmerz aufschreien. Es dauerte lange, bis die ersten es wagten einen Blick auf den kleinen Hügel zu werfen.

Ein seltsames Licht war gerade dabei, sich langsam zu verflüchtigen, und weiße Nebelschwaden stiegen vom Boden auf. Und inmitten dieser Schwaden stand Aredhél, vor Erschöpfung zitternd, das glatte Haar zerzaust, mit einer Schlagwunde an der Stirn, und hielt Freako Araonor an die Kehle. Dieser lag regungslos am Boden, doch war noch am Leben. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Neben ihm am Boden lag Angrist, doch der unheimliche blaue Stein war aus seinem Knauf gebrochen. Das fahle Feuer war erloschen.

Langsam nur wagten die umstehenden Orks es, sich zu nähern, doch Aredhél brachte sie mit einer erschöpften, doch ausreichend herrischen Geste zum Stehen. Sie blickte weiter dem vor ihr liegenden Elfen in die Augen, und dieser erwiederte ihren Blick. Und sie sah, dass der Wahnsinn aus seinen Zügen gewichen war, und tief in ihr begriff etwas, wer es war, den sie soeben besiegt hatte. Er bewegte die Lippen, doch nur ein staubiges Krächzen kam hervor. Aredhél rührte sich nicht, verminderte jedoch Araonors Druck auf die Kehle des Elfen.

Schließlich gelang es diesem zu sprechen:

"Meine Tochter... Are...dhél." Seine Stimme klang furchtbar, und nur die Götter mochten wissen, wie hoch der Grad der Erschöpfung dieses Körpers war. Wäre das edhilische Blut in seinen Venen nicht, so wäre er längst tot. Dennoch sprach er einige wenige weitere Worte, bevor er das Bewusstsein verlor:

"Ich hätte... mir nicht träumen lassen... wie schön du... bist."

Er seufzte noch einmal und schloß dann erleichtert die Augen. Aredhél stand noch einen Augenblick lang still und sank mit einem Male neben diesem Mann auf die Knie: Araonor ließ sie neben sich auf den Boden fallen und umfasste das schmutzige Gesicht ihres Vaters mit ihren Händen.

"Vater..." Mehr brachte sie in diesem Augenblick nicht heraus. Tränen der Freude liefen ihre Wangen hinunter, und schließlich hob sie seinen schweren Körper mitsamt der Rüstung in die Höhe und trug ihn davon. Keinen der Orks, die ihr helfen wollten, ließ sie auch nur in ihre Nähe. Hinter ihr brachten ihre Krieger das zu Ende, weswegen sie gekommen waren, und schleiften die Stadt; keiner der Bewohner entkam dem Gemetzel, das sie anrichteten. Doch Aredhél ging dies nichts mehr an. Ihre Reise mit den Orks war zu Ende.

Sie brachte Freako in ihr Zelt und pflegte ihn dort mehrere Tage lang; das Heer ließ sie weiterziehen und übergab das Kommando an einen ihrer Häuptlinge. Als Freako von seiner Erschöpfung einigermaßen genesen waren wagten sie den Ritt in die östlichen Wälder anzutreten; Cosma sollte von de rWiederkehr des gefallenen Fürsten erfahren. Auf der ganzen Reise sprachen sie kaum ein Wort; sie beide hatten sich viel zu erzählen, doch spürten sie, dass der Augenblick dazu noch nicht gekommen war. In den Nächten ihrer Reise saßen sie in vertrautem Schweigen beisammen und betrachteten den Sternenhimmel; stets wanderten ihre Blicke zum Abendstern, den Freako seiner Tochter damals gezeigt hatte.

Und schließlich, nach vielen Tagen der Reise, erstreckten sich vor ihnen die uralten Wälder, und Rufe im Blätterdach eilten ihnen weit voraus. Die kommenden Tage würden ihre glücklichsten werden; das wusste Freako, als er an Aredhéls Seite die Stadt in den Bäumen betrat und Cosma ihm freudestrahlend und mit Tränen in den Augen entgegeneilte.
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Re: Das Schwert zerbricht

Genial! Echt Super! Etwas PG vielleicht, aber ich mag das...

Respekt!
 
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