AW: cinematisch / cineastisch
Josh schrieb:
Ich kenne einmal die cinematic Spielweise...
Also "wie im Film" inklusive ... aktivierten "Woo-Faktor"...
Ist DASSELBE wie
Josh schrieb:
... das man "Kinoeffekte" (beschreiben der Kamerafahrt durch die Burg, Close-up auf Bösewicht, Zwischensequenzen die die Charaktere eigentlich nicht mitbekämen usw, etc, pp...) benutzt.
Zum "Woo-Faktor" gehören nämlich auch Zeitlupen/Bullet-Time-Einstellungen und andere in der Erzählweise und der Präsentationsart am Film entlehnte Techniken, die ein cinematisches Rollenspiel zu einem Rollenspiel "wie im Kino" machen.
Wenn man sich einmal die (nicht-deutschen!) Rollenspiele anschaut, die mit dem Etikett "cinematic roleplaying" daherkommen, dann wird man dort nirgendwo die schlichtweg falsche und für ein Rollenspiel sogar lächerliche Bezeichnung "cineastic" finden.
Nur das mangelhafte Sprachverständnis - hier insbesondere in deutschen Foren und bei deutschen Wirklichkeitsveredlern - welches nicht zwischen cinematisch und cineastisch unterscheiden kann, ist für diese eigentlich nicht notwendige Verwirrung verantwortlich.
Der Begriff
"cinematic roleplaying" ist guteingeführt und bezeichnet sowohl eine ganze, eigene
Kategorie an Rollenspielen, die filmtechnische Darstellungsmittel im Regelwerk eingebettet haben, also auch eine
Methode in Rollenspielen, die das filmtechnische Präsentieren nicht im Regelwerk direkt vorsehen, solche Präsentationsformen "wie im Kino" einzubauen.
So kann man in Wushu oder Angel direkt die Darstellungen im Regelwerk unterstützt wiederfinden, die die Film bzw. die Fernsehserien-Vorlagen auszeichnen.
Man kann aber auch in DSA oder D&D die Darstellungstechniken wie Schnitte, Einblendungen, Zwischensequenzen, Pretitles etc. verwenden und so die Darstellung mit einem cinematischen Gefühl des "wie im Kino" versehen.
Der eigentliche Unterschied ist der zwischen einer ganzen
Kategorie an Regelsystemen, die auf solchen kino-technischen Effekten aufbauen und sie im Regelwerk verankert haben, und einer
Darstellungstechnik nach Art des Kinos. -
Beide sind aber CINEMATISCH.
Cineastisch ist im Rollenspiel nichts. - Klar kann man ein Szenario nach einem von Peter Greenaways Filmen spielen (übrigens eine recht reizvolle Idee: Man denke an "Drowning by numbers" als Szenario - eventuell für UA ...). Aber wenn man bestimmte Elemente der Film-KUNST betonen und verwenden wollte (wie die streng formalen Greenaway-Filme z.B.), dann versucht man Elemente ins Rollenspiel einzubauen, für die die Grundlage erst einmal eine Darstellungstechnik "wie im Kino" ist: also cinematisch.
Cineastisch könnte es dann bestenfalls werden, wenn man eben bestimmte Kunst-Aspekte der Filmgeschichte zu verwenden oder nachzustellen versucht.
Doch was wäre das denn?
Z.B. die Split-Screen-Technik bei "Napoleon", oder die Story zu präsentieren ohne je den Schauplatz zu wechseln wie in "Fenster zum Hof", oder in der Handlung von 100 bis 1 zu zählen wie in "Drowning by numbers". - Das sind aber alles in der Wurzel unspektakuläre, eher filmtechnische oder handlungsbezogene Elemente, die in ihrer Anwendung im jeweiligen Filmkunstwerk aber besonders eindrucksvoll kreativ eingesetzt wurden. So eindrucksvoll, daß der Film eben zu einem Kunstwerk wurde, welches Cineasten zu schätzen wissen.
Rollenspiele, die so etwas - also die Cineastik - direkt im Regelsystem oder dem Setting unterstützen, kenn ich keine (weil auch kein Markt dafür da ist - nicht umsonst sind Cineasten auch eine eher kleine Untermenge der Kinofreunde). Es ist ja auch bei einem Film meist vorher nicht klar, ob er jetzt von Cineasten hochgeschätzt werden wird, oder als Popcorn-Kino-"Wolke" durch die Kinos zieht und nach zwei Wochen wieder verweht und vergessen ist. Cineasten sind Kunstgenießer. Da spielt der persönliche Geschmack, ein Anspruch an Originalität und Kreativität des Kunstobjektes eine große Rolle. Ob und wann ein Film etwas "für Cineasten" ist, läßt sich somit schon allein grundsätzlich schwer sagen. - Wie sollte man dann bei solch einem flüchtigen Begriff genau sagen können, wann ein Rollennspielszenario mal cineastischen Ansprüchen genügt hätte?
Rollenspiele, die weniger den Anspruch an KUNST-Aspekte in der filmtechnischen Darstellung, sondern eher die filmerzähltechnischen Aspekte im Regelwerk einbetten, gibt es hingegen eine ganze Reihe. Und dafür ist ein Markt da. Und daher gibt es auch das Interesse an einer solchen erzähltechnischen Darstellungsform "wie im Kino" in anderen, ursprünglich nicht als cinematisch gedachten Rollenspielsystemen.
Wenn man also bestimmte Elemente der Film-Technik, des Film-Handwerks betonen und verwenden möchte, dann ist man beim cinematischen Rollenspiel. - Wenn ein Szenario aufgrund der kreativen Anwendung dieser cinematischen Erzähltechnik auch noch den Ansprüchen eines Filmkunstfreundes, eines Cineasten, genügt hat, dann - und NUR dann - könnte es sich um ein "cineastisches" Rollenspielereignis gehandelt haben.