Call of the ocean....

SeelenBlut

Devil was an angel too
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26. Januar 2004
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Der Sommer war vorbei, seltsam das es ihm erst jetzt auffiel. Eigentlich war der Herbst auch schon in die Lande gezogen. Früher einmal war er sehr sensibel für seine Umgebung gewesen, heute musste er einsehen das er das Gespür dafür vollkommen verloren hatte. Er hatte generell soviel verloren, seitdem er SIE verloren hatte. Sie fehlte, sie fehlte so sehr, dass jedes Erwachen ohne sie ein kleiner Schnitt im Herzen war.
Aber er wollte sich nicht mehr grämen, warum über vergangenes Trauern, ändern konnte er es nicht mehr und es war ja nicht so, dass sie gegangen war und nur Schutt und Asche hinterlassen hatte. Sie hatte ihm das höchste geschenkte was eine Frau einem Mann schenken konnte: Einen gesunden Jungen und ein bildschönes Mädchen.
Das Leben hatte kleine Kerben in seine Seele gehauen und selbst wenn er mit ihnen leben konnte, würde er niemals mehr der trotzköpfige, heißblütige Mann sein, der er irgendwann mal gewesen war.
Seine Kinder waren versorgt und schliefen ruhig und träumten himmlisch. Jedes Mal wenn er sie ansah wollte sein Herz zerspringen, zum einen aus purer Liebe, zum anderen aus purem Schmerz. Sie fehlte einfach an allen Ecken und Kanten.
Er war froh darum Freunde zu haben die ihn unterstützen, ihm halfen, ihn ablenkten und so konnte er sich die kleine Freude eines Spaziergangs am Strand einfach für sich beanspruchen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil er seine Kinder allein ließ.
Der Strand lag natürlich im absoluten Dunkel und selbst wenn noch entfernt die Lichter des Hafens und des Pier zu ihm drangen, wählte er extra die Dunkelheit und mit ihr die Einsamkeit.
Der Wind war so kurz vor dem Wintereinbruch natürlich eiskalt und schnitt ihm wie ein scharfes Messer ins Gesicht. Den Kragen seiner Jacke hatte er aufgestellt und die klammen Finger in die Hosentaschen vergraben, die Luft die er ausatmete hinterließ helle Wölkchen in der Luft und jetzt wo seine Augen sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt hatte stellte er sich dem Ozean entgegen und konnte er über das Firmament mitsamt den tausenden von Sternen und der Mondsichel nur staunen. Jetzt und in dem Moment glaubte er fest daran, dass seine Seele Ruhe finden konnte, er hätte es bezeugen können wie die Trauer, die ihn über ein Jahr lang lethargisch gemacht hatte aus ihm wich, in den Sand zu seinen Füßen sickerte und dort wo Ebbe und Flut aufeinander trafen für immer hinaus trieben ins offene Meer.
Er setzte sich nieder, mitten auf den kalten Sandboden und sah dem Spiel der Wellen und der Gischt zu, der Meeresschaum der gierig an Land leckte, wie ein Liebhaber seine Liebste mit einem innigen Kuss liebkosen würde.
Eingelullt vom stetigen Rauschen der Wellen wurde ihm das Herz so leicht, dass er die Augen schloss um für einen Moment zu träumen um einen Augenblick sich an den Traum zu erinnern, den er bereits vergessen hatte:

Umgeben von einem blauen Licht, dass ihn tief im Innern wärmte hörte er das Lachen der Nixen, sah sie vor sich: Leuchtendes, rotes Haar aus Feuer gesponnen, grüne Augen wie sie nur den Meerjungfrauen zu eigen waren, der Leib bedeckt mit Muscheln und Korallen, der Torso einer jungen Frau, der sein Blut in Wallung brachte und ihm sein junges Herz stahl, die waagerechte Fluke die ihn daran erinnerte, dass sie nicht in seine Welt gehörte und er nicht in ihre. Doch es war um ihn geschehen als sie den lieblichen Mund öffnete und sang. Sie sang mit einer Stimme die in seiner Fantasie aus puren Edelsteinen bestand, ihre Stimmbänder mussten Goldbarren sein die in Rotwein getränkt wurden, er liebte sie, er liebte sie so sehr wie ein junges Herz zu lieben fähig war.
Gemeinsam mit ihren Brüdern und Schwestern tummelte sie sich im Wasser, durchbrach die Wellen, schwamm schneller und schneller und diese wunderbare Stimme gab Laute der schieren Glückseeligkeit von sich.
Er wollte ihr folgen, wollte ihr nah sein, wollte mit in ihr Reich, selbst wenn es seinen Tod bedeutete. Doch anstatt den barmherzigen Tod zu finden….


Aufgerecht schnappte er nach Luft, hustete und keuchte, rang nach Atem nach diesem langen Tauchgang in seine Träume. Gedankenverloren fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte nichts als Salz. War es vom Meer oder doch von Tränen?
Es brauchte eine Weile bis er sein rasendes Herz wieder beruhigt hatte. Für heute hatte er genug in die Vergangenheit gesehen, es wurde Zeit in die Zukunft zu sehen.
Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende geführt hörte er diesen Laut…altbekannt und doch so fremd.
Der Mann rappelte sich auf und lief die paar Schritte in die Richtung aus der er die Laute und nun das Schluchzen hörte. Bei dem Anblick der sich ihm bot verlor er den Halt und sank auf die Knie.
Der Traum lag vor ihm im seichten Wasser, die scharfe Angelschnur so fest um den Fischleib gewickelt, dass helles Blut hervor quoll und wie Tränen den Sand benetzte. Sein Herz hörte auf zu schlagen als sie den Kopf hob und ihn bettelnd ansah.
 
Uuuuuh, sehr gefühlvoll und dann soooo hart.

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