Bis dass der Tod uns scheidet...

Salomé

stupid fucking rope
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15. Juli 2003
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Es ist kalt.
Hier drinnen, wo immer es sein mag.
Ich fühlt, wie die Kälte in mich hinein kriecht, wie eine Hand, die sich nach meinem Herzen ausstreckt. Lange Krallen, aus Eis geformten Dolchen gleich, bohren sich ins Fleisch und bringen meinen Herzschlag nach und nach zum ersterben.
„Gefangen und an Einsamkeit gestorben.“ Kein Spruch, den man sich auf seinem Grabstein wünscht.
Mein Blick gilt der Dunkelheit, an die sich meine Augen auch nach so langem Aufenthalt in ihr einfach nicht gewöhnen konnen, als wäre sie ein Tuch, dass sich über den Raum gelegt hat.
Das stete Tropfen, dass ich zu Anfang noch wahrgenommen habe und welches mir schier den Verstand rauben wollte, ist inzwischen verklungen. Nein,... wenn ich genau hinhöre und mich darauf konzentriere... ist es noch da. Ich nehme es nur nicht mehr bewusst wahr.
Der erste Schritt zum Wahnsinn?
Der zweite Schritt ist zweifelsohne, dass ich jedes Zeitgefühl, jede räumliche Orientierung völlig verloren habe. Es ist als gäbe es kein heute und morgen, kein Tag und kein Nacht mehr, nicht mal mehr jetzt und später. Alles ist zu einem Klumpen zusammengeschmolzen, den ich nicht mehr zu trennen vermag.
Aber wozu auch? Was machte es noch aus, wie viel Zeit vergeht, wenn man sich ausmalen kann, dass die eigene Zeit sowieso abgelaufen ist?
Wie hatte ich mir meinen Tod so oft ausgemalt?
Einschlafen und nicht mehr aufwachen, war doch eben jene Möglichkeit, die sich die meisten Menschen wünschen. Anders bei mir. Nicht, dass ich mir nicht ebenfalls eine solche Möglichkeit für mich erhofft hätte, aber ich habe nie ernsthaft damit gerechnet. In meinem Beruf, als Vertreter des Gesetzes, kommt man oft an Grenzen, die zu übertreten einen weitaus grausameren Tod bedeuten könnten. Wenn man, wie ich, nicht nur die Gesetze der Menschen vertritt, sondern auch die Gesetze des Himmels wieder auf Erden zurückbringen will, kann man doch eigentlich sicher sein, dass die Kreaturen der Finsternis kaum tatenlos dabei zusehen würden.
Aber was sollte diese Warterei? Dieses elendige herumsitzen... warten... hoffen?
Ob sie irgendwo dort hinten sitzen und mich beobachten?
Ob sie HIER sind und jeden Moment geniessen wollen, den sie noch mit mir zum Spielen übrig haben? Denn das die Mächte der Finsternis in vielen Belangen nichts anderes als verspielte Kinder sind, haben sie mir schon oft genug bewiesen.

Still! Ich habe etwas gehört.

Vielleicht wird man paranoid in der Dunkelheit – Verrückt allemal, ich spreche schliesslich schon mit mir selber, wenn auch nur in Gedanken – aber ich weiss, dass dort etwas war. Auch wenn ich nichts sehen kann...
Es ist so furchtbar dunkel... und kalt... unmenschlich kalt...

Mit einem Mal zerreisst die Dunkelheit über mir, wie ein schwarzer Vorhang. Vielleicht ist dieser Vergleich mit einer Theaterbühne, der mir durch den Kopf jagt, gar nicht so unpassend, denn wie auf einer Bühne drapiert, sitzt sie dort, mir den Rücken zugewandt.
Man kann mir glauben, ich habe schon viele Frauen nackt gesehen, aber keine war so hübsch wie sie. Ihr Körper, der sich unter dem dünnen, weissen Seidennachthemd abmalt ist... perfekt. Und etwas in mir weiss, dass mir dieser Körper alles andere als fremd ist.
Sie dreht sich um, langsam und bedächtig, so dass es mich erneut an ein Schauspiel erinnert, was mach mir bieten will. Aber wer? Und wozu die Mühe vor meinem Ende?
Magdalena, Maggy, sieht mich mit ihren grossen, dunkelgrünen Augen an und der Blick lässt mein Herz endgültig aussetzen.
Vor mir, in der Hocke, sitz Maggy, meine Frau.
Vor gut 3 Monaten habe ich sie bei einem schrecklichen Einsatz getötet.
Die Berührung ihrer Fingerspitzen erinnert mich erneut an Eis und ist gleichzeitig so seltsam, als würden Spinnenweben meine Wange streifen.
„Du hast mich vermisst?“ Ihre Stimme ist so umschmeichelnd, dass selbst mir, einem erfahrenen Polizisten, jegliche Vorsicht abhanden kommt.
Ja, ich habe sie vermisst, auf eine unbeschreibliche, verzehrende Art und Weise, die sich mir erst jetzt in vollem Ausmass eröffnet, als meine geliebte Frau vor mir sitzt.
Schluchzend, wie ein Kind, berge ich mein Gesicht an ihrem Hals, die Arme fest um ihre Schultern geschlungen. Sie ist ein Eiszapfen, aber mein Verstand will nicht wahr haben, was mein Bauchgefühl – mein Magen zieht sich angewidert zusammen – längst verstanden hat: Das ist nicht mehr meine Maggy. Nach ihr haben sich längst die Mächte der Finsternis ausgestreckt und sie in Besitz genommen.
„Du wirst mich noch mehr vermissen, Aton.“ Was folgt, ist für mich nichts anderes mehr, als ein Déjà vu. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie ihre vollen, sinnlichen Lippen sich zu einer hässlichen Fratze verziehen, um den langen Eckzähnen Platz zu bieten. Ihre Fingernägel graben sich in meinen Nacken, den sie mit einer Hand umfasst hält, als wäre sie die Löwenmutter, die ihr Kind in ein sicheres Versteck bringen wollte. Der kurze Schmerz, als sie sich über meinen Hals beugt, lässt mich nicht einmal mehr zusammenzucken, denn das Gefühl was folgt, war zu stark, zu beschönigend, als das ich mich nicht voll und ganz darauf konzentrieren wollte...



„Verdammt, Aton. Wach AUF!“ Es ist, als würde ein Blitz in meinen Körper fahren, hoch bis in mein Gehirn und dort einen Kurzschluss verursachen. Ich zucke zusammen, als sich jener Blitz in einer hellen, farbigen Explosion niederschlägt, die meinen Sehnerv so stark reizen, dass es mich schmerzt.
Keuchend fahre ich empor und starre in das schreckensbleiche Gesicht meines Partners Kei. Ich bin in meiner Wohnung, in meinem Schlafzimmer. Ich muss eingeschlafen sein, als ich mich nach der Schicht kurz hatte ausruhen wollen. Mein Blick zur Uhr sagt mir, dass es grade erst 3 Uhr morgens ist. Zu früh also, um mich zum Dienst abholen zu wollen. Was wollte Kei dann hier?
Fragend huscht mein Blick zu ihm zurück und erst jetzt erschreckt mich seine fahle Gesichtsfarbe.
Verdammt, mein Nacken schmerzt, als hätte mir jemand einen Schlag versetzt, meine Zunge ist rau und irgendwie... pelzig. Wirklich ausgeschlafen fühle ich mich nicht, als ich mich ins Badezimmer schleppe. Kei schien ja nicht wirklich zu einem Gespräch bereit zu, denn er hatte sich stillschweigend ins Wohnzimmer zurück gezogen.
Ein Blick in den Spiegel reicht, um auch mich bleich werden zu lassen.
„Du wirst mich noch mehr vermissen, Aton.“ Ihre Stimme hallt in meinem Kopf nach, während ich mir das Blut von den Lippen wische und das Ende des Handtuchs auf die beiden Bisswunden an meinem Hals presse.
Ich liebe sie, mehr denn je.

A.I.M. 08/10/2004


Die Kategorie müsste besser heissen: Fantasien im Fieberwahn... :]
 
Danke... rot werd Freut mich, wenn's gefällt.

Ich hab mich an einer Fortsetzung zwar versucht... aber noch nicht so die richtige Muse für... mal schauen, was sich weiter entwickelt. :D
 
Nächster Abend, gleiche Dunkelheit, gleiche Kälte..
Aber diesmal ist eines anders: Ich werde nicht hier herumsitzen und warten bis sie kommt. Ich will sie jetzt und hier bei mir haben.
Ich verstehe ihr Spiel nicht. Wenn sie mich doch immer wieder holt, um mich zu sehen, warum dann dieses ewige warten?
„Maggy?“
Nichts. Keine Antwort, nicht einmal ein Luftzug, ein Atemgeräusch in meiner Nähe. Vorsichtig taste ich mich durch die wabernden Schatten, die Hände vor mir ausgestreckt und stosse schon bald an eine Wand.
In der Gegenüberliegenden Richtung ist es das gleiche Spiel.
Noch etwas fällt mir auf, als ich mich langsam an der Wand entlang taste: Das hier ist kein normaler Raum mit graden Wänden, es gibt nicht eine Ecke. Scheinbar bin ich in einem Rondell gefangen. Sonderlich gross ist es nicht. Im Dunkeln ist so was natürlich schlecht zu bestimmen, aber mit vier Leuten würde es hier drinnen wohl mehr als eng werden, wage ich zu vermuten.
„So ungeduldig, mein Schatz?“ Es ist nicht so, dass sie aus dem Nichts auftaucht oder die Dunkelheit von ihrer Gestalt weicht, nein, als ich mich zu der Stimme umwende, scheint die Dunkelheit sie nahezu auszuspeien, wie ein Fremdkörper, der nicht länger ein Aufenthaltrecht besass.
„Maggy!“ Trotzt meiner Hoffnung, dass ich sie treffen würde, liegt immer noch der Unglaube in meiner Stimme, als ich auf sie zueile, um sie in meine Arme zu schliessen. Schon mal einen Eiszapfen umarmt? Nicht anders ist es mit Maggy. Kalt und steif bleib sie stehen, die Arme wie in Zeitlupe anhebend, um sie mir um die Schultern zu legen. Früher rieben sich unsere Seelen aneinander, wenn wir uns umarmten. Jetzt habe ich den Eindruck, als würde ihre Nähe meine Seele in Brand stecken, während ihre körperliche Kälte mich erfrieren lässt.
Vielleicht ist es dieser Kampf der Elemente oder die raubtierhafte Gefahr, die sie ausstrahlt, was mich wieder zur Besinnung kommen lässt und meine Gedanken erstmals wieder in einer logischen Folge aneinander reiht: Das ist nicht meine Frau. Was immer es ist, sieht nur so aus.
Hat sie meine Gedanken erraten? Das Aufblitzen ihrer irgendwie starr und tot wirkenden Augen lässt es mich vermuten. Doch ehe ich – in meiner sowieso recht Ausweglos erscheinenden Lage – etwas unternehmen kann, hat sie mich bereits im Nacken gepackt und biegt meinen Kopf mit einer spielerischen Leichtigkeit zurück.
Ihr Fauchen lässt mir zugleich einen eisigen Schauer aus Angst, wie auch aus Lust über den Rücken rinnen. Was jetzt folgt hatten wir doch schon mal, oder? Und ich muss zugeben: Ich freue mich darauf.
Von einem inneren Feuer angetrieben, das selbst sie einen Moment überrascht innehalten lässt, dränge ich sie zurück, um ihren Körper mit meinem an die Wand zu stemmen. Nicht Herr meiner Sinne – irgendwo zwischen Trauer und Lust bei den Hörnern gepackt – nehme ich mir, was uns beiden einst die schönste Erfüllung des Seins war.

Keuchend, mit bebendem Körper und bis zum zerbersten überreizten Sinnen von dieser innigen Nähe, verweile ich einen Moment länger an ihren Körper gepresst.
Ihre Geste, die ich beim emporblinzeln wahrnehme, jedoch lässt die Erfüllung der letzten Minuten nicht nur wie eine Sünde erscheinen, sondern verursacht tief in meinem Magen einen widerlichen Krampf: Mit einer verruchten Geste wischt sie sich das Blut aus dem Mundwinkel und leckt es von ihren spinnenbeingleichen Fingern. Mein Blut, hämmert mein gesunder Menschenverstand in meinem Kopf auf meine Gefühlswelt ein, die sich ein weiteres Mal in dieser Nacht völlig auf den Kopf gestellt hat.
„Komm, mein Liebling. Du musst Durst haben.“ Das ich Sekunden später meinen Mund an ihr Handgelenk gepresst habe und sie mich, wie ein Löwin ihr junges säugen würde, mit ihrem Blut tränkt ist meinem Verstand schier unbegreiflich, meine Seele jedoch ist ihr bereits nach dem ersten Tropfen endgültig und ohne Vorbehalte verschrieben.


Ich wach auf.
Ich atme. Es ist Tag.
Ich bin noch am Leben!
Die erste Bestandsaufnahme ist damit beendet.
Kopfschüttelnd raffe ich mich auf, um mich ins Badezimmer zu schleppen. Schleppen trifft an einem Tag wie heute wirklich gut zu. Ich fühle mich, als hätte ich heute Nacht anstatt zu schlafen einen Marathon hinter mich gebracht. Meine Muskeln scheinen völlig übersäuert und mein Kopf schwirrt, als hätte ich nach dem Marathon auch noch einen Kneipenmarathon hinter mich gebracht. Was eine wunderbare Mischung. Zum Glück ist Wochenende und ich ertappe mich dabei zurück zum Bett zu schlurfen, um mich einfach wieder zum Matratzenhorchdienst zu begeben... Dann fällt mein Blick auf den Nachschrank. Mitten im Lauf halte ich inne, als wäre ich vor eine unsichtbare Wand gelaufen.
Auf dem Schränkchen liegt ein rotes Tuch, in das etwas eingewickelt zu sein scheint, denn kurz kann ich den Blick auf etwas im Inneren erhaschen.
Ohne Zweifel: Mir gehört das nicht. Und meinen eigenen Geburtstag zu vergessen, dafür bin ich eigentlich noch zu jung.
Mit einem kritischen Blick lass ich mich aufs Bett fallen und nehme die seltsame Überraschung an mich...


Ein gellender Schrei frisst sich in jede meiner Gehirnwindungen hinein.
Seltsam, ich fühle meinen Körper kaum.
Ein Schuss zerreisst das dünne Geflecht aus Gedanken, die wie wild durch meinen Kopf jagen.
Wo bin ich? Was ist hier los?
Als wenn ein rotes Chiffontuch von meinem Geist gezogen wird, finde ich mich langsam wieder in meinen Körper zurück. Einen Moment brauche ich noch, ehe ich mich wirklich orientieren kann.
Die folgenden Minuten nehme ich nur in Blitzlichtmomenten war, wie die Eindrücke einer Fotokamera, die sich langsam zu einer Fotogeschichte zusammen setzen: Ich bin in Keis Wohnzimmer. Elin steht in der Tür zum Badezimmer, nur mit einem Handtuch bekleidet, sie kommt aus der Dusche. Ich knie auf dem Boden, neben mir liegt Kei. Blut frisst sich wie eine Säure in den sandfarbenen Wohnzimmerteppich. Keis Torso weist mindestens 10 Messerstiche auf.
Was ist hier passiert?
Ich höre das metallische Klicken einer Waffe, die durchgeladen wird. Ungläubig wandert mein Blick zu Elin rüber, denn bevor ich sie mit der Waffe im Anschlag vor mir stehen sehe, ist mir klar, dass sie es auf mich abgesehen hat. Verdammt, die Frau ist völlig verrückt. Ich wusste immer, dass es nur Ärger bedeuten würde sie im Team aufzunehmen.
Das meine Wahrnehmung völlig verzerrt ist, fällt mir spätestens jetzt auf, als ich den Schuss höre und schon im Bruchteil einer Sekunde später die Kugel durch meine rechte Schulter peitscht. Dann erst sehe ich, wie Elin schiesst. Der aufkommende Schmerz schaltet meine körperlichen Handlungen erst mal auf Sparflamme und doch nehme ich Elins verhassten Blick auf mich und meine Hand war.
Wie gelähmt wende ich meinen Kopf zur Seite und mit einem einzigen Blick auf meine Hand offenbart sich mir der Grund für Elins seltsames Handeln: In meiner Hand ruht ein Dolch. Mein Arm scheint bis zum Ellenbogen mit Blut verschmiert zu sein. Das war es also, was so seltsam klebte. Mein Gesicht muss in diesem Moment wahrscheinlich an jeglicher Farbe verlieren. Erschrocken öffne ich die Hand, um den Dolch fallen zu lassen und Elin die ganze Situation zu erklären... aber der Dolch bleibt, wo er ist. Irgendwie scheint er mit meiner Hand... verbunden sein.
Keuchend hebe ich die Hand vor meine Augen und starre das DING an. Den Schaft der Klinge bildet eine Schlange, die sich um den Griff nach oben und wieder herunter windet. Der Kopf eben jener Schlange hatte sich scheinbar verbogen und das weit aufgesperrte, metallene Maul spannte sich zu einem unbarmherzigen Biss um mein Handgelenk.
Ich sehe zwar wie Elin mich anbrüllt, aber ihre Worte erreichen mich irgendwie nicht. Ich versuche mich auf ihre Lippen zu konzentrieren, um von ihnen zu lesen, doch ehe ich überhaupt die Szene oder Elins Worte begreife, hat sie mich schon zu Boden gerissen.
Rasch ist sie über mir. Das Knie auf meiner Armbeuge abstützend funkelt sie mich an und ich rechne jeden Moment damit von ihr erschossen zu werden, als sie die Waffe wieder anhebt. Ihre Hand umschliesst den Lauf der Waffe - was hat sie nun wieder vor? – und im nächsten Moment explodiert in Milliarden von Farben der Schmerz in meinem Kopf, als Elin energisch mit dem Kolben ihrer Beretta auf den Dolch einschlägt. Ich kann spüren, wie sie jeden einzelnen Knochen in meiner Hand zermalmt...
„Er ist tot, Aton. Kei ist tot. Du hast ihn umgebracht!“
 
Also, du-eine-meiner-zwei-Lieblings-Anhopserinnen (wow... krasser Titel... es ist einfach viel zu früh am Tag...):

Mal wieder geht mir dein Zeugs viel zu sehr unter die Haut... ich hab's dir schon mal gesagt, wenn du so weitermachst, brauchst du bald einen Waffenschein für deine Worte... viel zu gut!!
 
Elin

Out of Character
Anderes Thema, gleiche Charaktere. Szene aus der Sicht des "Gegenparts." Ich bin so frei und setz es hier rein *g*



Ich bin ein schwieriger Mensch, der wohl schwierigste der dir jemals untergekommen ist. Dabei bin ich mir gar nicht so sicher ob ich wirklich ein Mensch bin. Genau genommen kenne ich mich nicht, habe mich vergessen, bin verloren gegangen und finde mich nicht wieder. Ich kann von mir behaupten ich habe das Licht gesehen. Das Licht am Ende des Tunnels und gegen meinen Willen trägt es dein Gesicht, riecht nach deinem frischem Schweiß und der Wind der mir ins Gesicht weht wie eine Frühlingsbrise ist dein Atem.

Mit einem unterdrücktem Schrei schoss Elin aus ihrem Bett empor und als sei es die natürlichste Geste überhaupt, -so wie sich ein anderer Mensch den Schlaf aus seinen Augen reibt, oder gähnt, oder etwa seine Haare auf den Rücken wirft- zog sie ihre Waffe unter ihrem zweitem Kopfkissen neben ihr und lud sie durch.
„Fuck“ fluchte sie als sie erkannte, dass es nur ihrem Bett lag und sie der allnächtlichen Prozedur zum Opfer fiel. Sie sicherte die Waffe und schwang sich wenig elanvoll aus dem Bett, an Schlaf war jetzt sowieso nicht mehr zu denken.
Elin trat ins Bad und drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf. Seufzend legte sie ihre Pistole auf die Ablage und steckte ihren Kopf ins Waschbecken unter den eiskalten Strahl. Wütend auf sich selbst registrierte sie, dass sie immer noch zitterte. Luftschnappend schleuderte sie die feuchten Haare auf den Rücken und starrte sich grimmig im Spiegel an. Aton Wie aus dem nichts hieb der Name auf sie ein und löste die unterschiedlichsten Gefühle in ihr aus. Ihre Haut kribbelte, ihr Herz schlug schneller und als Antwort für dieses verliebte Getue wollte ihr Verstand ihr Essen aus dem Magen würgen. Sie war Elin. Sie brauchte niemanden, nur sich. Sie war Agentin, Russin und eine Monsterjägerin, oder so was in der Art. Man brauchte sie nicht zu charakterisieren. Sie war halt einfach Elin. Das reichte, dass war alles.
Ja, verdammt sie liebte ihn. Warum auch immer. Er war milde ausgedrückt ein Waschlappen. Nicht der Typ Mann auf den sie stand und dennoch genau der Richtige. Warum konnte er nicht einfach...es wäre so schön, es könnte so schön sein.
Elin betrachtete sich im Spiegel. Fand er sie etwa hässlich? Aber warum? Sie war nicht hässlich. Elfenbeinfarbene Haut, dunkles Haar, ein fester Po und hübsche Brüste. Sie war klein, aber nicht zierlich. Schlank und dennoch durchtrainiert. Sie besaß Feuer, hatte Humor und war zuverlässig und doch am hübschesten waren ihre Augen. Groß, leicht schräg gestellt, mit langen schwarzen geschwungenen Wimpern. Die Regenbogenhaut schimmerte je nach Gefühlslage in einem hellen Blau, einem moosigen Grün bis hin zu verwischtem Violett. Es war keine Arroganz wenn sie von sich behauptete sie sei hübsch. Es war gesundes Selbstvertrauen. Aber hatte er es bemerkt? Hatte er sie jemals bemerkt? Hatte er nicht bemerkt wie oft sie ihm ihr Herz schon geschenkt hatte?

„Ich glaube sie kommt zu sich.“ „Aber nein...wie kann das sein? Das geht nicht“ „Doch Sir. Wir haben es geschafft. Wir haben es wirklich geschafft“ Wildes und zusammenhangsloses Stimmengemurmel. Ihr war so kalt, ihr war so entsetzlich kalt. Sie spürte ihre Finger nicht, sie spürte ihre Zehe nicht. Sie war nackt und sie spürte die Blicke der anderen wie Messerstiche die sich unter ihre Haut bohrten. „Sie gaffen mich an“ erkannte ihr Verstand. „Sie haben mich geschlagen, sie haben mich betäubt, sie haben mich missbraucht. Narren“ Sie schlug die Augen aus, sah nichts als gleißendes Licht. Es tat so weh in den Augen, es brannte sich schlichtweg in ihr Gehirn. Sie wimmerte nicht, sondern sie richtete sich auf. Vier Männer, in seltsam Anzügen gekleidet die sie aussehen lassen wie Außerirdische. Es müsste ein Behandlungszimmer sein, sie sah Röntgenbilder, sie sah eine alte Karte. Sie sah Apparaturen, sie hörte ihren eigenen Herzschlag„Nein...schnell. Haltet sie.“ Ein Alarm geht los. Man versucht sie zu packen. Zwei kräftige Männer, ihre Arme sind behaart wie die eines Gorillas. Sie schlägt um sich, wie eine Furie. „Leben“ dafür hat sie sich entschieden. Wenn sie leben will muss sie töten. So geschah es. Sie holte aus, rammte Gorilla Nr.1 ihr Knie in die Weichteile. Er keucht entsetzt, klappt zusammen. Sie sieht es nicht mehr, denn schon rammt sie Gorilla Nr.2 den Handballen aufs Nasenbein, es knirscht und dann kam das Licht.“

Zum zweitenmal an diesem Abend keucht Elin verzweifelt nach Atem, ihr ist so als wäre sie gerade eben vom Meeresboden aufgetaucht. Zurück in die Wirklichkeit, als sei an ihrem Rücken ein Gummiband befestigt katapultierte sie hier ins Badezimmer vor den Spiegel wo ihr diese seltsame Frau entgegen blickte. Ins hier und Jetzt. Was eigentlich so offensichtlich war, verstand sie erst jetzt. Erinnerungen. Erinnerungen ohne Gefühle. Kein Hass, keine Angst, kein Zorn. Sie fühlt sich leer und sie weiß sie hat dennoch gesiegt. Sie legte den Kopf auf die Seite und blickte ins Waschbecken. Seltsame rote Tropfen perlten über die Keramik und verschwanden auf nie mehr Wiedersehen im Abfluss. Elin wankte, zu spät erkannte sie es war Blut. Ihr Blut. Es sickerte aus ihrem Mund. Mal wieder.
Für was das alles? Für was hatte sie versucht zu leben, hatte gekämpft, hatte gesiegt, dafür das der Tumor in ihrem Kopf sie langsam umbrachte?
Jetzt...jetzt hatte sie Angst. Zum aller erstenmal in ihrem Leben hatte sie wirkliche Angst, Angst die sie am Atmen hinderte, die sie zittern ließ, die ihr den kalten Schweiß ausbrechen ließ. Elinia Lenka Petroskaija würde ihren 27 Geburtstag nicht mehr erleben. Sie würde sterben.

Wer liebt, der lebt. Sie liebte, wenigstens hatte sie gelebt.
 
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