Rezension Barbaren! (II) [T-Rezi]

Taysal

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Barbaren! (II)


Pocket RPG [T-Rezi]


Mit „Barbaren!“ ist beim Verlag Prometheus Games ein handliches Pocket RPG erschienen, das von RedBrick herausgegeben wird. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Indie-RPG, dessen Ursprünge in einem Rollenspielforum zu finden sind. Klein, handlich, nahe am Fan, mit einer unheimlichen Portion Humor.

„Babaren!“ versteht sich als satirisches Rollenspiel und bedient vor allem Männerfantasien. Zwar können auch Frauen eine Runde „Barbaren!“ mitspielen (es gibt zudem auch die Möglichkeit Amazonen zu spielen), aber das klappt nur beim Typ Reformhausschnecke oder Kumpeline halbwegs. Sobald eine heiße Fritte oder geile Tussi mit am Spieltisch sitzt, kühlt die lockere männliche Atmosphäre doch ein wenig ab. Immerhin gehören Klischees, dumme und obszöne Sprüche, dreckige Witze und anstößige Gesten zum guten Ton des Spiels. Sollen die Mädels mit „Barbaren!“ eine Runde Amazonen spielen, die Jungs spielen eine Runde echte Barbaren. Homogene Gruppen funktionieren einfach am besten.

Das Regelheft bietet alles, was es zum Spielen braucht. Der Leser wird vom Autoren persönlich angesprochen und schon bald steht fest, dass so ein Barbarenleben auf drei wichtigen Eigenschaften fußt: Männlichkeit, Aggro und Geil. Kein Wunder, immerhin haben echte Barbaren lange Schwänze, sind wahre Helden und verbringen den Tag mit Ficken und Metzeln. In wie weit nun eine Spielgruppe sich in die Thematik hineinversetzt, bleibt den Spielern selbst überlassen. „Barbaren!“ ist jedenfalls kein Kinderspiel. Es ist witzig, es ist derbe und es ist sexistisch. Kinder und Frauenrechtlerinnen sollten daher von diesem Regelwerk ferngehalten werden. Alle anderen Rollenspieler, Humor vorausgesetzt, können einen wilden Ritt durchs Abenteuer beginnen.

Die Sprache des Regelwerks passt sich natürlich der Thematik an und nimmt kein Blatt vor dem Mund. Es wird genau erklärt worauf es ankommt und wie das Ziel zu erreichen ist. Barbaren haben Würfelvorräte und setzen diese gekonnt ein, um Feinde zu erschlagen und Frauen flach zu legen. Natürlich sind Barbaren ganz lässige Männer, die gut aussehen und denen alles gelingt. Dazu halten sie einen Kreislauf am Leben, der aus Aggro und Geil besteht.

Es handelt sich hier um zwei Werte, die zum Verbessern des Würfelvorrats eingesetzt werden können. Ein Barbar der nackte Frauen beobachtet, einem Weib an die Titten geht und es schlussendlich sogar ordentlich vögelt, der baut unheimlich Aggro auf. Aggro kann nun eingesetzt werden, um im Kampf ordentlich zuzuhauen, den Gegner zu zerschnetzeln oder ihm einfach nur die Eier abzuschneiden. Und das baut unheimlich viel Geil auf. Ein Kreislauf, der für Spaß sorgt und den eigenen Barbaren ordentlich weiterbringt. Denn verbrauchtes Aggro und Geil wird in Erfahrung umgewandelt. Durch ständiges Metzeln und beständiges Ficken, wird der Barbar also zu einer reifen Persönlichkeit. Meine Herren, dieses Buch ist eine Offenbarung!

Die Regeln sind recht einfach gestrickt und erlauben den Spielern unheimlich viele Dinge. Das liegt vor allem daran, dass die Spieler aktiv in den Weltenbau, die Abenteuergestaltung und den ganzen Rest eingebunden werden. „Barbaren!“ ist ein kultiges miteinander, das hervorragend funktioniert. Zudem gibt es Regeln für spannende und gleichzeitig lustige Kämpfe, die voller Testosteron stecken. Anhand von Tabellen werden dabei die jeweiligen Ergebnisse ermittelt. Wer gute Beschreibungen liefert, der bekommt sogar einen Bonuswürfel. Eine gelungene Mechanik, die natürlich für entsprechend farbige Spielszenen sorgt. Das Werben um eine Frau, sowie deren anschließendes flachlegen, folgt dem gleichen System wie der Kampf und ist somit gleichwertig. Das macht großen Spaß. Durch Kniffe, beim Kämpfen und Flachlegen, werden die normalen Regeln zudem noch unterhaltsam aufgelockert.

Sehr gelungen ist übrigens die Vermeidung von unnötiger Buchhaltung. So braucht ein Barbar keine Ausrüstung aufschreiben, denn er hat sie einfach, solange es vernünftig zu erklären ist. Einzig die Waffe eines Barbaren wird aufgeschrieben. Der Witz bei den Waffen ist übrigens, dass sie im Kampf erlauben bestimmte Kniffe einzusetzen. Dadurch werden die Kämpfe zu etwas Besonderem, da es auch keine klassische Initiative gibt. Diese funktioniert so, dass derjenige der die Initiative innehat und im Kampf als erstes handeln darf, ständig handelt, bis ihm jemand erfolgreich die Initiative abnimmt. Zudem können Barbaren im Kampf auch erschöpfen oder das Verhältnis zur holden Weiblichkeit droht abzukühlen. Sich die Frau dann mit männlicher Gewalt zu nehmen, ist übrigens ausgeschlossen. Kein echter Barbar würde so etwas jemals machen!

Die Regeln sind sehr schön geschrieben und mit allen nötigen Informationen versehen. Zudem lockern Textblöcke und Beispiele die Gestaltung schön auf. Das viele der Mechanismen mit Tabellen funktionieren ist Anfangs etwas störend, aber die Spieler haben schnell heraus, wo sie nachgucken müssen oder was die Ergebnisse bedeuten. Zudem befinden sich alle Tabellen und Regelzusammenfassungen nochmals im Anhang. Das erlaubt ein schnelles Nachschlagen und auch Herauskopieren.

Die Beschreibung der Spielwelt ist sehr lückenhaft und lässt den Spielern viele Freiräume, um sich vollends zu entfalten. Sehr witzig ist übrigens der Umstand, dass die Frauen der anderen Nationen genau beschrieben werden. Immerhin will Mann ja wissen wie die Schöne aussieht, die er gerade vögelt. Ansonsten liegen alle Gestaltungsmöglichkeiten in der Hand der jeweiligen Gruppe. Dazu zählt natürlich auch wie witzig oder ernst das Spiel sein soll und wie explizit die jeweiligen Handlungen von Sex und Gewalt beschrieben werden. Auch das liegt in der Hand der Spielgruppe, sollte aber im Vorfeld abgeklärt sein, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. Während Gewalt in Film, Fernsehen und Rollenspiel akzeptiert ist, kommt es bei Sex schnell mal zur Disharmonie.

Der Autor des Spiels, Frank Tarcikowski, hat auch ein ganzes Kapitel den üblichen Tipps für Spielleiter gewidmet, damit diese die richtige Atmosphäre aufbauen können. Neben den üblichen Hinweisen gibt es ebenfalls sehr spezielle Regeln. So kann der größte Macho am Spieltisch mit einem Grunzen den Schädel einfordern und seine Kameraden sind im fortan zu Diensten, um Cola und Chips zu reichen, bis der Macho in Ungnade fällt oder sich als Weichei entpuppt, das von einem anderen Spieler abgelöst werden muss. Sehr witzig!

„Barbaren!“ ist ein gelungenes kleines Rollenspiel, dass sich hervorragend für sogenannte One-Shots (Einzelknaller) eignet, aber auch zu einer kleinen Kampagnen ausgebaut werden kann. Für längere Kampagnen ist es jedoch zu wenig Stoff und die Entwicklung der Charaktere zu schnell. Die besondere Stärke des Spiels liegt übrigens darin, dass die Regeln eng mit der Thematik verbunden sind. Beides geht Hand in Hand – und das macht Laune.

Es empfiehlt sich also jedem Rollenspieler (aber auch der humorvollen Spielerin) das Spiel zu erbeuten, nach Hause zu schleppen und dort flachzulegen!

Copyright © 2010 by Günther Lietz

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.

Frank Tarcikowski
Barbaren!

Pocket RPG
Prometheus Games, RedBrick Germany
96 Seiten, ISBN 978-3-94107-736-2
Illustrationen: Kathy Schad

Prometheus Games
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