Materialsammlung Adel im heiligen römischen Reich deutscher Nationen

Chrisael

Gott
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Ich leite ganz gerne in einer "selbst erdachten Fantasywelt" mit einem Reich das sehr stark an dem HRR deutscher Nationen angelehnt ist. Das mit dem Adel war da aber sehr undurchsichtig , verflochten und verworren. Deshalb hab ich für die Fantasywelt eine stark vereinfachte Version gemacht. Es gibt die 8 großen Fürstenhäuser, die halten sich im Schnitt 5 Grafenhäuser, die ihre Land verwalten und diese Grafenhäuser wiederum eine nicht näher definierte Zahl an Baronen die dann das Land im kleinen verwalten. Danach gibts noch Vögte, etc. Also insgesamt ein sehr klar strukturiertes System wie man es eher in der Antike finden würde als im chaotischen Mittelalter und Rennaisance.

In der Realität sah das natürlich anders aus, da waren in der Regel die Grafen den Herzogen ja nicht unterstellt und wenn ich mich recht erinnere waren unter den Kurfürsten ja auch mindestens ein Grafenhaus.
Hat hier jemand Ahnung wie das denn nun genau war? War ein Graf nun Rangniedriger als ein Herzog? Und wenn ja wie hat sich das ausgewirkt? Rein gesellschaftlich?
Und dann gabs ja auch ncoh die Freiherren die ja scheinbar nur dem Kaiser rechenschaft schuldig waren. Wie war das zu den Zeiten zu denen es keinen Kaiser gab sondern nur einen "König", waren die dann niemanden Rechenschaft schuldig?
Oder wie war das mit den Freistädten? Wikipedia hilft mir da insgesamt nicht genug weiter. Aber vielleicht gibt es ja jemanden der sich da wirklcih sehr genau auskennt. : )
 
Soweit ich weiß ist "Freiherr" einfach eine Adelsstufe unter dem Grafen. In Deutschland selbst gab es übrigens den Titel Baron so nicht. Die meisten deutschen Familien, die noch diesen Titel als Namensbestandteil führen sind in der Regel Deutschbalten, die den Titel vom russischen Zaren verliehen bekommen haben.

Edit: Wenn es nur um Rollenspieltauglichkeit gehen soll, ist eventuell die Übernahme des DSA-Adelssystems (Mittelreich, mit der Ausnahme, daß alle Barone Freiherren sind) am einfachsten.
 
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Also zu den "Freistädten": Mir ist nur der Begriff "Reichsstadt" und "Freie Reichsstadt" bekannt, beides wird bei Wikipedia ausreichend beschrieben. HAst Du auch bei "Deutscher Adel" und "Adelstitel" nachgeschaut? In der Liste geht es mit dem Rang von oben nach unten, kann man auch an den Heraldischen Kronen ablesen; ein Herzog stand über dem Grafen, auch wenn dieser es durchsetzen können musste.
Besonders waren auch die Kurfürsten das sie den König wählten. Sowas könnte für Deine Welt auch von Interesse sein wenn das Spiel um den Thron beginnt. ;)
 
Häufig wurde bald nach dem jemand zum Kaiser des HRR gekrönt wurde dessen designierter Nachfolger zum Deutschen König gekrönt und mit dem Tod des Kaisers sollten die Gefolgschaften auf den Deutschen König übergehen, da er die Gefolgschaft des Adels des HRR brauchte um seine Krönung zum Kaiser zu legitimieren (Machtpolitisch gesehen). Die Freiherren konnten natürlich auch jemand anders die Gefolgschaft schwören wenn sie wollten, wenn denn ein zweiter Aspirant auf den Thron da war. Das passierte wenn es Gegenkönige und Gegenkaiser gab und endete fast immer in einem Krieg.
Bei den Freistädten war es denke ich genau so. Da die im Spätmittelalter eine der wichtigtens Machtpositionen der Kaiser waren und der Kaiser das Einzige das ihnen ihre Freiheit erhielt waren die aber dermaßen aufeinander angewiesen, dass es vergleichsweise selten ernsthafte Konflikte zwischen den Beiden Positionen gab. Deswegen nehme ich an die haben da nicht viel aufhebens gemacht den aussichtsreichsten Nachfolger an zu erkennen, denn im Gegensatz zu den Adlingen hatten die Städte in einem militärischen Konflikt wenig zu gewinnen.
 
@Captain_Jack

Das ist genau so eine Geschichte die das ganze extrem verwirrend macht. Der Graf von Dinslaken wollte scheinbar Dortmund betreten mittels einer List und Soldaten. Warum wollte er das überhuat machen?
Das ganze schlug fehl und der Rat von Dortmund richtete den Grafen von Dinslaken hin. Der Graf von Dortmund aber bezichtigte den Rat von Dortmund einer Unrechtstat. Ich mein wer hat denn jetzt in Dortmund da Sagen? Der Graf von Dortmund oder der Rat von Dortmund?
Gibts irgendeine Lektüre die mir dieses ganze System irgendwie schlüssig erläutern kann?
 
Das ist genau so eine Geschichte die das ganze extrem verwirrend macht. Der Graf von Dinslaken wollte scheinbar Dortmund betreten mittels einer List und Soldaten. Warum wollte er das überhuat machen?
Weil er eine Fehde mit Dortmund hatte, d.h. er hatte mit der Stadt einen Rechtsstreit und wollte seine Ansprüche (welche das in dem Fall waren, weiß ich auch nicht, da müßte man nachforschen), wie das normal und üblich war, eigenhändig mit Gewalt durchsetzen - natürlich im Rahmen entsprechender Formen. Ganz grob gesagt.

Das ganze schlug fehl und der Rat von Dortmund richtete den Grafen von Dinslaken hin. Der Graf von Dortmund aber bezichtigte den Rat von Dortmund einer Unrechtstat. Ich mein wer hat denn jetzt in Dortmund da Sagen? Der Graf von Dortmund oder der Rat von Dortmund?
Also, erstmal hast Du etwas durcheinander bekommen. Der Graf von Dortmund wurde hingerichtet. Dazu muss man gleich wissen, dass die Grafschaft Dortmund und die Stadt Dortmund zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Dortmund war Reichsstadt, also nur dem Kaiser untertan (was btw. auch nicht heißt, dass der Kaiser die Stadt im modernen Sinne regiert oder da tun und lassen kann, was er will) und das Sagen hatte in der Praxis der Rat der Stadt. Die Stadt lag innerhalb des (wie ich gerade auf Wiki geschaut habe) ziemlich kleinen Gebietes der Grafschaft Dortmund, war aber nicht (mehr) der Herrschaft der Grafen von Dortmund zugerechnet.
Wenn man die Frage "Wer hatte in Dortmund das Sagen?" mit einem kurzen Satz beantworten müsste, könnte man sagen "Der Rat der Stadt, unter der nominellen Herrschaft des Kaisers".

P.S.: HRR Deutscher Nation. Gibt nur die eine. War im größeren Teil des Mittelalters aber auch nicht üblich, diesen Zusatz zu verwenden.
 
Der Rat der Stadt wiederrum setzte sich je Stadt in der Regel über mehrere Generationen hinweg jeweils aus Mitgliedern derselben Familien zusammen, die im Rahmen dessen früher oder später einen Adelszusatz ("von") besaßen. Diese Patrizier waren eine Art geadeltes Bürgertum, dessen Kinder meist studierten und Positionen in Wirtschaft/Handel, Wissenschaft, Medizin, Militär und Kirche innehatten.

Welches Buch könnte man den empfehlen um das ganze besser zu durchblicken?
Zum Adel im allgemeinen oder zu Patriziern im speziellen?
 
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Einzelne Patrizierfamilien konnten außerdem im Umland der Stadt auch Lehen besitzen.
 
Danke mal für die Infos!

Wisst ihr zufällig wie viel Land um einer Reichsstadt der Reichstadt gehörte? Also eventuell einen ungefähren Radius.
 
Ich denke das läßt sich nicht apuschal sagen und war von Reichsstadt zu Reichsstadt unterschiedlich. Das Stadtgebiet wird aber nich an der Stadtmauer geendet haben.
 
http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/glossar/alphabet/a/adel.html#c4366

Das ist eine recht konzise, wissenschaftlich fundierte Übersichtsdarstellung. Die anderen Suchbegriffe auf der Seite helfen auch weiter.

Zu Deinem vereinfachten Schema: Ein Unterschied zur historischen Realität ist, dass Du eine vollkommene Hierarchie verwendest - Fürsten unterstehen dem Kaiser, Grafen unterstehen wiederum den Fürsten usw.
Das war im Mittelalter (btw. bin ich für diese Epoche kein Experte) nicht so: Auf praktisch allen "Stufen" des Adels (und auch unter anderen gesellschaftlichen Gruppen) gab es auch solche, die "reichsunmittelbar" waren, also wie z.B. auch die Stadt Dortmund im o.g. Beispiel nur dem Kaiser untertan waren. Für die höchsten Adligen (die Reichsfürsten) galt das natürlich ohnehin. Um diese Frage...

War ein Graf nun Rangniedriger als ein Herzog? Und wenn ja wie hat sich das ausgewirkt? Rein gesellschaftlich?

... mal aufzugreifen: Es gab Grafen, die ihrerseits Vasallen (beispielsweise) eines Herzogs waren - bei denen ist die Sache klar. Es gab aber auch reichsunmittelbare Grafen, und dann gab es Mark- oder Pfalzgrafen sogar unter den Kurfürsten (also einen jeweils...)
Da ist es nun so, dass ein reichsunmittelbarer Graf natürlich "niedriger" war als ein Herzog: "Protokollarisch" wurde das durch Symbole und Handlungen bei eventuellen Zusammenkünften dargestellt. Auch hatte der Reichsgraf weniger Rechte auf Reichsebene (z.B. kein eigenes, nur kollektives Stimmrecht.)
Auf der anderen Seite hatte der Herzog dem Reichsgrafen nichts "zu sagen" - sie waren beide als nur dem Kaiser untertänige Adlige insoweit auf der gleichen Ebene.
 
Also es war nicht so wie beim Militär wo ein Oberst automatisch einem Hauptmann oder Feldwebel etwas befeheln kann, sondern (leider) etwas komplexer. Da ging es auch um (politische) Macht.
 
Wisst ihr zufällig wie viel Land um einer Reichsstadt der Reichstadt gehörte? Also eventuell einen ungefähren Radius.

Ich war kürzlich in einem Vortrag, in dem auch das Gelten des Burgfriedens außerhalb der Stadtmauern am Rande erwähnt wurde. Genannt wurden wenn ich mich richtig erinnere, zwei Meilen (vielleicht auch nur eine).
 
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