[8.5.2008] Touching you makes me die inside

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Es ist wie ein Deja vu. Sie weiß nun, dass sie etwas nachvollzieht das sie zuvor vergessen hatte, verdrängt eigentlich. Aber ihre Flügel finden den Weg von ganz alleine. Sie hat eine weite Kurve geschlagen im Himmel über Finstertal und fliegt vom Süden her wieder nach Westen.. oder Nordwesten um genau zu sein. Sie braucht gar nicht groß zu suchen. Mit traumwandlerischer Sicherheit findet sie ihn, diesen Hinterhof, auch wenn er in der Morgendämmerung anders ausgesehen hat. Ob es nun Glück ist oder es am Morgen nur Unglück war.. diesmal ist er leer, niemand ist da. Also landet sie und verwandelt sich zurück.

Hier ist es gewesen. Sie weiß es wieder als.. wäre es gestern gewesen, haha. Es war gestern. Sie blickt sich um. Ein dunkler Hinterhof, Gerümpel an den Wänden, Mülltonnen, ein unbeleuchteter Hintereingang zu dem tristen Gebäudeteil hinter der bunten Neonfassade von.. irgendwas. Die Leiche ist weg. Keine Kreidezeichnung, keine Polizeiabsperrung, keine Spuren der Spurensicherung oder ähnliches.. aber die Leiche ist weg. Wer auch immer sich darum gekümmert hat, es ist ihr einerlei. Für alles was wichtig war ist es schon einen Tag zu spät. Das Gefühl, irgendwie in Watte oder Eiswasser gepackt zu sein, das sie schon den ganzen Tag hat, scheint von leise zu Crescendo anzuwachsen, dafür ist der Rest der Welt nur noch ein Wispern. Sie geht auf die Stelle zu, wo sie gestern schonmal war.

Der Regen hat das Blut weggewaschen, dessen Spuren hier vielleicht auf dem kalten Boden zu finden sein müssten. Sie weiß trotzdem wo die Stelle ist.. wie seltsam, dass etwas an das sie sich erst seit kurzem wieder erinnert, sich so in ihr inneres Auge eingebrannt haben kann. Wie sie über die Stadt fliegt, halb im Delirium vor Durst und dem Geruch von Kainitenblut, ein Gemisch vieler verschiedener Kainiten, jeder anders und doch süß und verlockend ein jeder... dann das Tiefergehen in dem Bereich, wo besonders viel leuchtet. Ein dunkles Fleckchen, wieder Blutgeruch, zwei Männer, ihre Landung, ihr Zugriff... sie erinnert sich genau, was sie gefühlt hat, was sie dacht. Blut, um den Hunger zu stillen.. nichts anderes war mehr wichtig. Wie zufrieden das Tier schnurren kann, wenn es bekommt was es will, wie herrlich sich das anfühlt, nach all der Enttäuschung und dem Schrecken eines grausamen eigenen Todes, der Frustration dass alles umsonst war und Zacharii stärker als zuvor.. nur ein Meer, oder zumindest ein Mensch voller Blut kann das hinwegwaschen.

Das wars? So einfach ist das? Mir gehts grad mies, bring ich mir halt einen Menschen um dann gehts wieder besser? Scheiss doch auf ihn, ich brauch das Blut jetzt! Und überhaupt, mach ich das nicht alles um Finstertal zu beschützen? Da müssen halt Opfer gebracht werden! Er war doch sowieso Abschaum, er hat den anderen zusammengeschlagen.. warum auch immer. Er hats doch bestimmt verdient, richtig? Richtig? Mit geballten Fäusten steht sie da und schaut auf den Boden hinunter, wo sie ihn liegengelassen hat. Sie kann wirklich alles bekämpfen und besiegen, Wasserwesen, Kainiten, Werwölfe, Zacharii.. das Tier in ihr wird immer darüber lachen und ihr wieder ein Stück herausbeissen, es genüsslich zerkauen und nie wieder hergeben. Aber was macht sie sich vor und das Tier zu irgendetwas Fremdem, einem separaten Wesen? Wenn sie ihm ins Auge schauen will, braucht sie nur in den Spiegel zu schauen. Wenn sie es berühren will, muss sie nur ihr eigenes Gesicht betasten. Da ist es, genau da.

Und plötzlich ist da etwas. Ihr Kopf ruckt herum. Wie in Alexanders Haus.. verfolgt sie der Geist dieses Typen etwa? Ist er es überhaupt, bildet sie sich das nur ein? Wird sie gerade wahnsinnig? Fühlt sich das so an? "Komm raus.. zeig dich." zischt sie zuerst, noch unentschlossen zwischen Wut und Panik.. wie meistens gewinnt erstere. "Zeig dich! Komm her wenn du was willst! Verpiss dich! Lass mich einfach in Ruhe!" schreit sie über den menschenleeren Hinterhof und rennt zu der Ansammlung kaputter Möbel und Geräte, versetzt einer defekten Waschmaschine einen Tritt, zertrümmert Stühle und Tische, haut schließlich durch dünnes Plastik und mit voller Wucht gegen die Wand - es tut nichtmal weh, da sei Seelenstärke vor. Es lässt sie innehalten, ihre Faust anstarren.. dann rutscht sie an der Wand hinunter und verharrt so, zusammengekauert. Meyye, die härteste Gangrel westlich des Rio Grande (und östlich auch) vergießt blutige Tränen um einen Menschen, den sie nicht einmal kannte, mit dem sie aber für immer verbunden sein wird.
 
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