[31.03.04 Mittwoch]Arbeit

Horror

Cenobit
Registriert
7. Oktober 2003
Beiträge
13.721
Regenwolken bedeckten den düsteren Himmel, als sich Viktors Körper wieder mit 'Leben' füllte.
Etwas deprimiert wegen der letzten Nächte machte er sich an die Arbeit.
Er probierte an einigen Ritualen herum, ohne das er wirklich Ergebnisse erzielte.
Er würde nachher vor seinen Ahnen treten und zugeben müssen, das er nicht viel erreicht hatte.
Die beste Information hatte er noch von Meyye bekommen.
Immerhin hatte sie ihm erlaubt, seine Meditationen und Forschungen in ihrer Domäne durchzuführen.
Und das im Grünwald Werwölfe leben sollten.....
In Köln hatte man auch immer davor gewarnt, und in seinem ganzen Leben und Unleben hatte er noch nie überhaupt einen gesehen.
Auch hier im Grünwald nicht.
Aber es gab sie...
Und sie hassen Unseresgleichen....

Der Wetterbericht in den Nachrichten bestätigte nur die Windböen, die um sein Haus wehten.
Er legte seine Ritual-Materialien beiseite und checkte noch einmal seine Emails.
Es gab zwar zwei Angebote für den heutigen Abend, aber erstens wurde er im Gildehaus erwartet, und zweitens war jede fremde 'Mahlzeit' eine Chance, keine Maskeradegefährdung zu provozieren.
Seine Gedanken wanderten zu der Boxbude, und er leckte sich kurz über die Lippen.
Im Fernsehen berichteten sie über den Überfall auf die Tanzschule, sprachen von drei Tätern aus der rechten Szene.
Hoffentlich sperren sie die Idioten in das dreckigste Loch! Ich hasse solche Schweine!
Er hatte sich schon selbst mit solchen Stinkern abgegeben, sich sogar schon geprügelt...
Dummheit stirbt eben nie aus!
Kurz überlegte er, ob es für den im Koma liegenden Mann nicht besser war, bei seiner Frau zu sein, aber dann wischte er diesen Gedanken beiseite.
Er mochte das Leben, es war kostbar und sollte nicht verschwendet werden.
Aber er war sich sicher, das es etwas danach gab.
Grübelnd stand er von seinem Computertisch auf.

Dann schaltete er alles aus, ließ den Kräutergeruch aus einem Fenster entweichen, das er danach wieder schloß und machte sich, nicht, ohne sich wie jedesmal zu versichern, das ihm niemand folgte, auf den Weg zum Gildehaus.
Als er die Tür abschloß, ärgerte er sich über das leere Haus, in dem nur er wohnte. Irgendwas sollte er dagegen unternehmen.
Dann stieg er in sein Auto.

Vorsichtig lenkte er seinen Wagen über die nassen Strassen Finstertals.
Wieder hagelte ein kurzer Schauer nieder.
 
Die Nacht empfing die beiden, und sie gingen zu Fuß vom Gelände des Gildehauses.
"Kommen sie hier entlang, bitte!"

Nach einer kurzen Strecke erreichten sie den Kombi von Viktor.
Etwas auffällig war, das nur der breit gebaute Mann kleine Atemwölkchen ausstieß.
Am Wagen blieb er stehen, sah sich um, ob sie auch niemand beobachtete oder hören konnte, und reichte seiner Begleiterin die Hand.
In aufrichtig freundlichem Ton sagte er zu ihr:
"Na, dann herzlich willkommen in Finstertal!
Ich bin Viktor Thorson von Haus und Clan Tremere!
Ich bin selber noch recht neu in der Stadt und kann ihnen versichern, das einem die örtlichen Cam-Mitglieder Anfangs noch recht harsch vorkommen mögen, aber mit der Zeit wird sich das geben!"

Er lächelte freundlich.
Jetzt erst viel auf, wie unterschiedlich er doch zu den anderen Tremere im Gildehaus gekleidet war.
Anstelle eines Anzugs trug er eine braune, abgenutzte Lederjacke und Jeans.
 
Mira folgte Viktor zu dem Kombi. Da die Straße menschenleer war, machte sie sich nicht die Mühe zu atmen, und bei dem strömenden Regen würde selbst ein weiter entfernter Beobachter nichts genaues sehen können.
Als sie durch den Regen gingen wunderte sie sich über Viktors menschliche Erscheinung. Sie war sich ziemlich sicher, daß er kein Ghul war, aber die Atemwölkchen ließen sie dann doch ein wenig daran zweifeln, daß es sich bei ihm um ein Kainskind handelte.

Als Viktor ihr die Hand reichte nahm sie den Handschlag entgegen. Eine eisige Kälte breitete sich in der Hand des anderen Tremere aus, und fing an seinen Arm hochzukriechen. Es fühlte sich an, als hätte er seine Hand in ein Gefrierfach gelegt. Da Mira nicht die Absicht hatte ihm unnötig Unannehmlichkeiten zu bereiten, zog sie die Hand relativ schnell wieder zurück.

Ihr Gesichtsausdruck war undurchdringlich, wie immer, wirkte aber weder unfreundlich noch abweisend. In neutralem Tonfall sagt sie:
"Danke, ich bin erfreut Sie kennen zu lernen. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich auch nicht erwartet besonders freundlich empfangen zu werden."

Viktors ungewöhnlichen Kleidungstil schien sie nicht einmal zu bemerken, und wenn doch dann nahm sie entweder keinen Anstoß daran, oder ignorierte es schlicht und ergreifend.

Also doch ein Kainskind, wie ich vermutet habe. Wenn er noch so menschlich ist, kann er noch nicht sonderlich alt sein. Jedenfalls scheint er, nach dem ersten Eindruck zu urteilen, niemand zu sein, der gerne Streit sucht. Zumindest etwas positives in einer Nacht voller Katastrophen.

Sie blickte zu dem Kombi. "Ich schlage vor, daß wir einsteigen, bevor wir völlig durchnässt sind."
 
"Na..Natürlich! Steigen sie ein!"
Viktor hatte fast schon entsetzt auf seine Hand gestarrt, die Kälte gespürt..
Zuerst war er perplex, überrascht....
Er wollte schon seinen Willen fokussieren, um sich abzuschirmen, da hatte sie seine Hand schon wieder los gelassen.
War es vorhin in Johardos Zimmer nicht auch Kälter geworden?
Scheinbar hatte es sich nicht um einen Zauber gehandelt, aber wieso war ihre Hand dann so kalt?

Kalt wie der Tod!

Es war so ganz anders als bei ihm und Meyye.
Darüber dachte er nach, als er den Wagen mit leicht zitternder Hand geöffnet hatte, gewartet hatte, das Mira ebenfalls zu ihm gestiegen war, und sich dann in den Strassenverkehr Finstertals eingereiht hatte.

Er wusste nicht, ob er die neue Maga auf diese merkwürdige Kälte ansprechen sollte, befand es aber für unnötig, es nicht anzusprechen.
"Ich muss gestehen, das ich ganz schön überrascht war, wie kalt ihre Hand war! Sowas ist mir vorher noch nicht untergekommen.
Hat es etwas mit ihren Studien zu tun?
Darf ich fragen welchen Weg sie eingeschlagen haben?
Und sie haben noch keine eigene Zuflucht hier in Finstertal?
Natürlich könnten sie bestimmt im Gildehaus unterkommen.
Ich hatte das Glück, das ich schon vor meinem Umzug aus Köln hierher für eine Unterkunft sorgen konnte.
Die Möglichkeit scheint es bei ihnen nicht gegeben zu haben.
Vieleicht kann ihnen der Prinz oder ein anderes Kainskind dabei helfen!"

Er spürte deutlich die Kälte, die von der scheinbar jungen Frau neben ihm ausging.
Ob ich es auch jetzt bemerkt hätte, wenn sie mir nicht die Hand gegeben hätte?
 
Mira war über Viktors Verwirrung nicht weiter überrascht. Sie hatte schon die manigfaltigsten Reaktionen auf ihren Handschlag miterlebt; einschließlich höflichen ignorierens und erstaunt aufgerissenen Augen war alles mit dabei gewesen.

Sie hatte gemerkt, wie Viktor ein wenig nervös geworden war, vor allem seine Hände schienen zu zittern. Sie hoffte ihn dadurch nicht zu sehr aus dem Konzept gebracht zu haben, denn er machte schon jetzt einen leicht zerstreuten Eindruck.

Noch sehr menschlich...

Sie stieg in den Wagen und schnallte sich an. Als Viktor anfing sie mit Fragen zu überhäufen, mußte sie sich eingestehen, daß sie ihm eine derartige Forschheit nicht zugetraut hätte.

Ein leicht amüsiertes Lächeln huschte über ihr sonst so gleichgültig wirkendes Gesicht: "Sie sind der erste, der sich traut mich danach zu fragen. Ich schätze das verdient eine Antwort."

Sie war sich darüber bewußt, daß sie vorsichtig sein mußte. Vielleicht hatte Johardo Viktor den Auftrag gegeben sie auszufragen. Nicht, daß sie irgendetwas von Bedeutung wußte. Aber sie konnte sich durchaus vorstellen, daß das Ego des Ahnen Rumpfelstielzchen spielen würde, wenn er erfuhr, daß sie Viktor so bereitwillig von sich erzählt hatte, währen sie in seinem Arbeitszimmer so beharrlich auf stur geschaltet hatte.

Sie drehte den Kopf und schaute aus dem Beifahrerfenster, bevor sie weitersprach: "Es hat nichts mit meinen Studien zu tun. Soweit ich weiß ist es eine...Nebenwirkung des Kainsfluches."

Ihr Gesicht war wieder regungslos, und sie schaute in Viktors Richtung, um seine Mimik im Auge behalten zu können.

"Nein, ich habe noch keine Zuflucht hier, die Umstände meine Abreise ließen leider keine großen Vorbereitungen zu."
In ihrer Stimme war ein Hauch von Mißmut zu erkennen, der angesichts der Tatsache, daß sie sich sonst so gut unter Kontrolle hatte, zeigte wie sehr sie dieser Umstand störte.
"Ich müßte nur vorrübergehend irgendwo unterkommen; ich hatte vor mir hier ein Haus zu kaufen, aber das wird wohl ein paar Nächte in Anspruch nehmen."
Beim letzten Teil des Satzen war dieser leicht mißmutige Unterton zu hören.
Sie verstummte und blickte wieder auf die nassen Straßen. Oh, wie sie es hasste umzuziehen...
 
Kainsfluch!?!
Viktor mochte die ganze Kainsmythologie nicht, und benutzte Begriffe wie Kainskinder auch nur, weil alle es taten und nicht die ganze Zeit auf den parasitären Begriff des Vampirs gebrauchen mussten.
Zudem war es Maskerade-schonender, nicht von Vampiren zu sprechen, aber die Bedeutung dahinter gefiel ihm nicht.

Aber wenn es ein Fluch war, hatte es Mira ziemlich hart erwischt.
Und der Umgang mit normalen Menschen musste verdammt schwer sein.
Er hatte fast schon Mitleid.

"Wenn sich zunächst auf die Schnelle keine Möglichkeit findet, könnten sie die nächsten paar Nächte auch bei mir unterkommen.
Ich besitze ein zweistöckiges Haus, und da wäre es zumindest für kurze Zeit kein Problem, einen Gast unterzubringen.
Über das Internet könnte man dann Immobilien-Angebote ansehen, und ich kenne einen örtlichen Makler, der mir auch mein Haus besorgt hat.
Und wir sollten beachten, ob Ihre zukünftige Unterkunft im Jagdgebiet unseres Clans liegen soll!"

Er orientierte sich kurz, und begann dann, den Wagen einzuparken, was ihm leidlich gelang.

"Und wir sollten es tun, bevor es früher hell und später dunkel wird!
Wir sind da!
Das Café de Trois! Elysium und Kaffeeklatschtreffpunkt der Kainskinder Finstertals.
Der Laden wird von einem Kind des Prinzen Buchet namens Dumont geführt!
Hier wird man ihnen bestimmt weiterhelfen können!"

Seine Stimme hatte zuletzt etwas von einem Touristenführer angenommen und lächelnd begann er auszusteigen.


Out of Character
 
Als sie das Cafe verlassen hatten stiegen sie wieder in den Kombiwagen.
Auf dem Weg zu seinem Haus klärte Viktor 'die Neue' über ein paar örtliche Gegebenheiten auf:
"Es gibt ein paar Sachen in in Finstertal, die der Prinz und die Ahnen angeordnet haben, und die Sie beachten sollten!
Zum Beispiel sind Jagd-Domänen für die einzelnen Clans ausgerufen worden!
Das Gebiet der Tremere umfaßt das gesamtes Oberviertel über den mittleren Industriegebieten und den Stadthafen in der Innenstadt, und im Südviertel das Oberviertel!
Es gibt noch ein freies Jagdgebiet, aber das ist eine echt üble Gegend!
Auch wünscht der Prinz, das sie die örtlichen Domänenmitglieder zu Klüngeln zusammen tun.
Allerdings schätze ich, das unser Ahn Johardo wünschen wird, das wir in verschiedenen Klüngeln sind! Allerdings hat das ja noch Zeit!
Es ist übrigens verboten, Kainskinderblut aufzubewahren!
Ob der Prinz damit dem Professor eins auswischen wollte, weiß ich nicht, aber so ist es vor ein paar Tagen erlassen worden!
So, wir sind da!"

Der breit gebaute Tremere parkte den Wagen vor einer Garage auf einem von einer dunklen, hohen Hecke umgebenen Gelände.
Solaraufgeladene Wegleuchten spendeten ein sanftes Licht, aber der Rest des Gartens um das zweistöckige Einfamilienhaus lag noch im Dunkeln.

Als die beiden ausgestigen waren und an der Tür waren, wandte sich Mira an ihren Gastgeber:
"Wenn es möglich wäre, hätte ich gerne ein Zimmer für mich allein!"

Viktor sah sie verständnisvoll und mit einem geheimnisvollen Lächeln an.
Kleine Atemwölkchen wurden von der nach Flußwasser riechenden Luft davongetragen.
"Oh, ja, natürlich! Das ist gar kein Problem!
Sie können eine Zimmer im Erdgeschoß haben.
Darin stehen zwar noch ein paar Kartons vom Umzug, aber auch eine Ausziehcouch, die Fenster haben abschließende Außenjalousien und schwere Vorhänge.
Ich hoffe, das ist in Ordnung?"

Die Tür schloß sich hinter den beiden!
Nur noch Minuten, und die Sonne würde langsam ihr Licht über den Horizont ausbreiten.
 
Mira schreckte aus dem tiefen Schlaf hoch, der sie immer überkam, wenn die Sonne aufging. Sie saß aufrecht in dem fremden Bett und schloß erneut die Augen, um die Desorientierung zu verscheuchen. Nach ein paar Sekunden schaute sie auf die Uhr - 30 Minuten nach Sonnenuntergang - wie immer.

Das Zimmer, in dem sie sich befand war stockdunkel, und trotzdem konnte sie die Umrisse der Umzugskartons sehen. Als sie noch sterblich gewesen war, hätte sie sich niemals in einem derart dunklen Zimmer zurechtfinden können, aber jetzt...

Nun, das Unleben brachte viele Vorteile mit sich, aber auch Nachteile. Sie hatte sich damals schnell damit arrangiert, denn immerhin hatte ihr Erzeuger sie vor die Wahl gestellt, etwas das nicht alle Kainskinder von sich behaupten konnten.

Auch wenn sie sich ihr Schicksal selbst ausgesucht hatte, war es am Anfang nicht leicht gewesen sich umzustellen, aber schon ziemlich schnell hatte sie jegliche moralischen Bedenken abgelegt. Die Menschheit war nicht besser als es die Kainskinder waren; der einzige Unterschied bestand darin, daß die Lebensspanne der Menschen begrenzt war. Sie war im Laufe ihrer Tätigkeit als Gerichtsmedizinerin schon zu oft Zeuge der Grausamkeit geworden, zu der Menschen fähig waren.

Sie wischte den Gedanken fort. Es hatte keinen Sinn darüber nachzudenken, die Dingen würden sich dadurch nicht ändern, und außerdem lenkte es vom Wesentlichen ab.

Sie stand auf, zog sich an und bändigte ihr fast hüftlanges Haar. In den letzten Jahren hatte sie schon öfter mit dem Gedanken gespielt es zumindest ein Stück abzuschneiden, aber da es jeden Abend sowieso wieder seine alte Länge hatte, war das ein sinnloses Unterfangen. Und so beschränkte sie sich darauf es, wie immer, hochzustecken.

Obwohl sie Viktors Anwesenheit noch als relativ angenehm empfand, wenn sie ihn mit anderen Kainskindern verglich, so wurde es für ihren Geschmack doch höchste Zeit, daß sie die Vorstellung hinter sich brachte, damit sie sich endlich um eine eigene Zuflucht kümmern konnte. Sie war niemand, der es lange in Gesellschaft anderer Personen aushalten konnte. Die einzige Ausnahme würde vielleicht ein Ghul darstellen, aber das war etwas, was sie auf später verschieben mußte; die Zuflucht hatte absoluten Vorrang.

Als sie fertig war verlies sie das Zimmer, das ihr Viktor zur Verfügung gestellt hatte. Zum Glück hatte sie gestern noch darauf bestanden ihr Auto abzuholen, daß noch immer vor dem Gildenhaus der Tremere gestanden hatte, so war sie heute Nacht nicht darauf angewiesen sich von Viktor fahren zu lassen.

Aus einem der Zimmer im ersten Stock drang irisch angehauchte Musik und es roch nach Kräutern. Zielstrebig ging sie auf die Tür zu und klopfte an; nach dem gedämpften "Herein" öffnete sie die Tür.

Nach einem kurzen Wortwechsel mit Viktor verlies sie das Haus, stieg in den Wagen und fuhrt Richtung Café.
 
Zurück
Oben Unten