[28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Morticcia

Addams
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Nach ihrem Pflichtbesuch in der Akademie hatte sich die Caitiff auf direktem Weg Richtung Südstadt gemacht. Diese Malkavianer waren echt verdammt lästig, anscheinend begleitete ihr Wahnsinn ein gewisser Instinkt für Verborgenes und Unwahrheiten!? Außerdem war ihre Nähe auch immer irgendwie unangenehm, es war als fast als wäre ihre Verücktheit irgendwie ansteckend. Sie musste irgendwann dringend mit Lurker über diesen Clan sprechen, ...wenn es ein später dann überhaupt noch gab.

Dort, nahe des Cineprotz parkte sie dann ihr Motorrad in einem Parkhaus und zog sich anschließend auf der Publikumstoilette des Filmtheaters ihre eigenen Klamotten an. Erleichtert entglitt ihr ein leiser Seufzer.
Fabians Sachen waren ihr viel zu weit geschnitten, zu geschmacklos und sowieso viel zu Farbenfroh für einen Auftrag wie diesen. Wenn sie in dieser Nacht schon vernichtet werden sollte, dann doch bitte in stilgerechten Lederklamotten. Immerhin gab es einen Ruf zu verlieren!
Außerdem musste sie dringend den engen Verband entfernen, der ihre Brüste eingeschnürrt hatte. Die Maske der tausend Gesichter war ein fähiges Werkzeug, ihren weiblichen Körper versteckte es meistens aber nur unzureichend. Also war es eben nötig auf andere Hilfmitteln zurückzugreifen und die waren in der Regel alles andere als bequem. Glücklicherweise war besonders ihre Oberweite nicht so üppig wie es bei manch anderer Frau der Fall war und so reichte ein wenig Mull um diese Kurven vor den geneigten Betrachtern grade zu ziehen.

Nun endlich, wieder etwas später, befand sie sich in einem größeren Abwasserkanal der sie auf direktem Wege nach Süden aus der Stadt führen sollte. Es kam selten vor das Jenny wegen irgendetwas nervös wurde, aber als sie ihre Zigarette zum Mund führte, stellte sie überrascht fest das ihre Hand leicht zitterte.
Der nahende Auftrag setzte ihr mehr zu als sie sich selbst jemals eingestehen würde.

Fuck!

Ärgerlich parkte sie den Glimmstängel im Mundwinkel und ballte beide Hände abwechselnd zu Faust und dann wieder streckte sie sie so weit auseinander wie ihre Gelenke es zuließen. Irgendwie musste das Zittern doch wieder loszuwerden sein.

"Das gibt's doch nicht! Verdammte Scheiße!!!"

Hoffentlich kam Lurker bald, warten war einer der vielen Tugenden die nicht in das Repertoire der Anarchin gehörte.
Schon gar nicht, wenn sie sowieso etwas hibbeliger als sonst war.
 
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Das mannshohe Rohr machte einen sanften Bogen. Je weiter es sich vom Herzen der Stadt entfernte, desto wilder es schien es auch zu werden. Moose und Algen wuchsen von einem flaumigen Belag zu kleinen, schmutzig verklumpten Wucherungen heran. Immer öfter sah man Brüche und Risse in dem Gang, durch die Wurzeln sich mit tastenden Tentakeln ihren Weg in die Dunkelheit suchten. Gurgelnd plätscherte der trübe Bach aus Abwasser zu ihren Füßen daher. Draußen, in der richtigen Welt, türmten sich die Wolken zu grauen Haufen am tintigem Himmel. Hier unten aber herrschte die tröstende, dampfend dunstige Luft wie stets.
Wenn man in Richtung Westen abbog, kam man an den verschütteten Bereich der zur ehemaligen Irrenanstalt gehörte. Ein Ort den man schon an der Oberfläche nicht besuchen wollte. Eine Erkundung der eingestürzten Gänge unterhalb dieses Gebildes war mit Sicherheit noch weitaus weniger verlockend.

Nach einer letzten Biegung öffnete sich die Vene des Untergrundes in die Außenwelt. Das Rohr ragte ein Stück aus einem Hang hinaus und erbrach sich in eine Kiesgrube, hinter der man in einiger Entfernung den Waldrand sehen konnte. Irgendwo hinter ihr war noch das dröhnen einer Autobahn zu hören. Wenn sie aus dem Rohr herausklettern und in Richtung Stadt sehen würde, könnte sie in einiger Entfernung den dunklen Teerwurm sehen, der sich durch die Landschaft fraß. Die Lichter der Autos die wie wahnsinnige Glühwürmchen auf ihm entlang rasten verschwammen zu Leuchtpunkten.
Lurker saß am Ende des Rohrs in der Dunkelheit und hatte seine Arme um den spindeldürren Oberkörper geschlungen. Wie ein Metronom bewegte er sich immer wieder vor und zurück. Seine Beine baumelten über dem Rand des Rohres hinab in die Kiesgrube, die einen mutigen Sprung entfernt war.
Als er sie hörte, wandte er sich um. Zuerst duckte er sich und seine schwarze Kapuze ruckte wie eine witternde Rattenase hin und her. Dann schien er aber zufrieden zu sein und er machte eine klopfende Geste mit der Hand auf den Platz neben sich. Er bedeutete Stray sich zu ihm zu setzen.
Natürlich hatte er keinerlei Zweifel daran gehabt, dass seine Tochter diesen Ort hier finden würde, mit der Nachricht die er für sie in der Bibliothek hinterlassen hatte.
 
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Jenny erkannte ihren Vater als Schattenriß am Ende der Röhre und ihre eben noch zitternden Hände waren vollkommen vergessen.
Es war erstaunlich wieviel Selbstsicherheit einem ein einzelner Mensch geben konnte.
So viel sogar, dass es der Anarche gar nicht richtig bewußt wurde, sie vergaß das Problem einfach und zauberte wie von selbst ein ehrliches Lächeln in ihr Gesicht.
Unterbewußt warf sie ihre Kippe nach hinten, nicht etwa weil sie bereits zu Ende geraucht war, sondern weil die Anarche nicht wollte das der Nosferatu sie rauchen sah.
Fast war es wie in der Welt der Sterblichen.
Vater und Tochter und die üblichen kleinen Erziehungszeichen und Geheimnisse.

"Hey Lurk', habs leider nicht schneller geschafft! Hoffe du musstest nicht warten."

Sie strahlte förmlich vor Glück.
Endlich hatte Jenny die Chance ihrem Vater zu beweisen was sie alles auf dem Kasten hatte und war, nun wo er sich in ihrer Nähe befand, fest entschlossen sich ihm gegenüber zu beweisen.

"Wollen wir?"
 
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Die Kapuze war auf den Waldrand gerichtet. Kurz nur wandte sie sich zu Stray und das milde Lächeln zur Begrüßung musste sich die adoptiv Nosferatu im Augenblick denken, denn die eigenwillige Dunkelheit im Inneren der Kapuze gab, wie immer wenn sich Lurker außerhalb des Gebietes seines Clans bewegte, nichts preis. Die Frage war merkwürdig bedeutsam für eine Floskel. Hatte er lange gewartet ? Sein Zeitgefühl hatte sich merkwürdig verhalten, seit dem Augenblick in dem der Sheriff ihnen offenbart hatte, dass sie in den Tod geschickt würden. Die Angst hatte ihn nicht mehr losgelassen. Er konnte sie fühlen, denn das innere seiner Schädeldecke fühlte sich taub und kalt an. Es fühlte sich an wie ein Prickeln und Kribbeln und wenn er die Beherrschung verlöre, dann bestand die Gefahr das er an seinem bleichem Kopf herumkratzte, bis er dieses scheußliche Gefühl endlich los wäre.
Er konnte diesen Impuls ganz dicht unter der Oberfläche seines Verstandes spüren, die immer dünner geworden war, wie tauendes Eis in der Sonne. Seine Hände zitternden nicht, denn Lurkers Furcht war nichts körperliches, wie bei einem Sterblichem. Sie war eher urtümlich, wie die Essenz von Panik. So wie er die Dunkelheit in seinem innerem nutzte, so hatte diese auch Zugriff auf sein Denken. Das Etwas in ihm ahnte das sich der Verstand des Verborgenen um seine Vernichtung drehte. Es war aufgewühlt und wanderte in seinem Geist auf und ab, wie Tiere in einem Käfig, wenn der Sturm drohte.
Seit er alleine mit der Angst war dehnten sich die Augenblicke endlos aus. Trotzdem raste die Zeit.

Keine Sorge. Ich habe es nicht eilig.

Mit diesem knarzendem Satz erhob er sich und blieb in seiner seltsam zusammengefalteten Art vor Jenny stehen. In dieser Haltung war er nur wenig größer als die Caitiff. Mit sanfter Überraschung nahm er zur Kenntnis das sein Galgenhumor ihm also treu geblieben zu sein schien.

Mein treuer, bösartiger Freund...ich hoffe du wirst mir nicht gallig wenn wir in den Klauen eines Werwolfes enden.

Aber nicht doch mein Bester... wo kämen wir denn hin, wenn dir nicht mal dein heiliger Pessimismus und dein selbstgerechtes Geheule bliebe ?

Zu liebenswürdig. Nur ein oder zwei Momente mir dir und die Werwölfe erscheinen mir gleich viel erträglicher. Immerhin wäre ich dich dann los.

Eingebildeter, selbsmitleidiger Wurm. Als würdest du mich los werden WOLLEN. Seit Jahrzehnten kommst du greinend zu mir angelaufen weil ich der Letzte und Einzige bin der sich dein Gewimmer anhören muss. Na los doch.. such dir einen netten Wolf und umarme ihn kräftig wenn du es alles so sehr leid bist. Das wäre wenigstens mal ein Aufrechter Moment.

Er quittierte das Ende seines inneren Monologes mit einem grimmigem Nicken. Es mochte für einen Außenstehenden verschroben und fremdartig wirken, wie er so entrückt da stand und mit sich selbst im Clinch lag. Schließlich nickte er aber einfach nur auf Strays Frage und faltete eine seiner bandagierten Hände in ihre Richtung auseinander. Die überlangen, dürren Finger klappten auseinander und sahen im schummrigen Mondlicht das in die Röhre schien aus wie eine gierige Spinne, die ihre Beine um eine dicke, saftige Fliege schlingen wollte.
 
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Als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, ergriff die Caitiff die Hand ihres Vaters und zog ihn voller Gleichmut nach draußen.
Sie kannte Lurker und wusste das Aktivität das einzige war das ihn aus seinem Gedankengeflecht befreien konnte.
Grinsend zwinkerte sie in das Dunkel seiner Kappe.

Die anfängliche Nervösität war vollkommen aus ihrem Körper gewichen, denn die Aussicht auf den nahenden Tod hatte für Jenny noch nie etwas bedrohliches gehabt.
Wie auch, wenn man sich des eigenen bereits seid Jahren bewußt war und gleichzeitig eine Schuld mit sich herum schleppte, die einen von Innen heraus aufzufressen schien.

Mittlerweile hatte sie auch begriffen warum sie anfangs so zittrig gewesen war.
Die Sorge um den geliebten Vater wog schwerer als jede andere Gefühl.
Ihn heil und an einem Stück aus dieser Sache herauszubekommen war ihr erstes und einziges Ziel in dieser seltsamen Nacht.
Ein ordentliches Stück Arbeit, denn er würde über sie nicht anderes denken und sie ganz sicher nicht den gewünschten Heldentod sterben lassen.
Liebe hatte eine verflucht große Schattenseite und die hieß Verantwortung, gegenseitige Verantwortung in diesem Fall.

Sie schritten über den Rand, verließen das letzte Quentchen Zivilisation und betraten den nahen, dunkel daliegenden Wald.

"Mal sehen was die Nacht uns bringt Vater!
Wirst du uns vor den Blicken der Wölfe verbergen, oder muss ich irgend etwas dazu tun?"

Ihre Augen flammten rot auf und verliehen ihr ein gespenstisches, unnatürliches Aussehen.
 
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"Wolltet ihr euch davon stehlen?" raunte dann eine Stimme. "Was habt ihr nun vor?"

Roxana war in der dunklen Kleidung, mit den dunklen Haaren und auch dunkler Schminke - oder war es einfach nur Schmutz, den sie sich ins Gesicht gerieben hatte - kam zu er kennen.

Wenn Jenny und Lurker reagierten, würde sie 2 silberne Dolche aus ihrem Gürtel ziehen und mit dem Griff nach vorne hinhalten.

"Hier, ich habe euch was mit gebracht, was die Kerle garnicht mögen."
 
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Wie?
Ach ja da war ja was!


Jenny fuhr erschrocken herum, konnte Verblüffung und Ärger aber schnell wieder eindämmen. Schnell erinnerte sie sich wieder daran, das Lurker, ...oder war es Enio gewesen, ...etwas ähnliches erwähnt hatte. Die Ravnos war wohl als eine Art Rückendeckung für das kleine Selbstmordkommando gedacht, diente nach Auffassung der Caitiff aber wohl hauptsächlich dazu, das Gewissen der Obrigkeit zu beruhigen.
Sofern dieses Bonzenpack überhaupt etwas vergleichbares besaß.

"Hey! Wir haben uns irgendwo schon einmal getroffen, aber ich habe vergessen wo!? Ich bin Jenny freut mich das es noch mehr Dummköpfe gibt die sich heute Nacht verbaten lassen wollen!"

Die angebotenen Dolche wies die Anarche allerdings dankend ab. Sie hatte sich mittlerweile vollkommen auf ihre Krallen eingestellt und konnte sich nur noch schwer vorstellen während eines Zweikampfes etwas festhalten zu müssen.

"Gib sie ruhig beide an Lurker weiter, er kann die mit Sicherheit besser gebrauchen!"

Ihr Blick wanderte zwischen den beiden Kainiten hin und her. Irgendwie schien es nicht ihre Aufgabe die Führung zu übernehmen, also ordnete sie sich instinktiv unter und überließ den anderen beiden das Kommando. Sie waren älter und erfahrener und wussten sicher am Besten was zu tun war.

"Ok, wie wollen wir vorgehen?"
 
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"Klar haben wir uns schon gesehen, bei Peter und Enio, kannst mich ruhig Roxi nennen", erwiderte die Ravnos. "Eigentlich wollte ich mich nicht einfach so ohne mich zu wehren erwischen lassen."

Sie lachte leise und hielt die Dolche dann Lurker hin.

"Ja, wie wollt ihr vorgehen? Ich denke, ich werde mir zuerst einige Ratten und Fledermäuse besorgen, die ein wenig die Gegend im Auge behalten und dann ein wenig zurückbleiben." Sie überlegte. "Wenn es ernst wird, werde ich die Garou mit ein paar Illusionen verwirren, das gibt uns dann entsprechende Ablenkung und Zeit, was haltet ihr davon?"

Gerade mit Hilfe von Schimären hatte sie die Garou schon das eine oder andere Mal solange beschäftigt, daß sie abhauen konnten.
 
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Dunkel und majestätisch lag der Wald vor ihnen. In der Nacht hatte er sogar tatsächlich noch eine Art Wildheit an sich. Eigentlich war es ja kein wirklicher Urwald mehr, denn viele Forstwege durchzogen das Gebiet und teilweise waren auch die Baumlinien von Menschenhand begradigt worden. Einige Dinge ließen aber wohl nie wirklich domestizieren. Man konnte der Natur Zügel anlegen, aber hier in der Dunkelheit und Stille war trotzdem zu spüren das sich dieser Ort innerhalb kürzester Zeit das ganze Land das man ihm abgerungen hatte wieder zurückholen würde, wenn sie alle nicht mehr hier wären.
Gerade hatte Lurker damit begonnen alle beunruhigenden Gedanken die in ihm rumorten beiseite zu schieben, um sich darauf vorzubereiten sich und seine Tochter auf ihre verborgende Reise zu begeben, als die alte Zigeunerin sie praktisch eiskalt erwischte.
Der Nosferatu war nachlässig gewesen, das hielt 'Roxi' ihm nun vor Augen. Zu jeder anderen Zeit hätte er die Zeit bis zu Jennys Ankunft dazu genutzt die Umgebung gründlich zu erkunden, so dass nicht einmal eine Maus unbemerkt bei ihnen hätte sein können. Doch sein Schwermut und sein Selbstmitleid hatten ihn dazu verführt nur gedankenverloren herum zu sitzen und gedankenvoll in die Gegend zu starren. Wäre er alleine hier, hätte er die Tatsache das er jetzt schon zerfetztes, verwesendes Fleisch wäre, wenn anstatt der Ravnos einer der Werwölfe hier auf der Lauer gelegen hätte wohl mit einem Achselzucken quittiert. Er hatte seinen Frieden gemacht und das Ende seiner Existenz schien unvermeidlich. Allerdings war er heute nicht alleine hier. Er sah zu Stray, die nicht nur ihrem Äußeren nach sein kleines Mädchen war. Ohne das es jemand hätte sehen können verhärteten sich seine zerbrochenen Züge. Nur ganz sachte straffte er die Schultern.

Sein Blick fiel auf die angebotenen Dolche. Tatsächlich hatte er den einen oder anderen Kniff gelernt um mit solchen Klingen umzugehen, seit er das Arsenal der alten Nosferatu Geißel Reißer geerbt hatte. Heute Abend aber trug er das Geschirr aus Gurten und Taschen mit den vielen Klingen und Pflöcken nicht. Es hätte ihn nur behindert und es waren auch keine Waffen aus Silber dabei gewesen. Die Ausrüstung des alten Henkers der Stadt war auf den Kampf gegen Vampire ausgelegt gewesen. Sein alter Vorgesetzter hatte auch in seinen Aufzeichnungen niemals etwas erwähnt das sich im Kampf gegen eines dieser Scheusale bewährt hätte. Wahrscheinlich war weglaufen einfach das klügste, wie Lurker es ja auch schon erwähnt hatte.
Er sah hoch in das camouflage geschminkte Gesicht der Zigeunerin. Er hatte sie nur einmal getroffen, als sie ihn ihrem lächerlichem Kostüm und mitsamt einem rapierartigem Degen am Dom aufgetaucht war. Paradoxerweise passte ihr heutiger Aufzug wesentlich besser als ihre Kleidung bei dieser letzten Gelegenheit, obwohl sie nicht minder ungewöhnlich angezogen war. Zu seinen Lebzeiten hatte die Zigeuner niemand haben wollen. Schmutzig und diebisch sind sie, so hatte er es gelernt. Sie spiehen aus wo sie standen, sie klauten alles was nicht niet und nagelfest war, sie stahlen einem sogar die Wäsche von der Leine. Sie vergifteten Brunnen, damit die Leute in ihre Wagenburgen kamen und sich ihre bunten Pillen und Fläschchen, ihre stinkenden Salben und Tinkturen andrehen ließen. Bis heute war er mit dem was man ihm über das fahrende Volk beigebracht hatte immer gut gefahren. Selbst seit er an diesem chronischem Fall von Untot litt hatte man diese Vorurteile weiter gepflegt, denn natürlich hatten die Vampire sich wie ein Virus auch schon unter den Landsmännern und Frauen der Roma und Sinti Stämme ausgebreitet. Ravnos, so war der Name für diese belebten Leichname die unter dem Zeichen der Planwagen, des Aberglaubens und des uralten Blutes dieses stolzen, osteuropäischen Blutes reisten.
Man konnte ihnen nicht trauen, so hatte man es ihm eingetrichtert. Sie hatten einen beinahe krankhaften Drang zu betrügen und zu stehlen. Trotzdem war diese Frau als einzige hier.
Nicht der Prinz war hier, um seine Stadt zu retten, nicht die Seneschall, die so vollmundig prahlerische Reden schwingen konnte. Nicht der Sheriff, der raubauzige neue Superheld der Stadt der Dirty Harry das freihändige pinkeln beigebracht hatte, nein, noch nicht mal die kalte, unbarmherzige neue Geißel, die etwa soviel Emotionen aufbringen konnte wie ein Häcksler waren hier. Nur diese Frau.
Für einen kurzen Moment flackerten im Schatten der Kapuze des Verborgenen zwei graue Flecken auf. Anscheinend hatte ein Nicken im Inneren der Verhüllung stattgefunden. Die Insektenfühler Finger nahmen vorsichtig die Griffe der Dolche entgegen.

Danke Frau Dragomir.

Ja, er kannte sie und wusste um ihren Clan. Auch wenn die Feuer ihn stets verlässlich ferngehalten hatten und die Zigeuner in seinem flackerndem Schein vor dem Monster in Sicherheit waren, seine Augen und Ohren hatten doch das eine oder andere erhaschen können.
Mochten ihn andere auch für einen stoischen, sturen, verbitterten Griesgram halten. Er vergab seine Sympathien nun einmal nicht leichtfertig. Man musste schon mehr auffahren als warme Worte und dramatische Gesten um ihn zu beeindrucken. Die Zigeunerin war hier. Obwohl sie niemandem verpflichtet war und Lurker sie nicht einmal direkt in Kenntnis gesetzt hatte war sie hier. Hatte sich selber alle nötigen Informationen besorgt und ihren Worten Taten folgen lassen.

Wir sollten nicht mit den Tieren hier rechnen. Soviel ich weiß, sind die Werwölfe wesentlich enger mit ihnen verwandt als wir es könnten. Immerhin sind sie noch am Leben. Vermutlich würden sie uns eher verraten wenn einer von diesen Viechern sie ins Gebet nimmt. Aber es gibt etwas anderes. Sie können, wie angeboten, unseren Rückzug decken und uns helfen wenn es zum äußersten kommt... und es wäre uns eine Ehre wenn sie uns die Karten legen möchten.

Das leiernde Krächzen war ohne jeden Spott. Die wenigsten Leute hätten dem Nosferatu wohl zugetraut das er über die soziale Fitness verfügte um auf andere derartig zu zugehen. Aber er hatte viel gesehen und war in einer anderen Zeit quer durch dieses Land gereist und hatte die obskuresten Dinge gesehen und recherchiert. Ein wenig Tarot war da gar nichts. Ob Lurker nur höflich sein wollte und Roxanas Erbe achtete, oder wirklich an so etwas glaubte war eigentlich auch egal. Schaden würde es nicht und es würde ja niemand erfahren das er auch eine sonderbare, verdreht freundliche Seite hatte.
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Roxana lächelte auch wenn man es kaum sehen mochte.

"Ich werde euch beiden die Karten gerne legen, wenn wir heil hier wieder draußen sind", versprach sie und auch da war es nicht sicher, ob es ernst gemeint war oder nicht.
"Ich weiß, dass die gut mit Tieren können, aber ich kann es auch und verraten haben die mich auch bei früheren Aktionen nicht. Kann einer von euch einen Tierruf simulieren? Das würde mir im Notfall helfen."

Darüber, dass der Nosferatu kurz zuvor leicht ein Opfer hätte werden können, verlor sie kein Wort, wenn er es selbst gemerkt hatte, würde er den Fehler nicht noch einmal machen. Zudem hörte er zu seinen Füssen ein rascheln, offenbar hatte sie schon vorgearbeitet, Lurker konnte schließlich auch nicht wissen, wie sie an die Daten des Plans gekommen war.

Der Wald war leiser als sonst, als würde er auf etwas warten und so schien selbst das Flüstern laut zu sein.

"Ich bleibe so weit wie nötig und so nah wie möglich an euch dran."
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Jenny sah das alles natürlich erstmal vollkommen anders.
Sie hielt Roxi eigentlich für eine von diesen Bonzen und war sich nicht sicher was sie in dieser Situation von ihr halten sollte. Lurkers unverhofft freundliche Reaktion ließ aber auch sie etwas entspannter wirken, immerhin entbehrte das was er sagte nicht einer gewissen Logik. Nicht jeder würde einfach so ein derartiges Risiko eingehen, soviel war absolut wahr.
Sie war also entweder sehr mutig, sehr dumm, oder hatte es sich mit den anderen Bonzen verscherzt und musste das nun durch diese Tat ausbaden. Egal aus welcher Richtung man das betrachtete, es machte sie auf jeden Fall sypmathisch genug um zusammen in den Tod zu rennen.

Dann aber ging es plötzlich ums Karten legen.
Sichtlich erstaunt hob die Caitiff eine Augebraue und blickte mißtrauisch zwischen den beiden umher.
Hatten sie nicht was zu erledigen?

"Lurk'? Wir wissen wie die Sache heute wahrscheinlich ausgeht und ich will gar nicht wissen, wie uns das Schicksal ficken will! Echt ich steh auf Überraschungen, besonders wernn es mir ans Leder geht. Lass gut sein!!!!"

Sie wandte sich an die seltsame Zigeunerin.

"Nicht sauer sein, aber mich interessiert jetzt nicht ob ich das hier überlebe oder nicht, ich fürchte das erfahre ich früher als mir lieb ist!"
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

"Die Karten lege ich dir auch erst, wenn wir hier heil wieder draußen sind", raunte Roxana. "Seid ihr so weit?"

Sie hatte selbst auch noch zwei silber Dolche bei sich und würde sich im Notfall auch damit wehren, allerdings hoffte sie, dass dies nicht nötig werden würde. Laut der Karte war dieser Wald ziemlich groß, es war also eine Frage der Zeit bis sie etwas finden würden. Sie fragte sich allerdings auch, was die Senneschall aus dem Umbra für sie tun konnte, soweit sie um diese Kraft wußte, war sie körperlos und würde ihnen vermutlich nicht mal etwas sagen können. Sie mußten einfach abwarten und das beste hoffen.
 
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Er drückte kurz Strays Unterarm zur Beruhigung. Es ging schließlich in erster Instanz um die Geste der Achtung und darum das man das Erbe der Zigeunerin ehrte. Sie würden mit Sicherheit nicht ein paar Zoll hinter den feindlichen Linien eine Picknickdecke ausbreiten und einen Blick in die Glaskugel riskieren.
Auf die Frage nach den Tierstimmen erntete Roxana allerdings ein knappes Kopfschütteln. Lurkers Stimme taugte wohl höchstens zur Imitation eines heiseren Rabens und nichts das er nachahmte würde wohl eine von den Werbestien täuschen können.
Ihr Vertrauen in die Waldbewohner hielt er für eher unangebracht. Nicht das er ein Meister im Umgang mit Tieren war, mehr als die Affinität zu bestimmten Tieren die in der Stadt lebten die in seinem Clan vorkam hatte er als Erfahrung nicht vorzuweisen, aber durch diesen Zugang wusste er um den Umstand das Tiere viel mehr in der Gegenwart verankert waren. Die Vergangenheit reduzierte sich für sie auf nützliche Erfahrungen, die sie zum jagen brauchten und Emotionale Anker, die ihnen sagten wann sie besser flüchten und wann fressen sollten und die Zukunft war ein höchstens rudimentäres Konstrukt das sich im Grunde völlig auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse beschränkte. Es war vergleichsweise einfach, einem Hund die Bitte begreiflich zu machen etwas zu bewachen, oder einem Eichhörnchen etwas zu sammeln, da diese Dinge ohnehin in ihrer Natur lagen. Bei anderen Aufgaben waren die meisten Tiere aber so zerstreut, dass sie einem Garou der sie fragte was sie gerade täten wohl ganz geradeheraus geantwortet hätten 'suchen für Leichnam'. Aber mit wilden Tieren kannte sich der Nosferatu nicht sonderlich aus. Am besten beließ er wohl derartige Dinge in den Händen der Clans die näher an den Wesen des Waldes waren als er.

Zeit zum Aufbruch. Also nickte er seiner Tochter zu und wandte sich wieder dem Wald zu. Aller neu gewonnen Achtung zum Trotz würde er seine Künste nicht hier vor der Ravnos praktizieren. Der Grad seines Könnens war eine Information für die man bezahlen musste. Er würde mit Jenny erst aus der Wahrnehmung der Welt treten, wenn sie außer Sicht waren.
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Roxana aktivierte ihre gesamten Auspex-Kräfte um besser sehen, hören und auch riechen zu können. Zwar würde sie nun auch Lurker mehr als nur gut riechen können, doch immerhin roch er nicht nach Werwolf.

Außerdem achtete sie darauf, dass sie die Beiden nicht aus dem Blick verlor, denn was nutzte es denen, wie sollte sie ihnen helfen können, wenn sie sie auch nicht sah? Daran würde der Nosferatu wohl nicht gedacht haben, aber das war ihr in dem Moment egal. Der Wald war groß und alle Angaben, die sie hatten nur vage.
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Gehorsam hob Jenny auf Lurkers Geste hin den Unterkiefer und behielt ihn dann in dieser Position.
Schien wohl nicht die Zeit für nen lockeren Spruch zu sein? Ein entschuldigendes Grinsen musste jedoch fürs erste reichen, wie es schien ging es langsam los.
Also zwinkerte sie nur kurz und hob leicht die schmalen Schultern.

Noch immer etwas unsicher wie sie in den nächsten Minuten vorgehen wollten, raunte sie Lurker etwas zu als sie dachte das sie außer Hörweite waren.
Das Roxi Auspexkräfte nutzte konnte die Caitiff dabei ja nicht wissen.

"Du musst mir noch erzählen wie wir vorgehen wollen Vater! Was ist unser erstes Ziel? Muss ich etwas dazu tun damit wir beide nicht entdeckt werden?"

Viele Fragen, alle etwas spät, aber dies war keine politische Aktion daher hatte sich die Anarche nur nebensächlich damit beschäftigt. Abgesehen von der Tatsache das sie sowieso dachte das Lurker immer alles zu jeder Zeit fest im Griff hatte.

Ein leichter Schauer der Vorfreude lief der Caitiff über den Rücken, echte Werwölfe.
Riesige Kampfmaschinen, rasiermesserscharfe Klauen, Zähne von der Größe eines Fleischermessers.
Jetzt hieß es nur noch irgendwie den geliebten Nosferatu aus der Schußbahn bekommen.
Nur wenn er gerettet war, hatte sie die Ruhe und die Zeit mit ihren neuen "Freuden" zu Spielen.
 
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Mit bedächtigen Schritten marschierte die kleine Nosferatu Prozession tiefer in den Wald. Sie würden noch ein wenig abwarten, bis das Dickicht sie vor neugierigen Blicken abschirmte. Schließlich ließ Lurker sich in eine hockende Position fallen und tippte sich mit einem seiner schwarzen Fingernägel gegen seine überdimensionierten Schneidezähne. Tatsächlich war die Frage die Stray stellte berechtigt. Auch für ihn war dies hier Neuland und seine bisherigen Experimente auf diesem Gebiet waren nur kurze Exkursionen gewesen, bei denen seine Mitreisenden ohnehin nichts weiter zu tun hatten, als still alles über sich ergehen zu lassen, so wie das Baby, das er durch die Schatten, an einer Menschenmenge vorbei geschmuggelt hatte, oder ein Penner, den er bewusstlos mit sich geschleppt hatte. Die Sache würde wohl ungleich schwerer sein, wenn er jemanden mitnahm der sich von selbst bewegte und somit auch Fehler machen konnte. Allerdings war auch Stray nicht ganz unbewandert darin sich verstohlen zu bewegen und ungesehen zu bleiben. Sie würde als grundsätzlich wissen um was es ihm ging.
Als er sprach, war seine Stimme ein kratzendes Flüstern, nicht auffälliger als der Wind, der durch trockenes Laub raschelte.

Wir werden zunächst einmal den Wald in zwei Achsen durchwandern. Einmal von hier aus von Ost nach West und einmal von Nord nach Süd. Dann haben wir das Gebiet schon grob in vier Quadranten geteilt. Wenn wir das in einer Nacht schaffen, ist das schon viel.

Er kannte keine genauen Anhaltspunkte oder geographischen Marken hier draußen, darum konnte er auch keine genauen Ziele für sie aussuchen. Sie würden einfach sehen müssen, dass sie signifikante Punkte fanden.

Schön...gib mir deine Hand. Du darfst mich nicht loslassen, egal was auch passiert. Nur wenn wir auffliegen und flüchten, oder beschließen das jeder für sich weiterziehen muss. Du musst leise sein und unauffällig. Du kennst die nötigen Bewegungen. Schleiche so, als würdest du dich selber verbergen wollen, aber konzentriere dich nur auf dich selber, nicht auf deine Umgebung. Du wirst niemanden täuschen müssen, das übernehme ich für uns, aber es wird leichter, je besser du dich verbirgst. Werde erst einmal ruhig.

Er umfasste ihre kleine Hand und legte mit sanftem Druck eine Hand auf ihren Rücken. Er schloss seine Augen und
versuchte seine rasenden Gedanken, die angetrieben von dem Dämon der Furcht wie aufgeschreckte Hühner durch seinen Verstand liefen, zur Ruhe zu bringen. Sein Geist war wie Wasser, aufgewühlt und schäumend rauschte es über die Stromschnellen der Angst. Er musste ruhig werden. Wie ein tiefer, kalter See. Er konzentrierte sich auf seine Aufgabe und auf das was er tun musste. Er würde völlig in seinem Element sein. Ungesehen, ungehört. Die Realität war sein Spielball und er alleine konnte entscheiden ob er für die Welt existierte oder nicht. Er war ein Schatten, ein blinder Fleck, ein Blinzeln im Auge der Welt. Er war ein rascheln, ein Flackern, eine Täuschung. Sie waren Nosferatu.

Und das war das letzte was der Wald von ihnen zu hören, oder zu sehen bekam. Dunkel und still lag die Lichtung da. Unruhig wälzte sich eine Feldmaus in ihrem Erdloch im Schlafe. Geduldig und genügsam wuchs das Moos auf den Steinen. Mehr als das Knacken und Bersten von Holz war nicht zu hören.

Sie waren auf dem Weg, in das Herz des Feindes.
 
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Sie reichte ihm wortlos die Hand und sandte beinahe instinktiv etwas Blut dorthin, um sie angenehm warm werden zu lassen. Wie es schien konnte auch Lurker in diesem wichtigen Moment des Beginnens eine Dosis beruhigender Zuneigung gebrauchen.
Seinen gut durchdachten Aufforderungen folgend, nickte sie gehorsam und überlegte wie sie ihnen wohl am Besten nachkommen konnte. Noch immer vollkommen still schweigend besann sie sich einfach ihrer eigenen Fähigkeiten und entschloss sich daher, Lurkers Kunst dahingehend zu unterstützen, dass sie sich schlicht selbst verdunkelte.
Dies mochte in dieser Situation nicht viel nutzen, möglich, aber zumindest half es sich auf die elementar wichtigen Verhaltensregeln zu konzentrieren und keine unbedachten Fehler zu begehen. Alles weitere lag in der Hand des weisen Vaters, die Zeit würde schon bald zeigen wieviel das alles letztendlich wert war.

Dann marschierten sie los.

Weniger als ein fast lautloser Schatten. Unsichtbar für die lebenden Augen der Welt, eine nicht wahrnehmbare Bewegungen am Rande der Realität, so glitten sie durch den unangenehm still daliegenden Wald und suchten aller Vernunft zum Trotz den einzigen wirklich gefährlichen Feind den die Rasse der Kainiten außer sich selbst überhaupt kannte. Fast fühlte man sich wie ein wahnsinnig gewordener Großwildjäger in Indien, der aus einer dummen Idee heraus, nur mit einem Dolch bewaffnet, auf Tigerjagd ging.

Die Suche würde lange dauern, jetzt galt es Aufmerksam bleiben und nicht unvorsichtig werden.
Jenny auf jeden Fall, war fest entschlossen ihren geliebten Ziehvater nicht zu enttäuschen. Sollte es eine Spur geben, würde sie sie finden.
Und wenn es gefährlich werden sollte, würde sie Lurker vor ihr retten.
Irgendwie!

Nun blieb abzuwarten was die Realität zu all diesen Ideen zu sagen hatte.
 
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Die Welt war keine andere, für jene die am Rande der Wahrnehmung reisten. Vor allem nicht hier draußen, in der Einsamkeit. Wenn Lurker dies irgendwo getan hätte wo Menschen waren, dann hätte wäre der Effekt ungleich stärker gewesen. Es war gespenstisch, wenn man die Leute dabei beobachtete wie sie plötzlich auf ihre Uhr sahen, nur weil man an ihnen vorbei ging, oder zusehen konnte wie ihr Blick leer und in sich gekehrt wurde, sobald man ihr Sichtfeld betrat, nur um dann zu blinzeln und sich zu fragen wo sie wieder mit ihren Gedanken waren, wenn man es wieder verließ. Ohne Beobachter aber, blieb nur das Gefühl. Jene seltsame Abseitigkeit, die sich wie eine Gänsehaut über einen legte. Man gehörte irgendwie nicht mehr dazu.
Schatten und Rascheln zogen durch das Unterholz und legten so schnell es ihnen ihre Tarnung erlaubte an Weg zurück. Zu Beginn war der Boden noch völlig frei von Hindernissen und recht eben. Die Äste der Bäume begannen erst über ihren Köpfen ein Geflecht zu bilden, so dass sie von Baum zu Baum huschten. Allmählich aber, verwandelte sich ihre Umgebung. Sie passierten einen alten, umgestürzten Baum, dessen modriger Leichnam als Grundlage für weiteres Leben diente. Prächtige Pilze gediehen und spreizten stolz ihre Schirme. Ein kleiner Bachlauf gesellte sich zu ihnen und folgte ihnen ein Stück ihrer Reise, bis er sich irgendwann in verspielten Biegungen verlor.
Der Wald wurde urwüchsiger und dichter. Erste Anzeichen von Unterholz zeigten sich und allmählich mussten sie bestimmten Pfaden hindurch folgen und konnten ihren Weg nicht mehr frei bestimmen.
Sie erreichten schließlich ein sehr altes und schon vor langer Zeit aufgegebenes Gebäude. Kaum größer als eine Gartenlaube war es und ganz sicher wusste niemand mehr von seiner Existenz. Wahrscheinlich hatte es vor vielen Jahren einmal irgend eine Forstwirtschaftliche Aufgabe inne gehabt.
Heute war es aber nur ein Haufen alte, bröckelige Mauer die ein halb eingestürztes Dach stützten und auf dem sich Efeu und Moos einen ewigen Krieg lieferten. Die beiden Eindringlinge kauerten sich an eine der Wände und waren nicht mehr als ein Teil des Schattens den das Mondlicht auf den Waldboden warf.

Lurker war aufgewühlt und sogar ein wenig euphorisch. Er wusste nicht einmal mehr wie lange sie eigentlich schon unterwegs waren. Für ihn mochten ebenso gut schon eine Stunde, wie auch nur einige Minuten vergangen sein. Allein die zurückgelegte Strecke sprach dafür das die Nacht voran schritt.
Ab und an hatte er den Griff seiner seltsamen Insektengliedrigen Hand um die kleinere, aber sehr starke Hand seiner Tochter verstärkt. Es war aufregend mit ihr hier zu sein. Sie waren weit hinter den feindlichen Linien. Vielleicht weiter als sich irgend ein Vampir seit langem gewagt hatte. Möglicherweise sogar weiter als die wenigen Angehörigen des Tier Clans aus der Stadt. Der Mond warf sein bleiches, gleichgültiges Licht auf sie und den Wald und obwohl sie wandelnde Tote waren gönnte der Nosferatu sich für einen Augenblick den Gedanken das er Teil dieser Welt war, seinen Platz hatte und wirklich hier her gehörte. Die Luft war feucht und satt. Jede Unze roch nach Leben und Kraft. Hier draußen galten andere Gesetze als in den Beton Schluchten und Abgründen der Städte und sie beide waren hier und durften teilhaben. Es fühlte sich an wie die Wälder Osteuropas.
Vielleicht war dies ein Bruder oder Schwestern Wald jener Regionen durch die er gereist war. Wer wusste denn schon welcher Baum hier welche Geschichte hatte ? Und es gab dutzende, hunderte, tausende von ihnen. Allesamt waren sie alt und schon lange hier. Vielleicht hatte alles mit einer Eichel aus dem Land hinter Valerius Anwesen begonnen ?

Als sie also dort anhielten um sich neu zu ordnen sah Jenny vielleicht zum ersten mal eine unbestimmte wildheit in dem ohnehin viel zu weitem Grinsen ihres Vaters. Seine Augen glühten mit einem schwachem Abglanz jener Nacht in denen er mit Dimitris Verwandten gefeiert hatte. Jeder ein warmes Herz in seiner Hand, das seinen letzten, flatternden Schlag noch nicht vergessen hatte. Lurkers Erregung war nicht die der Menschen, oder eine die seiner Tochter bekannt war. Es war die Lust von etwas anderem, etwas fremden, das man nicht mit Mitteln beschreiben konnte die einem Menschen geben waren. Nicht die Gier nach Fressen, oder Fortpflanzung. Nicht einmal etwas abstrakteres wie der Wunsch nach Sühne und Bestrafung oder körperlicher Hingabe waren es die ihn antrieben.
Seine Stimme war ein schmeichelndes Flüstern und klang wie der auf und ab peitschende Schwanz einer Schlange.

Nichts zu sehen. Gar nichts. Der Wald ist zwar lebendig, aber leer. Zumindest für das was wir suchen. Hast du eine Idee ?

Ja, er fragte sie nach Rat. Wenn auch sonst vielleicht kein Wesen in Finstertal auf die Idee käme das aus Stray auch nur ein einziger vernünftiger Gedanke herausfallen konnte, er wusste es besser. Sie hatte sicherlich nicht soviel über die alten Mythen und Volksmärchen in denen Werwölfe vorkamen gelesen wie er. Aber sie hatte einen Messerscharfen Instinkt. Er hatte schon oft erlebt wie brutale, simple Effizienz sich gegen zögerliches, intellektuelles Wissen durchgesetzt hatte. In der Natur ging es nicht um geistreiche Bemerkungen und geschliffenen Umgang. Hier draußen galten andere Gesetze und vielleicht hatte die junge Nosferatu genau die nötige Sicht auf die Dinge.
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

"Wenn wir sie nicht finden, lass sie sich doch einfach selbst verraten! Sollte es uns gelingen ein paar undefinierbare Geräusche zu machen, werden sie vielleicht aufmerksam und verraten sich von selbst? Sie können uns immerhin nicht sehen, daher wäre es vielleicht ne Chance..?"

Jenny hatte an dieser geballten Ladung Natur nicht halb soviel Spaß wie ihr Vater.
Sie war schon zu Lebzeiten ein Kind der Stadt gewesen und hielt den Alsterpark Hamburgs bereits für das Maximum an Wildnis dem sich ein Mensch jemals aussetzen sollte.

Hey, ich bin ne Hafenbraut...!

Es war nicht so, dass sie sich daran stört das ihr bei jeder dritten Bewegung irgendein feuchter Ast ins Gesicht flitschte, auch nicht daran das sie bereits dreimal bis zu den Knöcheln in irgendeinen nicht zu definierenden Morast eingesunken war...
Was sie hauptsächlich störte, so richtig, waren die widerlich hungirgen Mückenschwärme und die fehlende Orientierung.

Scheiße ich bin hier der Blutsauger, verdammt!!!

Eine ihrer ersten Taten als sie in Finstertal ankam, war es gewesen sich gründlich in der Stadt umzusehen.
Nach wenigen Nächten schon, bis heute würde sie sich blind in jeder noch so abgelegenen Ecke Finstertals zurecht finden. Hier aber war sie vollkommen verwirrt. Wenn Lurker sie los- und zurücklassen würde, hätte sie nicht die geringste Idee wohin sie als nächstes zu gehen hatte. Dieser Dschungel war ohne jede Ordnung und ohne jedes System. Gab's hier keine Schilder?

Hoffungsvoll sah sie zu Lurker hinüber.
Sollte ihre Idee nicht die Beste gewesen sein, könnten sie es ja für heute gut sein lassen. Jenny sehnte sich nach einer Kippe und nem riesigen Glas eiskaltem Bier, danach nen leckeren Jüngling und dann unter die Dusche...

Oh Mann, ich könnt jetzt echt eine rauchen...
 
AW: [28.04.2008] Geheimes Suizidkommando

Für die mit der Natür doch weitaus mehr vertraute Ravnos, gab es dem Wald jede Menge Hinweisschilder, auch wenn die meisten im Moment eher uninteressant waren, denn der geschärfte Geruchssinn ließ sich auch die abgesteckten Reviere der Wildtiere erkennen und es gab jede Menge Fuchs-, Hasen- und andere Bauten. Alles hätte sie unter normalen Umständen eventuell sogar interessiert, doch im Moment galt es nur Wolfsgerüche und -spuren zu entdecken und solche, die diesen ähnelten, aber pervertiert waren, da sie von Wandlern stammten. Sie war noch nicht hier gewesen, da dieser Wald mehr oder weniger verbotenes Gebiet war, allerdings hatte sie sich die Karte vorher eingeprägt, die ihr Enio zugesteckt hatte. Insgesamt war das ganze nicht ganz einfach udn hier konnte es immerhin einige Fallen geben.

Da sie aufgepasst hatte, konnte sie die beiden Nosferatus noch immer sehen, allerdings wirkten die etwas ratlos, wie es ihr erschien. Hatte ihnen keiner von dem Campingplatz erzählt? Dort könnte man doch anfangen. Hätte sie mehr Zeit gehabt, hätte sie selbst sich mit ein paar Tieren unterhalten können, auch wenn der Nossimann das nicht für sinnvoll hielt. Manches Mal ergaben sich da sehr nützliche Informationen und nicht selten, waren es gerade Tiere oder das Verhalten von Tieren, die sie und ihre Kumpanja vor Schaden bewahrt hatte.

Sie folgte den Beiden also auf Abstand und dachte darüber nach, wie sie im Notfall auf sich aufmerksam machen konnte, ohne dass dies auch der Feind mitbekam.

Verdammt, das Ganze war nicht gut geplant', dachte sie. Im Moment stocherten sie in einem Heuhaufen nach einer Stecknadel.
 
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