[27.04.08] Das Erbe

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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Dies war also Lurkers letzte Nacht. Das war zumindest sein erster, bewusster Gedanke, nachdem der Tag seinen Verstand aus jener bleiernen Stasis entlassen hatte unter der die lebenden Toten tagsüber lagen. Er hatte sich in der Vergangenheit das ein oder andere Mal überlegt wie es wohl wäre mit diesem Wissen zurück zu kehren aus dem Leichenschlaf des Tages. Das war immer dann gewesen wenn düster melankolische Wolken über seiner Seele aufgezogen waren und er ein ausgiebiges Bad im Meer des Selbstmitleides genommen hatte. Von diesen Tagen hatte es nicht gerade wenige gegeben, wenn sie auch in der Vergangenheit häufiger gewesen waren.
Aber seit seiner Zeit mit dem stolzem und starkem Tzimiscen war es besser geworden. Eine Welle von Traurigkeit spülte wie eine schwarze Flut in seinem Innerem an die Ufer seiner Gedanken. Sein Bruder, Lurker würde morgen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr grausiges Ende in den Pranken einer Horde Werwölfe finden. Es würde Dimitri sicherlich sehr verletzen das er nicht da sein konnte um mit ihm zu kämpfen. Der Nosferatu wusste das sein Bruder ohne eine Sekunde zu zögern mit ihm in den endgültigen Tod gegangen wäre.
Er straffte seine verkrümmte Gestalt und beschloss das er im Geiste dieses Beispiels gehen würde. Sein Bruder sollte stolz auf ihn sein können.

Als er hinaus trat auf die Regennassen Straßen huschte ein bitteres Lächeln über seine zertrümmerten Züge. Das Wetter zumindest ließ ihn nicht im Stich und präsentierte eine angemessene Trauerkulisse für Lurkers Abgang. Die Nacht weinte um eines ihrer Kinder, so schien es.
Der Nosferatu schlenderte los, in die Dunkelheit hinaus. Es war bemerkenswert, so Intensiv wie heute Abend hatte er die Stadt lange nicht wahrgenommen. Die dunstigen Dampfwolken die aus den Kanälen aufstiegen, das prasseln von Regen auf nächtliche Fahrradfahrer die sich in den Schutz ihrer Regenmäntel kauerten, Hundegebell, Hupen, das schnappende Klicken von Türen an Lieferwagen, das rollende Dröhnen wenn die Türen und Rampen der Lieferfahrzeuge auffuhren und das dumpfe, schwere atmen der Menschen die ihre Güter verluden.
Das war sein Viertel. Er beobachtete einen Dealer der kleine Tütchen, scheinheiligen Trostes in den Armen der gütig grausamen Mutter Heroin verkaufte, die dich wärmen und umsorgen würde, während sie dir das Leben aus dem Mark saugte.

Er würde in dieser Nacht nicht in die Bibliothek gehen. Diese Nacht war für seinen letzten Spaziergang reserviert. Anschließend würde er die finale Beichte ablegen. Alle seine Geheimnisse würden in dieser Nacht an seine Tochter übergehen. Nicht irgendwelches Wissen mit dem die Verborgenen handelten, das stand alles in ihrem riesigem Archiv. Es ging um all die persönlichen Dinge die er mit sich herum trug. Es durfte nichts verloren gehen davon, es musste überdauern, Ewigkeit werden.

Er stieg eine Kellertreppe hinab und öffnete eine verzogene, schwere Metalltüre die ein Mensch niemals hätte öffnen können. Nachdem er diese Pforte in die erste Ebene der Unterwelt hinter sich wieder fest verschlossen hatte, wanderte er seine Pfade weiter hinab, tief in den Schlund der Unterirdischen Katakomben. Nach einem ausgiebigem Fußmarsch würde er in Strays Refugium ankommen.
 
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Das kleine Gewölbe abseites aller unterirdischen Wege lag in vollkommener Dunkelheit. Seit Jahrzehten hatte kein Sterblicher mehr einen Fuss hieher gesetzt und so sollte es auch bleiben. Dies war das neue Heim Jenny Färbers und das hieß, das jeglicher Fremde einen wagemutigen Besuch hier unten bitter bereuen würde.

Die Caitiff hatte sich soeben aus ihrem kleinen Erdloch erhoben und verspürte wie in fast jeder frühen Nacht einen kaum zu stillenden Hunger. Allerdings war es jetzt nicht an der Zeit zu jagen, heute wollte Lurker mit ihr sprechen und die unverholene Dramatik in seiner Stimme hatte unmißverständlich verdeutlicht, das ihm das Gespräch außerordentlich wichtig war.

Noch vollkommen unbekleidet stapfte Jenny zu ihrem Getthoblaster und schaltete ihn ein. Ein kleiner Silberling der Band Disturbed gab den Inhalt der Scheibe 'Believe' zum Besten. Mit Rücksicht auf Lurkers baldiges Erscheinen drehte sie den Regler ausnahmsweise aber nur bis zur Sieben.
Mit ihrer Laune stand es zwar nicht zum Besten, aber trotzdem sang sie lauthals die Strophen von 'Getting down with sickness' mit.
Wie passend!

"Can you feel that?
Oh shit!

Ooh, ah ah ah ah!
Ooh, ah ah ah ah!
Ooh, ooh
Ooh, ooh
Ooh, ooh

Drowning deep in my sea of loathing
Broken your servant I kneel
Will you give it to me?
It seems what's left of my human side
Is slowly changing ... in me!
Will you give it to me?

Looking at my own reflection
When suddenly it changes
Violently it changes oh no
There is no turning back now
You've woken up the demon ... in me!

3x Get up, come on get down with the sickness
Open up your hate, and let it flow into me
Get up, come on get down with the sickness
You mother get up
Come on, get down with the sickness
You fucker get up
Come on, get down with the sickness
Madness is the gift, that has been given to me..."

Dabei zog sie sich langsam an.
Sie hatte das outfit gewählt in dem sie damals hier in der Stadt angekommen war. Eine enge Hose aus schwerem dunkelgewetztem Leder, ein hautenges schwarzes Shirt und eine ebenso gefärbte dicke Lederjacke der man ihr unzähligen Jahre auf den ersten Blick ansah. Nicht unbedingt die erste Wahl wenn es um den Schutz des Körpers ging, aber die Klamotten flößten Jenny eine gewisse Sicherheit ein.
Die hohen Schnallenstiefel folgten und rundeten zusammen mir einem silbernen Gürtel das Outfit ab.
 
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Es pochte leise, als der Nosferatu mit seinen Fingerknöcheln gegen eines der Fenster pochte. Eigentlich war es nur der Rest eines Fensters, blind vor Staub und vor langer Zeit zerbrochen, so das nur noch eine scharfe Scherbe übrig war, wie ein einzelner Zahn im Mund eines Greises. dann hatte er den kleinen Laden auch schon umrundet und trat in den Türrahmen. Er trug seine Kapuze nicht, er war hier Zuhause, daher konnte Jenny ein mildes, leicht trauriges Lächeln sehen das Lurker zur Schau trug. Kurz musterte er die Kleine, sie war eigentlich viel hübscher als sie sich gab. Aber dort wo sie sich bewegte war diese Kleidung eine nötige Tarnung. Außerdem viel es ihr leichter rebellisch zu sein wenn sie entsprechend gekleidet war. Das sanfte Lächeln sprang aus dem alptraumhaftem Gesicht des Nosferatu über bis in seine Augen. Dort wo sich sonst nur ein antiseptischer Glanz auf der trüben Oberfläche der Pupillen zeigte schimmerte Wärme. Wer ihn kannte wäre darüber aber nicht erstaunt.

Guten Abend. Was ist passiert ? Hat sich dein Gehör regeneriert ?

Er deute mit seinem Kinn auf die Musikanlage, als er auf die verminderte Lautstärke anspielte. Seine Stimme klang wie eine heiser lispelnde Krähe die gut gemeinten Spott ausschüttete.
Scheinbar wollte er ein wenig Konversation betreiben bevor er sein Anliegen vortrug. Lurker war schließlich ebenso altmodisch wie kauzig.
 
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"Hey Lurk! Nee! Ich dachte nur du magst es nicht, wenn ich sie so laut drehe...?"

Anscheinend hatte sich die Caitiff nach dem Anziehen doch noch dazu entschieden sich schnell die Haare zu waschen, denn als sie in das Blickfeld des Nosferatu trat, wuschelte sie sich grade mit einem großen Handtuch die Haare trocken. Vielleicht war dies sogar der Grund für Lurkers Verwunderung, der wilde Wuschelkopf stand ihr irgendwie großartig und betonte die Weiblichkeit in dem sonst eher burschikosen Gesicht.

Sichtlich erfreut über ihren Besuch konnte sich die Anarche ein breites Grinsen nicht verkneifen.

"Setz dich schon mal irgendwo hin, ich bin sofort so weit!"

Sie verschwand im Kiosk aus dem fast zeitgleicht ein riesiger, schwarzer Rottweiler getrottet kam. Gähnend sah dieser sich kurz um und als er dabei den neuen Besucher erkannte, wedelte er vergnügt mit dem Schwanz und trabte nun, in der Hoffnung auf ein paar zusätzliche Streicheleinheiten, auf Lurker zu.
Irgendwie schien der Hund seit dem letzten Mal gewachsen zu sein.
Oder war er tatsächlich immer schon so riesig gewesen?

Aus dem Inneren des Kiosks drang erneut Jennys Stimme.

"Hans hat dich vermisst, klopf ihm zwei drei Mal auf den Kopf, dann freut er sich!"
 
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Der Platz auf der Theke des kleinen Ladens hatte sich zu Lurkers Lieblings Sitzgelegenheit gemausert. Mit einem Schwung, der bei einem weniger verkrüppeltem Wesen sicherlich elegant ausgesehen hätte, nahm er Platz und begann mit seinen langen Fingern den riesigen Schädel des Hundes an beiden Seiten zu kraulen. Dabei bemerkte er das er mit seinen Fingern kaum noch um den ganzen Schädel des Tieres herum kam. Womit fütterte Stray dieses Tier ? Ochsen ? Das Tier hockte auf seinem kolossalem Hinterteil und reckte seinen Hals so weit es ihm möglich war, damit der Nosferatu auch überall hin kam. Dann machte Hans eine ungelenke Bewegung mit einer seiner Hinterbeine in Richtung seines Ohres. Lurker begann ausgiebig hinter dem betroffenen Ohr zu schrubben und zu kratzen.
Auch diesen Freund würde er wohl ab morgen Nacht missen müssen. Er spürte einen ansteigenden Wirbel von Hitze in der Höhe seiner Nasenwurzel, als sich dort Tränen sammeln wollten. Leicht verärgert wischte er die Gefühlswallung beiseite. Dafür war nicht die richtige Zeit.

Sagen wir mal deine lieblings Lautstärke führt die Idee eines Verstecks ad absurdum. Irgendwann wird dich mal jemand in deiner Zuflucht eiskalt erwischen wegen dem Kram.

Es steckte durchaus ein Funken echter Sorge in diesem eher sarkastischem Kommentar, aber im Grunde war es nur ein altes Spiel zwischen ihnen. Eltern beschwerten sich nun einmal über Art und Lautstärke der Musik ihrer Kinder. Ein Stück Normalität im Kreise von Familie blutsaugende, untote Monster.
Er wartete bis seine Kleine fertig war ihn in seiner Nähre Platz genommen hatte.
 
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"Wenn es jemand bis hierher schafft, stimmt doch eh was nicht mit ihm! Und das bedeutet, dass er mich früher oder später auch so gefunden hätte. Na ja und da zeig ich dem doch am Besten gleich das ich keine Angst vor ihm habe und gleich danach dann warum...."

Ein freches Grinsen trat auf die Lippen der Caitiff, das es durchaus einige Dinge gab, vor denen auch sie sich eigentlich irgendwie fürchten sollte, würde sie niemals verstehen. Ihr fehlte die Angst vor dem Tod und darin lag auch das Hauptproblem, egal wie gut es grade auch für sie laufen sollte, das endgültige Ende war für sie mehr Segen als Fluch.
Leider hatte sie bis heute nur ein einziges Wesen gefunden das es hatte mit ihr aufnehmen konnte. Und selbst den hatte sie überlebt.

Trotzdem gehorchte sie auf den unausgesprochenen Befehl des Ziehvaters und schaltete die Musik vollständig aus. Manchmal brauchte es keine direkten Worte.

"Du wolltest mit mir reden Lurk!? Muss ich mir Sorgen machen?"

Es war klar zu herauszuhören das sie nicht sich selber meinte.
 
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Strays großspurige Art hatte eine direkte Naivität an sich, die Lurker immer Schmunzeln ließ. Er hätte ihr gerne noch die eine oder andere Lektion angedeihen lassen. Er war, obwohl er durchaus wehrhaft war und einige Runden Übung bekommen hatte, nicht unbedingt der größte Kämpfer der Stadt. Aber das musste er auch gar nicht sein, denn es reichte das er mit seinem speziellen Talenten einfach hinter seinem Gegner auftauchen um diesem mit einem einzigem, finalem Stoß ausschalten konnte. Dagegen half kein noch so großes Talent im offenem Kampf, sondern nur ein gutes Versteck. Was man nicht finden konnte, konnte man nicht besiegen. Matte Traurigkeit erfüllte seine toten Glieder bei dem Gedanken daran das er ihr nicht mehr alles beibringen konnte und das sie es ab jetzt ohne ihn schaffen musste. Etwas wie ein Seufzen oder ein schwermütiges ausatmen wären jetzt angebracht gewesen, aber die Geste blieb aus. Wie sollte er alle diese Dinge in nur eine einzige Nacht packen ?

Indem du aufhörst zu jammern und endlich anfängst ihr alles zu erzählen.

So wie du keine Angst vor Gerlish hattest ? Was nützen dir deine Fäuste gegen so einen Gegner ?

In seiner Stimme schwang besorgte Güte, was seinen Worten die Schärfe nahm. Jedem anderem hätte der Nosferatu sicherlich einen giftigen Kommentar wie ätzende Säure in so eine Wunde geträufelt, aber bei der Familie war ihm jede bosheit fremd.

Sorgen machen ? Später vielleicht. Im Augenblick ist das nutzlos. Wir sind hier weil du viele Dinge erfahren musst die ich mit mir herumtrage. Du wirst dir alles merken müssen, denn du darfst nichts davon aufschreiben oder sonst irgendwie speichern. Es darf alles nur dort oben drin sein und du musst es fest verschließen.

Einer seiner Spinnenbeinartigen Finger faltete sich auseinander und tippte sachte vor Jennys Stirn. Vielleicht ahnte sie jetzt schon was das hier wurde. Lurker gab alles weiter was er in sich trug, weil er mit seiner Vernichtung rechnete. Spätestens gleich, wenn er begann musste es ihr dämmern.

Ich würde dies alles an mein Kind weitergeben, wenn ich der Tradition folgen wollte. Ja, richtig, meinem Kind. Ich habe ein Junges gezeugt vor einigen Jahren. Es war keine erlaubte Zeugung, deswegen ist es gut das er nicht hier in der Stadt ist und niemand davon weiß, sonst würden die Irrsinnigen Cammarilla Sekten Gurus ihn aufgrund ihrer kruden Gesetze vernichten und mich gleich mit. Aber ich weiß nicht wo er ist, er hat sich von mir abgewandt. Ich glaube er hasst mich, weil ich ihm...nun...das alles angetan habe.

der Nosferatu hob seine Arme und deutete mit seinem Blick auf sich selbst herab um zu verdeutlichen das er sowohl ihren untoten Zustand im allgemeinen, als auch den missgebildeten der Nosferatu im speziellem meinte mit seiner Aussage.

Ich habe beschlossen ihn niemals zu suchen. Das bin ich ihm wohl schuldig. Sein Name ist Raphael. Raphael Canis. Er wurde seinerzeit von den Rosenzöglingen als Spielpüppchen in ihrem 'Cafe de trois' gehalten. Dort habe ich ihn das erste mal gesehen. Er hat mir später den Vorwurf gemacht das ich ihn nur gezeugt hätte um ihn zu bestrafen und weil ich seine Schönehit zerstören wollte, aber das ist nicht wahr. Die Wahrheit ist das ich völlig verrückt nach ihm war. Als Sklave musste er den Vampiren dort im Cafe servieren. Er erlitt einen Zusammenbruch und plötzlich floss sein Blut. Das war das heftigste und stärkste was ich jemals gekostet hatte. Ab diesem Tag schon habe ich ihn gewollt. Dabei gehörte er eigentlich meinem Bruder, zumindest bevor die Schnösel ihn uns weggenommen haben.

Jetzt begann die Sache irgendwie durcheinander zu geraten. Zuviele Dinge tanzten durcheinander. Rapahel, Brenda, Dimitri alle Dinge die sich ereignet hatten wollte er am liebsten gleichzeitig los werden. Sein Blick richtete sich auf einen fernen Punkt, als würde er von ihrem kleinem, vor Jahrzehnten verschollenem Kiosk aus direkt in die Vergangenheit starren. Er musste sich zusammenreißen. Unwirsch schüttelte er den Kopf um seine rasenden Gedanken zu klären. Er musste sie in eine Reihenfolge bringen, sonst würde Stray nichts verstehen können.

Entschuldige, es ist alles ein wenig wirr so. Ich versuche am Anfang zu beginnen. Bist du bereit ?

Er lächelte sein zu weit geschlitztes, brüchig gelbes Lächeln.
 
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Irgendwie war die ganze Geschichte hier seltsam.
Jenny kannte Lurker nun schon eine ganze Zeit, aber so merkwürdig hatte er sich noch nie benommen.
Beinahe hatte sie das Gefühl an seinem Totenbett zu sitzen und die letzten Anweisungen eines sterbenden entgegen zu nehmen. Aber eben nur beinahe, denn verlieren, aufgeben und sterben stand für die Caitiff nicht zur Debatte. Irgendwann würde sie selbst von einem stärkeren Gegner getötet werden und wie schon seit Jahren, sah sie dieser Nacht voller Vorfreude entgegen.
Für Lurker aber sah sie eigentlich eine lange zufriedene Zukunft voraus, denn er war der klügste und weiseste Mann den sie je getroffen hatte. Egal was auch immer geschehen würde, wenn es einen AUsweg gab würde Lurker ihn finden und wenn nicht dann würde eben Jenny eingreifen und Hängelippen verteilen müssen.
So einfach war das....

...eben nicht!
Ja Delilah! Delilah, dieses verdammte Weib hatte es nur mit einem Augenzwinkern geschafft, Jenny ihren eigenen Willen aufzuzwingen, sie hatte sie in ihrer Perversität tanzen lassen wie ein verkackte Marionette und anschließend auch noch gezwungen von ihrem verdammten Blut zu kosten. Dieses Dreckstück verdiente irgendwann noch einmal ganz gepflegt eine aufs Maul, leider aber hatte sie sich anscheinend verdrückt. Zorn kochte in der Caitiff hoch und färbte die Welt kurz in ein weiches Rosa.
Nur unter Mühen beruhigte sich Jenny wieder und nickte sich unbewußt selber zu. Dieser Punkt ging klar an ihren Vater.

So gut sie es eben vermochte konzentrierte sich die Anarche auf das was Lurker ihr sagen wollte, aber irgendwie verlor sie bereits nach wenigen Worten den Faden. Anscheinend hatte er ein Kind gezeugt. Eines das eigentlich ein Toreador hätte werden sollen, oder bekam sie da was in den falschen Hals? Und wer war der ominöse Bruder? Ein anderer Nosferatu?
Glücklicherweise schien es dem Nosferatu aufgefallen zu sein das er das Pferd von der falschen Seite her aufgezäumt hatte, denn er brach ab, sammelte sich und begann von vorn.

"Ja ich bin bereit, aber werd nicht sauer wenn ich manchmal nicht ganz mitkomme, ich.. ich bin nicht so klug!"
 
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Auf ihren Kommentar hin blitze kurz Ärger in ihm auf. Unwillig zog er seine Stirn in Falten. Dann beugte er sich hinüber zu ihr und legte ihr zwei seiner überlangen Finger unter das Kinn um ihren Kopf soweit zu heben das er ihr fest in die Augen sehen konnte.

Rede nicht so einen Unsinn. Du bist vielleicht nicht gebildet, aber du bist nicht dumm. Lass dir das niemals einreden. Der Unterschied ist ganz einfach. Irgendwann wirst du beschließen nicht mehr ungebildet zu sein und dann wirst du dieses kleine Problem beseitigen. Ein dummes Wesen würde zu diesem Punkt niemals kommen.

So etwas wollte er nicht hören. Immerhin hatte Stray in letzter Zeit durchaus Fortschritte gemacht, wenn sie sich auch immer noch ab und an zu kleinen Fehlern hinreißen ließ. Sie hatte nun mal Temperament, so wie Dimitri auch.
Er strich ihr einmal kurz durch die Haare und lehnte sich dann wieder zurück. Niemand sollte seine Kleine dumm nennen. Aber er musste seine Geschichte dringend ordnen, sonst konnte sich niemand alles merken. Ein roter Faden musste her, an dem man sich entlang hangeln konnte. Er würde einfach eine chronologische Reihenfolge wählen.

Es ist jetzt ziemlich genau Vier Jahre her das ich in diese Stadt kam. Es war Ende März. Ich war damals ein Anderer als heute. Mein Meister hatte sehr harte Methoden um mich in die 'richtigen Bahnen' zu lenken. Prügel waren noch das Harmloseste. Heute weiß ich, dass all dies nötig war um mir die notwendige Disziplin und Stärke für mein neues Unleben zu geben. Wenn man den Stahl des Verstandes nicht vernünftig härtet, dann bleibt er anfällig und spröde, so dass er bei Belastung zerbricht. Diese Stadt ist mein erster Auftrag den ich alleine übernommen hatte. Ich kam aus Prag und war erst wenige Jahre vorher losgesprochen worden. Man könnte sagen ich hatte gerade die Lehre beendet.

Er zwinkerte ihr Verschwörerisch zu. Nur zu gerne hätte er ihr von seinen jüngeren Jahren erzählt. Zwar war der Anfang sehr hart gewesen und es war keine sehr angenehme Geschichte, wie man den Willen und den Geist des Menschen der er einmal gewesen war zerbrochen hatte, aber es gab auch gute Dinge. Lurker als Nosferatu Küken an der Seite seiner Kameraden unter den Straßen von Prag. Allerdings würden Stray diese Geschichten hier in Finstertal nicht helfen. Darum hatte er beschlossen hier anzufangen.

Damals war ein Kind des Prinzen Hüter im Cafe de trois, ein eitler Pfau namens Greg Dumont, mit dem ich praktisch in der ersten Nacht schon aneinander geraten bin. Aber wen sollte das wundern. Damals waren noch zwei andere von uns hier in der Stadt. Mein alter Erstgeborener Reisser und ein Clansbruder namens Schleicher. Von ihm hatte ich so etwas wie einen ersten Auftrag bekommen. Wir erkundeten das Kloster von Finstertal, weil es da merkwürdige Gerüchte gab. Das Gemäuer sollte für die Geschicke der Stadt noch eine wichtige Rolle spielen. Ich hatte mich gerade erst einigermaßen in der Stadt zurecht gefunden als ich auf die Gangrel Meyye traf.

Seine Stimme klang jetzt gepresst und unterdrückte Wut köchelte in seinem Innerem. Die Verräterin, noch nie hatte er jemandem von dieser Sache erzählt. Er hatte es zu spät erfahren um es Dimitri noch zu berichten. Sein Bruder wäre sicherlich losgezogen und hätte dem verfluchtem Miststück alle Gliedmaßen ausgerissen. Er ballte eine Hand zu einer Faust mit einer Kraft die bei einem Menschen die Knöchel sicherlich schneeweiß hätten werden lassen, weil sie alles Blut herausgepresst hätte.

Du musst dich vor ihr unbedingt in Acht nehmen. Sie sieht aus wie ein junges Mädchen und sie gibt sich als hätte sie große Ideale und sei von höchster Moral. Aber sie ist nur ein egoistisches Biest, das mit dieser Scharade versucht Sympathien bei anderen zu wecken und sie für ihre Zwecke zu missbrauchen. Ich weiß nicht genau warum, vielleicht hat sie den Verstand verloren, aber sie paktiert mit den Wermonstern. Was ich dir jetzt erzähle weiß niemand außer ihr und ich. Es geschah knapp eine Woche nach meiner Ankunft. Ich war unterwegs im hiesigen Park, weil ich dort ermittelte. Eine übel zugerichtete Leiche war dort gefunden worden. Heute weiß ich das es eine Werbestie gewesen ist. Damals dachte ich noch das es mit dem Sabbat zu tun habe konnte. Zu dem komme ich aber später. Der Park, ich sah dort eben jene Meyye die mit einem Wolf dort spazieren ging. Natürlich war ich da schon alarmiert und bin ihnen gefolgt. Nachdem ich beobachten musste wie sich das Ding in seine Menschenform zurückverwandelte. Ich bin sofort geflohen, wahrscheinlich ein Fehler. Wäre ich doch einfach nur still hocken geblieben. Aber ich war noch nicht so bewandert in unserer Kunst wie heute. Sie entdeckten mich und griffen mich an. Dann hat sie mich gezwungen ihr Blut zu trinken und mich versklavt, so das ich ...

Eigentlich konnte die Stimme des Nosferatu nicht brechen, da ihm die Luft nicht wirklich ausgehen konnte. Dennoch versagte sie an dieser Stimme und riss ab. Der ganze Körper schien kraftlos und schwach zu sein. Er schämte sich zutiefst für diese Sache. Sie hatte ihn ausgenutzt und sich seine Hilfe erschlichen. Viel schlimmer war das sich das Gefühl der Zuneigung bis heute noch genauso echt anfühlte wie die wirkliche und echte Liebe die er empfunden hatte, obwohl es falsche, erschlichene Liebe war. Dadurch hatte er immer das Gefühl das er alle anderen ebenfalls verriet.

...so das ich geglaubt habe das ich sie Liebe...so wie ein Tochter.

Erst mit Abschluss dieses Satzes hob er den Blick und sah Stray in die Augen. Jetzt war es raus und dies war nur eine der vielen Enthüllungen die er in dieser Nacht an seine echte Tochter übergeben würde. Jetzt war es aber an der Zeit ihr eine kleine Pause zu geben, damit sie alles richtig sortieren und nachfragen konnte, wo es nötig wäre.
Außerdem musste er sie vielleicht davon abhalten gleich jetzt loszulaufen und die Gangrel an ihren Gedärmen durch die Stadt zu schleifen und mit ihren Zähnen hundertmal die Worte 'Ich soll Lurker nie wieder etwas antun' als Mosaik legen zu lassen.
 
AW: [27.04.08] Das Erbe

Bereits nach wenigen Minuten verloren Zeit und Raum an Bedeutung und Jennys Verstand verlor sich im Verlauf der langen Geschichte.
Voller ehrlichem Interesse sog sie jedes einzelne Wort in sich auf und führte damit ihre Sorgen bezüglich ihrer Dummheit ad absurdum.
Glücklicherweise war Lurker entgegen seiner eigenen Meinung ein ganz hervorragender Geschichtenerzähler und hatte in den wenigen Jahren seiner Ankunft in Finstertal mehr erlebt, als die meisten anderen. Außerdem waren seine Worte voll interessanter Neuigkeiten und verblüffenden Entwicklungen.
Seine Zusammenarbeit mit Schleicher, Meyyes schändliches Verhalten, der Sohn des Prinzen Greg Dumont, dazu das seltsame Rätsel in der Klosterruine und der schreckliche Gedanke wie sie selbst nur um ein Haar einem Blutsband zu Delilah entgangen war. Über ihr noch bestehendes Band zu Peter Crain wusste die Anarche glücklicherweise nichts, denn diese Tatsache hätte ihr Herz erst recht vor Panik verkrampfen lassen.

Als ihr Ziehvater endlich endete und Jenny das Gefühl hatte das die Pause lang genug war etwas zu sagen, antwortete sie zögerlich.

"Moah, das ist starker Tobak! Ich hatte einige Male mit Meyye zu tun und glaubte wirklich sie wäre ne Nette. Weißt du, sie hat mir gezeigt wie ich im Boden übertagen kann, ohne sie hätte ich das niemals so schnell hinbekommen. Allerdings weiß sie auch nicht wie gut wir beide uns verstehen."

Der Schock saß tief, das lies sich nicht leugnen. Jenny hätte der Gangrel eine Menge zugetraut, dies allerdings nicht. Niemals, aber so konnte man sich irren.

"Du hast mehrmals einen Bruder erwähnt. War das dieser Schleicher, oder dieser...." Sie versuchte angestrengt sich zu erinnern. "...dieser Reißer? Weißt schon, der der einst die colle Butze da unter dem Friedhof bewohnt hat!"
 
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Die vergangenen Jahre waren wie ein Schattenspiel seines geistigen Auges in Lurker vorbeigezogen. Flackernd und unruhig, wobei die wirklich heftigen Geschichten noch vor ihnen lagen. Das mochte in Anbetracht seiner vorangegangenen Geschichte über die heimtückische Gangrel erstaunlich erscheinen, aber so dramatisch die Geschichte der Versklavung für sein persönliches Schicksal auch war, sie hatte nicht die Tragweite die andere Dinge hatten. Die Geschichte von Zachariis Fluch, oder eben die von seinem Bruder.

Ja, wenn man sie über ihre hohen Moralvorstellungen salbadern hört, soll man am liebsten glauben das sie Gandhi was vorgemacht hätte, ich weiß. Aber was die Leute von sich erzählen zeigt dir immer nur was sie von sich selber denken. Nur in ihrem Handeln erkennst du was du über dein Gegenüber wissen musst. Du musst sehr vorsichtig sein. Wenn sie erfährt das du zu uns gehörst, wird sie versuchen dir zu schaden. Wie sich herausgestellt hat ist es schwierig sie zu verfolgen. Ich weiß nicht ob es an unserer.. 'Verbindung' lag,

er spieh das Wort angeekelt heraus, so als hätte sich beim Sprechen plötzlich Schnecken, Fliegenlarven und Kröten ihren Weg aus seinem innerem gesucht und kämen aus seinem Mund gekrabbelt.

oder ob ihre Sinne so tierhaft geworden sind das sie sensibler reagiert. Der Clan des Tieres hat seinen Namen nicht von ungefähr. Es wäre denkbar das sie bereits sehr animalisch entwickelt ist und das sie darum nicht mehr so stark auf unsere Talente unentdeckt zu bleiben reagiert. Ich habe sie vor ein paar Wochen zuletzt beobachtet. Sei also vorsichtig. Wir sind aneinander geraten und sie hat mich ziemlich überrascht. Wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, dann musst du unbedingt zuschlagen bevor sie es tut. Sie ist verdammt schnell, nicht so schnell wie der Sheriff, aber es reicht um unangenehm zu sein.

Nachdem Lurker ihr alles über die Gangrel berichtet hatte war dieses Kapitel endlich erledigt und er konnte zu dem kommen das sie auch bereits so gespannt erfragt hatte. Bei allen Schrecken die Finstertal heimgesucht hatten während dieses Fluches war dies eine angenehme Geschichte. Kurz wanderten Lurkers Gedanken wieder zurück und er suchte den richtigen Anfang. Ein unbestimmtes Lächeln schlich sich schließlich auf seine Züge und ließ ihn beinahe schelmisch wirken. Er gluckste zufrieden, denn dies war eine gute Geschichte.

Mein Bruder, ja. Es wird höchste Zeit das ich dir von ihm erzähle. Sein Name ist Dimitri, Dimitri von Nyrai. Was ich dir erzähle wird dich möglicherweise erschrecken, denn er und seine Familie gehören wohl in die Kategorie vor der sogar wir Monster uns fürchten. Nichts desto Trotz haben wir ein Verbindung die so stark ist wie die unsere. Er ist ein großer Mann und ich wäre nicht der, der ich heute bin, hätte Dimitri mich nicht befreit. Mein Bruder, ist der Mann, der in der dunkelsten Stunde dieser Stadt losgezogen ist und sich dem Kampf gestellt hat. Nur mit mir und ein paar wenigen Treuen. Mein Bruder ist ein Tzimisce. Ein Former, ein Unhold wie sie auch genannt werden. Ein Mitglied Drachen Clans.

Das Leuchten in seinen trüben Augen strafte den Schauder der einen überkommen mochte angesichts dieser Neuigkeit lügen. So wie Lurker von ihm sprach war dieser Dimitri scheinbar nicht der grauenvolle Schrecken den man sich vorstellte wenn man über seinen Clan sprach.

Er hatte sich ausgerechnet im Industriegebiet versteckt. Er konnte ja nicht wissen das dies Nosferatu Gebiet ist. Wenn ich heute daran zurückdenke wäre es ihm vielleicht auch egal oder sogar recht gewesen. Schließlich gibt es Gerüchte das wir im Osten mit seinem Clan paktieren.

Er zwinkert Stray übermütig zu. Ob das Bündnis zwischen den Clans nur eine Gruselgeschichte war, ob die Verborgenen die Former nur ausnutzten um an Informationen zu kommen, oder ob es tatsächlich existierte lag im Dunkel. Vielleicht stimmte nichts davon, vielleicht alles. Vielleicht waren die Grenzen auch so fließend das man gar nichts genaueres über den Status sagen konnte. Die Wahrheit war, wie so oft in der ewigen Nacht, immer das was den Nosferatu am nützlichsten erschien.

Ich drang in sein Versteck ein, ohne zu wissen wer oder was er eigentlich war und wir gerieten aneinander. Nimm dies also direkt als Warnung mit, einige Unholde sind in der Lage uns zu entdecken. Zunächst schlossen wir einen Waffenstillstand und wurden so etwas wie Geschäftspartner. Schon damals war ich an Sekten Politik nur interessiert wenn sie uns nützte. Aber er war ganz anders als man das aus den Schauermärchen kannte. Zumindest in einigen Dingen. In Anderen war er viel Schlimmer.

Er grinste sie übermütig an.

Er war sehr fürsorglich was seine Familie anging und er war ein richtiger Anführer. Nach kurzer Zeit schrumpfte die Distanz zwischen uns und wir wurden Freunde. Er war es mit dem ich das Geheimnis um den Fluch des Koldunen Zacharii auf der Spur war. Er war es mit dem ich am Rand des Sonnenaufganges geflohen war. Diese Geschichte hatte ich dir erst vor kurzem erzählt. Du kannst dir sicherlich denken das seine Sicht der Dinge....sagen wir mal eine andere war als ich sie von meinen Meistern eingetrichtert bekommen hatte. Wir jagten gemeinsam und kamen uns immer näher. Viele Gespräche haben wir geführt über den Sinn und Unsinn dem ich seinerzeit blind folgte, weil ich es als Gesetz akzeptiert hatte. Wir wurden eine Familie und er lehrte mich nicht nur einige Dinge in einem anderem Licht zu sehen... Bis zu jener Nacht in der er mich gelehrt hat was ich wirklich bin.

Blut war die Antwort auf alle Fragen. Das und die gnadenlose Ehrlichkeit mit der er in jener Nacht endlich, nach so vielen Jahrzehnten des Schmerzes und der Schuld, eingesehen hatte das er nicht wieder zurück konnte. Das die Menschen ihre Nahrung war und das sie nicht mehr zu ihnen gehörten.
Das war seine Geschichte und auch die seines Bruders.

Wir waren Blutsbrüder, allerdings im eigentlichen Wortsinne. Brüder, nicht durch Clan, durch Sekte oder Verwandschaft, sondern aus freiem Willen. Wir haben sehr viel miteinander erlebt. Seien es unsere Pläne gewesen die Unterwelt der Stadt zu übernehmen, oder diese eine Nacht, in der wir die Bude eines Zuhälters gestürmt haben, der dachte er könne sich an unserem Eigentum vergreifen. Aber natürlich haben wir auch viel geredet, wir haben alles geteilt, jede Angst und jede Freude. Ohne ihn hätte der Fluch der seinerzeit hier tobte uns alle ausgelöscht. Bei Reißer und Schleicher hat er es geschafft. Aber die Geschichte um den Fluch ist eine Andere, die ich dir gleich erzählen werde, das ist die Geschichte von Dimitri, meinem Bruder, bis wir in jener letzten Nacht Abschied. von einander nahmen. Ich weiß er ist noch irgendwo dort draußen. Ich weiß nicht ob wir uns jemals wiedersehen werden. Das ist auch unwichtig. Wichtig ist das, was wir miteinander erlebt haben.

Der Nosferatu war sehr leise geworden zum Ende hin. Er verbarg den Stich der Trauer den der Abschied hinterlassen hatte nicht. Er verriet ihr Andenken nicht dadurch das er ihre Trennung bedauerte. Er durfte nur nicht das Gute vergessen das sie erlebt hatten.
Wieder war die Zeit Stray Raum zum Nachdenken zu lassen, damit die Geschichte auf sie wirken konnte.
 
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Noch nie zuvor hatte Stray soviel Geduld und Konzentration aufgebracht wie in diesen Minuten. Normalerweise langweilte sie sich bereits nach kürzester Zeit zu Tode und selbst wenn sie sich wirklich angestrengt um die eigene Aufmerksamkeit bemühte, so gingen ihre Gedanken aller Gegenwehr zum Trotz doch sofort wieder auf Wanderschaft. Und damit nicht genug, auch ihr Körper hasste es wenn er nicht ständig in Bewegung war und in irgendeiner Form gefordert wurde.
Sicherlich war eben dies der Grund warum Jenny ständig bis zum Hals in Schwierigkeiten steckte. Sie riskierte lieber bei irgendeiner hirnrissigen Aktion ihr Leben, als untätig herumzusitzen und sich der schnöden Muße hinzugeben. Der größte Nachteil im Leben einer Powerfrau war die unbezähmbare Energie die sich immer wieder aufs Neue ein Bahn zu brechen suchte.

Hier jedoch lag die Sache aber ausnahmsweise mal ganz anders.
Lurker erzählte aus seiner Vergangenheit, beschrieb Wesen und Strukturen die ihr völlig fremd waren, Tzimisce zum Beispiel, kannte sie bestenfalls durch all die Schauergeschichten um diesen Zacharii, er entführte sie an Orte die sie selbst schon dutzende Male besucht hatte, ohne sich jedoch darüber bewußt zu sein, was sich in der Vergangenheit dort alles so zugetragen hatte.
Außerdem beleuchtete er Kainiten die die Anarche eigentlich einigermaßen zu kennen glaubte in einem Licht, das die junge Caitiff vor Staunen die Augenbrauen heben ließ.
Kurz, er entführte sie in eine Welt die Stray gebannt in Atem hielt und die sie mit jedem gesprochenen Wort förmlich in sich aufzusaugen schien.

Auch als Lurker seine künstlerische Pause einlegte sagte Jenny kein einziges Wort der Erwiderung. Irgendwie kam es ihr falsch vor den beinahe heiligen Monolog durch unnütze Worte zu entweihen, daher nutzte sie den Moment um sich eine Zigarette anzustecken.

Gebannt wartete sie dann, wie es wohl weiter gehen würde...
 
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Auch Lurkers Gedanken brauchten eine Weile um aus dem entfernten Reich das sich Vergangenheit reichte wieder zurück zu finden in das Hier und Jetzt. Nachdenklich sah er den blauen Rauch Schleiern hinterher die in der Luft hingen. Was wäre wohl ohne seinen Bruder aus ihm geworden ? Wäre er überhaupt noch in der Nacht ? Wahrscheinlich wäre er bereits viel früher von irgendeinem Bonzen in den Tod geschickt worden. Bei dem Gedanken an seinen wilden und starken Bruder spürte er wie in ihm Wut aufwallte. Wut auf jene die ihn loswerden wollten, indem sie ihn in das Herz des Feindeslandes entsandten. Sein Zorn peitschte seinen Überlebenswillen an. Irgendwann wollte er auf dem Dach der Kunstakademie stehen und seine Krallen in die Brust der Seneschall schlagen, um sie dann in die Tiefe zu stoßen, während er ihr Herz umklammert hielt, das sie dadurch Zentimeter weise aus einer sehr unschönen Wunde seinen Weg ans Mondlicht suchte. Heiß und dickflüssig wie siedendes Öl meinte er das Blut des Tzimiscen in seinen ausgedörrten Adern zu spüren, wie stets wenn er jene Geister von Gewalt und finsteren Trieben in sich beschwor. Seine Augen flackerten in gierigem Feuer. Seine Erinnerungen an Dimitri waren es die Rachegelüste in ihm weckten und seinen Überlebenswillen nährten.

Sollst du es schon wieder sein der mich rettet ? Selbst aus der Ferne ?

Sein Bruder war immer die Kraft in ihrer Familie gewesen. Lurker war die Besonnenheit, die Taktik und der Geist gewesen, doch der Tzimisce war das Herz. Er war es ihm schuldig zu kämpfen und alles zu versuchen. Erst wenn alles vergebens war, erst dann galt es einen aufrechten Tod zu sterben.

Wie pathetisch...vor allem für jemanden der schon Tod ist. Wenn du heil aus der Sache herauskommst, kannst du ja eine Abhandlung über epische Helden Reden für Untote schreiben, mit ein paar passenderen Worthülsen. Heldentod klingt ja soviel besser als Heldenuntod.

Vor unserer Trennung waren wir einige Zeit gemeinsam in Osteuropa auf Reisen. Wir haben unsere Familien besucht. Ich habe...unglaubliche Dinge gesehen. Schon mein Bruder war in der Lage einen ganzen Keller mit Menschen regelrecht auszukleiden. Sein Erzeuger hat für uns auf einer Harfe gespielt, deren Saiten nichts anderes waren als Sehnen. Das Ding war warm und man konnte sehen das Blut hindurch lief, durch ein feines Geäst aus Äderchen. Als er fertig gespielt hatte öffnete das Ding ein Auge und weinte... selbst uns... die wir keine Menschen mehr sind, fehlen die richtigen Worte um zu beschreiben was diese Wesen vom Drachenclan sind. Nicht einmal ich, der ich sie besucht habe und mit ihnen die Nächte teilte, kann es richtig verstehen oder erklären. Sie sind so unmenschlich wie nichts anderes das ich kenne und du weißt das unser eigener Familienkreis einige Perversitäten zu bieten hat.

Sein Grinsen war bar jeden Humors. Es war nichts belustigendes an diesen Dingen. Jenny hatte es vielleicht für ein kleines, obszönes Geheimnis gehalten das sie sich gerne Schmerzen zufügen ließ. Aber das war nichts gegen die Abgründe in die er geschaut hatte und er konnte nicht leugnen das er die Feste welche die Unholde gefeiert hatten nicht ebenso verstörend wie berauschend gefunden hatte. Das Monster in ihm suhlte sich in derartigen dunklen Gelüsten. Im Gegensatz zu vielen anderen Untoten kannte er es gut, dieses Ding. Er war es selbst und es war er. Unabhängig von seinem 'Zustand' war es schon immer da. Es lebte auch in jedem Menschen, seit Anbeginn der Zeit. Die frühen Menschen sprachen von Dämonen und Geistern, die Christen verleugneten es und hießen es Satan. Lurker hatte in den Spiegel geschaut und gesehen das der Teufel der ihm zuzwinkerte nichts abstraktes war das außerhalb seines Wesens existierte, sondern das dieses Ding genauso ein Teil von ihm war wie seine Fürsorge und Liebe. Jeder ist der Teufel.

Aber das sind Geschichten die nichts direkt mit der Stadt zu tun haben. Da diese aber heute für dich wichtiger sind, bleiben wir besser bei dem was sich hier zugetragen hat.

Dieses andere Thema war etwas für das Stray noch nicht bereit sein mochte. Insgeheim schämte sie sich noch für das was in ihr schlummerte, sonst hätte sie kein so großes Geheimnis aus ihren Leidenschaften gemacht. Er hoffte das sie irgendwann noch die Chance bekämen auch dieses Gespräch zu führen. Das sie lernte das das was sie für ihre dunkle Seite hielt, ihren bösen Zwilling oder wie immer auch sie es nannte, ein wichtiger Teil von ihr war. Doch die akuten Probleme verlangten ihren Tribut. Es blieb keine Zeit für feingeistiges und Philosophie.

Ich hatte ja schon angedeutet wie der Fluch über die Stadt kam. Irgendwie schlug er sich in allem wieder. Der Himmel verfinsterte sich und wurde grau wie Blei und es regnete. Jede Nacht. Zum Höhepunkt hin so stark das ich kaum noch die Unterirdischen Gänge nutzen konnte, weil alles überflutet war und man nichts mehr fand. Sonderbare Gestalten schlichen durch die Stadt, Wesen die aus dem Wasser kamen und selbst Wasser zu sein schienen. Ich habe sie selbst gesehen, aus der Ferne. Schemen in einem Vorhang aus Regen. Das waren keine Menschen. Die hatten zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr die Kraft mehr als nur zu torkeln. Seit dem ersten Tag des Fluches wurden sie nämlich immer schwächer. Der Fluch schien das Leben aus allem herauszusaugen. Sie wurden völlig Antriebslos und je mehr Zeit verrann, desto müder wurden sie, bis sie schließlich vor lauter Trägheit nichts mehr taten als sich zum http://www.blutschwerter.de/f71-kan...4-schattenspiele.html]zum Sterben hinzulegen. Wir erwachten mit grimmigem Durst aber das Blut der Menschen nährte uns immer weniger. Soviel wir auch soffen, es schien immer dünner und kraftloser zu werden. Viele von uns haben auf die unterschiedlichsten Arten zusammengearbeitet und am Ende beriet man sich und meinte eine Lösung gefunden zu haben. Damit bewaffnet sind wir dann ausgezogen und haben dem Geist des toten Koldunen der über die Stadt gekommen war den Garaus gemacht.

Lurker zog ein grimmiges Gesicht. Zumindest hatten sie gedacht das sie Zacharii vernichtet hätten. Die Erkenntnisse der letzten Nächte hatten deuteten leider anderes an. Aber immerhin war Stray jetzt gewappnet und wusste alles über ihren Gegner das es zu wissen gab.

Zum Abschluss der Geschichtete kam dann ein Justikar in die Stadt. Die Sache hatte natürlich jede Menge Staub aufgewirbelt. Diese Justikare sind so etwas wie die obersten Inquisitoren der Sekte. Mit ihrem bohrendem Blick starren sie dir direkt in deine Seele und versuchen dir deine Geheimnisse zu entreißen. Ich kann dich nur warnen vor diesen Kerlen. Sie haben mich verhört, aber sie konnten mir nichts beweisen und da ich Rückendeckung durch den Clan hatte mussten sie mich laufen lassen.

Das war das Ende der Geschichte um Zachariis Fluch.

Ich hoffe das dieses Wissen dir nutzt. Ich habe eine Menge Vampire in der Stadt hier kennengelernt. Viele sind vernichtet worden, so wie Chezmoi, der Malkavianer der so etwas wie mein Freund war. Andere verstecken, sind verschollen oder untergetaucht, so wie Melody. Oh, von der habe ich noch gar nichts erzählt. Sie ist in den letzten Tagen des Fluches gezeugt worden, von einem gewissen Wolf Grimhardt. Er sollte den Sabbat hier in der Stadt unterstützen, fand aber nur noch dessen Reste vor, woraufhin er floh. Ich nahm mich ihrer an, denn sie war natürlich zwischen den Welten geboren und ging mit ihr zur Cammarilla. Der damalige Seneschall, Kuragin, erkannte ihre Stärke und nahm sie tatsächlich in seinen eigenen Clan auf. Er übergab sie in die Obhut eines anderen Ventrue namens Ashton Price. Auch einer der auf der Strecke blieb und vernichtet wurde, aber zu diesem Zeitpunkt war ich nicht in der Stadt. Der Seneschall war der einzige vom Clan der Könige den ich jemals getroffen hatte, der anständig und eine aufrechte Person zu sein schien. Niemand, nicht einmal die Bonzen, sind einfach nur ihr Clan. Merkwürdig nicht wahr ? Schade das auch er ausgelöscht wurde.

Er lächelte bitter. Finstertal hatte eine Menge Vampire verschluckt, wie ein gieriger Schlund. Er fragte sich wie viele davon wohl auch verunglückt waren weil sie jemandem im Weg waren. So wie der Rosenzögling Gerlish.

Die letzten Ereignisse kennst du ja. Während des letzten großen Sabbat Überfalls war ich in der Heimat meines Meisters, aber du kannst Fabian Mahler dazu befragen, er war dabei. Selbstverständlich kannst du ihm nicht trauen, aber das kannst du sowieso niemandem. Es gibt noch etwas das du wissen musst, etwas das dich direkt und persönlich betrifft.

Lurker wandte sich Stray zu und gab ihr zunächst wieder Bedenkzeit, bevor er mit seiner letzten Geschichte anfangen wollte.
 
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Mittlerweile war auch das letzte noch verbliebene Gefühl für Zeit verloren gegangen. Es war nicht das erste Mal das Jenny und Lurker inmitten eines ihrer langen Gespräche vom nahenden Tag überrascht wurden und da bei beiden das Tier im Inneren eine gewisse Macht besaß, kam die damit zusammenhängende körperliche Schwäche stets schnell und mit aller Härte. Nicht selten fielen sie nebeneinander, eben dort wo sie saßen in die Tagesstarre und nur die tiefe der Erde schützte sie vor der gnadenlosen Rache der Sonne.
Jenny hasste den Morgen, der sie immer wieder aufs Neue daran erinnerte, dass sie nichts weiter war, als eine untote Mörderin, ein stinkender Zombie, der aus irgendeiner bösartigen Laune des Schicksals heraus, etwas zusätzliche kranke Zeit geschenkt wurde. Zeit die sie damit verbrachte, den Lebenden ihrer Energie zu berauben und sich an deren Leid zu laben.
Was nutzte einem all die Macht wenn man sie nur aufrechterhalten konnte, in dem man anderen die ihre nahm?
Sie hatte das alles soo satt!

Aber das war es nicht worum es im Augenblick ging.
Lurker hatte weiter von seinem überaus ereignisreichen Leben erzählt und auch im zweiten Teil hatte sie jedes gesprochene Wort förmlich verschlungen. Tausend Fragen tanzten in ihrem Kopf, vermischten sich dort aber zu einem undurchsichtigen Knäuel das es ihr unmöglich machte, sie in Worte zu fassen. Es würde Tage dauern sie alle zu ordnen und zu verarbeiten. Tage die sie und Lurker seiner Meinung nach nicht mehr hatten. Und genau das förderte einen wichtigen Punkt zu Tage, dem er nach allem was er erzählt hatte, nun nicht mehr entgehen konnte.
Du bist nicht dumm, höchstens ungebildet, hatte er gesagt. Nun gut, sie würde mal probieren ob das auch der Wahrheit entsprach.

"Dimitri war für dich wie ein Bruder. Ja sogar wie ein Bruder im Blute. Ein Teil deiner Familie, den du so sehr geliebt hast wie kaum jemand anderen...?"

Lurker würde zustimmen, er musste es und auch wenn er bereits jetzt ahnen sollte, wohin dieses Gespräch sich entwickeln sollte, so ließ ihm Jenny keine Möglichkeit auf Ausflüchte. Sie schien sehr entschlossen und nach dem langen Monolog standen ihr einige Worte der Klärung einfach zu.

"Er war dein Waffenbruder, dein starker Arm in der Gefahr. Dein Fels in der Brandung, der Mann der dir stets, bei jeder noch so großen Gefahr, den Rücken deckte. Der der so für dich gestorben wäre, wie du für ihn..."

Und auch hier blieb dem Nosferatu nur eine knappe Zustimmung, denn das er etwas anders dazu sagte ließ Jenny nicht zu. Noch nicht! Selbst Lurker dürfte die junge Frau niemals zuvor derartig entschlossen erlebt haben.

"Warum darf ich, der ich dich mehr liebe als mein Onkel Dimitri es je hätte tun können, warum darf ich dann nicht an deiner Seite streiten? Ich bin stärker als er!
Jetzt wo er fort ist haben wir doch nur noch einander und wenn du irgendwann nicht mehr bist, was soll ich dann noch hier? Lass mich dich beschützen Vater, lass mich mit dir sterben, lass mich für dich sterben!"
 
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Sie wusste das sie gewonnen hatte, lange bevor Lurker auch nur eine Silbe hervorbrachte. Der Schatten eines Schmunzeln lag in den grotesken Mundwinkeln des Nosferatu und verriet ihn. Niemand sonst wäre wohl in der Lage ihn argumentativ derartig in die Ecke zu drängen. Zumal Niemand schließlich so viel über ihn wusste. Aber so war das nun einmal, wenn man den Kindern beibrachte kritisch allem gegenüber zu sein, dann fingen sie meist bei den eigenen Eltern an. Trotzdem war er sichtlich stolz darauf das sie seine Aussage über ihre Intelligenz direkt bestätigte. Wenn sie nur wollte, und dazu brauchte es ein Ziel das ihr lohnenswert erschien, dann schaltete sie sogar blitzschnell. Er nickte.

Gut. Einverstanden.

Er konnte es ihr nicht länger verwehren. Seine eigene Erinnerung an seinen Bruder und ihre wilden Abenteuer, die er eben beschworen hatte, hingen noch zu deutlich in der Luft. Eigentlich hätte er ihr sagen müssen das sie nicht mit gehen konnte, weil sie eine Schutzbefohlene war. Sie war seine Tochter, nicht seine Schwester. Aber ihr Verweis auf den Tzimiscen wischte diese Argumente beiseite. Lurker musste daran denken wie sehr Dimitri sie mögen würde. Sie waren sich ähnlich, beide stolz und so mutig, beide jedoch so bedürftig nach Nähe und Bindung. Beide so stark. Dasselbe Feuer brannte in ihren Herzen.

Aber das wird keine Kampfmission und kein Attentat, sondern eine Erkundung. Wenn alles gut läuft, dann wird es keinen Kampf geben, hast du verstanden ? Wir können sie ohnehin nicht alle auf einmal töten und der Preis nur einen oder zwei von ihnen zu erwischen ist zu hoch.

Er hatte etwas verschwiegen gestern Abend, als er Stray mit dem Argument zurücklassen wollte das sie noch nicht so weit war sich sicher genug zu verbergen. Er würde einfach gut genug sein müssen für sie beide.
 
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Vor ehrlicher Überraschung fiel der Caitiff der Kinnladen runter.

...Super! Und wie ist jetzt dein Plan Kleines? Plan? Keine Ahnung, verdammt ich hätte nie gedacht das ich es überhaupt bis hierher schaffe...

Nun, das war natürlich nicht ganz richtig und auch wenn Jenny Lurkers Gedanken nicht lesen konnte, so gingen die ihren doch in eine ähnlichen Richtung.
Sie hatte immerhin in den vergangenen Stunden über nichts anderes nachgedacht, als über den morgigen Abend.
Da allerdings hatte sie noch angenommen, heimlich gegen Lurkers Wünsche handeln zu müssen.

"Kein Thema, du bist der Boss!
Ich will mitgehen damit dir nichts passiert, wenn ich mich prügeln wollte, wäre ich längst allein gegangen!
Also ich hab mir das so gedacht, du verschwindest wie gewohnt aus dem Blickfeld der Realität und ich hingegen mach das was ich am besten kann und werde zu jemand anderem. Ich dachte an irgend nen Penner der mit seinem Einkaufswagen ein wenig durch die Straßen humpelt. Abrunden könnte ich das Bild dadurch, dass ich meinen Körper das Leben kopieren lassen. So können wir aufeinander achten und gleichzeitig eine größere Fläche auskundschaften. Das merken die Viecher nie, glaub mir!"

Wie um sich selbst zu bestätigen nickte sie entschlossen.
Die Garou konnten ihre Maskierung tatsächlich nicht so ohne weiteres knacken, dass wusste sie, denn sie hatte es vor längerer Zeit schon mal getestet.
Aber das konnte sie Lurker nicht sagen, noch nicht denn der ganze Ärger den die Stadt jetzt hatte fusste ja darauf.
Und nun rächte sich das Schicksal und drehte die Ereignisse so, dass sie auf ihre Verursacher zurückschlugen.

Ich werde nicht erlauben das dir etwas passiert Vater, wenn sie dir auf die Schliche kommen sollten, ziehe ich die Aufmerksamkeit auf mich und türme, dann hast du freie Bahn. Ich renne schneller, springe höher und weiter als jedes nur erdenkliche sterbliche Wesen...

"Du wolltest aber noch etwas sagen das mich selbst betrifft!?"
 
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So waren sie also nun nicht mehr nur Vater und Tochter, sondern auch Kampfgefährten. Es war ein vertrautes und doch befremdliches Gefühl zur gleichen Zeit. Er würde sich wohl erst noch an den Gedanken gewöhnen müssen mit Stray Seite an Seite zu kämpfen. Wenn man allerdings bedachte wer ihr Gegner war, sollten sie sich besser wünschen das es nicht so weit kommen würde. Trotz seiner Zeit mit Dimitri im Osten, trotz seines Trainings und der durchaus wilden Schlachten bei denen er gelernt hatte sich seiner Haut zu wehren, war Lurker im Grunde seines Herzens kein begeisterter Kämpfer. Tatsächlich war eine Spionage Aktion eher genau sein Metier. Er hatte Erinnerungen an das Leben einer Person die nach den Irrungen und Wirrungen des großen Krieges im Nachkriegsdeutschland auf Reisen war, um im Auftrag der Regierung den okkulten Nazi Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Schon damals war das ein Gefühl gewesen als sei man ein Geheimagent.

Stray hatte sich scheinbar schon einen Plan zurechtgelegt. Das war interessant, wenn man ihre Persönlichkeit bedachte. Sie entwickelte normalerweise keine Pläne um sich vorzubereiten. Wenn sie einen Plan hatte, dann bedeutete das sie hatte sowieso vor ihn in die Tat um zu setzen. Die Augen des Nosferatu wurden schmal, aber er sagte kein Wort, sondern ließ nur eine tadelnde Falte auf seiner Stirn erscheinen, die Stray sagen mochte das er ihre konkreten Pläne verdächtig fand. Die Andeutung eines amüsierten, gutmütigen Schmunzelns nahm der Mahnung jedoch die Schärfe. Er ging nicht näher darauf ein. Vielleicht lernte Stray so am meisten.

Wir werden sehen wo genau uns unsere Aufgabe hinführt. Wenn es sich um eine sehr einsame Gegend handelt, oder wir sogar mitten im Wald landen, wird dir ein Mimikri wenig nützen. Aber das werde ich dann schon besorgen. Sieh nur zu das du unauffällige, aber bequeme und praktische Kleidung trägst.

Sollte es sie hinaus in die Wildnis verschlagen, würden sie einige Probleme bekommen. Aber nichts das sie nicht schaffen konnten. Lurker war nicht unbedingt ein Pfadfinder, aber er konnte durchaus zurecht kommen.
Nach diesem Intermezzo ging es dann also um das Ende von Lurkers Geschichte. Das letzte Kapitel war nicht nur chronologisch ein sinnvoller Abschluss seines Erbes, sondern passte auch thematisch gut und rundete den Abend ab. Schließlich schlug er nun den Bogen wieder zurück zum Anfang, denn es ging um Stray.

Der letzte Teil meiner Geschichte betrifft dich und das was du mir über Gerlish erzählt hast. Ich konnte meine Blutversklavung vor einiger Zeit lösen. Ob es daran lag das einiges Zeit vergangen lag, oder daran das sie mir leichtsinnigerweise davon erzählt hat ist ungewiss. Vermutlich war aber beides nötig. Ich hatte geplant dich von dieser Rose zu trennen, so das ihr euch über einen längeren Zeitraum nicht sehen konntet, aber ich musste einsehen das dies ein schwieriges Unterfangen wäre, so lange ihr euch in der selben Stadt aufhaltet. Auch hielt ich die Chancen für gering das ich sie so weit bekommen hätte das sie die den Bann von dir nimmt, indem sie dir beichtet was sie getan hat, so wie es bei mir war. Ich habe ihr einen Brief zukommen lassen, aber sie hat gar nicht reagiert. Wahrscheinlich wollte sie nichts mit uns Kanalratten zu tun haben.

Ein grausamer Schimmer schlich sich durch die Augen des Nosferatu und seine Züge verhärteten sich. Gleichzeitig lag aber auch etwas genießerisches in seinem Gesicht, eine merkwürdige Befriedigung. Es waren diese kurzen Augenblicke, in denen man den grausamen Schatten der hinter seiner Stirn herumschlich von Außen erahnen konnte, die deutlich machten das aus menschlicher Sicht etwas mit dem Nosferatu ganz und gar nicht stimmte.

Also blieb mir keine Wahl. Ich kann dir nicht genau sagen was mit ihr geschehen ist, weil ich es nicht weiß. Zu unserem eigenen Schutz habe ich darauf bestanden das uns nichts mitgeteilt wird, falls hier vor Ort jemand Ermittlungen anstellt und einer dieser Gedanken manipulierenden Rosenzöglingen in unsere Köpfe schaut. Es ist nur wichtig das du weißt das dieses Miststück keine Gefahr und kein Problem mehr für dich darstellt.

Onkel Lurker hatte sich um Strays Problem gekümmert. Es war schwer zu sagen ob Delilah vernichtet worden war, ob man sie merkwürdigen Monstern zum Fraß vorgeworfen hatte, oder ob sie von den Verborgenen ausgeblutet in das Fundament eines schicken, neuen Wolkenkratzers eingebaut worden war. Es war auch nicht wichtig. Wichtig war nur das er für seine Kleine sorgen konnte. Egal wer oder was sie jemals bedrohte, was sich ihm in den Weg stellen würde, er würde über Leichen gehen. Über jede Leiche die notwendig war um seine Familie zu schützen. Er schreckte vor gar nichts zurück und nichts würde Gnade finden vor dem kalten, mitleidlosen Glanz das seine Augen funkeln ließ wie ein völlig steriles Operationsmesser.

Das sind meine Geheimnisse Stray. Alles was ich mit mir rumtrage und das dir im Augenblick hier in der Stadt helfen kann. Bewahre sie gut und gib sie nur an deinen Schüler oder dein Kind weiter. Es gibt immer noch so viel mehr zu erzählen und ich hoffe inständig das wir dazu noch kommen werden. Ich übergebe dir mein Andenken Stray, als mein Kind.

Er war Feierlich und beinahe zeremoniell, aber er schenkte ihr all sein Wissen von Herzen. Sachte streichelte er ihr Gesicht, das völlig frei war vom Fluch ihrer Entstellung. Aber er sah nur die Nosferatu in ihr, er verurteilte sie nicht wegen ihres andersartigem Äußeren. Sie gehörte zu ihm, auch wenn sie aussah wie die Anderen, die nicht zu ihrem Blut gehörten.
 
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Es war doch erstaunlich wie gut Lurker sie inzwischen kannte.
Seiner Stirnfalte nach zu urteilen, hatte er also bemerkt dass sich Jenny bereits seit längerem mit dem morgigen Abend beschäftigte. Hätte er zudem gewusst, was die Caitiff darüber hinaus noch alles ausgeheckt hatte, wäre die Falte sicherlich noch auf Handbreite angewachsen. Und sicherlich hätte es auch den wohlwollenden Blick aus seinen Augen vertrieben, denn das was Jenny in Wirklichkeit vor hatte, war mehr als riskant.
Der Nosferatu wäre außer sich…

Und genau da lag sein Problem, so gut er mit dem Wesen seiner Tochter auch vertraut war, er verschloss trotzig vor einigen wirklich wichtigen Fakten die Augen. Die Anarche hatte ihren eigenen Kopf und war fest entschlossen ihn zumindest noch in der morgigen Nacht entsprechend durchzusetzen.

Lurker war der Künstler, nein sogar ein Meister des Verborgenen, geboren für die Spionage!
Sie hingegen war eine Kämpfernatur, eine Meisterin der Täuschung und der schnellen Flucht. Wie geschaffen dafür, ein paar wild gewordene Wölfe, auf der Jagd nach ihr, durch die endlosen Schluchten der halben Stadt hetzen zu lassen.
Niemand rannte schneller, sprang weiter und kannte die verworrenen Straßenverläufe besser als Jenny Färber. Sollte es trotzdem irgendwann zu haarig werden, könnte sie einfach ihr Aussehen verändern, sich in den Schatten verbergen, oder notfalls unter, ja sogar in der Erde, verschwinden.
Außerdem verstand sie sich darauf zu kämpfen und war überzeugt wenigstens eines dieser Dinger einigermaßen Problemlos erledigen zu können.

In erster Linie ging es natürlich um Lurkers Sicherheit und den Erfolg seiner Arbeit. Hierzu musste ihm jemand den Rücken frei halten und in gleichem Maße den Weg ebnen. Sollte der Plan aufgehen, hätte er von beidem mehr als genug und könnte vielleicht einige wichtige Erkenntnisse sammeln, die es der Stadt und damit besonders Enio ermöglichen könnten, sich wirkungsvoll zu verteidigen.

Dann wurde Lurker plötzlich sehr gefühlsbetont und bezog sich auf dieses Miststück Delilah Gerlish und ihre Beziehung zu seiner neuen Ziehtochter. Es gab Zeiten da hatte Jenny tatsächlich eine gewisse Bindung zu der Toreador aufgebaut, doch mittlerweile hatte sich diese wieder in den tiefgründigen Hass umgewandelt, mit dem die Caitiff alle oberen Clans bedachte. Die Anspielungen des Nosferatu, der ehemaligen Hüterin könne etwas gewaltsames zugestoßen sein, nahm sie mit einem gleichgültigen Schulterzucken.
Es geschah der Göre nur recht, denn viel schlimmer als das gewaltsame Blutsband ihr gegenüber, war die Erinnerung an den Angriff auf ihr Hirn selbst! Delilah hatte sie gezwungen Dinge zu tun die sie nicht wollte, hatte sie versklavt, und dabei genußvoll ihren Geist vergewaltigt.
Allein dafür hasste Jenny die Toreador schon aus tiefster Seele!

Die Art und Weise wie dieses Flittchen allerdings inzwischen vom Erdboden vertilgt wurde, war mehr als interessant.

„Sag Vater hast Dimitris Leute dazu benutzt, ...ich meine hast du den Sabbat kontaktiert um sie verschwinden zu lassen? Du sagst du wüsstest nicht was ihr widerfahren ist, also hast du Fremde beauftragt?“

Jenny war aufrichtig neugierig, wollte aber Lurkers weitere Ausführungen nicht stören, daher schwieg sie daraufhin wieder und hörte zu. Anscheinend eine sehr gute Idee, denn zu ersten Mal seit sie sich kannten, nannte er sie eine Tochter und zum ersten Mal seit über zehn Jahren weinte Jenny Tränen des Glücks.
 
AW: [27.04.08] Das Erbe

Er ließ ihr einige Momente, damit sie sich wieder sammeln konnte. Der Nosferatu war sehr zufrieden, denn Stray schien sich der Bedeutsamkeit des Augenblicks bewusst und teilte sie mit ihm.
Jenny war sein blinder Fleck, das war wohl mehr als wahr. Andere mochten ihr Gesellschaftszersetzende Tendenzen vorwerfen und sie das wandelnde Chaos nennen, Lurker würde nur milde mit den Achseln zucken und antworten das sie nun mal ein wenig wild wäre. Er legte aber auch gänzlich andere Maßstäbe an.

Fremde ist nicht das richtige Wort. Niemanden aus der Stadt, das sollte dir genügen. Ob diejenigen zum Sabbat gehörten oder nicht ist nicht nur unwichtig, sondern auch immer schwer zu sagen.

Er kicherte ein schabendes Lachen das klang als würde man mit einer alten Drahtbürste auf einem Knochen herum arbeiten um letzte Reste von Mark zu entfernen.
Wie sollte er so etwas auch beantworten ? Die meist gestellte Frage unter den Nosferatu in mitten des Krieges zwischen den Sekten war wohl 'auf welcher Seite sind wir gerade ?'. Die Antwort lautete stets 'auf Unserer'.
 
AW: [27.04.08] Das Erbe

Jenny hatte eigentlich gehofft, über Lurker noch etwas mehr über den Sabbat zu erfahren, denn außer einigen Gruselgeschichten wusste sie ja beinahe nichts über die Sekte, aber es sollte wohl grade nicht sein. War auch nicht weiter wichtig, denn die Caitiff verstand sehr wohl wen Lurker um Hilfe angerufen hatte und Geschichten zu erzählen gehörte ja zudem zu ihrer beiden Lieblingsbeschäftigung.
Es war berauschend wie gut die Familie weltweit zusammenarbeitete. Von einer derartigen Loyalität konnten sich, die Malkavianer vielleicht mal ausgenommen, alle anderen Clans eine große Scheibe abschneiden.

Ihr Gedanken wanderten wieder in die morgige Nacht.

"Dann machen wir es so? Ich verändere mich vorerst nur zu nem normalen Durchschnittspenner und taste mich mit dir zusammen solange nach Süden vor, bis die Tarnung Gefahr läuft unglaubwürdig zu werden. Sollte es dann also nötig sein, verschwinde ich dann ebenfalls von der Bildfläche, halte mich aber im Hintergrund damit ich die Aktion nicht gefährde. Du schleichst alleine weiter voran, aber während der gesamten Aktion verlieren wir uns trotzdem nicht aus den Augen, dass ist der Deal! Right?"

Soweit so gut, klang als könnte es funktionieren.
 
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