[2008] Offene Enden

"Gut - aber ich glaube nicht, dass ich das muss."

Anlegen wollte sie sich aich nicht, aber es konnte durchaus sein, dass Moishe Süppchen kochte, welche ihr überhaupt nicht schmeckten. Vor allem, was die Situation mit den Clanlosen angeht. Immerhin war der Sheriff ein eher konservatives Mitglied des Clans der Könige. Vermutlich hättest du keine Chance, wenn er dich wirklich ersthaft einlullen möchte. Wenn jedoch alles nach Plan lief, sollte Ricco dem älteren Vampir nicht besonders auffallen. Außer du... Marta wusste nicht, ob ihr der Gedankengang zu einhundert Prozent gefiel.

"Hast du in der Familie oder so jemanden, der dir deswegen Ärger machen könnte?"

Eine unschuldige Frage, die offen ließ, ob es dabei um Geschäftsmänner oder Waffenfabriken ging. Vermutlich aber um beides.
 
"Ich habe niemanden mehr, meine Eltern und meine Schwester sind vor 2 Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen, von daher sind da nur noch grosseltern, aber die sind in italien, die habe ich schon 10 Jahre nicht mehr gesehen", antwortete Ricco. "Wie sieht es mit deiner Familie aus.
 
"Oh... tut mir leid."

Da war sie wohl mit viel Schwung ins Fettnäüfchen gehüpft. Was aber wohl kaum vermeidbar blieb, bedachte man ihre Pläne. Dann bist du also auch alleine... und unangebunden...

"Meine Mutter ist schon seit Jahren nicht mehr am Leben und Geschwister habe ich keine..."

Marta hatte sich schon gefragt, wie ihr Vater überhaupt ein Kind zustande bekommen hatte. Leider war die Ähnlichkeit nicht zu übersehen, eine Tatsache, die ihr äußerst missfiel. Zumindest als er noch jung war. Der Alkohol hatte natürlich seinen Tribut gezollt.

"... verbleiben noch Großeltern und eine Tante, mit denen ich aber nicht so viel Kontakt habe."

Gut so, wenn man ihren... Zustand bedachte. Besser als 'vermisst' zu sein. Auf den ersten Blick klang das nicht so schlecht - nur dass das plötzliche Wiederauftauchen 'vermisster' Personen eher mehr Fragen aufwarf.
 
"Es ändert sich ja nichts daran, wenn man keine Verwandtschaft mehr hat, dann muss man eben ohne durchs Leben kommen", meinte Ricco. "Man kann da nur froh sein, daß man wenigstens volljährig war."

Das er es nicht ganz so locker nahm, wie er sich gab, war am Tonfall zu hören.

"Aber dir geht es schließlich auch nicht anders, da muss ich dir nicht viel sagen."
 
Marta nickte bloß und nahm seine Hand, sanft, aber doh irgendwie bestimmt. Außer dass ich eben nicht volljährig war. Doch mal im Ernst: Darauf kam es dann auch nicht mehr an.

"Bisher bin ich ganz gut zurecht gekommen. Und du scheinbar auch."

Man suchte sich eben ein anderes Umfeld, dass man sich sogar selbst aussuchen konnte. Meistens zumindest. Außer man gerät in die Fänge von blutsaugenden Monstern. Eine weitere Gemeinsamkeit, außer dass es für Ricco noch einen Weg nach draußen gab. Wenn er das denn wollte.

"Da muss man halt, wenn man das möchte, selbst eine Familie gründen."

Dem Tonfall nach war das allerdings nichts, was Marta in absehbarer Zeit plante.
 
"Ich auch und ich denke, wenn wir uns hin und wieder den Halt geben, der uns fehlt, können wir damit auch gut zurecht kommen", war seine Antwort, so ganz hatte er wohl auch noch nicht vor etwas festes zu suchen.

"Irgendwann ist das mit dem Familie planen schon richtig, aber es muss doch nicht gleich sein."
 
"Ich glaube nicht, dass ich dafür gemacht bin. Haus, Ehe, Kinder und so..."

Gerade das letzte wäre wohl ein schneller Weg in ein zeitiges Grab. Wenn sich denn jemand Mühe macht, Vampire zu begraben. Austesten wollte sie es zumindest nicht. Die Zeit ist noch nicht reif. Doch Zeiten änderten sich. Und sie hatte Zeit. Und das Blut der Clans wurde dünner.
 
Von den Gedanken hatte Ricco keine Vorstellung und für ihn waren Kinder auch etwas anderes als für Marta, doch was spielte das für eine Rolle, soweit gingen seine Gedanken sowieso noch nicht.

"Das kannst du vermutlich heute noch nicht so sagen, wer weiss, wie du in 10 Jahren über sowas denkst", meinte er dann.
 
"In zehn Jahren... denke ich vermutlich, dass ich zu alt dafür bin."

Sie lachte und konzentrierte sich zunächst darauf, dass die nächste Gabel auch zielgenau zwischen den roten Lippen ankam. Da Marta generell in kleinen Happen aß, beschäftigte sie da allerdings nur kurz.

"Aber erstmal ist die Gegenwart wichtig: Ich habe endlich eine vernünftige Wohnung gefunden. Wenn du willst..."

Ein betont süßes Lächeln erschien in ihrem Gesicht.

"... kannst du mir ja bei der Einrichtung helfen."
 
"Das ist ja toll, da helfe ich dir gerne, wo hast du die denn gefunden und was muss alles gemacht werden?" fragte Ricco.

"Wenn du jetzt hierbleibst, solltest du es dir auch richtig schön machen."
 
"Das habe ich vor. Die Wohung ist in der Nähe vom Freibad. Rosenstraße 3, wenn du damit etwas anfangen kannst."

Tatsächlich besaß Marta schon eine kleine Unterkunft im Osten Finstertals, doch das musste niemand wissen. Immerhin war diese bloß als Ausweichzuflucht gedacht. Klein, schäbig und in einer schlechten Gegend - aber wenigstens billig und unscheinbar. Es war allerdings Zeit für eine Wohnung, die den Namen auch verdiente.

"Und keine Angst, da ist nicht viel mit Kisten schleppen. Ich denke ich werde die meisten Möbel anliefern lassen. Dann sollte eben bloß auch jemand da sein."

Natürlich dürfte er da als Student Vorteile haben, ganz vom Sonnenlicht abgesehen.
 
"Sicher und ich kann dir auch helfen, die Schränke und ähnliches aufzubauen", sagte Ricco. "Die Rosenstraße kenne ich, sollte kein grosses Problem sein. Ab wann hast du die Wohnung denn?"
 
"Ende des Monats, die Möbel kommen aber teilweise etwas später."

Die genaue Einrichtung blieb allerdings schwierig, vor allem was das Schlafzimmer anging. Immerhin verhielten sich ihre Ansprüche genau entgegengesetzt zu dem, was am allgemeinhin als normal ansah. Diesen Teil musste sie also selbst erledigen. Außer du beschleunigst deine Pläne... Der Gedanke gefiel ihr immer besser.

"Bis ich dann auch wirklich einziehen kann, sind es aber noch ein paar Wochen."

Wollen wir dann noch wo hin? Wohlschmeckend wie es auch war, das Essen hier blieb für sie eben unverdaulich.
 
"Hauptsache, du hast eine Wohnung, der Rest ist dann nicht mehr so schlimm, ich weiss noch wie ich mich gefreut habe und dann die erste Zeit nur eine Luftmatratze und einen Fernseher hatte, weil das mit den Möbeln noch länger gedauert hat", meinte Ricco. "Muss auch noch was gestrichen werden oder so?"

Er hätte auch nichts dagegen, sich da gleich umzuschauen.
 
"Einfach bloß irgendeine Wohnung ist ja im Moment nicht schwierig. Aber so bald man höhere Ansprüche stellt, sieht das schon anders aus."

Während sie sprach, kehrte die Vampirin die Reste ihres Essens zusammen. Nicht mehr viel, aber genug nach einer Gabel noch etwas auf dem Teller zu haben.

"Streichen und Tapete lasse ich Profis machen. Also keine Sorge."

Sie zwinkerte ihm kurz zu. Nun verschwand endlich auch der letzte Happen.

"Sag, mal musst du morgen zeitig raus?"
 
"Nicht so früh, die erste Vorlesung beginnt um 10, warum, was hast du denn noch vor?" erkundigte sich Ricco. "Das mit den Tapeten hätte ich bestimmt auch noch hinbekommen."

Er trank auch sein Glas aus.
 
"Na nicht, dass ich dich noch überlaste. Wo wir gerade dabei sind: Ich zahle!"

Eine kurze Pause, jedoch nicht lange genug um zu widersprechen, bevor sie ihm zuzwinkerte.

"Aber dafür musst du dann mit mir tanzen gehen..."
 
Er sah sie mit einem Lächeln an. "Aber gerne doch, das ist doch eine schöne Belohnung." Er schien sich nur schwer zurückhalten zu können und darauf zu verzichten, sie zu küssen.

"Was hast du heute noch vor?"
 
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