[20.05.] Den Boß zu sprechen...

Chaosgeneral Remigius

Sohn des Horus
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Und wieder einmal war es soweit, den Boß belästigen zu müssen... Dieser dürfte alles andere als entzückt sein, klaffte doch zwischen dem entsprechenden Anlaß bei der blöden Schlammsau und dem heutigen Tag eine geradezu ungehörig dreiste Lücke, die sich halt leider nur teilweise erklären ließe, sollte es nötig werden... Mit einem internen Seufzer betrat Hal wieder die Kanalisation und suchte sich seinen Weg zu den 'Briefkästen', wobei er sich vornahm sich endlich einmal beibringen zu lassen, mit Tieren zu sprechen... Machte einiges einfacher...

Während er sich vortastete, überlegte er sich im Stillen, wie wichtig diese Sache wäre und ob es sich lohnte, sie als wirklich dringend zu behandeln... Einerseits hatte die Chose wirklich eine gewisse Dringlichkeit, andererseits hatte er sich damit ob bewußt oder nicht, viel Zeit gelassen, was man ihm auch ankreiden konnte, so man denn wollte...
 
Der Unterschied zwischen diesem und dem letzten Mal als sich Hal schuldbeladen in die dunstigen, tröpfelnden Tiefen der Unterwelt begeben hatte war, dass es diesmal keine Prüfung für den Nosferatu sein sollte seinen Primogen aufzusuchen. Diesen Teil hatte er erfolgreich hinter sich gebracht, wenn der Start auch vergleichsweise schleppend gewesen sein mochte. Er hatte für sein schnoddriges Verhalten gebüßt, indem sein Erstgeborener ihm befohlen hatte sich am Kampf gegen die Werbestien zu beteiligen. Für Lurker war die Sache damit aus der Welt, so Hal denn aus der Angelegenheit gelernt hatte. Die Gelegenheit das zu beweisen sollte er frühzeitig bekommen. Es verging nur wenig Zeit vom Absetzen seiner Signale bis zu dem Gefühl das irgendetwas plötzlich Raum in der karg beleuchteten, höhlenartigen Kanalisation beanspruchte. Gerade war er dabei einen geräumigen Tunnel zu durchqueren, in dem bequem zwei Busse nebeneinander hätten fahren können, als er eine Bewegung auf der anderen Seite wahrnehmen konnte. Einige Meter von ihm entfernt schien es als würde ein schwarzer Umriss aus einer Öffnung in der Decke fallen und sich auf der anderen Seite, getrennt von Hal durch einen grugelnden, kleinen Wasserlauf auf dem Müll und schlackeartige Teppiche wie Fettaugen schwammen, aufrichten und dabei auseinander zu falten.

Guten Abend Harold. Wie ist es dir ergangen?

Sie waren unter sich und bislang hatte Harold sich nach Lurkers Kenntnisstand noch nicht wieder in irgendetwas hinein geritten. Kein Grund also nicht familiär zu sein.
 
Kaum war die Nachricht eingesteckt und man auf dem Weg der weiterführte, war irgendetwas schon da, als ob es auf ihn gewartet hätte... Hal erschrak etwas und fast schon im Reflex griff er dorthin, wo einmal das Kampfmesser seinen festen Platz gehabt hatte, bevor ein Haufen Igors es ihm weggenommen hatte... Er brauchte eine Weile, um zu erkennen wer da vor ihm stand und er überlegte eine Weile, wie er sein Anliegen vorbringen könnte, ohne seinen Boß wieder zu erzürnen.

"Guten Abend, Boß. Ich wünschte, ich könnte sagen, daß ich nicht klagen kann, aber da gibt es etwas mit dem ich dich belästigen muß... Es ist nämlich so, daß ich eigentlich wegen einer wichtigen Sache schon etwas länger mit dir hätte sprechen müssen, ich es aber nachdem ich in Burgh in selbiger war, hielt ich es für besser, erstmal ein paar Tage die Füße still zu halten..."

Er brach kurz ab und atmete durch, bevor er weitersprach, sich dabei überlegend, ob er sich nicht in eine prekäre Lage brachte.

"Das Problem ist folgendes: Ich war am 17. in der Schmierbu-, äh, in der Kunstakademie um die Sache mit den Bürgerrechten zu besprechen. Da kriege ich doch gesagt, daß darüber nicht entschieden werden konnte und ich mit dir sprechen müßte..."
 
Lurker bewegte sich gemächlich in Richtung des Flusses der sie trennte. Seine Bewegungen waren dabei wie immer ein wenig eckig und ruckend, so als bliebe er andauernd an irgendwelchen unsichtbaren Haken in der Realität hängen und müsse sich mit einer kurzen Rückwärtsbewegung oder einem schnellem Ruck befreien. Darüber ob er dabei beunruhigend auf Harold wirkte machte er sich allerdings keine Gedanken. Sie waren Nosferatu, da war es normal das man an seinem Gegenüber Dinge finden konnte die einem unheimlich oder abstoßend waren, oder die einem sogar Furcht einflößten. Damit musste man untereinander einfach klar kommen.

Mit einem gewissem Wohlwollen stellt er fest das sein Clansbruder sich zumindest Mühe gab seinen seltsamen Slang in den Griff zu bekommen. Er konnte bis heute nicht genau einordnen wo man sich eine derartige Ausdrucksweise einfangen konnte. Möglich das der Primogen aber auch einfach noch nicht so weit herum gekommen war.

Wir sollen selber darüber entscheiden? Das klingt seltsam. Wer hat mit dir gesprochen und was hat derjenige genau gesagt? Eigentlich ist das ganze nur eine nervige Formalität, aber es macht keinen Sinn das der Clan selber über das Gastrecht entscheidet. Wenn wirklich ich darüber entscheiden soll gut, dann haben wir kein Problem. Aber vielleicht hat sich da jemand auch nur schlecht ausgedrückt?

Möglich das der andere Nosferatu einfach nur mit einem Guhl gesprochen hatte der nicht recht wusste wie mit einem Verborgenem in seinem Büro zu verfahren war. In jüngster Zeit war nicht alles in gewohnten Bahnen verlaufen, daher konnten solche Dinge passieren. Allerdings hatte Harold auf Lurker in der Vergangenheit einen manchmal planlosen und teilweise Entrückten Eindruck gemacht. Nicht das er einfach nur etwas missverstanden hatte. Im Augenblick war es für die Ziele der Nosferatu wichtig das alles glatt lief für die Prinz. Es war für Lurkers Pläne wichtig, der seinen Clan so nahe an die Stadtspitze gebracht hatte wie selten zuvor. Darum mussten auch die Formalitäten im Augenblick korrekt abgewickelt werden. Wenn man ein paar Kanalratten hatte die ordentlich gemeldet waren und auf die man auf Seiten der Akademie verweisen konnte, dann würde sich niemand die Mühe machen nach den Ratten zu fragen die sich im Keller versteckten. Alle offiziell gemeldeten Verborgenen waren im Moment so etwas wie 'Vorzeige Nosferatu'. Seht her, alles gut in Finstertal, sogar mit dem Clan der Monster.
 
Hal überlegte was die Schlammsau genau gesagt hatte und wirkte deshalb für einige Augenblicke geistig abwesend. Dann kehrte er in die Wirklichkeit und zu den wichtigen Angelegenheiten zurück.

"Soweit ich weiß war das schon die Archontin selber und sie wollte mir raten schnellstens meinen Primogen aufzusuchen und das hatte ich vor, bevor sich die Dinge ein wenig überschlagen haben... Ich weiß nicht, warum oder wozu aber das hat sie gesagt..."

Er kratzte sich verwirrt am Kopf und sah Lurker unschlüssig an.

"Ich hoffe ich bringe uns nicht in Schwierigkeiten..."

Wie es weitergehen sollte, wußte er noch nicht, aber das würde sich ergeben... hoffentlich. Pläne schmieden konnte man viel, aber im Moment war es müßig, da sich die Zusammenhänge noch zeigen müßten...
 
Lurker vermutete das Hals verschrobene Art der ehrenwerten Frau Archontin einfach ein wenig sauer aufgestoßen war. Vielleicht hatte sie damit nichts anfangen können und hatte beschlossen die Kanalratte einfach zum Problem der anderen Kanalratten zu machen und ihn deswegen zu ihm geschickt. Immerhin hatte sie nicht beschlossen Harold einfach den Garaus zu machen. Je nach dem wie das Gespräch verlaufen war, hätte die Auvergne auch einfach beschließen können das Finstertal gerade im Krieg war und man deshalb einfach Kriegsrecht deklarieren und eine nervige Angelegenheit final lösen sollte, bevor diese wertvolle Ressourcen band.
Tatsächlich war es ein wenig seltsam das sein Clansbruder von den Verantwortlichen auf die Welt der Untoten los gelassen worden war, wenn er noch nicht einmal in der Lage war so eine normale Sache wie eine Anmeldung in der Akademie hinter sich zu bringe.

Glücklicherweise waren im Augenblick aber die unmittelbaren Kriege ausgestanden, so dass sich Zeit dafür finden würde diese Angelegenheit zu klären.

Nein, du bringst uns nicht in Schwierigkeiten, keine Sorge. Ich werde bei nächster Gelegenheit einmal an der Akademie nachhorchen ob dort irgendwas in den Akten festgehalten worden ist. Vermutlich wird das nicht der Fall sein. Wir werden dann deine Vorstellung dann gemeinsam nachholen.

Offensichtlich war der Erstgeborene sich nicht zu fein diese Sache persönlich zu regeln. Es war kein Ärger aus seiner Stimme zu hören.

Aber ich brauche eine ehrliche Antwort von dir. Bekommst du einen öffentlichen Auftritt hin wenn ich dabei bin? Oder hast du Defizite von denen ich vorher wissen muss? Nur frei heraus, ich habe bis heute Schwierigkeiten mit solchen Angelegenheiten und als ich neu in dieser Stadt und auf mich alleine gestellt in die Höhle des Löwen musste habe ich immer das Gefühl gehabt ich würde zu meiner eigenen Häutung gehen. Aber ich wusste zumindest theoretisch was ich zu tun hatte, wenn ich es auch lausig ausgeführt habe. Also... weißt du wie man so etwas macht?
 
"Naja, ich war ja schonmal vorher da und habe die Formalitäten erledigt, um Gastrecht zu erhalten und ich dachte halt es wäre nur eine weitere Formalität, aber anscheinend habe ich mich beim ersten Termin mit der Archontin im Ton vergriffen, weil ich sie für einen Ghul gehalten..."

Hal nickte und seufzte. Die Probleme... Wo sollte er da anfangen ? Gewisse Probleme im Ton bestanden, aber das wußte der Boß ja aus erster Hand. Also blieb nur das alte Problem, das er hatte seit Charley ihn vor Lodin geschleift hatte... Damals hatte er beschlossen, Camdomänen und Prinzen möglichst zu meiden...

"Wie du bestimmt beim Telefongespräch, daß wir hatten bemerkt hast, habe ich ein kleines Problem mit meinem Umgangston und meinen Manieren. Im Grunde weiß ich, was ich tun soll, aber ich bin halt nicht gewöhnt, persönlich mit Prinzen und Archonten zu tun zu haben, weißt du ? Damals in Chicago hat mein Erzeuger den Großteil erledigt und seitdem habe ich versucht, dieses rutschige Parkett nach Möglichkeit zu vermeiden, weil ich da schon ein mulmiges Gefühl bekomme, wenn ich nur daran denke..."
 
Der Nosferatu nickte auf Harolds letzte Bemerkung hin tatsächlich und gab ein zustimmendes Brummen von sich. Es war ihm nicht anders ergangen und er hätte sich bei seiner Ankunft in der Stadt gewünscht das ihm jemand bei seiner Anmeldung über derartiges Parkett hätte helfen können. Reißer, damals Primogen der Verborgenen, hatte aber derartiges als Mummenschanz und vertane Zeit empfunden und sich um solche Dinge nicht gekümmert. Natürlich wäre das auch gar nicht seine Aufgabe gewesen und es musste immer das Ziel sein das man sich gegenseitig beim Laufen lernen half und nicht dem Anderen das Laufen komplett abnahm, aber in diesem Falle war die Sache auch ein wenig anders gelagert.
Welcher Neugeborene hatte sich schon je in der bizarren Situation befunden das er bei seiner Anmeldung in einer Domäne von einer Archontin empfangen wurde? Das war ein wenig so als würde die Königin von England einem die Scheibe Wurst über die Theke reichen. Wieder so etwas das wohl in die Kategorie der Dinge gehörten die einem nur in einer Stadt wie Finstertal passieren konnte. Für gewöhnlich hatte man eigentlich nur als Ahn ein gewisses Anrecht darauf das sich der Prinz eine Domäne bei der Anmeldung kurz die Ehre gab für ein oder zwei warme Willkommensgrüße. Für eine Kanalratte reichte in der Regel ein Vorzimmer Guhl und so war es den Verborgenen auch am liebsten.

Wir werden das bei nächster Gelegenheit wieder gerade ziehen. Im Augenblick gibt es ohnehin keine wirkliche Struktur. Entweder wird sich vorher eine Gelegenheit ergeben bei jemandem dein permanentes Gastrecht bestätigen zu lassen, oder wir machen das sobald sich wieder ein Püppchen auf dem Stuhl im Vorzimmer der Akademie befindet. Im Augenblick gibt es keine Geißel wegen der wir uns Sorgen machen müssten in Bezug auf deinen Status und deinen Aufenthalt in der Stadt.

Die Bemerkung über eine eventuelle Geißel war bestimmt aufmunternd oder scherzhaft gemeint um Harold aufzumuntern und außerdem entsprach sie auch noch der Wahrheit. Akut gab es wirklich niemanden der sich um derartige Angelegenheiten kümmerte. Trotzdem mochte es einem mulmig werden, wenn man daran dachte was einem blühte wenn man derartige Formalitäten nicht korrekt abwickelte, wenn es denn feste Instanzen gab die sich um derartiges kümmerten.
Auch für einen Nosferatu, bei dem man die Grenzen der Anmeldung und des Aufenthaltes in einer Domäne ganz sicher etwas laxer auslegen konnte, galt, dass man entweder da war, dann aber richtig angemeldet, oder eben nicht da war. Dann hatte man allerdings auch unsichtbar zu bleiben, oder zumindest so unsichtbar zu bleiben das alle Beteiligten behaupten konnten von nichts gewusst zu haben.
 
Auf die Nachricht, daß es momentan keine Geißel in der Stadt gab, erschien kurz ein Lächeln, das aber von dem Gedanken, daß es Leute gab, die Aushilfe spielen könnten wieder verschwand und durch einen leicht verwirrten Ausdruck ersetzt wurde.

"Willst du damit sagen, es wäre besser sich vom Stadtzentrum fernzuhalten ?"

Kurz darauf war wieder ein Lächeln zu sehen, diesmal breit und dankbar.

"Danke, Boß. Das werde ich dir nie vergessen..."
 
Kurz sah der Verborgene einer Verpackung hinterher, die trudelnd durch die schwarzen Fluten ihres kleinen Abbild des Styx glitt und dann durch ein Gitter in der Tiefe verschwand. Lurker konnte nicht umhin festzustellen das die schmutzigen Wasserstraßen hier Unten ihn stets zu beruhigen wussten. Natürlich war es ein majestätischer Anblick, wenn man hoch oben auf einem altem Schornstein des östlichen Industriegebietes saß und dem sanftem Schwung der Finster mit den Augen folgte, die im spärlichem Licht der Sterne dunkel schimmerte, wie der Rückenpanzer eines fetten, schwarzen Käfers, aber wohliger war das Gefühl von Sicherheit und Schutz das sich nur einstellte, wenn man dicke Mauern, verwinkelte Gänge und das drückende Gefühl von einigen Metern Erde zwischen sich und allem dort Oben wusste. Niemals wäre der Nosferatu auf die Idee gekommen diesen kleinen, unterirdischen Fluss als schäbig zu empfinden.

Nein, es gibt keinen Grund sich fernzubleiben. Sei einfach vorsichtig und sorge dafür das man dich erst sieht, wenn du schon alle anderen beobachtet hast, oder eben gar nicht, wenn es keinen Grund gibt sich zu zeigen.

Das gewöhnliche Credo der Verborgenen. Jahrhunderte alt, prinzipiell simpel und unglaublich effektiv.

Auf Harolds Dank hin winkte Lurker nur kurz ab. Derartiges war nicht der Rede Wert. Sollte ein Ventrue aus so einer Sache wegen ihm ein abendfüllendes Geschäft machen, mit unlebenslanger Verschuldung. Sie waren Nosferatu. Ihr Geschäft war ein anderes. Wenn sein Clansbruder sonst nichts mehr hatte, würde er sich damit dann auch zum Gehen wenden.
 
Hal grinste innerlich wie ein Honigkuchenpferd, äußerlich war das Grinsen nicht so breit. Während er auf ein Moosrelief an einer Mauer blickte, kam er zu dem Gedanken, daß der Boß hier, im Vergleich zu manchem anderen, den er getroffen hatte, wirklich ein Glücksgriff zu sein schien... Dann wanderte sein Blick wieder zu Lurker zurück und er verbeugte sich leicht.

"Ich werde es mir merken, Boß. Wenn ich irgendwann etwas für dich tun kann, laß es mich wissen und ich tue mein bestes..."

Zumindest für den Boß schien das Gespräch beendet zu sein, also wollte er ihn nicht weiter belästigen und wandte sich seinerseits zum Gehen...
 
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