[20.05.2008] Es scheint zu wirken (Teil II)

Drakun

Pflanze
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Sie waren angekommen. Der Wagen, der gerade eben die Autobahn, welche nun hinter Schutzwänden von ihnen abgeschirmt war, gekreuzt hatte, verließ die Hauptstraße und bog auf einen kleinen Parkplatz ein. Marta sah zu Ricco herüber. Interessant - ob das die Objekte sind, von denen Dietze gesprochen hat? Möglich, aber es wäre wohl Zufall, schließlich ging es dort um spezielle Objekte. Der Headhunter auf der anderen Seite... Könnte passen - muss aber nicht. Jedenfalls hatte er wohl recht - es war etwas im Busch.

"Na, das ist doch eine gute Gelegenheit. Sicherlich eine gute Chance Erfahrungen zu sammeln."

Marta schien das also eine der besseren Nachrichten aufzufassen und wirkte zuversichtlich. War ein Hauch von verschwörerischem Grinsen auf ihre Züge getreten? Wohl eher nicht, sie war einfach wieder fröhlicher. Zu Recht, denn hier am Rande der Stadt war das Leuchten der Zivilisation schwächer und gab den Sternenhimmel frei.
 
Ricco zuckte die Schultern.
"Ich kann immerhin noch ein wenig überlegen, bis das Werk gebaut ist, wird es noch mindestens ein Jahr dauern", sagte er, während er Martha die Tür öffnete und sie aussteigen ließ.

"Sollte es gut sein, ist vielleicht auch für dich ein guter Job drinnen, denn du hast schließlich auch eine gute Ausbildung, nehme ich an."

Am meisten würden mit Sicherheit Arbeiter gesucht werden, die dann entsprechend ausgbeutet wurden, die übliche Art der modernen Sklaverei eben, zu wenig zum Leben, zu viel zu Sterben.
 
Marta wäre beinahe selbständig ausgestiegen, erkannte jedoch seine Absicht. Interessiert verfolgte sie wie er den Wagen umrundete, ließ ihn aber gewähren. Der Ansatz eines Lachens schlich sich auf ihre Züge. So förmlich? Das ist zu viel der Ehre. Trotzdem schien die Geste am Ende gut anzukommen, wenn man nach dem Strahlen ihrer Augen gehen wollte. Ein kurzer Blick zu Boden, um nicht gerade in eine Pfütze oder ähnliches zu treten. Dann sah sie wieder zu ihm auf und stieg aus dem Wagen.

"Danke! Vielleicht... aber studiert habe ich jedenfalls nicht."

Die Kleine zuckte mit den Schultern. Vielleicht war sie besser ausgebilet als manch andere, vielleicht auch nicht. Vielleicht hat sie mehr Erfahrung als manch andere, vielleicht auch nicht. Am Ende geht das wohl jedem so. Es machte wohl wenig Sinn, wenn man sich mit anderem auf deren Gebiet messen wollte und alles andere einfach ignorierte.

"Ich habe eigentlich nicht vor, den Arbeitgeber zu wechseln. Außerdem weiß ich ja auch gar nicht, was das für ein Werk werden soll."
 
Wenn der Opa Italiener war, lag nunmal ein gewisses Verhalten im Blut und so war es für Ricco normal, Marta die Tür zu öffnen. Das war einfach so und er hielt ihn nun auch den Arm hin.

"Was das für ein Werk ist, weiss ich auch noch nicht, aber ich werde mich damit ein wenig befassen, ich will auch nicht irgendwo landen, was nicht meiner Vorstellung und Idiologie entspricht", meinte er dann und führte sie Richtung Park. Den Fernsehturm konnte man leider nur selten bei Nacht besteigen, aber das war schließlich auch nicht notwendig.
 
Ricco wusste wie er sich zu verhalten hatte und Marta musste zugeben, dass sie sich geschmeichelt fühlte. Also nahm sie seinen Arm und hakte sich locker ein. Dabei behielt sie nicht wirklich eine formelle Distanz ein, kam ihm allerdings auch nicht außergewöhnlich nahe. Gewicht war kaum zu spüren, doch es sollte ihm keine Mühe bereiten sie in die gewünsche Richtung zu leiten und auch die Geschwindigkeit frei zu wählen.

"Klingt vernünftig. Ein Mann mit Prinzipien."

Das klang anerkennend, doch wenn er wollte, konnte er die Feststellung wohl auch ohne Schaden abschwächen. Marta hatte den Eindruck, es gab Dinge, mit denen er lieber nicht zu schaffen haben wollte.

"Was entspricht etwa deinen Vorstellungen?"
 
Ricco lachte leicht.

"Manches Mal weiss ich nicht, ob alle meine Prinzipien noch so ganz zeitgemäss sind, aber weisst du, meine Mutter war eine richtige italienische Mama." Er zwinkerte ihr zu. "Und jeder Italiener denkt, er ist der Herr im Haus uns spielt seine kleinen Spielchen mit den anderen italienischen Männern und die Frau im Hause läßt ihn das, so lange er letztendlich tut, was sie will. Also eine gleichberechtigte Partnerschaft, wäre von daher schon ein Fortschritt."

Er lachte noch einmal.

"Aber mir ist es wichtig, daß sich hier, der ganze kriminelle Bodensatz nicht noch mehr Ansatzpunkte für Waffen bekommt, wobei es weltfremd wäre, es gäbe irgendwelchen Fortschritt, wenn sich nicht von der Forschung das Militär etwas versprechen würde."
 
Das Lachen war wohl ansteckend, oder vielleicht waren es auch seine Worte - jedenfalls konnte man kurz weiße Zähne aufblitzen sehen. In Ruhestellung natürlich. Und wer ist dann der Chef? Der Mann, der macht was er will, oder die Frau, die ihren Willen bekommt? Wobei Ricco offenbar nicht alle Prinzipien geerbt hatte - oder zumndest gerade nicht wie ein typischer Macho wirkte.

"Also das ist schon ziemlich spezifisch - du denkst doch bestimmt an die Schießerei letztlich. Muss ja ziemlich viele Opfer gegeben haben..."

Weltfremd also? Obwohl er wohl zumindest zum Teil recht haben dürfte.

"Meinst du nicht, dass es auch Fortschritt gibt, wo das Militär seine Finger nicht im Spiel hat?"

Marta sah Armeen immer mehr als Werkzeuge denn treibende Kräfte. Schließlich kämpften Menschen meist um andere Dinge und nicht allein des Kämpfens wegen.
 
"Ja, ich habe davon gehört, einige Landsleute, die zwar die deutsch Staatsbürgerschaft haben, aber immer noch so tun, als wären sie in Sizilien haben sich mächtig aufgeregt", sagte Ricco dann.

"Aber nur sehr langsam, das ist leider eine Tatsache, wir hätten noch keine Satelliten oder Internet oder Notebooks, wenn sich nicht die Militärs vorteile daraus versprochen hätten." Er unterbrach sich kurz. "Ich will dich nicht mit den Zusammenhängen langweilen. Aber du kannst mir glauben, vieles, was wir heute benutzen, war Kriegmaterial, von den ganzen Dingen in der Biologie und Medizin ganz zu schweigen, auf jede Segnung, kommen mehrere Dinge, die du nicht haben willst."

Das war es halt, wenn man mit einem Studenten der Geisteswissenschaften über solche Dinge sprach.
 
Da hatte er sich aber auch die besten Beispiele ausgesucht. Wenn man Ahnung hatte konnte man sicherlich auch Beispiele für Fortschritt bringen, der nicht vom Militär initiert wurde. Aber sicher kaum welche, die sie nicht später trotzdem nutzen. Daher nickte sie einfach bloß auf seine Worte. Menschen würden immer einen Weg finden, neue Techniken zu ihrem Vorteil zu missbrauchen.

"Meinst du, du würdest mich langweilen?"

Sie zwinkerte ihm zu, ging jedoch dann nicht näher auf das Thema ein. Warum auch? In ihrer Situation machte es wohl kaum einen Unterschied ob sich nun die Hälfte oder der Großteil der Forschung zum Militär zurückverfolgen ließ.

"Also ich finde es eigentlich ganz normal, wenn man sich bei soetwas aufregt. Es ind Menschen gestorben!"
 
"Ja, sicher ich rege mich über diese Dinge auch auf, in soweit wie es unbeteiligt betrifft, wenn ich mich eine Mafia schließe und egal, welcher, dann muss ich damit rechnen nicht alt zu werden und im Bett zu sterben." Es war nicht klar, ob er nur zu sich selber sprach.
"Bis vor ein paar Tagen waren die Gruppen relativ ruhig, aber etwa zur gleichen Zeit wie diese neue Firma aufgetaucht ist, ist da auch viel mehr im Busch. Vielleicht steckt das auch ganz einfach eine Ratte dahinter. Denn viele Firmen wurden in den letzten Wochen regelrecht in den Konkurs getrieben ..."

Es wurde unter den Studenten seiner Fakultät viel über diese Dinge gesprochen, es gab viele Theorien und die meisten waren in diese Stadt gekommen, um hier zu studieren, weil sie sich ein Nische erhofften, doch so wie das jetzt aussah, konnte das ganz schnell nicht mehr möglich sein, das Ende der Vielfalt.
 
"Aber das ist es doch - es trifft immer Unbeteiligte. Die Mafia trifft sich halt nicht einfach irgendwo im Wald, wo niemand ist. Es werden immer andere mit hineingezogen."

Ein Grund warum man sie nicht einfach ignorieren kann. Im besten Fall brachte so ein Bandenkrieg Chaos in die Stadt, im schlimmsten Fall lenkte es die Aufmerksamkeit auch auf die Vampirgesellschaft oder brachte sie in direkten Konflikt mit einer der Gruppen. In diesem Fall konnte Marta wirklich nicht sagen, auf wen man setzen sollte. Irgendwo sang ein Vogel. Die Brünette schwieg einen Moment, schien zu lauschen, bevor sie antwortete.

"Ich denke das ist einfach Zufall. Oder beides hängt mit der wirtschaftlichen Lage zusammen. Wer weiß - vielleicht ist dieses neue Werk ja sogar gut für die Stadt."
 
Ricco zuckte die Schultern.
"Möglich, aber wenn du mal länger in der Stadt wohnst, bekommst du ein Gefühl dafür", sagte er. "Aber ich denke, wir warten ein paar Tage und sehen dann weiter, was sich tut. Vielleicht sollte man jemanden einschleusen, doch wer kann das denn."
 
"Ich weiß nicht, mir fällt niemand ein..."

So spitzbübisch, wie sie ihn angrinste, war das wohl nicht ganz richtig. Aber sie war auch weit davon entfernt etwas oder jemanden vorzuschlagen. Zumindest im Moment.

"Sag mal, kommst du vielleicht an so einen Aushang heran? Vielleicht kann man ja etwas herausfinden."
 
Ricco grinste zurück und ging ein paar Schritte weiter.

"Klar, ich kann da morgen einen vom Schwarzen Brett an der Uni abmachen, wenn du einen haben willst. Da steht auch eine Email und einen Adresse für die Bewerbung drauf."
 
"Wäre nett, danke! Aber nur, wenn es keine Schwierigkeiten macht."

Der Parkplatz war nun vollkommen hinter ihnen verschwunden, sodass man fast den Eindruck hatte, mitten in der Natur zu sein. Wäre da nicht der gepflegte Rasen und natürlich der Turm, der über ihnen aufragte. Dazu war die Nacht angenehm warm. Es wird Sommer. Obwohl das auch kürzere Nächte bedeutete, waren diese deutlich angenehmer und man kühlte bei weitem nicht so schnell aus.

"Sieht aus, wie wenn es endlich schöner wird."
 
"Klar, das ist kein Aufwand." Er lächelte und schien sich auf den Sommer zu freuen, immerhin konnte er sich vorstellen und wünschen, dann ein wenig mehr Zeit mit ihr verbringen zu können, vielleicht mal ins Schwimmbad oder so.

"Ja, es wird Sommer, magst du auch so gerne Sommerfeste und Mittelaltermärkte, dann können wir da gerne mal hingehen, magst du sowas?"

Ricco würde garnicht auf die Idee kommen, daß mit Martha was nicht stimmen könnte.
 
Eher würde sich die Welt rückwärts drehen, als dass Marta mit irgendjemandem ins Schwimmbad ging. Tatsächlich war das wohl soagr die Grundvoraussetzung, wenn man ihren momentanen Zustand berücksichtigte. Obwohl 'nicht stimmen' wohl nicht das war, wie sie selbst es bezeichnen würde. Es ging ihr prächtig. Oder zumindest nicht schlechter als vorher... nur eben anders.

"Hört sich nicht schlecht an - wäre toll wenn es klappen könnte."

Das heißt nicht bei Sonnenschein und nicht im Schlosspark. Anders brachte auch manchmal Nachteile.

"Wann ist denn einer?"
 
"So wie ich gesehen habe ist, Anfang nächsten Monat einer, ich habe gerade gestern einen Flyer gesehen, du würdest bestimmt in einer Robe gut ausschauen." Ricco lächelte sie verführerisch an.
"Was meinst du, sollen wir hingehen?"
 
"In einer Robe... meinst du?"

Marta schien etwas skeptsch, doch vielleicht lag es auch einfach an dem Schnitt, an den sie gerade dachte. Kleidungsstücke, die dazu neigten Kurven zu kaschieren, wirkten bei ihr recht gut. Für manche Frauen sicherlich ein Grund mehr, doch die ohnehin schon schmale Brünette sah in solchen Fällen einfach nur dünn aus. Grundsätzlich schien sie der Idee aber nicht abgeneigt zu sein.

"Ich kann nichts versprechen, mein Terminplan ist recht voll. Vermutlich wird es dann wieder so spät wie heute."
 
"Schön, es wird sowieso erst abends richtig interessant, wenn dann auch verschiedene Folk-Gruppen spielen und ich muss tagsüber auch arbeiten und studieren."

Nun, natürlich war das, an was Ricco dachte und was er meinte, keine Robe, die Mönche trugen, sondern die aufwendigen, geschnürrten Kleider des Mittelalters und Marta würde darin mit sSicherheit entzückend aussehen.
 
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