Gildenhaus [18.05.2008] Der Prozeß

Naja, die Unterbrechung durch die Regentin bedeutete dann wohl, daß sie möglicherweise ein bißchen Aufschluß erhielten, was da drin passiert war. Nicht zu viel, gerade genug für ihre Bedürfnisse. Also gut, dann los. Auch sie stand auf und folgte der Aufforderung, einzutreten.
 
Als die Adeptinnen herein kamen, stand Caitlin mit verschränkten Armen am Fenster gelehnt und sah einem Wagen hinterher, der sich durch ein energisches Fahrverhalten auszeichnete während er sich zügig entfernte. "Und so endete der kurze Besuch eines Regent Grimms" meinte sie nachdenklich und wandte sich den wahrscheinlich überraschten Frauen zu. Sie zwang sich zu einem Lächeln und deutete auf die Sitzgelegenheiten. "Setzen wir uns, es gibt einiges zu besprechen." Caitlin ging mit gutem Beispiel vorran und zog sich den Stuhl heran, auf dem Grimm vor ein paar Minuten noch gesessen hatte. Doch durch die Umstellung wirkte es allerdings mehr wie eine kleine Konferenz denn wie eine Verhandlung, denn sie saßen nun alle rund um einen Tisch.

"Die Anwohnerzahl dieses Gildehauses ist unerwarteter Weise drastisch geschrumpft" meinte sie mit einem Blick in die kleine Runde. "Herr Aetherius ist im Verließ festgesetzt und Regent Grimm hat soeben unser Gildehaus verlassen und kehrt nach Wien zurück. Über das weitere Schicksal Aetherius´ haben wir uns ausgetauscht, auch über den zukünftigen Weg, den wir als Gildehaus zu Finstertal einschlagen werden. Doch darauf komme ich gleich zu sprechen. Vorerst sind sie sicher interessiert zu erfahren, wie es generell mit unserer Stadt weitergeht.

Tatsächlich wurde in der gestrigen Verhandlung die Schuld Herrn Buchets festgestellt und er zu einer 200 jährigen Starrephase an einem Ort seiner Wahl verurteilt, ohne dass er auf die weiteren Geschicke dieser Stadt Einflussnehmen darf. Im selben Atemzug wurde auch unser Lord Johardo in Abwesenheit der Mittäterschaft verurteilt und ihn erwartet das selbe Schicksal, sollte er sich zurück nach Finstertal wagen. Damit hat er Besuchsverbot und noch dramatischer - Kontaktverbot. Seitens der Akkademie werden wir von nunan unabhängig von unserem Lord agieren. Ich erteile hiermit den Befehl, dass sämtliche Aktivitäten Lord Johardos in Finstertal mir bekannt gemacht werden und erwarte strengste Geheimhaltung nach Außen. Unser Lord hat offiziell zu Finstertal keinen Kontakt mehr. Mein Mündel Judith - sein Kind - überstelle ich noch in dieser Nacht aus nachvollziehbaren Gründen zu ihm nach Warschau."

Caitlin machte eine kurze Pause um das Gesagte sacken zu lassen. Dass sich die Akademie in die internen Belange des Gildehauses einmischte war schon ein schönes Stück und es dürfte jedem klar sein, dass sich das Gildehaus nur formal daran halten würde.

"Einen positiven Aspekt hatte die Verhandlung dennoch. Als im Anschluss der neue Prinz Finstertals gewählt wurde, waren wir Tremere in der glücklichen Position unsere Wunschkandidatin - Magdalena Buchet .... Cruz wie sie sich jetzt wieder nennt - als Prinz durch zu setzen.
Die weiteren Ämter werden in der nächsten Ratssichtung verteilt. Haben Sie weitere Fragen zur gestrigen Verhandlung? Sonst komme ich jetzt auf die Geschehnisse danach und auf die Zukunft dieses Hauses zu sprechen."
 
Grimm verließ das Gildenhaus? Warum so plötzlich? Hatte ihn der Brand dazu veranlasst? Die Rituale um das neue Gildenhaus waren noch nicht durch geführt. Sie selbst kannte Lord Johardo noch nicht einmal, sondern hatte lediglich ein extrem kurzes Telefonat mit ihm geführt, als er die Regentin erreichen wollte. Mehr war da nicht gewesen. Selbstverständlich würde sie der Regentin gehorchen. So war es nun also geschehen, die ehemalige Seneschall und dann Kücken war nun Prinz. Das war... Anna war froh, ihr zu keinem Zeitpunkt den Respekt verweigert zu haben. Es hätte sich jetzt bitter rächen können. Auf die Frage der Regentin schüttelte sie knapp den Kopf. Zur Zeit hatte sie keine Frage.
 
Caitlin sah Katharina kurz an, ob auch diese keine Frage hatte. Sonst würde sie weitereden.
 
Ja, daß es einiges zu besprechen gab, konnte sie sich vorstellen... Gut vorstellen. Grimm war also weg, und das mit einer überraschenden Geschwindigkeit, die die bisher konzipierten Pläne Lügen straften. Hier war was im Busch, das war nicht schwer zu deuten. Daß Alexander sich bis auf weiteres im Verließ befand, war dann auch keine Überraschung. Alles zurück auf Anfang sozusagen, Rudolf und Tal waren ja nun auch recht schnell wieder abgezogen (worden). Sie setzte sich also zunächst, wie ihr geheißen.

Die meisten Details der Verhandlung gingen über ihren Kopf hinweg. Sie merkte sich die Namen, hatte aber nur eine grobe Idee, wer die Leute hinter diesen Namen waren. Nur daß der ehemalige Prinz tatsächlich 200 Jahre lang die Finger von seinem ehemaligen Herrschaftsbereich lassen würde, war sie bereit zu bezweifeln, aber das würde sich zeigen. Judith war also auch weg, was die Mitglieder von Haus und Clan, die zählten, auf Anwesende beschränkte. Nett. Genauso wie die Kontaktsperre mit dem Lord in Warschau, die wohl nur akademischer Natur war, wie die Regentin dann auch bestätigte.

Man hatte also Olivier Buchet durch Magdalena Buchet ersetzt ? Schau, schau. Alles gut zu wissen, Wunschkandidatin und so, aber ob das für katharina persönlich eine gesteigerte Bedeutung haben würde, würde sich zeigen. Da wäre das Standard-Tagesgeschäft wohl bedeutender.

"Bis hier keine Fragen, Regent McKinney."
 
Caitlin nickte und sprach dann also weiter: "Kommen wir nocheinmal auf die Verhandlung soeben und das Aufbrechen von Regent Grimm Richtunng Wien zu sprechen. Mittlerweile habe ich eine ungefähre Vorstellung davon, wie Adept Aetherius zu seinen Vorwürfen und seiner Tat gekommen ist. Sein Geist scheint sehr verwirrt zu sein und die ergänzenden Informationen von Herrn Grimm lassen nur den Schluss zu, dass eine Heilung kaum mehr möglich ist und auch seitens Wien nicht gewünscht wird. Er ist zu einem Problem geworden, dessen wir uns in den nächsten Stunden entledigen müssen. Ich werde mir dazu Gedanken machen müssen. Eine leidige Aufgabe aber leider notwendig.
Regent Grimm dagegen war sehr erbost über den Angriff auf seinen Diener und sein Hab und Gut. Da er seinen Auftrag mit Beendigung der heutigen Verhandlung als abgeschlossen empfindet und er darüberhinaus der Meinung ist, dass Sie beide genug gelernt haben, um die weiteren Schutzmaßnahmen eigenständig umzusetzen, beschloss er seinem Zorn nachzugeben und unverzüglich abzureisen. Leider ist es auch als Strafe gegen meine Person gedacht, da ich Herrn Aetherius in seinen Augen besser im Griff hätte haben müssen." Geschickt band die Regentin die Wahrheit in die Lüge ein, verflocht alles miteinander und machte einen glaubwürdeigen Brei draus. Leicht zu schlucken und möglichst leicht zu verdauen. Es war immer am einfachsten mit der Lüge paralel zur Wahrheit zu bleiben und was hätte sie sonst sagen sollen: Herr Grimm hatte eine Stinkwut auf mich und hat uns alle zum Teufel geschickt? Pah, ich werde dem Mann beweisen, dass Finstertal mit Frauenpower stark sein kann!

Ohne Pause sprach sie weiter: "Wie dem auch sei. Wir sind auf uns gestellt und müssen nun selbst für den weiteren Schutz des Hauses einstehen. Was den Schutzkreisexperten angeht, der ein persönlicher Freund Grimms ist, so denke ich nicht, dass er die Reise nach Finstertal antreten wird. Ich werde auf anderem Weg den Schutzkreis gegen Geister beschaffen, seien Sie versichert, dass ich durchaus weiß wie zwingend notwendig dieser ist. Wie weit sind Ihre Fortschritte? Können wir in den nächsten Tagen mit dem einfachen Kreisen in Burgh beginnen?" fragte sie nun die beiden. Zumal eine direkte Frage immer gut war, damit über das Gesagte nicht tiefer nachgedacht werden würde. Caitlin hasste es Dreck am Stecken zu haben. Sie konnte nur hoffen, dass diese Lügerei bald endete. Nur würde das ein Aetherius wohl nicht mehr erleben. Die taffe Regentin fühlte sich ziemlich elend dabei. Sie hasste es Köpfe für sich rollen zu lassen und vermied es gewöhnlich.
 
Anna ging zu diesem Zeitpunkt mit keinem Wort, keiner Regung auf die ausführungen der Regentin ein. Sie machte sich noch nicht einmal irgend welche Gedanken darüber. Zu erfahren war sie darin, gelesen zu werden um sich hier nicht an die Kandarre zu nehmen. Es hatte nichts mit Misstrauen der Regentin gegenüber zu tun, aber sie waren nicht allein. Dies war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit um der Regentin offen zu legen, was sie gehört hatte.

"Die Einweisung von Herrn Grimm früher am Abend war von Vorteil. Ich persönlich werde noch etwas Zeit für die Feinheiten des Rituals benötigen, bin aber der Ansicht, es bald ausführen zu können."

Und zwar ob mit oder ohne Buch. Sie hatte es durch gearbeitet. Was in ihrem Kopf war, sollte reichen, wenn nicht irgend wer es unnetter Weise veränderte.
 
'Wie dem auch sei' faßte es sehr gut zusammen, zu diesem Thema würde sich Katharina nicht weiter aüßern wollen. Was gesagt werden mußte war gesagt worden und damit war das zumindest für sie in diesem Moment geklärt. Das einzige was sie noch beschäftigte war die verwundbarkeit des Gildenhauses, aber das würde sie hier nicht anschneiden. Immerhin erwähnte die Regentin es dann noch einmal um darauf hinzuweisen, daß sie das Ritual anderweitig besorgen würde. Eine willkommene Entlastung. Blieb nur noch die offensichtliche Frage. Wie weit waren ihre Fortschritte ? Konnten sie in den nächsten Tagen beginnen ? Also nickte sie und schloß sich Anna an.Immerhin hatte Grimm es ihr recht gründlich eingetrichtert. Sie war noch mit den Materialien zugange, aber grundsätzlich traute sie sich das wohl zu, besonders, wenn sie wenig bis keine pressierenden Probleme im Nacken hatte.

"Ebenso. Ein paar Tage sollten für die Details genügen, Regentin McKinney."
 
"Wunderbar, dann werden wir die Schutzkreise heute in 4 Tage beginnen und hoffentlich sauber und schnell abschließen. Komme ich zum nächsten Thema: Das Casino. Es gehört HuC Tremere und sollte wieder besser gepflegt werden. Die Verwaltung durch die Ventrue war nur übergangsweise und wird nach dem Desaster mit der Gräfin sicher nicht von ihnen vorangetrieben werden. Wir müssen uns also überlegen, wie wir die Kontrolle wieder an uns nehmen können. Hat jemand von Ihnen beiden Vorkenntnisse? Traut sich jemand von Ihnen die Verwaltung des Casinos zu?" fragte Caitlin die beiden. Sollte das mit dem Seneshallposten, den sie im Auge hatte nicht werden, könnte sie sich dort immer noch selber drum kümmern, so aber wollte sie wissen, auf wessen Schultern sie diese Aufgabe legen konnte. Alles ging nicht.
 
Noch war Anna die Ranghöhere in allen Belangen. Also ergriff sie als erste das Wort, als die Regentin nach fragte.

"Im Bereich der Finanzen und Geschäftsführung habe ich bisher lediglich nur sehr grundlegende Kenntnisse. Die Verwaltung des Casinos würde Zeit und Einarbeitung teils durch das bestehende Personal benötigen." Und anderen Teils durch Eigenstudium.

Traute sich Anna ein Casino zu führen? Ehrlich gesagt stand das überhaupt nicht zur Debatte. Wenn der Clan ihr so eine Aufgabe zu dachte, würde sie ein Casino führen. Mit Sicherheit hätte sie gewisse Schwierigkeiten. Sie kannte sich in dem Metier nicht aus. Sie wusste gerade mal wie Black Jack, Roulette und die Automatenspiele funktierten. Genauer gesagt wusste sie, dass man da Knöpfe drücken musste oder Hebel ziehen und dann der Zufall oder scheinbarer Zufall für das Ergebnis sorgten. Von Poker hatte sie mal gehört. spielen konnte sie selbst es nicht, nicht ohne die Regeln zu studieren. Eine solche Aufgabe würde Kapazitäten binden und bei anna würde es mehr binden als bei jemanden, der in der Geschäftswelt versiert war.

Mit ausreichender Intelligenz konnte man sich in fast alles ein arbeiten und sicher wuerde das Casino auch von einem Menschen geführt. Es war Zeit, die ihr an anderer Stelle fehlen würde: okkulte Studien und die Übersetzungen von Büchern. auf der anderen Seite... seid sie in Finstertal war, hatte sie nicht eine Übersetzung getätigt, wenn man von der Kostprobe für Helena absah.
 
Ein Casino führen ? Das war schon ein... größerer Sprung vom letzten Thema. Traute sie sich das zu ? Ja, das tat sie durchaus. Immerhin lief der Laden auch so und Management hieß in dem Fall nicht viel mehr als den Ablauf überwachen, die Bücher kontrollieren und vielleicht am schwierigsten noch sich dabei einzubringen, Marketing- und Imagekonzepte auszubrüten. Wirklich schwer stellte sie sich die Buchhaltungsseite auch nicht vor, wenn das Leute mit einem Abendkurs konnten, konnte sie das mit ihren zwei Semestern Mathematik auch. Außerdem gab es für sowas Angestellte. Bloß für den PR-Kram konnte sie sich nicht erwärmen, aber wozu sich einen Kopf über ungelegte Eier machen ? Einarbeiten müßte sie sich im Erlebensfall sowieso.

"Ich bin ganz gut mit Zahlen und solchen Dingen, das größte Problem wäre wohl die PR-Seite des Ganzen. Es klingt auf jeden Fall nach einigem an Einarbeitungszeit, die dann logischerweise an anderen Stellen fehlen würde. Aber wenn sich sonst niemand findet, würde ich gerne versuchen, ihren Ansprüchen gerecht zu werden."

Ja, sie würde Anna natürlich den Vortritt lassen. Erwartungsgemäß immerhin war sie hier die Jüngste und würde der anderen nicht das Vorrecht steitig machen wollen. Und sie hätte auch kein Problem damit, den Job nicht zu bekommen, auch wenn er auf dem Lebenslauf schon nicht schlecht aussehen würde !
 
Caitlin hörte sich beide Argumente ruhig an. Dann stand sie auf, ging zu einem Schrank und fischte eine dickere Akte heraus. Sie reichte sie.... Katharina und meinte:" Lesen Sie sich ein. Ich traue Ihnen diese Aufgabe zu und falls Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen, zögern Sie nicht, mich anzusprechen. Ich schlage vor, Sie besuchen das Casino in den nächsten Stunden oder von mir aus auch Morgen und verschaffen sich einen ersten Überblick vor Ort. Gehen Sie inkognito als Gast, dann gewinnen Sie bessere Eindrücke." Caitlin schluckte das "was meinen Sie?" Runter. Auch sie selbst musste erst noch lernen Regentin zu sein und die fragten nicht nach Meinungen. Total dämlich eigentlich und so fügte sie hinzu:" Wenn Sie andere Ideen haben, heraus damit."
 
"Im Moment keine, ich werde mich an Sie wenden, sobald sich das ändert. Oder es große Probleme gibt. Oder so etwas."

Sie nahm die Akte entgegen und klemmte sie sich unter den Arm ohne sie oder ihren Inhalt groß eines Blickes zu würdigen. Das würde sie später machen. Immerhin würde sie dort auch alles andere finden, daß von Bedeutung war wie Intarsien, Mobiliar, lebend oder nicht, Adresse, sowas. Das enhob sie auch der Verpflichtung jetzt noch die Regentin mit Fragen zu bestürmen.
 
"Gut, packen wir die restliche Nacht also an. Es wartet noch viel Arbeit auf uns alle." hob Caitlin die Sitzung mit diesen Worten auf. Sie warf ihren Adeptinnen noch einen aufmunternden Blick zu und erhob sich als erstes. "Bis später." sagte sie und ging hinaus. Tatsächlich wurde es noch eine arbeitsreiche Nacht.
 
Zurück
Oben Unten