[13.05.2008] Märchenstunde

Ninaran

Sachiko Rin
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13. Mai 2011
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Nachdem er sich den Tag über von dem Stress des gestrigen Abends erholt hat, geht Rin zu den Menschen der Kompanja. Er hatte vor allem die Kinder sehr in's Herz geschlossen und so hatte er sich heute vorgenommen, ihnen ein wenig von dem zurück zu geben, was sie ihm die letzten Tage haben zukommen lassen. Er hat viel mit den Erwachsenen gesprochen, sich ihre Geschichten angehört und von ihnen gelernt, jetzt war es Zeit, dass auch er eine der Geschichten erzählte, die ihm als Kind vorgelesen wurden. Obgleich nicht sonderlich gut im Vortrag und dadurch sehr nervös, hat er sich fest vorgenommen, dieses Ziel heute Abend zu verwirklichen.
Als er in die Scheune kommt und die Anwesenden gewohnt freundlich begrüßt, setzt er sich und winkt die Kinder zu ihm heran um ihnen die Geschichte zu erzählen.

"Nun, ich habe in letzter Zeit einiges von euch, eurer Geschichte, eurer Kultur und euren Sagen gehört, dass ich es nur gerecht finde, dass ich euch etwas davon zurück gebe. Ich erzähl euch jetzt ein Märchen, das mir damals meine Eltern in meiner Kindheit vorgelesen haben. Jedoch werde ich es übersetzen müssen, weswegen ich euch bitte, nicht all zu kleinlich zu sein, falls ich mal hier oder da einen kleinen Fehler mache." Er lächelt etwas verlegen.

"Zwei Freunde trafen auf einem Spaziergang Kinder, welche einen jungen Fuchs gefangen hatten. Sie hielten das Tier in Stricken gebunden und erklärten, es in ihrem Dorfe verkaufen zu wollen. Ein junger Mann habe ihnen ein hübsches, blankes Geldstück dafür versprochen. Der eine der Freunde beschloss sogeleich, den Fuchs zu kaufen und bot den Kindern noch mehr dafür. Der andere spottete anfangs darüber, gab aber doch seine völlige Unterstützung zu erkennen, als sein Freund erklärte, er habe das Füchslein nur gekauft, um es auf der Stelle frei zu setzen. So geschah es dann auch und beide Freunde freuten sich herzlich über die erfreuten Sprünge des jungen Fuchses beim Wiedersehen mit seinen Eltern, die anfangs sehr betrübt, dann höchst vergnügt, die Vorgänge aus der Ferne beobachtet haben."

Während er erzählt schaut Rin die Kinder eins nach dem anderen an und überprüft auch, ob die anderen Anwesenden zuhören, sollte das der Fall sein, würde er etwas lauter sprechen, damit auch sie ihn verstehen können. Wenn nicht, würde er den Ton ein wenig senken, um sie nicht zu stören.

"Lange Zeit danach - niemand dachte mehr an die Geschichte - erkrankte der Wohltäter des jungen Fuchses, der unterdessen in eine andere, ferne Stadt gezogen war, sehr schlimm. Die Ärzte erklärten, nur die Anwesenheit eines Fuchses könne ihn retten. Keiner seiner Bekannten aber konnte eine solche besorgen und es wurde deswegen ein Brief an einen entfernt wohnenden Freund abgesandt, mit der Bitte, wenn irgendwie möglich, recht bald einen Fuchs für den Patienten zu senden.
Es dauerte nicht lange, da kam ein wohlgekleideter Mann und brachte mit vielen Höflichkeitsbezeugungen, aber in sehr ernster und trauriger Stimmung, einen jungen Fuchs. Der Kranke ließ ihn sofort nach ärztlicher Vorschrift vorbereiten und bekam auch durch diesen seine Gesundheit vollkommen wieder. Er glaube natürlich, sein entfernter Freund habe das Heilmittel gesandt, und war daher sehr überrascht, ein paar Tage später von diesem die Nachricht zu erhalten, er habe keinen Fuchs anschaffen können.
Nun erinnerte der Gesunde sich wohl des früheren Abenteuers und zweifelte nicht, dass die Füchse, deren Wohltäter er geworden, in irgendeiner Weise ihre Dankbarkeit hätten beweisen wollen. Die Sache blieb jedoch unaufgeklärt, bis er wieder einmal seinen früheren Wohnort besuchte. Hier sah er den alten Fuchs wieder und rief ihn an. Derselbe kam auch herzu und berichtete, er und seine Frau hätten seiner Zeit zu ihrer tiefen Betrübnis durch andere Füchse erfahren, dass ihr Wohltäter so schwer und gefahrvoll erkrankt sei. Sie hätten es nicht über sich gewinnen können, ihn im Stiche zu lassen und hätten lieber den damals durch ihn befreiten und nur durch ihn am Leben erhaltenen Sprössling fortgeschickt, als dass sie seinen Tod sich zum Vorwurfe hätten machen müssen.
Der Mann war tief gerührt und dankte dem Fuchs mit Tränen in den Augen. Er gelobte aber auch, seinen Dank zu betätigen und stiftete ein schönes Fuchsbildnis beim Tempel der Göttin von Inari, gemäß der alten Sitte."

Rin stopt und lässt die Worte wirken.

"Ihr seht also - Freundlichkeit und Nächstenliebe sollten stets in eurem Herzen sein."

Dann steht er auf, fährt mit der Hand mehrmals durch die Haare eines der Kinder und schaut sich dann nach Roxana um.
 
Hmm, sie scheint wohl mit dem Besucher draußen zu sein, der vorhin angekündigt wurde. Na, nicht weiter tragisch, ich habe eh noch etwas zu erledigen.

Rin streckt sich kurz und verlässt dann die Scheune, wieder zurück in sein Zimmer. Er hat noch etwas zu erledigen, dass er die letzten Tage schändlicherweise vergessen hat.
Auf seinem Zimmer angekommen schließt er die Tür hinter sich ab und bedeckt das Schlüsselloch. Er vertraute den anwesenden Menschen zwar genug, um hier übernachten zu können, aber bei seinem jetzigen Vorhaben möchte er sehr sicher sein, dass es keine unerwünschten Zuschauer gibt.
Dann konzentriert er sich auf sein ehemaliges Zuhause, das Wohnzimmer und erschafft so das Bild des Raumes zusammen mit seinen Eltern. Nach der kurzen Konzentrationsphase öffnet er seine Augen wieder und lächelt leicht, als er sich umschaut.
Es gibt doch keinen besseren Ort als zu Hause... denkt er sich bei dem Anblick und setzt sich zu seinen Eltern an den Tisch.

"Ich vermisse euch.. Mutter.. Vater..", spricht er leise in seiner Muttersprache. "Ich habe euch versprochen mich regelmäßig zu melden, doch das konnte ich leider nicht einhalten." Er schaut seiner Mutter in das Gesicht. Trauer erfüllt seine ganze Existenz, droht ihn zu zerreißen. "Es tut mir leid, dass ich so verzogen reagiert habe früher. Es war nicht eure Schuld, sondern ganz allein meine. Ihr seid gute Menschen, ihr habt etwas besseres verdient. Doch ich arbeite daran! Ich habe Kontakt mit den hiesigen Autoritäten aufgenommen und füge mich nun in das Gefüge wie ein normaler, gesetzestreuer Bürger! Ich werde euch nicht weiter durch mein Handeln beschmutzen. Ihr werdet sehen, ich werde euch wieder Grund geben, meine Existenz anzuerkennen." Rins Gesicht hellt sich mehr und mehr auf, während er sich in Rage redet. "Ich werde mich an die Gesetze halten, werde Freundschaften achten, die Ehre bewahren und stets an euch denken!" Er stockt und schaut seinen Vater an. "Es tut mir leid, Vater."
Doch als er versucht nach der Wange seiner Mutter zu greifen, um sie liebend zu berühren, fährt seine Hand durch die Illusion und erneut erschreckt er sich leicht, wodurch er die Konzentration verliert und die Illusion verschwindet.
Er bleibt ein paar Minuten in dieser Haltung. Leicht vornüber gebeugt mit ausgestreckter Hand, bevor er sie zur Faust ballt und an seine Stirn führt.
Ich bin noch immer nicht stark genug. Vergebt mir.

Seufzend lässt er sich zurück auf den Boden fallen und schließt seine Augen. In dieser Haltung verbleibt er ein paar Minuten, bevor er wieder aufsteht, einen letzten, wehleidigen Blick an die Stelle wirft, wo vorhin seine Eltern saßen und sich zurück zur Scheune begiebt, die er erneut nach einem Zeichen von Roxana absucht.

Hoffentlich ist Roxana gewillt mich nicht nur aufzunehmen, sondern auch in der Kunst der Illusionen zu unterrichten. Ich muss stärker werden um meine Eltern nicht noch mehr zu enttäuschen.
 
Es dauerte eine Weile bis Roxana zurückkam und dann zuerst ein paar Worte mit ihren engsten Beratern und Mitarbeitern sprach, bevor sie zu Rin kam.

"Na, gut geschlafen und bis jetzt eine gute Nacht gehabt?" erkundigte sie sich freundlich bei ihm.
 
Rin hat in der Zwischenzeit, in der er auf Roxana gewartet hat, gedankenverloren an der Wand gesessen und in das Feuer gestarrt. Mit respektvollem Abstand, versteht sich. Doch als Roxana erscheint, steht er auf und lächelt ihr zu.

"Danke, durchaus, ich kann mich nicht beschweren." Einerseits wäre es wohl höflich, die Fragen zu erwidern, andererseits lebte er jetzt in einer anderen Gesellschaft. Sollten die Gespräche Roxanas für ihn wichtig sein, würde sie das schon erwähnen und wenn sie ihn nichts angingen.. nun, dann wäre es unhöflich nachzubohren, deswegen sagt er dazu nichts.
Er senkt die Stimme ein wenig und wirft kurz einen verstohlenen Blick auf die anwesenden Menschen in der Scheune.

"In wie weit kann ich eigentlich den Anwesenden Menschen vertrauen? Vor allem im Bezug auf.. unsere ... Situation?"
 
"Ich denke, den Leuten kannst du voll und ganz vertrauen, die wissen auch alle mehr oder weniger bescheid, was wir sind und werden uns auch schützen, sollte sich tagsüber eine Gefahr ergeben", sagte Roxana dann. "Was meinst du, traust du dir morgen zu, mit in den Kampf gegen die Werwölfe zu ziehen? Was sind denn die Kräfte, die du bisher erlernt hast, kannst du mir das bitte einmal nennen, damit ich es besser einschätzen kann?"

Er würde wohl nicht mitgehen müssen, doch wenn er es wollte, würde sie es ihm auf jeden Fall gestatten.
 
Werwölfe? Gut, eigentlich sollte es mich nicht überraschen, dass es sie gibt, schließlich bin ich ja selber eine Kreatur, die ich vor kurze Zeit noch für ein Märchen hielt...

Für einen kurzen Augenblick verliert Rin die Fassung und sein Lächeln verschwindet. "Ich muss leider gestehen, dass ich bis zu diesem Augenblick nicht einmal ernsthaft darüber nachgedacht habe, dass Werwölfe tatsächlich existieren. Ich beherrsche nicht viele Kräfte, eigentlich wollte ich dich heute extra aufsuchen, um etwas zu lernen. Bisher beherrsche ich die Grundlagen der Kommunikation mit Tieren durch den Geist, habe eine leicht erhöhte Widerstandskraft und kann einfache Illusionen erschaffen, die sich auf sämtliche Sinne erweitern. Ansonsten bin ich gut darin, mich aus brenzligen Situationen rauszulügen und mich zu verstecken. Ich kann mit keinerlei Waffen umgehen, von daher wäre ich in einem direkten Kampf wohl nicht all zu nützlich, befürchte ich. Sollte es aber einen Weg geben, mit dem ich helfen kann, so bin ich natürlich gerne dazu bereit, alles dafür zu tun."
 
"Dann solltest du vielleicht besser hier bleiben, denn Kanonenfutter brauchen wir nicht wirklich." Roxana wirkte etwas nachdenklich. "Was wolltest du denn von mir lernen, Rin? Illusionen oder wie man Tieren befiehlt, ich kann dich auch lehren, Dinge zu erkennen, die andere nicht sehen, ich bin aus einer etwas anderen Linie als du.
Sag mir einfach, was dich interessieren würde."
 
"Mehr zu sehen als andere ist immer eine nützliche Fähigkeit, die würde ich sehr gerne erlernen. Ebenfalls wär ich dir dankbar, wenn du mich weiter in Illusionen und Seelenstärke ausbilden könntest. Und entschuldige, dass ich keine Fertigkeiten besitze, mit denen ich euch im Kampf unterstützen kann." Rin sieht deswegen ehrlich bestürzt aus.
 
Roxana überlegte kurz.

"Das sollte kein Problem sein, was die Seelenstärke angeht, so musst du einfach üben, über den jetztigen Schmerzpunkt hinauszugehen, zum Beispiel, dich immer wieder zu verletzen, bis du merkst, es wird immer schwerer, sich zu verletzen", sagte sie dann. "Das mit den Illusionen können wir üben und das mit der Erweiterung der Sinne, das wird etwas schwieriger für dich werden, aber ich bin sicher, du wirst es lernen können, die Frage ist, willst du den einfacheren Weg mit Blut oder den schwierigeren und längeren mit Übungen, ich bin für beides bereit."
 
"Würde es reichen, mich immer wieder mit einem Messer zu schneiden und die Wunde anschließend zu heilen, während ich mich voll darauf konzentriere, der Klinge standzuhalten? Bezüglich des Blutes.. da würde ich gerne den längeren Weg gehen und üben. Mein Erzeuger hat mir davon abgeraten, Vampirblut zu trinken. Jedenfalls nehme ich an, dass du mit dem einfacheren Weg meinst, dass ich dein Blut trinke. Sollte dem nicht so sein, entschuldige ich mich für meine Anmaßung."
 
"Das mit dem Messer kannst du natürlich machen, aber das wird dann auch sehr lange dauern, was schwerer, wie z.B. auch vom Dach fallen lassen oder so, wäre effektiver, aber das ist deine Entscheidung, die kann ich dir nicht abnehmen", erwiderte Roxana. "Und ja, du müsstest von meinem Blut trinken, da ich es kann, ich werde es dir aber auch anders beibringen können, das ist kein Problem, es dauert halt nur länger, dann nehme ich das als deine Entscheidung, deine entgültige Entscheidung in der Sache, nicht dass du, wenn es dir zu schwer wird, doch noch Blut willst?"
 
"Vom.. Dach fallen lassen? Klingt effektiver, aber auch gefährlicher. Da muss ich wahrscheinlich regelmäßig zwischendurch jagen gehen. Um was für eine Zeitersparnis reden wir denn in etwa, wenn ich das Blut nehme, anstatt der normalen Methode? In etwa."
 
"Ja, aber du willst schließlich auch schnelle Ergebnisse, gerade bei dem, was dir im Blut liegt", sagte Roxana. "Was das mit dem Blut angeht, ich weiss nicht, was du an Empathie und anderen psychischen Kräften mitbringst, wenn die schlecht sind kann es schon auch einige Wochen dauern, wenn sie gut sind Tage und das kann man mit Blut ausgleichen, aber ich bin jetzt nicht scharf darauf dir von meinem Blut zu geben, von daher gefiel mir deine Entscheidung halt ganz gut."

Immer die Jugend, die am besten alles gestern haben wollte.
 
"Nun, ist ja nicht so, als ob uns die Zeit abläuft. Da halte ich mich lieber an den Rat meines Erzeugers und lerne das auf natürlichem Wege, auch wenn das länger dauern wird."
 
Roxana lachte. "Dann rauf mit dir aufs Dach", sagte sie. "Und keine Müdigkeit vorschützen." Sie hatte gerade eine ausgesprochen lustige Idee, immerhin war es nicht ganz einfach, sich selber zu maltärieren. "Und denke dran, es ist alles zu deinem besten, was dann passieren wird."
 
Rin ist eindeutig unwohl bei dem Gedanken, vom Dach zu springen. "Nun gut. Sehr wohl. Wie komme ich am besten auf das Dach? Ich denke nicht, dass es hier eine Feuerleiter gibt. Mein Zimmer hat kein Dachfenster und ich möchte nicht einfach in irgendwelche Räume reinplatzen um auf das Dach zu klettern."
 
"Na, dann komm mit, ich kenne den Zugang zum Dach und auch den Ausstieg", erklärte Roxana. "Man sagt, auf diese Art kann fast jeder die Seelenstärke erlernen, auch, wenn ich selber es noch nie für notwendig hielt."

Sie ging voraus zum Haus, auch wenn sie selbst sehr selten im Haus schlief und dieses auch nur dann aufsuchte, wenn es sein musste, irgendwie war sie schon immer eine Roma, eine Zigeunerin gewesen.
 
Sie führte ihn die Treppe hoch in den 2.Stock und dort gab es einen Zugang zum Dach, der mit einer Klappe verschlossen war, die man herunterklappen und dann die Treppe ausziehen konnte. Von dort aus gab es zwei Dachluken, durch die man nach draussen aufs Dach konnte und die gross genug waren, einen Erwachsenen hindurch zu lassen, vermutlich waren sie als Notausstieg und für den Schornsteinfeger gedacht, doch nun waren sie für Rin da, der von dort die 6 bis 7 Meter nach unten springen oder besser fallen konnte.

"Das sollte doch reichen fürs erste, später kannst du auch was höheres ausprobieren, wenn du willst."
 
In was für eine Situation hab ich mich da schon wieder hereinbefördert... oh man.

"Hast du noch einen letzten Tipp, bevor ich anfange? Ich denke mal, dass weder auf dem Kopf, noch auf den Beinen zu landen angebracht ist. Ich brech mir also entweder die Wirbelsäule oder die Rippen. Zweiteres konnte mein Herz durchspießen, das wäre also wahrscheinlich nicht all zu klug, also eher auf dem Rücken landen, die Wunden heilen und je nach Stärke jagen und dann nochmal runter. Oder hast du da noch eine Empfehlung?"
 
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