12.06.07 - Hässliche Neuigkeiten

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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2. März 2004
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Leise und sanft fiel der nieselige Regen aus dem schwarzem Wolkenband über der Stadt. Wie ein nebelfeuchter Vorhang stürtzen unzählige kleinste Tröpfchen, einer Schwadron Kamikazeflieger ähnlich, in ihrem taumeligem Tanz dem Boden entgegen.
Im Lichte der spärlichen Lampen über dem alten Finstertaler Güterbahnhof sprühte die filigrane Wand aus Wasser faserig durch die kleinsten Ritzen der Steine, die zwischen den glänzenden nassen Schienen nur noch sporadisch herumlagen. Das Wetter dämpfte die Warnehmung, machte das Licht dunstig, Geräusche klangen dumpf und die Realität wirkte wie ausgewaschen.
Richtung Norden sah man einen flackernden Lichtschein der unmerklich grösser wurde auf seinem Weg zwischen die alten Lagerhallen und Tanks. Die Schienen begannen zu summen und ein grollender Ton wirbelte durch die dicke, schwährende Luft, tat sich schwer durch die Schwüle gehört zu werden, schwoll aber dennoch beharrlich immer lauter an.
Die Umrisse eines Zuges wurden hinter dem Licht sichtbar, das nun hinter dem Licht zum Vorschein kam. Rasend preschte die Metallschlange über die Schienen und wurde rumpelnd durch den Bogen getrieben der die Einfahrt für die Be- und Entladungsbucht darstellt.

Mit einem Crescendo aus kreischenden Bremsen, die hörbar Mühe hatten auf dem nassem Untergrund Halt zu finden, wurde der Zug immer langsamer, bis er schließlich, nach einem letztem protestierendem Ruck und einem zittern, zum stehen kam.
Überanspruchtes Metall ächzte und Überdruck Ventile zischten böse, so als wäre der ganze Zug ein großes, schwarzes Metalltier, das man mit Gewalt viel zu schnell den langen Weg nach Finstertal getrieben hatte.
Einige Minuten lang stand das Untier so in der Nacht während es langsam zur Ruhe kam. Dann war ein schabendes Gerräusch zu hören, ein schlecht geöltes Schanier quengelte im Inneren eines der rötlichen Container die das Rückgrat des Zuges bildeten. Schließlich schnappte der Verschluss des Rolltores auf und es glitt rumpelnd zur Seite um den Blick das vollkommene Dunkel darin freizugeben.
Eine kleine Gestalt schälte sich aus dem Container und hopste hinüber auf den Bahnsteg. Sie war in einen knautschigen braunen Ledermantel mit vielen Flecken gehüllt, der an den Ellenbogen und unter den Achseln so stark abgewetzt war das dort keine Farbe mehr zu sehen war. Eine grobe graue Hose mit vielen Taschen blitze ab und an darunter hervor. Der Kopf war in einer großen dunelgrünen Kapuze versteckt, die wohl zu einem viel zu großem Pullover gehörte die irgendwo unter dem Kleiderbündel verborgen war. Aus der Schwärze dieser Kapuze schimmerten ab und an zwei fahle, schmutzig weiße Flecken auf die hin und her flitzten während sie die unmittelbare Umgebung taxierten. Ein wenig wie eine große Ratte stand die Gestalt witternd dar, seltsam verkrümmt, so als könnte sie den Rücken nicht ganz gerade machen.
Ein letztes mal drehte sich die Figur um und aus den Ärmeln krochen seltsame lange, skelettartige Finger mit schwarzen, Krallenartigen Fingernägeln, mit denen sie fast liebevoll über das Metall der Plakette auf dem Container fuhr. Er verriet das im Inneren des Containers Ätzende Chemikalien transportiert wurden. Als Herkunft war die Tcheschiche Republik angegeben. Prag.
Ein Lächeln erschien in der Kapuze, gelbliche, abgebrochene und unregelmäßige Zähne blitzen auf, gekrönt einem besonders langem und spitzem Paar Schneidezähne.

Warnung - ätzende Fracht. Wie passend.

Lurker machte sich mit ruckelnden Bewegungen daran den Container wieder zu versiegeln, dann drehte er sich schnell weg und kniff die Augen zusammen um in Richtung des Führerhauses seines Zuges zu sehen. Bis auf den Lichtschein der durch die zerkratzeten trüben Scheiben fiel war aber nichts zu sehen. Eigentlich war das auch völlig unwichtig, wer auch immer in diesem Zug saß und ihn durch die NAcht steuerte wußte schließlich rein gar nichts über seinen Inhalt.
Schnell, wie eine Küchenschabe wenn man das Licht einschaltete wieselte der Nosferatu über die Verladebucht und kroch in die schützende Dunkelheit zwischen den Lagerhallten.
Hier verharrte er einen kurzen Augenblick und sog prüfend die Luft durch seine zerbissene Nase ein. Er erinnerte sich, er erinnerte sich an alles. So roch Finstertal. Sein erster Auftrag den er völlig alleine durchgeführt hatte.
Alles war in eine scheußliche Katastrophe geschlidert als der Fluch des alten Koldunen über die Stadt hereingebrochen war, doch er hatte überlebt.

Schließlich war er zurückgerufen worden und hatte all sein Wissen in das Clans Netzwerk einfließen lassen, doch nun hatte man beschlossen das er wieder hier her kommen sollte.
Alte Geschichten und Gesichter flackerten in seinem Geist. Freunde und Feinde - echte Liebe die sich als böse Versklavung herausgestellt hatte. Heimat, all das war Finstertal. Lurker biss auf seinen Nägeln herum. Er hatte schreckliche Angst vor dieser Stadt, doch im Kern der wühlenden Angst sass die faulige Wärme der Freude wieder hier zu sein. Egal wie es ausging, er würde tun was man ihm aufgetragen hatte. Finstertal.

Der Nosferatu knurrte entschlossen, dann sprang er in die dunstige schwüle Nacht davon.
 
AW: 12.06.07 - Hässliche Neuigkeiten

Natürlich hatte Lurker auch die Nachrichten über Finstertal gelesen und die Fernsehberichte gesehen, die von den Brandanschlägen berichteten. Er hatte auch auf den Bildern erkannt, daß es zumindestens die Kunstakademie erwischt hatte und die Nervenheilanstalt bis auf die Grundmauern niedergebrannt war.

Für ihn war klar, daß es keine normalen Brandanschläge gewesen sein konnten auch wenn sich für alles fadenscheinige Erklärungen fanden. Fast war es ihm, als könnte er noch die letzten Reste des Brandgeruchs in der Luft riechen, der vor Tagen hier gelegen war. Wer war noch da, wen würde er noch kennen? Um dies zu erfahren würde er sich in die Stadt begeben müssen, das Elyseum aufsuchen.

Es schien als würde gerade diese Stadt nie ihre Ruhe finden.
 
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