[11.05.2008] Ein Nachtspaziergang

Krause

Haus und Clan Tremere
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29. August 2011
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Nach dem Verlassen des Cafes lenkte Katharina ihre Schritte in Richtung Stieed. Wenn ihr Orientierungssinn sie nicht völlig trog, war dieser recht nah an Cafe und Akademie gewesen, sodaß der Rückweg keine große Herausforderung darstellen sollte. In jedem Fall hatte das Viertel ja einen gewissen Ruf, der über die Grenzen der Stadt hinausreichte. Dafür mußte es einen Grund geben, richtig ?

Also durchschritt sie die Gassen und ließ sich von der Atmosphäre in den Gassen zwischen den altehrwürdigen Gebäuden gefangennehmen. Einzig einzelne Elemente wie das 'Vampire's alive' störten sie etwas, aber für so etwas war sie dann wohl auch zu konservativ, ansonsten war ihr Eindruck durchaus positiv. Es gab viel zu sehen und auch ein buntes Treiben beinahe jeder Couleur fand ungehindert im Rahmen der üblichen Nachtschwärmerzüge statt, die sich anscheinend vor erwähntem 'Vampire's alive' und einer Einrichtung sammelten, die offenbar 'Dark End' hieß.

Obgleich diese Einrichtungen allein schon wegen der angesprochenen Subkultur als Jagdgebiet dienen könnten, empfand sie sich doch als etwas zu erwachsen für so einen Umgang. Nun gut.
Sie wandte sich um und setzte ihren Weg in Richtung Fußgängerzone fort.
 
Der Antrittsbesuch bei der neuen Stadtführung war beendet und Adrian war noch in der Stadt zum Speisen gewesen. Das wohlige Gefühl frischer warmer Vitae zweier Sterblicher füllte Adrian den Magen. Der Brujah war immer noch unter dem Eindruck der letzten Nächte in denen ein alter Freund aus sterblichen Tagen, längst tot und vergessen, ihn heimgesucht und seine Pflichten gegenüber Clan und Aftraggebern in Frage gestellt hatte. Sie zu auf der richtigen Seite zu stehen - nichts anderes tue ich seit Beginn meines Unlebens.
Unvermittelt stand Adrian, tief in Gedanken vor einer Frau in die er, ganz untypisch für seine vorsichtige Natur, fast hineingelaufen wäre.
"Bitte entschuldigen Sie, ich war in Gedanken!"
 
Katharina bemerkte den Mann, der auf einmal fast direkt vor ihr stand gerade noch rechtzeitig, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Dem Unbekannten schien es ähnlich zu gehen, auch er hatte sie noch rechtzeitig, wenn auch knapp, registriert, so daß sie nun erst einmal voreinander auf dem Bürgersteig standen. Der Fremdling fand seine Sprache zuerst wieder, und nutzte das dann auch, um sich für den Beinahe-Vorfall zu entschuldigen. "Ganz offensichtlich. Passiert ihnen sowas öfter ?" erwiderte sie durchaus ungehalten und ließ die Worte eine Weile drohend in der Luft schweben, bevor sie den Rest in einem freundlicheren Ton nachschob. "Aber es ist ja zum Glück nichts passiert."

Sie musterte Adrian kurz. Asait war ja ziemlich offensichtlich, aber weiter wollte sie dem dann doch nicht nachgehen. Immerhin sahen die Typen für sie eigentlich alle ziemlich gleich aus. Dieser hier schien darüber hinaus auch noch recht wohlhabend zu sein, jedenfalls sofern man das an der Kleidung festmachen konnte. Ein Konzerner oder ähnliches vermutlich, für einen Touristen war sein Deutsch dann doch zu gut.
 
Die Frau war Adrian gänzlich unbekannt und reagierte auch angemessen ungehalten auf den kleinen Zusammenstoss."Nein, gewöhnlich bemerkt mich mein Opfer immer erst später" gab er mit einem raubtierhaftem Grinsen zurück das aber sofort in ein charmantes Lächeln überging. "Entschuldigen Sie nochmals, ich wollte Sie weder erschrecken noch belästigen aber ich war tief in Gedanken, die letzten Nächte waren irgendwie...speziell."
Adrians Blick wanderte an den Hals der Frau hinab, deren Haut eine unnatürliche Blässe aufwies und suchte nach Anzwichen von Atemaktivitäten. Es war schwer für den Brujah festzustellen ob er eine von seiner Art vor sich hatte, aber er hatte sich angewöhnt erst sicher zu gehen mit wem oder was er es zu tun hatte, bevor er auf irgendeine Art Kontakt aufnahm.
 
Ihre Augen verengten sich kurz. "Dann hoffe ich einfach mal für sie, daß sich alles noch an seinem Platz befindet." Nicht unbedingt der beste Stil, derart auf einen Ice-Breaker zu reagieren, aber wenn das eine billige Anmache werden sollte, wollte sie ihr Gegenüber schonmal gewarnt haben. Natürlich war ihr Gesichtsausdruck nicht ganz so bedrohlich wie er gemessen an der Botschaft sein sollte, aber so konnte der andere sich aussuchen, wie ernst sie das denn nun genau meinte.

"Es gab hier so etwas wie eine Epidemie, richtig ? Ich hörte davon. Scheint eine ganze Menge Leute ziemlich übel erwischt zu haben, wie man so sagt. Gehören sie zum Reinemachkommando oder haben sie nur Fälle in der Familie gehabt ?"

Atemaktivität war vorhanden, wenn man aber eine Weile darauf achtete, konnte man sehen, daß es sie doch etwas zu flach und unregelmäßig war. Da er sich also in die Beobachtung vertiefte, wurde er kurz nach der Erkenntnis von seiner Gesprächspartnerin auf die Beobachtung angesprochen. "Meine Augen sind etwas weiter oben, wenn's nicht stört."
 
"Die Augen sind der Spiegel der Seele und ich glaube wir kennen uns nicht gut genug das ich in die Abgründe der Ihren schon würde hinabschauen wollen" antwortete er schnell und suchte sich wieder den berühmten Punkt auf der Stirn des Gegenübers der die Aggression des Augenkontakts zu verhinderte ohne den Eindruck zu erwecken den Gesprächspartner nicht anzusehen.
Adrian war erstaunt. Die Frau war gerade heraus, wusste was sie wollte und versuchte ihre Interessen ohne Rücksicht durchzusetzen. Sie setzte auf Einschüchterung unterstützt durch die geschlechterbedingten Konventionen, ohne aber dabei mehr als eine latente Art der Bedrohng aufzubauen, das überlies sie ganz der Phantasie Adrians. Sie war nicht der Typ der ohne wirklichen Anlass "Vergewaltigung" brüllen würde.
"Epedemie? Nun, ich weiss nicht, mir kam es wie eine große Massenhysterie vor. Als wären alle von Lethargie befallen und würden in unserer Ohnmacht von Angstvisionen geplagt - und nein, ich räume weder auf, noch lebt noch jemand von meiner Familie der hätte Gefahr laufen können Opfer dieser Krankheitswelle zu sein. Wie ist das mit Ihnen? Sind Sie Ärztin oder Wissenschaftlerin und untersuchen dieses Phänomen?"
 
Er will nicht vorschnell in meine Abgründe hinabschauen ? Adrian erfüllte in ihren Augen im Moment klar das Klischee des überhöflichen und zurückhaltenden Asiaten, aber das war ja auch eine Erziehungssache. Direkt niedlich...

"Eine Massenhysterie beziehungsweise Massenlethargie also ?" Zwei komplett gegensätzliche Pole, aber sie war bereit, Adrian den Zweifel des Nicht-Muttersprachlers einzuräumen und verzichtete darauf, ihn auf diesen Widerspruch aufmerksam zu machen. Seine Schilderung klang jedenfalls deutlich eher nach Lethargie. Auch wenn seine bunte Vermischung von Hysterie und Krankheitswelle wieder nach fachfremder Person oder eben Ausländer klang. "Ich verstehe. Um auf ihre Frage zurückzukommen, ja, ich bin Wissenschaftlerin und untersuche dieses Phänomen."
Wobei das Phänomen an sich gegenüber den Symptomen, die du für das Phänomen zu halten scheinst deutlich in den Vordergrund tritt.
"Und womit verdienen sie ihren Lebensunterhalt in Zeiten wie diesen, Herr... ?"
 
"Ebenfalls sehr angenehm Frau Zimmermann. Nun zu Ihrer Frage, ich bin im Finanzgeschäft als freiberuflicher Berater tätig, langweiliger Kram wüden die meisten Leute wohl sagen.
Aber sagen Sie, haben sie schon neue Erkenntnisse was diese Sache in den letzten Jahren angeht? Es ist ja wie ich hörte nicht das erste mal das in Finstertal etwas ähnliches vorkommt und ich wäre schon froh wenn man die ursache kennen und bekämpfen würde."
Mal sehen wie gut die Maskerade noch ist.
 
Noch so ein Finanzhai, wenn das so weitergeht kann man ja bald nirgendwo mehr hingehen ohne versehentlich auf einen draufzutreten.
"Ein Freiberufler ? Ist ihnen das nicht etwas zu riskant, wenn man die Wirtschaftslage bedenkt ?"
Katharina schmunzelte hinterhältig.

"Das Problem ist uns bekannt aber bis zur vollständigen Klärung der Vorkommnisse sind sämtliche Details, die erwähnte Ereignisse betreffen, Verschlußsache. Vermeidung vorschneller Handlungen aufgrund falscher und voreiliger Schlüsse. Das verstehen sie sicher." Zumindest was Unbefugte angeht.
 
Klar, zu deutsch ihr habt nicht den blassesten Schimmer was abgeht und wartet auf die Lösung die ihr den Medien und dem Stimmvieh verkauft. Gute alte Camarilla und ihre Maskerade.

"Das ist ja erfreulich zu hören das an dem Problem gearbeitet wird. Ansonsten kann ich zu der Finanzkrise nur sagen das jeder der von deren Effekten überrascht war und sein Geld verloren hat ein Dummkopf ist. Die Blase in den Staaten musste platzen und wer sein Geschäft versteht hat seine Aktiva schon lange davor in Sicherheit gebracht und erfreut sich gerade am daraus resultierenden Boom auf dem Goldmarkt."
 
Ach ja... Hauptsache der Allgemeinheit der Finanzparasiten geht es gut.

Katharina verzichtet darauf, Adrian zu sagen, was sie von derartigem Berufsethos und dessen Anhängern hält. Ihrer Überzeugung nach konnte man auch Affen auf das Beobachten des Finanzmarktes dressieren, was viel über diese BWL-Schnösel aussagte.
"Demzufolge gehören sie selbstverständlich zu jenen, die im Moment ganz auf Gold setzen." Eine Feststellung, nicht mehr, nicht weniger.
"Sagen sie das mal nicht zu laut, in ihrer Branche lebt man doch von Mundpropaganda, oder nicht ? Nicht auszudenken, was passiert wenn der Falsche sowas hört."
 
Adrian begann herzhaft zu lachen.

"Entschuldigen Sie Frau Zimmermann, aber wenn Sie glauben das igendetwas das ich von mir gebe den Weltfinanzmarkt in Bewegung bringt halten Sie mich wohl für Warren Buffett. Ich bin allenfalls eine Makrele in einem Becken voller Haie, der Mühe nicht Wert von den großen Raubfischen gefressen zu werden. Meine Investmenttips haben nur für meine Kunden einen gewissen Wert weil sie auf deren Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Außerdem sind die Zeiten der Insidertips seit den späten 80ern vorbei."
 
"Selbstverständlich." Als ob du was anderes sagen könntest. Das ist seit den 80ern höchstens kein Kavaliersdelikt mehr. Katharinas Ton blieb neutral, nur ihr Mienenspiel machte klar, daß sie Adrian kein Wort abnahm, zumindest was die Insidergeschäfte anging. Von der typischen Eigenart des Herunterspielens der eigenen, naja, 'Leistungen' mal ganz zu schweigen.

"Übertreiben wir's mal nicht, ich denke sie sind ein paar Ligen tiefer als Mr. Buffett, da besteht keinerlei Verwechslungsgefahr. Insofern paßt die Makrele wohl schon ganz gut. Haben sie denn hier in der Stadt schon einen Arbeitgeber gefunden ?"
 
Irgendwie verfängt mein Charme nicht wirklich bei ihr, aber was solls.

"Nein, ich sondiere ein wenig die Lage und überlege ob es eine interessante Investitionsmöglichkeit hier gibt. Ansonsten werde ich nach und nach wieder beginnen Kunden zu akquirieren. Aber ich gewinne den Eindruck das Sie den Finanzmarkt nicht wirklich mögen. Sollen wir lieber das Thema wechseln?"
 
"Solange sie sich dabei nicht mit ihren Kollegen ins Gehege kommen, solls mir recht sein, viel Erfolg damit."
Auf ihre Abneigung zum Finanzsektor angesprochen, verzieht sie spöttisch den Mund, bevor sie antwortet. "Sagen wir, ich kann damit nicht viel anfangen." Beziehungsweise habe nicht die Masse an Geld die es braucht um Leute wie dich richtig auszustopfen. "Können wir gerne tun, sie haben doch bestimmt etwas im Hinterkopf, oder ?"
 
Ausgestopft sah der sportlich durchtrainierte Asiate eigentlich nicht aus. Er wirkte eigentlich nicht wie ein typischer Sesselfurzer.

"Eigentlich wollte ich Ihnen die Wahl unseres Gesprächsthemas überlassen. Wo liegen denn Ihre Interessen in Ihrer Freizeit. Womit beschäftigen Sie sich, außer mit Spaziergängen zu später Stunde?"
 
Katharina überlegte. Yoshida sah nicht so aus, als ob sie ihn mit dem, womit sie normalerweise ihre Zeit verbrachte, übermäßig belasten konnte.
Nein, da brauchte sie etwas anderes. Nur was ? Dann fiel ihr etwas ein.

"Ich lese. Zugegeben, nicht das spannendste aller Hobbies, aber es muß ja nicht immer gleich Bungee-jumping oder so etwas sein. Aber manchmal ist es auch ganz praktisch, sich einfach nur hirnlos berieseln zu lassen. Das einzige Problem ist, daß die eher geistlose Unterhaltungsliteratur möglicherweise süchtig macht." Sie schnunzelte. "Was ist mit ihnen ? Ihren Bodychecks nach sind sie wohl kaum Eishockeyspieler, oder ?"
 
Adrian zeigte ein asiatisch höfliches Lächeln auf Frau Zimmermanns Bemerkung.

"Oh nein, wenn schon Sport dann eher Kampfkunst und wenn man Körperkontakt wollen begeistert mich eher Sumo.
Aber Literatur ist so eine Sache, ich versuche mich ein wenig mit klassischer Philosophie, Platon, Aristoteles aber auch die Scholastiker des Mittelaters wie Augustinus oder Thomas von Aquin finde ich recht interessant ohne das ich mehr als ein blutiger Laie in deisen Dingen bin, aber ihre Werke haben irgendwie etwas erhabenes finde ich und ich geniesse auch einfach die sprachliche Eloquenz dieser Männer neben ihrer Gelehrsamkeit."
 
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