02.04.04 - Streifzug durch das Revier

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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Kühle Dunkelheit, dumpfe Stille, unterbrochen von leisen Tropfen, deren Wiederhall in diesem Teil der Kanalisation einem erst klar machte wie drückend die Stille hier war.
Das gleichmäßige Strömen und Rauschen des stetigen Wasserflusses fehlte in diesem, halbzerfallenem Teil der Unterwelt, den man nur durch einen Kriechgang und ein Rohr erreichen konnte.
Hier, verborgen unter einem versacktem Teil der alten Stadtmauer, lag der Leichnam von Lurker, steif wie ein Reptil im Winterschlaf, als konvulstische Zuckungen ihn erfassten. Rohe Gewalte pulste durch seinen Körper und sein Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei, als sein Bewußtsein aus dem Tanz im tröstendem Nichts zurück in die kreischend laute Welt der Sinneseindrücke gezerrt wurde.
Er lehnte sich an die Wand und wartete, seine knotige Hand mit den überlangen Gliedmaßen und den schwarzen Krallen ruhte auf seiner Brust. Es dauerte einen Moment bis die Orientierung einsetzte. Schließlich seufzte er künstlich und erhob sich. Nach ein paar Schritten erreichte er seinen Kleiderbündel und entspannte sich sichtlich. Seine Bewegungen wurden roboterhaft und sein Gesichtsausdruck wurde völlig nichtssagend, während seine Augen glasig ins Nichts schweiften.
Innerlich ging er das gestrige Treffen seines Clans nocheinmal durch, die Stärke der Gemeinschaft straffte seine Gestalt. Früher als erwartet und gewünscht beendete der Abschluß seiner Ankleide Prozedur die meditative Ruhe die er gerade mit solch angenehmen Gedanken verbracht hatte.
Immer noch erfüllte ihn eine fiebrige Unruhe, es schien ihm das die Nacht über ihm aus tausenden von losen Enden bestand, die auf ihn warteten damit er sie korrekt verknüpfen konnte. Also hielt ihn nichts mehr in seiner provisorischen Zuflucht. Er krabbelte aus seinem Loch und stemmte einen Kanaldeckel zur Seite, von dem er wußte das er unweit des Stadtparkes in einem kärglichem Hof auskam., gerade soweit das er hindurchschlüpfen konnte. Dann zwängte er sich hinaus und verschloß dern Zugang zur Unterwelt. Er ließ sich von der Dunkelheit um ihn herum verschlucken, so das kein zufälliger Beobachter ihn hätte sehen können, dann lief er durch den Park davon in Richtung des Fiedhofes. Dort, im östlichen Industriegebiet war sein Revier, das Gebiet seines Clans, er wollte eine Runde dort drehen, sich dort einmal genauer umsehen, er erreichte gerade den Rand des Parks und wäre auch schon durch die Büsche auf die Straße hinaus gebrochen, als er bemerkte das sich jemand näherte.
Ein Päärchen näherte sich, engumschlungen wanderten sie auf dem Bürgersteig am Park entlang. Sie tuschelten und lachten leise miteinander.
Lurker erstarrte und wartete ab, die Beiden passierten sein Versteck und je näher sie kamen um so lauter hörte er ihre im Takt pochenden Herzen, roch er ihre duftende Haut. Er konnte sich den heißen Strom der durch ihre Körper pulste vorstellen und er wand sich in seiner gehockten Position hin und her. Ein leises Jaulen entwand sich seiner Kehle. Er wollte von den beiden Trinken und er spürte wie in ihm der Gedanke übermächtig wurde sie anzufallen, alle beide, und sich abwechselnd an ihnen satt zu saufen.
Der Mann mußte ihn gehört haben, denn er blieb stehen und spähte in die Büsche. Der Narr.
Aber dann übermannte ihn, kurz bevor er sich auf die beiden stürzen konnte, die Erinnerung an eine Nacht und einen Kellereingang in der Nähe.
Seine Augen waren weit aufgerissen und seine Eingeweide zogen sich zusammen vor Durst und plötzlichem Schrecken.
Er riß sich von dem Anblick der beiden Menschen los und rannte zurück in den Park. Er lief einmal quer hindurch und blieb erst am anderen Ende an einen Baum gelehnt liegen. Er zischte und wand und drehte sich auf dem Boden hin und her.
Lurker hatte die Vorkommnisse jenes Abends verdrängt so gut er konnte, aber der durst hatte ihn eingeholt. An dem Abend des Maskenballs hatte er sich an den gereichten Getränken schadlos halten können, aber nun hatte er zulange nicht getrunken. Er spürte wie der geweckte Schmerz in seinem Körper glühte, an seiner Substanz nagte, ein beständiges Ziehen und ein seltsames Scharren an einer Tür, tief in seinem Bewußtsein. Hinter dieser symbolischen Türe war etwas unaussprechlch böses gefangen, etwas das keinen Namen und kein Gesicht hatte, es schlich schon lange hinter seinen Augen hin und her, wartete ungesehen auf seine Chance und nun wurde es stärker und stärker weil er, Lurker immer schwächer wurde. Er fühlte wie ihm sein selbst langsam durch die Finger rann.
Es nutzte nichts, auch wenn er es unbewußt hinausgezögert hatte, er mußte trinken. Er hatte nicht die Wahl.
Er stemmte sich in die Höhe und ließ die kalten Nachtluft und die Einsamkeit auf sich einwirken um sich zu beruhigen.
Als erstes ging ihm die kleine Straße in der Susi Simmer wohnte durch den Kopf. Aber aufbäumen der Angst verbannte diese Gedanken sofort wieder. Dann blitze etwas anderes auf, eine Erinnerung. Er war schon einmal im Industrie Gebiet gewesen und dabei war ihm etwas aufgefallen, etwas das sich nun mehr und mehr in das Zentrum seines Denkens schob.
Ein erleichtertes Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er in Richtung der Nosferatu Domäne eillte.
 
Sein erster Impuls , nachdem er seine dringlichen Geschäfte erledigt hatte, war es in das Rotlichtviertel zu gehen und dort Erkundungen einzuholen und Spuren zu suchen.
Er fühlte sich aber im Augenblick nicht recht danach, zu lebhaft waren die Erinnerungen an das Kloster noch in seinem Gedächtniss.
Nachforschungen bezüglich der Morde waren wirklich greifbar, waren in der unmittelbaren Realität verankert, aber die Geschichte um das Kloster hatte einen Hauch von Mysthik. Ein altes Kloster mit osteuropäischen Wurzeln, erbaut von einem Adligem ? Und dann war da noch die Möglichkeit das dieses Gebäude wirklich nicht geweiht worden war. Er bildete sich ein das er es auch gespürt hätte wenn dies einmal ein heiliger Ort gewesen wäre. In der Nähe von Kirchen und Heiligen Symbolen erfasste ihn immer eine Unruhe und ein seltsamer Unwillen. Wäre ihm diese Reaktion noch möglich hätte er sicher eine Gänsehaut bekommen wenn er in der Nähe solcher Orte weillte, so war es eher ein unangenehmes spannen, das Gefühl eingeengt zu werden, als würden die Wände auf ihn zu rücken.
Dieses Gefühl hatte ihn in dem Kloster nicht erfasst, er meinte zumindest außer freudiger Erregung und Neugierde nichts empfunden zu haben.
Außer diesem kurzem Moment als er im Keller angelangt war.
War das Kloster vielleicht niemals geweiht worden weil sich dort etwas schreckliches oder blasphemisches ereignet hatte, was den Ort als heilige Stätte unbrauchbar machte ? Lag vielleicht ein Fluch auf dem alten Kloster ?
In seinem Geiste tanzten Bilder von mittelalterlichen Mönchen die dort, im schutze der Mauern Unzucht trieben und sich der Schlechtheit hingaben oder von unschuldigen Frauen, die auf dem Klosterhof als Hexen verbrannt wurden und die ihren grausamen Fluch über den Ort spiehen und den Pakt mit ihrem von dem verzehrendem Feuer kochendem Blut besiedelten, das durch ihre Scheiterhaufen auf den Boden sickerte.
All dies übte eine so starke Faszination auf ihn aus, das er seine Schritte automatisch zur Bibliothek wandte.
Er mußte dieser Sache auf den Grund gehen, er konnte nicht anders. Schon früher waren es genau diese Dinge gewesen die ihn gelockt hatten und für deren Aufdeckung er um den Globus gereist war, bis er damals, es war auch in Osteuropa, wie er sich mit einem bitterem Lächeln erinnerte...
Dann stand er plötzlich vor der Bibliothek.
Er ging in sich und konzentrierte sich darauf unscheinbar und immer unscheinbarer zu werden, für die Blicke aller in seiner Umgebung einfach nicht zu existieren, er wurde zu einer huschenden Bewegung die man meinte im Augenwinkel gesehen zu haben, zu einem seltsamen Gefühl das jemand hinter einem war, nach dem man sich aber nicht umsah weil es lächerlich wirkte, denn schließlich war da niemand hinter einem.
Dann schlich er in Richtung Bibliothek, wenn möglich durch einen Hinter oder Nebeneingang.
Hier würde er, vielleicht in einem Archiv oder im Keller, nach den Stadt Chroniken und nach alter Literatur suchen, Zeitgenößisches, und dichterisches, alles was ihm helfen würde mehr über Finstertal im Mittelalter und zur Zeit der Erbaung des Klosters zu erfahren.
Vielleicht galt es einen uralten Skandal auszugraben, der sich in und um das Kloster ereignet haben mochte. Wenn niemals eine Weihe stattgefunden hatte und niemals ein Orden in das Gemäuer statt gefunden hatte, dann war dies im tief religiösem Mittelalter sicher nicht Spurlos verschwunden.
Außerdem mochte er vielleicht ein paar Unterlagen oder Stammbäume bezüglich des Architekten finden, immerhin, er suchte nach dem Namen des Mannes.
 
Nach stundenlangem Recherchieren in der Bibliothek findest du heraus, dass das Kloster bereits im 11. Jahrhundert erbaut wurde und zwar von einem gewisse 'Zacharii'. Das Kloster stellt einen relativ gut erhaltenen Bau der damaligen osteuropäischen Baukunst dar.
 
Er kaute auf seinen Nägeln herum und blätterte sich fahrig durch alle Bände die er finden konnte, fand aber scheinbar nur das heraus was er von seinem Clans Bruder bereits gesagt bekommen hatte.
Somit verstärkte er seine Suche nach lokalen Informationen in und um Finstertal, alte Geschichten und Legenden um diesen Ort, eventuelle schreckliche Dinge die sich hier getan haben mochten.
Außerdem schaute er im Verzeichniss der Bibliothek nach den Chroniken der Stadt, wenn dieses schon nicht hier in irgendeinem Keller waren, dann war da vielleicht zu finden wo diese aufbewahrt wurden. Obwohl hierfür, wie er hoffte, eigentlich nur die Biblitohek und das Rathaus in Frage kamen.
 
Du findest keine Stadtchronik, in der das Kloster erwähnt wird. Aber vielleicht ist ja gerade das auch eine Information...
 
Verärgert schloß er das letzte Buch von dem er sich eine Information erhofft hatte mit einem lautem Knall.
Dann stand er eine Weile mit geschlossenen Augen da und dachte angestrengt nach, ging in seinem Gedächtniss alles durch das in irgendeiner Art und Weise damit zusammenhängen könnte.
Osteuropa war ein wichtiges Element und glücklicherweise konnte er auf Quellen zurückgreifen die auch in diesem Bereich bewandert waren.
Er legte das Buch wieder an seinen Platz, streichelte es beinahe sanft als wolle er sich für sein ungebührliches Verhalten zuvor entschuldigen.
Dann verließ er die Biblitohek und wanderte durch die Stadt in Richtung des Friedhofes. Er kaute auf seiner Unterlippe und dachte darüber nach das scheinbar jemand dringend versuchte die Geschichte des Klosters zu verheimlichen. Wer mochte das sein ? der Prinz ?
Eher nicht denn der hätte ein erscheinen in den lokalen Medien sicher zu verhindern gewußt.
Er lächelte immer wieder sanft, wenn er ein gutes Rätsel zu lösen hatte arbeitete er auf Hochtouren, seine Gedanken rasten und er fühlte sich lebendig. Er brauchte immer ein Geheimniss das es zu ergründen galt.
 
Er bemerkte beinahe gar nicht, wie er über die Friedhofsmauer setzte. ein kanpper Sprung, und er war hinüber gesetzt, hatte sich mit der Hand abgestützt und landete auf dem weichem Boden hinter der Mauer, dort wo er es sich angewöhnt hatte einzusteigen.
Eine Stelle wo er direkt hinter einem recht dichtem Gebüsch landete, welches sich um einen Baum herum rankte und sich ein gutes Stück auf der Innenseite der Friedhofsmauer entlang zog. Er krabbelte in Windeseile an der Mauer entlang durch diese Büsche und erreichte einen schmalen Gang, der durch zwei lange Reihen von Gräbern gebildet wurden, deren Kopfseiten zueinander lagen. Hierdurch entstand zwischen den Gräbern der vor Blicken recht gut geschütze Gang, durch den Lurker nun hindurch huschte, einmal halb um die kleine Kapelle herum und dann seitlich davon durch die kleine Parkanlage.
Dann erreichte er den Bereich der Familiengruften, wo ein kleines Gebäude neben dem nächsten lag.
Er ging verträumt wie ein Schlafwandler und sich seines Weges ebenso sicher durch die kleinen Bauten, vorbei an weinenden Engeln und sanft Äugigen Marienbildern aus kaltem hartem Marmor, wie eine zu Eis erstarrte Jungfrau hielt sie Lurker flehend die Hände hin.
Er wandte sich ab, so wie er sich von so vielem abgewandt hatte was Unschuld gewesen war.
Schließlich erreichte er den verlassenen, alten Bereich des Friedhofes, wo das Gras lustlos gemäht und das Laub nur oberflächlich zusammengerescht wurde.
Er lief um die kleine Baumgruppe herum, über den kleinen Weg der durch eine Lücke ziwschen den Bäumen zu dem Brunnenschacht führte, den er seit drei Nächten bearbeite.
Es hatte etwas von einem ehrlichem Tagewerk, so als stünde er morgens auf, ginge zur Arbeit, harte körperliche Arbeit, es hatte etwas anständiges für ihn, wenn er seine versteckten Werkzeuge aus dem Gebüsch holte an anfing das schwere Gitter das auf dem uraltem Brunnenschacht lag zu bearbeiten.
Den Rest der Nacht verbrachte er damit mit stetigem Rythmus den Stein um die Verankerungen des Gitters zu bearbeiten. Es beruhigte ihn, wenn seine Gedanken ob der monotonen Arbeit hinfort schweiften und wieder bei den dunklen Geheimnissen der Vergangenheit weillten.
Als es schließlich genug war für diese Nacht räumte er alles wieder ordentlich weg und eillte denselben Weg über den Totenacker zurück.
Er war alleine, aber hier vermisste er niemanden. Zufrieden krabbelte er wieder über die Mauer und ging gemütlich durch die kleinen Gassen, Seitenstraßen und Hinterhöfe durch den blassen Mondschein zurück zu dem Loch in dem er im Augenblick übertagte.
Er hoffte bald mit dem Gitter fertig zu werden und in die Welt unter dem Friefhof hinab steigen zu können, neugierig was ihn dort wohl erwarten mochte.
Als er sich in seiner kargen Zuflucht zusammen rollte, weilten seine Gedanken immer noch bei den phantastischen, dunklen Welten die er hinter dem Gitter phantasierte.
Wenn es ihm erst gelungen war diese Pforte, die die Aussenwelt vor jenem Reich dort unten schützte, aufzustoßen, dann würde er sicher seit vielen Jahrhunderten der Erste sein der dort unten umging und dem sich all die Geheimnisse die dort so lange versteckt gelegen hatten offenbaren würden.
Zufrieden schmatzend ließ er sich treiben, während seine Gedanken wie in einem Sog hinab trudelten in die finstere Bewußlosigkeit des Tages.
 
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