Schuld

Toa

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Frei nach Kafka: Angstfaktor Schuld als Thema im Rollenspiel. Wie setzt man das am optimalsten um?
 
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Am einfachsten wird das meiner Meinung (und Erfahrung) nach, wenn die Charaktere in irgendeiner Form Verantwortung tragen, sie Teile (wenn nicht Stützen) einer Gemeinschaft sind, und sie sich so derlei Dingen schlechter entziehen können, als der wurzellose Herumtreiber mutige Abenteurer.

mfG
ipm
 
AW: Schuld

Meinst du jetzt Schuld im Sinne von Schuldgefühl oder willst du auf den Prozess hinaus, wo der/die Charakter(e) zwar schuldig sind, aber nicht wissen, was sie eigentlich getan haben (sollen)?
 
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Ich denke da ist in erster Linie die Gefühlslage des einzelnen Spielers wichtig, denn was der eine ohne Probleme rechtfertigt wird den anderen fast vor Schuld umbringen.
Und das nicht 'Ausweichen-können' ist auf jeden Fall sehr wichtig, auch wenn das nicht umbedingt mit einer lokalen Begrenzung zusammenhängen muss.
 
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Die Idee kam mir neulich bei einem anderen Spiel (das jetzt hier nicht von Relevanz sein soll). In diesem Fall: es gibt die Welt der Feen, der Geister und der Menschen, allerdings bleibt es allein den Menschen vorenthalten die anderen Welten zu betreten. Und mir stellte sich die Frage: warum? Diese nagende Ungewißheit ist denke ich schon ein guter erster Schritt.

Die Spieler sollten also optimalerweise nicht wissen was sie (bzw., wenn übertragbar, ihr Volk) getan haben, sondern nur daß sie es getan haben.
Verhalten sich andere Völker ihnen gegenüber deswegen eher abweisend? Stumpft das nicht ab?

Wie errege ich - als Spielleiter - subtile Schuldgefühle, die sich auch über eine längere Zeit halten?
 
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Andeutung auf schlimme Dinge 'die sie uns angetan haben'. Im Grunde das Holocaust-Gewissen der Deutschen auf nebulös und unbewiesen.
 
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Es muß aber einen Grund geben, daß "die Anderen" nicht darüber reden, bzw. nicht darüber reden dürfen... oder?

"That which shall not be named."

Besser wäre es vielleicht sogar, wenn die Schuld nur indirekt impliziert wird, und die Spieler sich in Schuldkomplexe hineinsteigern...
 
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Ja, ohne Zweifel.
Es mag aber auch sein das man einfach nicht darüber reden will. Auch ein möglichkeit von Things that must not be named.
 
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1W4 Ideen
1) Vielleicht könnten die Menschen das was sie damals getan haben wiederholen, wenn sie genug Hinweise darauf erhalten, was genau das eigentlich war, das sie verbrochen haben?

2) Vielleicht kennen die Feen und Geister einfach die menschliche Natur zu gut und wissen, dass die Menschen die Energien der anderen Welten "einfach nur erforschen" wollen und damit eine Katastrophe auslösen. Jeder Hinweis könnte den Menschen den entscheidenen Hinweis liefern, um ihre Forschungen voran zu treiben.

3) Vielleicht waren die Menschen einst die Könige (Tyrannen?) über alle Welten und wurden durch einen Aufstand der Feen und Geister in ihre Welt vertrieben. Geister und Feen reden nicht darüber, einfach aus Minderwertigkeitskomplexen darüber, dass ihre stolzen Hierarchien und Höfe einst nur Untertanen der Menschen waren.

4) Die Welt der Menschen ist ein Gefängnis für abtrünnige/kriminelle Wesen aus den anderen Welten und diese dürfen niemals ahnen, dass sie etwas anderes als Menschen sind.
 
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Ich wollte das nicht unbedingt auf das konkrete Beispiel beziehen. ;) Aber ein paar nette Denkanstöße sind ja auch vorhanden...

Zu 3.: Das Problem hierbei ist, daß die meisten Spieler sich deswegen wohl nicht schuldig fühlen würden. Ich denke der Clou bei Schuldgefühlen ist es, daß suggeriert wird, daß es sich um etwas schlimmes handelt, daß die Spieler getan haben bzw. jederzeit auch selbst tun würden! Wenn die Nachvollziehbarkeit nicht vorhanden ist leidet die Identifikation und damit auch die "Schuldgefühle".
Ich denke die Quelle für die Schuld kann, sofern sie nicht offensichtlich bzw. bekannt ist, ruhig etwas "absurdes" bzw. unverständliches sein.

Um kurz ein anderes Beispiel heraufzubeschwören: z.B. könnte es Menschen verboten sein sich nachts draußen aufzuhalten. Sie werden von "Wächtern" (meinetwegen Feen, um das Beispiel wieder aufzugreifen) in ihren Häusern gehalten. Ein Spielercharakter, wie er nunmal so ist, nimmt das nicht hin und entkommt in die Nacht. Er verbringt die Nacht draussen... und nichts geschieht. Jedoch ist er nach seiner Rückkehr ein Ausgestoßener. Die anderen Menschen haben Angst vor ihm, und vor einem Feengericht wird er für seine schlimme Tat (die ihm niemals völlig erklärt wird) zu Tode verurteilt. ... ist jetzt natürlich ein schlechtes Beispiel für eine Spielrunde, aber diese unklare Schuldfrage "was habe ich jetzt eigentlich getan?" ist glaube ich das, was ich mir vorstelle. ;)

Braucht man dazu eigentlich unbedingt Authoritäten? Im Individualfall wahrscheinlich schon, oder?
 
AW: Schuld

Man sollte hierbei vielleicht auch anmerken, dass es Religionen gibt die von einer generellen Schuld der Menschheit ausgehen. Ein klassisches Beispiel für Schuld wäre auch ein Charakter dessen Mutter bei der Geburt starb. Eine solche Person stünde in Gefahr ihr ganzes Leben lang für den Tod einer anderen Person verantwortlich gemacht zu werden oder auch sich selbst dafür verantwortlich zu machen (recht unterhaltsam thematisiert in 'Wer früher stirbt ist länger tot').

Und was ist mit dem klassischen Beispiel der Schuld, Ödipus? Es gibt eine Menge Fälle solcher "unschuldiger" Schuld. Selbst die Vertreter der Anklage selbst müssen ja nicht unbedingt den genauen Vorwurf wissen. Es reicht ihnen ja vielleicht einfach aus zu wissen das die Charaktere schuldig sind.
 
AW: Schuld

Man sollte hierbei vielleicht auch anmerken, dass es Religionen gibt die von einer generellen Schuld der Menschheit ausgehen.
Da man hier in Deutschland aber größtenteils christliche (bzw. zumindest christlich geprägte) Mitspieler am Tisch sitzen hat, kann man das nicht unbedingt als Basis voraussetzen.

Und was ist mit dem klassischen Beispiel der Schuld, Ödipus?
Ödipus ist lediglich delphische Propaganda. ;)

Es gibt eine Menge Fälle solcher "unschuldiger" Schuld. Selbst die Vertreter der Anklage selbst müssen ja nicht unbedingt den genauen Vorwurf wissen. Es reicht ihnen ja vielleicht einfach aus zu wissen das die Charaktere schuldig sind.
Ich glaube das nimmt dem Ganzen aber den Reiz. Wenn die Spieler wissen bzw. merken, daß "die Authoritäten" selbst nicht wissen warum sie sie jetzt verurteilen, dann wirkt das System einfach ungerecht - und genau das sollte eigentlich vermieden werden. Schuldgefühle entstehen, denke ich, vor allem, wenn die Möglichkeit besteht, daß man zurecht bestraft werden soll.
 
AW: Schuld

Da man hier in Deutschland aber größtenteils christliche (bzw. zumindest christlich geprägte) Mitspieler am Tisch sitzen hat, kann man das nicht unbedingt als Basis voraussetzen.

Zumindest bei einem Teil der Christen ist die Vorstellung der Erbschuld recht verbreitet. Nach christlicher Vorstellung wurde durch den Tod von Christus den Menschen zumindest die Möglichkeit gegeben sich durch bestimmtes Verhalten (gute Taten bzw Glauben) davon befreien zu können. Aber möglicherweise würde das zu indiskret werden.

Ödipus ist lediglich delphische Propaganda. ;)

Dennoch wäre sowas ja denkbar.

Ich glaube das nimmt dem Ganzen aber den Reiz. Wenn die Spieler wissen bzw. merken, daß "die Authoritäten" selbst nicht wissen warum sie sie jetzt verurteilen, dann wirkt das System einfach ungerecht - und genau das sollte eigentlich vermieden werden. Schuldgefühle entstehen, denke ich, vor allem, wenn die Möglichkeit besteht, daß man zurecht bestraft werden soll.

Es wird Leute geben die über die Umstände der Schuld informiert sind. Die Spieler werden sie lediglich anfangs nicht erfahren. Das gibt ihnen die Möglichkeit zunächst selbst darüber zu spekulieren (und jeder weiß wie gerne Spieler spekulieren und wie leicht man als Spielleiter dadurch auf neue, fiese Gedanken kommt ...).
 
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Um kurz ein anderes Beispiel heraufzubeschwören: z.B. könnte es Menschen verboten sein sich nachts draußen aufzuhalten. Sie werden von "Wächtern" (meinetwegen Feen, um das Beispiel wieder aufzugreifen) in ihren Häusern gehalten. Ein Spielercharakter, wie er nunmal so ist, nimmt das nicht hin und entkommt in die Nacht. Er verbringt die Nacht draussen... und nichts geschieht. Jedoch ist er nach seiner Rückkehr ein Ausgestoßener. Die anderen Menschen haben Angst vor ihm, und vor einem Feengericht wird er für seine schlimme Tat (die ihm niemals völlig erklärt wird) zu Tode verurteilt. ... ist jetzt natürlich ein schlechtes Beispiel für eine Spielrunde, aber diese unklare Schuldfrage "was habe ich jetzt eigentlich getan?" ist glaube ich
Wo ich das lesen kommt mir Hyperborea in den Sinn nur anders: ;)

Die Charaktere lehnen sich gegen ein Übel auf und greifen zu den Waffen. Was sie nicht wissen ist, dass das Erheben der Waffen immer unter einem ganz üblen Stern stand (es gab unbarmerzige Vergeltungsschläge, oder die Macht, die mit den Waffen kam, stieg den Helden zu Kopf). So treffen sie überall auf Ablehnung, obwohl sie eigentlich das richtige tun.

:nixwissen:
 
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was immer wieder schön ist,ist ein "mexikanisches Patt":

Die Charactere wachen in irgendeinem üblen Motel auf mit totalem Filmriss,Übelkeit,mehreren schnapsflaschen..und einer Leiche...
 
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Ist ein Mexican Standoff nicht eigentlich wenn mehrere Personen gegenseitig Schusswaffen aufeinander richten und jeder damit rechnen muss von den anderen erschossen zu werden wenn er abdrückt?
 
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Zu 3.: Das Problem hierbei ist, daß die meisten Spieler sich deswegen wohl nicht schuldig fühlen würden. Ich denke der Clou bei Schuldgefühlen ist es, daß suggeriert wird, daß es sich um etwas schlimmes handelt, daß die Spieler getan haben bzw. jederzeit auch selbst tun würden! Wenn die Nachvollziehbarkeit nicht vorhanden ist leidet die Identifikation und damit auch die "Schuldgefühle".
Solange sie nicht genau wissen, was sie eigentlich gemacht haben, malen sie sich in ihrer Fantasie die schlimmsten Sachen aus. Sobald genaue Fakten bekannt sind, lässt das Schuldbewusstsein nach.
Der Witz an #3 ist ja, dass eigentlich die Geister und Feen diejenigen sind, welche sich schämen/schuldig fühlen, aber durch ihr Verhalten kommen die Menschen erstmal auf den falschen Trichter, dass es ihre eigene Schuld ist.

Ich wollte das nicht unbedingt auf das konkrete Beispiel beziehen. ;) Aber ein paar nette Denkanstöße sind ja auch vorhanden...
Ach, solche abstrakten Überlegungen sind nichts für mich.
Ich KANN nur anhand von konkreten Beispielen arbeiten.
 
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Wer sagt denn, das Menschen die Täter waren und nicht die Opfer?
Die Charactere wachen in irgendeinem üblen Motel auf mit totalem Filmriss,Übelkeit,mehreren schnapsflaschen..und einer Leiche...
Suggeriert aber in beiden Fällen nicht die "kafkaeske" Schuld. Ein "schlichter" Mord ist nichts was im Rollenspiel noch "Schuldgefühle" bei den Spielern triggert.
 
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