Rezension Zu viele Köche

Taysal

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Zu viele Köche


Aus den fähigen Händen von Reiner Knizia stammt das Kartenspiel „Zu viele Köche“. Der Autor ist in der Spieleszene sicherlich vielen Leuten ein Begriff, zeigt er sich doch für mehr als fünfhundert Spiele verantwortlich (inklusive diversen Übersetzungen seiner Spiele), heimste national und international unzählige Preise ein und entwarf für den Spielzeughersteller LEGO das Spiel „Ramses Pyramid“.

In „Zu viele Köche“ aus dem Verlag Pegasus Spiele schlüpfen zwei bis fünf Spieler in die Rolle von Meisterköchen, die allesamt Stammkunden mittels exquisiten Menüs an sich binden möchten. Jedes Menü besteht dabei aus unterschiedlichen Gerichten unterschiedlicher Ausrichtung: Gemüsesuppe (grün), Hühnersuppe (braun), Fischsuppe (blau), Chili (rot) und Fast Food (lila). Zu Spielbeginn hat jeder Meisterkoch bereits fünf Stammkunden. Das Problem an der Sache ist nun, dass alle Meisterköche ihre Menüs gleichzeitig in einem einzigen Topf kochen, also die jeweils benötigten Zutaten munter miteinander mischen.

Das geschieht nun, in dem jeder Spieler neben seinen Stammkunden erst einmal Menükarten ausgeteilt bekommt, auf denen sich die unterschiedlichen Gerichte befinden. Außerdem gibt es für jeden Mitspieler dreizehn Zutatenkarten. Ausnahme bildet ein Spiel mit fünf Meisterköchen, dann bekommen zwei Leute elf Karten, alle anderen nur zehn Zutatenkarten. Jeder Spieler wählt nun verdeckt ein Gericht aus, deckt es auf und los geht der Spaß.

Die Zutatenkarten weisen Wertigkeiten von Eins bis Fünf auf. Jede Zutatenart besitzt zudem eine Karte mit einer Wertigkeit von Zehn, die je nach Situation auch als Null ausgespielt wird. Zusätzlich gibt es pro Zutatenart jeweils zwei Brühwürfelkarten die einen Wert von Null haben und eine Überkochkarte. Einer der Spieler legt nun eine Zutat aus und sagt den aktuellen Wert des Topfs an. Der nächste Spieler fügt eine Zutat hinzu und sobald jemand mit dem Topf einen Wert von Zehn oder mehr erreicht, nimmt er die Karten an sich. Dabei gilt, dass die Spieler bekennen müssen. Erst wenn keine passende Zutat im Topf ist, darf etwas anderes hineingeworfen werden. Sobald eine Chili im Topf landet ist das Gericht ungenießbar und jede beliebige Zutat darf ausgespielt werden. Mittels Überkochen haut man den Topf wieder auf einen Wert von Null hinab.

Das klingt nun nach einem klassischen Kartenspiel, in dem Farbe bekannt werden muss und der Topf mittels einem Stich geholt wird. Das alleine wäre schon recht unterhaltsam, doch nun kommen die Besonderheiten des Spiels zum Tragen, denn jedes Gericht hat so seine kleinen Besonderheiten und sorgt für ein anderes taktisches Vorgehen am Spieltisch. Für jede Suppenkarte erhält man einen Stammgast hinzu, falls sich die Zutatenkarte mit dem ausgewählten Menü deckt. Für jede Chili die in der eigenen Suppe schwimmt, wird jedoch ein Stammgast wieder abgezogen. Bei den Suppen ist die Aufgabenstellung also die eigene Zutat (Farbe) einzuspielen und möglichst keine Chilis zu bekommen. Dazu gehört aber auch die Zutaten der Mitspieler zu stehlen und ihnen die Chilis unterzujubeln.

Eine andere Zielsetzung hat der Meisterkoch, der sich an einen Chilitopf wagt. Für jede Chili die er am Ende besitzt bekommt er einen Stammgast, für jeden Brühwürfel in seinem Besitz geht ein Stammgast. Der Spieler mit dem Chilitopf kann den anderen Meisterköchen also schwerlich Chilis unterjubeln und sollte Sorge tragen, sich alles außer Brühwürfeln auf dem Tisch zu schnappen oder seinen Mitspielern die jeweils falschen Zutaten unterzujubeln.

Nun gibt es aber auch noch Fast Food und da wird es ganz schön kniffelig. Sobald jemand Fast Food ausspielt, bekommt der Meisterkoch fünf Stammkunden hinzu. Für jede Karte die er diese Runde erhält, verliert er einen Stammkunden. Ziel ist es nun selber keine Zutatenkarte zu erhalten, aber gleichzeitig seinen Mitspielern die falschen Zutaten zuzuspielen. Dabei muss man im Auge behalten: Je später Fast Food ausgespielt wird, um so mehr kann ein Meisterkoch an Stammgästen verlieren – denn weniger als null Stammgäste zu haben ist unmöglich.

Insgesamt werden fünf Runden gespielt, für jedes Gericht des Menüs also eine Runde. Diese endet sobald ein Meisterkoch keine Karte mehr auslegen kann. Wenn ein Spieler die letzte Karte auslegt, muss er das laut ansagen. Hier kommt ein weiterer Mechanismus zum Tragen, denn der Meisterkoch der den Topf geholt hat, legt auch die erste Karte des neuen Topfs aus. Wurde also mit der letzten Karte der Topf geholt, dann ist die Runde beendet. Eine Partie hat natürlich derjenige gewonnen, der schlussendlich die meisten Stammgäste hat.

Insgesamt ergeben sich damit drei unterschiedliche taktische Vorgehensweisen, die für langen Spielspaß sorgen. Dabei muss man auch die Vorlieben seiner Mitspieler im Auge behalten. Unter anderem kann es ganz hilfreich sein die Position zu wechseln, da die Karten im Uhrzeigersinn ausgespielt werden. Die „Knalltüte“ links oder rechts neben sich loszuwerden, kann der eigenen Taktik schon mal helfen. Trotz allen Überlegungen bleibt „Zu viele Köche“ natürlich ein Kartenspiel mit hohem Glücksfaktor, vor allem bei zwei bis drei Spielern, da auch dann nur dreizehn Handkarten ausgeteilt werden. Die restlichen Karten bleiben unbeachtet und es kann durchaus passieren, dass eine bestimmte Zutat dann fehlt. So etwas ist ärgerlich.

Neben dem Grundspiel ist in der Anleitung auch eine Variante angegeben, in der die Spieler nacheinander ihre Menüs aufdecken. Dadurch wird das Spiel erneut ein wenig abgeändert. Es ist aber auch einfach, unterschiedliche Varianten des Spiels selbst zu entwickeln. Unter anderem kann man seine Menükarte zufällig ziehen, man könnte mit verdeckter Menükarte spielen (in diesem Falle würde ein Meisterkoch seine Gegenspieler genau beobachten müssen, um herauszufinden, was sie wohl kochen) oder bei vier Spielern bilden die jeweils gegenüberliegenden Spieler eine Partnerschaft mit gemeinsamen Stammgästen. Das ist eine Besonderheit des Spiels: Es ist leicht an die Spielrunde anzupassen und somit stets für eine neue Idee gut. Dadurch bleibt die Langzeitmotivation erhalten, aber auch in der Grundvariante von „Zu viele Köche“ packt man die kleine Blechdose immer wieder gerne aus und zockt eine Runde.

Das liegt auch an der liebevollen Aufmachung des Spiels. Die hellgrün gestaltete Blechdose ist lustig im Stil der Karten illustriert. Alexandre Roche zeigt sich für die künstlerische Gestaltung verantwortlich und hat sehr gute Arbeit geleistet. Der fröhliche Charme von „Zu viele Köche“ sorgt am Tisch für gute Laune. Immerhin lachen die Zutaten die Meisterköche regelrecht an. Sogar die braunen Zutatenkarten sehen einigermaßen schick aus, allerdings fällt es manchmal schwer die Kartenmotive als Hühnersuppeningredienzen zu erkennen. Am Tisch fielen schon mal Worte wie „Fleisch“, „Igitt“ und „Hä?“. Das ist im Grunde aber wiederum witzig und leicht überzogen, wirken die braunen Karten doch wie ein Seniorentreff der Zutaten. Einfach mal selber anschauen und Schmunzeln.

Die Anleitung des Spiels ist ebenfalls freundlich gestaltete und kommt im grün der Blechbox daher. Die Regeln passen auf ein schmales Faltblatt, sind leicht verständlich geschrieben und klar strukturiert. Beispiele, Klarstellungen und ein angenehmes Layout sind ebenfalls vorhanden. Hier bleiben keine Wünsche übrig. Die Ausfertigung des Spiels ist einfach schick, humorvoll und auch sinnvoll, da es in der Dose einen Plastikteiler gibt, um seine Karten zu platzieren. Einen Minuspunkt heimst „Zu viele Köche“ trotz der hochwertigen Ausführung dennoch ein, denn bei den Karten handelt es sich um handelsübliche Pappkarten mit all den Vorteilen und Nachteilen. Nachteil ist einfach, dass die Karten nach vielen und langen Spieleabenden beginnen aufzuschwemmen, dunkle Flecken vom Angstschweiß bekommen und an den Kanten Pappspließ Einzug hält. Das bedeutet die Karten sind minderwertiger als die Box selber, denn das Blech überdauert die Pappe eindeutig um Jahre. Leider werden die Karten derzeit nur in der Metalldox verkauft, so dass ein günstiger Nachkauf unmöglich erscheint. Schade.

„Zu viele Köche“ ist ein unterhaltsames und sehr kurzweiliges Kartenspiel in einer witzigen Aufmachung. Es ist schnell zu lernen, schnell zu spielen und besitzt, trotz dem hohen Glücksfaktor, taktische Tiefe. Wunderbar!

Kartenspiel; Pegasus Spiele; Metalldose
Autor: Reiner Knizia
Illustration: Alexandre Roche
2-5 Spieler, 30-50 Minuten,ab 8 Jahren
120 Spielkarten
Anleitung
Pegasus Spiele ONLINE: Pegasus
Knizia Games/Spiele Index

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
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