Verlage/Händler Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Skar

Dr. Spiele
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Wie anstrengend dürfen die Fanboys (Gerüchten zufolge soll es auch ~girls geben) für einen Verlag sein?

Das war die plakative Form.

Eine andere wäre: Wie sollte die PR (Public Relations) eines Rollenpielverlages aussehen und in welchem Maße sollte sich der Verlag seinen Fans (deren Wünschen) anpassen?

Das Hobby hat teilweise hohe Ansprüche und sucht (im Gegensatz zu anderen Märkten) auch ganz besonders die Nähe der Verlage. Insbesondere im Lizenzgeschäft lässt sich darüber hinaus schnell eine Vergleichbarkeit zu anderen Verlagen herstellen und man kann sich (möglicherweise: scheinbar) besonders schnell gut oder schlecht dabei profilieren.

Wie auch immer es gibt 2 Seiten: die vorwiegend wirtschaftliche des Verlages und die vorwiegend konsumgetriebene (und anspruchsvolle) der Fans. Wie sollten diese Seiten vereint werden?
 
AW: Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Meine Meinung?
Ein Verlag ist eine Firma. Ich als Konsument genieße es zwar wenn Sachen gemacht werden von denen ich mehr habe als der Verlag, aber ich an deren Stelle würde es so nicht machen.

Wenn ich schon eine Rollenspielfirma habe, dann versuche ich mit dieser Profit zu erwirtschaften. Mehr nicht. Ende aus!

Bevor jetzt das Geschrei losgeht:
Ich erwirtschafte langfristig nur Profit wenn meine Kunden zufrieden sind. Dazu gehören eine gute Veröffentlichungspolitik, faire Preise, Qualität in Wort, Layout und Objekt sowie hin und wieder das ein oder andere Produkt was sich nicht rentiert oder sogar umsonst ist (Mischkalkulation). Nur so bleiben die Kunden zufrieden und kaufen mein Produkt weiter.

Viele Verlage überspannen den Bogen imho aber zeitweise. Sie sehen sich entweder selber zu idealistisch oder ihnen fehlt der Bezug. Durch zu große "Kundenfreundlichkeit" (also genau obige Punkte im Übermaß) machen sie kurzfristig alle glücklich können sich aber langfristig nicht halten.

Man muss eben profitabel sein.
Etwas anderes von einer Firma zu verlangen ist... doof. Wahlweise wird man ignoriert und was noch schlimmer ist, der Verlag hört auf einen. Wenn das passiert tja.. hab ich eben gesagt.
Fazit: Geschrei nach mehr Kundenfreundlichkeit gibt es immer. In der Regel sollte man sich alles anhören, die Hälfte direkt vergessen (weil es eben Schwachsinn ist) und von der übrigen Hälfte dann schauen was einem WIRTSCHAFTLICH (PR miteinberechnet) weiterhilft.

Natürlich darf man das aber als Firma nicht so kommunizieren. Nicht in unserem Hobby.
Wir sind ja alle Idealisten und kein Verlag will Geld verdienen. Nein wir machen es nur DAS HOBBY (TM).
Alles andere scheint sauer aufzustoßen.
 
AW: Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Shadom hat völlig recht und die Eingangsfrage ist wahrscheinlich bewusst schräg formuliert: es handelt sich bei dem Verlag eigentlich um einen Produzenten/Anbieter und bei dem Fanboi eigentlich um einen Kunden/Nachfrager. Normalerweise haben die sich jede Menge zu sagen und voneinander zu hören, damit sich Preise und Produkte zum allseitigen Vorteil (finanzieller Gewinn hier; Lustgewinn da) einpendeln. Da gibt es also keine genervten Verlage oder nervigen Fanbois, und der einzige Gegensatz zwischen den Interessen des Verlages und denen der Kunden (der Produktpreis) wird vom Markt geregelt. Und da das Lizenzgeschäft angesprochen worden ist: der Lizenznehmer gerät dadurch potentiell in Konkurrenz zu dem Lizenzgeber. Das ist immer gut für den Kunden, aber ob davon auch die beiden Anbieter etwas haben, kann man nicht pauschal sagen, da es vom konkreten Lizenzgegenstand, dem Markt und der Vertragsgestaltung abhängt.
 
AW: Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Ich möchte mal im Rollenspiel Kontext zu bleiben und dort zwischen Übersetzungen und Originalen unterscheiden.
Kunden von Übersetzungen scheinen eine Neigung zum Nörgeln aufzuweisen. Kunden von Originalen scheinen wesentlich geduldiger zu sein,...denn es gibt ja kein konkurierendes "Original" und jeder versteht "gut Ding will Weile haben".

Als glänzendes Beispiel für unglaublich arrogante Fanboys und überzogen Kritik möchte ich mal die Feder&Schwert Kundschaft und davon insbesondere die alte World of Darkness Fanbase herausstellen. Ich kenne eigentlich keine Gruppe die sich damals nicht über die ach so schlechten Übersetzungen und die extrem dummen Übersetzer lustig gemacht hat. Am schlimmsten ist da noch der Fanboy der typischerweise die deutschen und englischen Werke besitzt. Warum bloß ? Wenn man doch selbst sooo bewandert im Englischen ist...
...ach ja... ich war auch so ein "Scheiß Fanboy", aber es galt halt als "chic" über F&S abzulästern...es ist wirklich peinlich. Und ich kann voll verstehen das die keinen Bock mehr auf so etwas haben!

Da viele Verlage tatsächlich 1 Mann- oder 2 Mann-Klitschen sind, wäre es sinnvoll wenn man sowas wie einen Leitfaden für diese Verlage hätte, wie man mit Kunden Kommuniziert...es scheint so zu sein das die Verleger nicht als alleskönnende Allrounder geboren werden...
Es wäre auch schön wenn die Fanbase etwas höfliche Distanz aufbringen könnte. Nur weil man den "Chef" persönlich sprechen kann heißt das ja noch lange nicht das man jede Form vermissen lassen muss.

Was ein Verlag auf jeden Fall immer braucht ist eine öffentlich einsehbare Agenda, damit die Fanboys sehen was Sache ist und was wann zu erwarten ist. Keine Überraschungen.Die Deadlines die man sich setzt müssen nicht unverrückbar sein aber sowas sollte dann frühzeitig geschehen...
Wenn mann nen Meilenstein verspätet erreicht dürfte direkt klar sein das alles andere sich nach hinten verschiebt. Projektorientiertes Vorgehen sollte man sich mindestens aus einem Buch aneignen oder sich von 'nem Angehenden BWL Studenten erklären lassen.

Also von mir aus sollte das einzige an Kundenfreundlichkeit eines Verlages sein das er Produkte in seiner Agenda aufführt mit Releasedate und diese Agenda irgendwie als Richtschnur aus Sicht des Kunden brauchbar ist.
Ich brauche kein Verlagsforum....eine Email Adresse reicht.
Ich brauche keine Verlagszeitung.
Nur Produkte und eine Agenda!
 
AW: Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Wenn es um Verlage und deren Kunden geht, und Fans SIND Kunden(!), dann kann man hier eigentlich nur die Best Practices im Customer Relationship Management empfehlen.

Kundenbeziehungspflege betreibt der Bäcker mit seinen wiederkehrenden Kunden. Und wenn dann mal eine Brezel zu viel Lauge abbekommen hat, dann sagt man ihm das und er entschuldigt sich und gibt einem eine andere und der Kunde ist zufrieden und kauft weiterhin dort ein.

Verlage sind da in ähnlicher Position. Sie haben Produkte, die gekauft werden sollen. Die Kunden haben die Kaufkraft. Man kommt zueinander, wenn die Preisgestaltung und die Produktqualität für BEIDE Seiten gut genug sind, daß das Geschäft auf GEGENSEITIGKEIT zustande kommt.

Aber im Nischenmarkt der Pen&Paper-Rollenspiele sind Verlage noch mehr als in Massenmärkten auf die GUTE Beziehung zu den Kunden angewiesen. - Ob bei einem großen Taschenbuchverlag ein Leser/Kunde eine besondere Beziehung zum Verlag hat oder auch nur haben möchte, weiß ich nicht. Zu den Taschenbuchverlagen, von denen ich meine Fantasy- und Science-Fiction-Romane kaufe, habe ich keine merkliche Beziehung. Bei Verfügbarkeit von inhaltsidentischen Ausgaben entscheide ich sogar nur nach dem Preis.

Beim Rollenspiel ist das anders. Hier bietet man ja als Verlag nicht einfach nur ein Buch. Hier bietet man ein in Buchform dargereichtes "Betriebssystem" für Rollenspielrunden an. Samt zusätzlicher "Software" wie Abenteuern, Quellenbänden usw. und Zubehör wie Bennies, Miniaturen usw.

Daher ist die Beziehung zu Rollenspielverlagen eher vergleichbar mit der Beziehung zu IT-Herstellern. - Apple. Manche lieben Apple, manche hassen Apple, manche mögen Apple-Produkte, sind aber mit SCHLUDRIGKEITEN, die sich Apple erlaubt, höchst unzufrieden und reden darüber!

Auch Apple hat "unbequeme Fans".

Aber Apple geht damit einfach weniger "divenhaft" um, als dies vornehmlich deutsche (auch manche anglo-amerikanische) Verlags-PERSONEN tun.

Wer als MENSCH in einem Kleinverlag vor lauter Eitelkeit JEDE Kritik an Produkten, Produktpalette, Produktstrategie als PERSÖNLICHEN ANGRIFF versteht, der ist einfach nicht kritikfähig und längst nicht professionell genug, um einen Verlag unter den wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die eben auch die Kundenbeziehungspflege darstellt, führen zu können.

Somit sind "unbequeme Fans" NICHT ein "Problem", sondern sie sind einfach eine CHANCE für den Verlag zu zeigen, wie kritikfähig er ist und wie professionell er Kundenbeziehungspflege zu betreiben in der Lage ist.

Daß so manche deutschen Verlage aktuell und in der Vergangenheit in dieser Hinsicht wirklich SCHWER VERSAGT haben, sollte man NIE vergessen! - Es gibt aber auch hierzulande Gegenbeispiele und somit kann man es nicht generell über einen Kamm scheren. - Die VERSAGER im Kundenbeziehungspflege-Bereich sind stets recht "individuell" geprägt. Parallelen finden sich vornehmlich in den Punkten Kritikunfähigkeit, Unwilligkeit die Kundenbasis anzusprechen, persönliche Eitelkeit, fehlende professionelle Distanz. Die individuellen Ausprägungen können hier aber durchaus unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Ganz krass auffällig wird eine mangelhafte Kundenbeziehungspflege natürlich, wenn man einen VERGLEICH anstellen kann.

Bei Engel gab es z.B. KEINEN anderen Verlag, der auch Engel-Produkte anbot. Daher war die Kunden-VERACHTUNG, mit der F&S angetreten ist, ausgesprochen einzigartig und ohne vergleich ein Absolutum an Tiefpunkt im deutschen Rollenspielverlags-Kundenbeziehungsmanagement.

Bei Savage Worlds hingegen GIBT es andere Verlage. Es gibt den Lizenzgeberverlag, es gibt viele Lizenznehmerverlage (auch in anderen europäischen Ländern), so daß man einfach nur dorthin schauen kann, um zu sehen, wie ein anderer Verlag, der DASSELBE Produktspektrum bewirtschaftet, mit seinen Kunden umgeht. - Und hier schneidet eben Prometheus Games im Vergleich mit Ramel in Polen, mit Triple Ace Games in UK, mit Reality Blurs oder Pinnacle in USA NICHT GUT ab.

Kann man Vergleiche ziehen, so WERDEN sie auch gezogen!

Darauf sollte sich JEDER Lizenznehmer einstellen!

Wer heute eine Lizenz eines US-Produkts eines US-Verlags erwirbt, um es auf Deutsch herauszubringen, der MUSS sich an der Meßlatte des US-Verlages für Kundenbeziehungspflege messen lassen. - Ist er dazu nicht bereit, oder sieht er nicht, daß er auch nur einen Teil des dort vorgelegten Stands an Kundenbeziehungspflege hinbekommen kann, dann MUSS er sich entscheiden: Läßt er das Lizenzvorhaben ganz sein, oder findet er Wege, wie er den hiesigen Kunden das bieten kann, was die Kunden dieses Produktspektrums üblicherweise an Pflege erwarten, ODER spielt er Teflon-Billy und jede Kritik, jede Anfrage, jede Äußerung der Kundenseite gleitet an ihm ab und er hofft sich, daß er trotz des Anschweigens der Kunden dennoch genug Produkte verkaufen kann, um das Ganze wirtschaftlich betreiben zu können.

Letzere "Lösung" ist hochriskant. - Für JEDEN enttäuschten, unzufriedenen, verprellten Kunden kaufen andere die Produkte NICHT. - Daher kann man sich solch einen Weg NUR in Massenmärkten, aber nicht im Pen&Paper-Nischenmarkt erlauben.

Somit ist die Entscheidung einfacher: Kann man bei einem Lizenzvorhaben WIRKLICH die Erwartungen der Kunden in puncto "Betriebssystem-Support" erfüllen, oder nicht. - Kann man es nicht, dann läßt man es besser bleiben.

Wie viele Anläufe hatte Cthulhu in Deutschland gebraucht, bis es sich mit der Pegasus-Ausgabe in einem Maße etablieren konnte, daß Produktqualität, Absatz UND SUPPORT, also Kundenbeziehungspflege stimmten? - Eben.

Manchmal ist es eben NICHT DER ERSTE Lizenznehmer einer gut verkaufbaren Produktpalette, der es so hinbekommt, daß es Bestand hat. Manchmal braucht es zwei oder drei Anläufe, bis es die RICHTIGEN Leute RICHTIG hinbekommen.

Daher ist es eine Frage des MARKTES.

Wer seine Kunden, die mit ihrer Kaufkraft "wedeln" und gerne mehr Produkte in der Qualität der bisherigen kaufen würden, nicht adressiert, der hat das Geld dieser Kunden offensichtlich nicht nötig. - UND ihm ist es EGAL, ob diese "Verhinderten Kunden" durch ihre Unzufriedenheit mit den Kundenbeziehungsmanagement auch andere "Noch-nicht-Kunden" vom Einkauf in die hiesigen Produktreihen abbringen.

Man bedenke gerade bei Lizenzprodukten: Der KUNDE hat immer die Entscheidung, ob er lange warten und dann die teuere deutsche Lizenzausgabe erwerben möchte, oder ob er auf die gesamte Fülle an Produkten im englischen Original zugreifen möchte UND den netten, freundlichen, kundenbeziehungspflegenden Support der englischen Verlage in Anspruch nehmen möchte.

Diese Entscheidung trifft KEIN noch so "unbequemer Fan" für einen anderen Kunden. Diese Entscheidung trifft der betreffende Kunde stets ALLEIN!

Wenn also der deutsche Verlag KEINEN Mehrwert oder gar noch nicht einmal einen GLEICHEN WERT wie das englische Original zu bieten hat, UND darüber hinaus auch noch mit einer unangenehmen Art der Kundenkommunikation auf Kritik reagiert, dann darf sich der deutsche Verlag nicht wundern, wenn er weniger absetzen kann, als er es könnte, wenn er als NETTER, UMGÄNGLICHER, ZUGÄNGLICHER, seine Fans WERTSCHÄTZENDER Verlag aufträte.

Kundenbeziehungspflege wirkt sich in ihrer Qualität DIREKT auf den Umsatz aus!
 
AW: Wie anstrengend dürfen die Fans für einen Verlag sein?

Im Endeffekt kommt es immer auf die Reichweite an. Man kann viele Pluspunkte gewinnen, indem man die laufenden Diskussionen beobachtet, man muss sich aber nicht jeden hohldrehenden Quengler zu Herzen nehmen.
Information, Möglichkeit zur Diskussion, Promotion (online wie offline), als Sahnehäubchen noch kontrollierte Mitarbeitsmöglichkeiten für Fans, damit fährt man schon ganz gut.
 
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