Rezension Warhammer-Fantasy-Rollenspiel - GRW (II) [T-Rezi]

Taysal

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Warhammer Fantasy Rollenspiel (II)


Grundregelwerk [T-Rezi]


Das „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“ (auch kurz WHFRSP genannt) basiert auf dem erfolgreichen Tabletop „Warhammer“ der Firma Games Workshop. Dort schlagen in einer düsteren Fantasywelt feindliche Armeen mächtige Schlachten und regiert der Tod das alltägliche Leben. Mittels dem passenden Rollenspiel kann man die Tabletopplatte nun verlassen und in die Haut einzelner Charaktere schlüpfen, um fantastische Abenteuer zu erleben.

Warhammer spielt auf der Alten Welt. Hier treten die gläubigen Soldaten der Menschen unter dem Banner des Imperators gegen das blutgierige Chaos an, hauen Zwerge ihre Bingen tief in die Berge hinein und verbergen sich Elfen in den Wäldern. Bündnisse werden geschlossen und noch schneller gebrochen, Aberglaube und wahrer Glaube dominieren das Leben des normalen Bürgers.

Die Spieler übernehmen nun die Rolle eines Bewohners der Alten Welt und machen diesen somit unfreiwillig zum Helden einer Abenteuergeschichte. Dabei kann der Spieler zwischen vier Rassen wählen: Menschen, Zwerge, Elfen und Halblinge. Diese folgen wiederum einer der vielen Anfangskarrieren, um irgendwann einmal – falls sie es denn überleben – eine Folgekarriere zu ergreifen.

Das Spielsystem des WHFRSP basiert dabei auf 1W100 und ist somit ein klassisches Prozentsystem, was vor allem Anfänger ein wenig verwirren und leicht frustrieren kann. Immer muss – vor allem bei der Erschaffung eines Charakters – einiges gerechnet werden und es gibt auch etliche Abkürzungen, die es zu meistern gilt. Doch der Lohn aller Mühen ist ein ausgefeilter Charakter, der sogar mit körperlichen Merkmalen und einem Sternzeichen aufwarten kann. Hier trennen sich erneut die Geschmäcker, denn die Charaktererschaffung unterliegt stark dem Zufallselement, doch die Spielgruppe kann auch einen anderen Weg einschlagen und statt den Würfeln die Wahl der Qual zu überlassen, sich selbst entscheiden. Das muss die jeweilige Spielgruppe aber nun unter sich ausmachen.

Jede Karriere besitzt eine bestimmte Anzahl an Aufstiegen. Sind diese durchgegangen, kann man eine weitere Karriere auswählen – falls die Voraussetzungen erfüllt werden. Die jeweilige Anzahl der Aufstiege der neuen Karriere ersetzen dann die Anzahl der Aufstiege der vorangegangenen Karrieren. Das bedeutet im Grunde, dass die Aufstiege einer neuen Karriere keinesfalls aufaddiert werden. Spieler sollten also danach streben Karrieren mit möglichst höheren Aufstiegen als die Vorläuferkarrieren zu wählen. Dieses System hat den Vorteil, dass Charaktere im Verlauf eines heldenhaften Abenteurerlebens dennoch einen Teil ihrer Bodenständigkeit behalten und keineswegs zu Superhelden der Fantasy mutieren, wie es in anderen Spielen oftmals der Fall ist, wo es nach oben scheinbar keine Grenzen gibt.

Das Prozentsystem ist - wie gesagt - ein klassisches System und arbeitet dementsprechend auch mit dem traditionellen Down-Under-Prinzip: Der Spielleiter sagt einen Wurf an, der Spieler schaut was er in der passenden Eigenschaft oder in der passenden Fertigkeit für einen Wert hat, dieser Wert wird eventuell noch modifiziert und muss dann vom Spieler unterboten werden. Je tiefer der Spieler dabei würfelt, um so besser, da das WHFRSP mit Erfolgsgraden arbeitet. Ein System das zwar ein wenig Kopfrechnen verlangt, aber einem schnell ins Blut übergeht. Neben den Eigenschaften und Fertigkeiten gibt es übrigens auch noch verschiedene Talente. Diese spendieren meistens in bestimmten Situationen Boni, die einen Wurf erleichtern. Ebenfalls sehr gut umgesetzt.

Kernpunkt eines jeden Rollenspiels ist meist der Kampf, natürlich erst recht im WHFRSP, stammt es doch von einem kriegerischen Tabletop ab. Der Kampf ist schnell und meistens gefährlich. Immerhin kann es rasch passieren, dass man kritisch getroffen wird und sein Leben aushaucht. Je nach gewünschtem Detailgrad, können Rüstungen den ganzen Körper schützen oder nur bestimmte Partien. Wo man getroffen wurde wird mittels dem Angriffswurf festgestellt, der einfach umgedreht wird. So würde ein Angriff mit einer gewürfelten 23 umgedreht eine 32 ergeben, was wiederum ein Treffer des rechten Arms wäre.

Sinkt man nun ohne Trefferpunkte zu Boden, so kann man den Kampf dennoch überleben. Anhand des Schadens wird nachgesehen, wie schwer man nun tatsächlich getroffen wurde. So kann der Charakter durch einen Treffer nur ohnmächtig zu Boden sinken oder sein Schädel wurde zertrümmert und er haucht sofort sein Leben aus. Ein nettes Stilmittel. Übrigens: Heilung ohne Zauberei oder ärztliche Hilfe kann einige Zeit in Anspruch nehmen, vor allem da ein Charakter mit eins bis drei Trefferpunkten als schwerverletzt gilt und diese Wunden länger brauchen, um auszuheilen. Glücklicherweise gibt es Schicksalspunkte, mit denen ein Spieler den Charaktertod abwehren kann. Allerdings sind die Schicksalspunkte arg limitiert.

Daneben kann der Spieler auch Glückspunkte einsetzen, um Würfe zu wiederholen, was die Sache manchmal ein wenig einfacher macht. Zusätzlich gibt es Wahnsinnspunkte, die einen Charakter an den Rand des Chaos oder gar mitten hinein führen. Beides gelungene Stilmittel im Spiel.

Die aufgeführten Waffen und Rüstungen sind erfrischend überschaubar und besitzen nur wenig unterschiedliche Merkmale oder Sonderregeln. Das macht den Kampf recht einfach. Auch die möglichen Aktionen im Kampf sind überschaubar, was ein wenig das Taktikelement eines Tabletops aus dem Spiel nimmt, obwohl man gerade wegen der Abstammung des WHFRSPs etwas anderes erwartet. Doch dieser Unterschied macht genau den Reiz aus. Im Rollenspiel wird halt eine düstere Geschichte erzählt und nicht um jeden Zoll Bewegungsreichweite gefeilscht.

Das Magie-System ist ebenso dunkel und düster wie das ganze Spiel. Anfängerkarrieren werden schnell feststellen, das sie am Anfang kaum Magie wirken können und vorsichtig sein sollten, doch bei weiteren Aufstiegen entfaltet die Magie ihre ganze brutale Macht. Aber bis dahin muss man erst einmal kommen. Wobei noch zu beachten ist, dass Magie sehr launisch ist und schon mal daneben geht, was wiederum zu Verletzungen des Anwenders führen kann. Die Magie selbst ist in verschiedene Lehren unterteilt, denen man folgen kann. Hierbei sollten die Spieler unbedingt auf ihre Gruppe achten, da die Alte Welt keine Rücksicht auf die Schwachen oder Andersartigen nimmt. Man wird schnell mal auf den Scheiterhaufen gestellt, wenn man sich als Kultist offenbart.

In einer Welt voller Gefahren ist der Glaube natürlich ebenfalls ein zentrales Element, im WHFRSP sogar der Mittelpunkt der Spiels. Dementsprechend werden auch die verschiedenen Religionen und die Götter im Buch angerissen, um – zum Beispiel – einen Priester des Sigmar glaubhaft darstellen zu können. Aber auch nichtmenschliche und verbotene Kulte finden ihren Platz.

Ebenfalls im Grundregelwerk ist ein umfassendes Kapitel für den Spielleiter vorhanden. Er wird über seine Aufgaben aufgeklärt, bekommt Tipps und Tricks zur Hand, erfährt wie man stimmige Kampagnen aufbaut und leitet, wie Wahnsinn und Schicksal funktionieren und was für Belohungen an die Spieler verteilt werden sollten. Alles in allem ein rundes Paket, um gut vorbereitet zu werden.

Die abschließenden Kapitel des Buchs beschäftigen sich mit dem Imperium – dem Reich der Menschen – und dem Bestiarium. Natürlich können hier nur wenige Punkte angerissen werden, doch sie reichen allemal aus, um einige spannende Spielsitzungen zu gestalten. Um sofort loszulegen findet sich um Buch auch das Einstiegsabenteuer „Durch den Drakkenwald“, das eine spannende Geschichte erzählt. Die Spieler müssen aus einem Dorf fliehen und der Weg führt genau durch besagten Wald. Keine aufwändige Sache, aber stimmig und unterhaltsam. Genau das Richtige für den Anfang.

Der Index, einige Schablonen und ein Charakterbogen runden das Grundregelwerk inhaltlich ab. Allerdings sollten Schablonen und Charakterbogen kopiert werden, um das Buch unversehrt zu lassen. Immerhin ist es ein sehr schickes Regelwerk.

Die Aufmachung des WHFRSP-Grundregelwerks ist einfach klasse. Es handelt sich dabei um ein sehr stabiles Hardcover von knapp 288 Seiten, vierfarbig und optisch sehr ansprechend gestaltet. Dazu zählt die Pergamentoptik, die Vignetten und liebevollen Umrandungen, die farbigen und schwarzweißen Illustrationen, die stilistisch passenden Schriftarten und das hervorragende Layout. Hier wurde ganze Arbeit geleistet, auch textlich.

So handelt es sich um eine spannende und informative Lektüre, die durch den Humor des Autoren Chris Pramas aufgelockert wird. Dazu gibt es kleine Anekdoten aus der Alten Welt, eine Kurzgeschichte aus der Feder von Dan Abnett und, und, und ...

Auch die Übersetzung von Oliver Hoffmann und das gelungene Lektorat von Daniel Schumacher sorgen für einen sehr positiven Gesamteindruck. Überhaupt hat der Verlag mit diesem Produkt ganze Arbeit geleistet und somit kann man zu dem „Warhammer Fantasy-Rollenspiel“-Grundregelwerk nur eines sagen: Grandios!

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net, Taysals Abenteuerland und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
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