Rezension Spinwärts-Marken - Das Dritte Imperium

Taysal

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Das Dritte Imperium - Spinwärts-Marken


Traveller Quellenband [T-Rezi]


Der vorliegende Quellenband basiert auf dem Rollenspiel „Traveller“, dessen Grundregelwerk zwar das Dritte Imperium als Kampagnenwelt anreißt, aber ansonsten sehr generisch bleibt. „Spinwärts-Marken“ hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, passende Hintergrundinformationen zu liefern, um spannende Rollenspiele zu erleben. Dabei dreht sich alles nur um ein bestimmtes Gebiet des Imperiums, den Spinwärts-Marken. Die Marken liegen weit genug entfernt, um sich der Kontrolle des Imperators zu entziehen und sind durch ihre Lage gleichzeitig von großer Bedeutung. Sie sind ein Brennpunkt, ein Schmelztiegel voller Abenteuer.

Im vorliegenden Quellenband des Science-Fiction-Rollenspiels „Traveller“ werden eben jene Spinwärts-Marken eingehender behandelt. Natürlich ist es unmöglich sämtliche Bereiche zu erfassen, denn im Grunde würde alleine die Beschreibung eines einzelnen Planeten sämtliche Dimensionen sprengen. So wird dem Spiel Rechnung getragen und es gibt gezielte Informationen zu den wichtigsten Details der Spinwärts-Marken.

Das Buch gliedert sich in insgesamt fünf Kapitel. Zuerst natürlich die Einleitung, die verschiedene Eigenheiten des „Traveller“-Universums behandelt. So wird erklärt, dass die Informationen aus dem Buch zum OTU (Original Traveller-Universum) gehören und mit Spielbeginn zum MTU (Mein Traveller-Universum) werden. Allerdings gibt es auch das DTU (Dein Traveller-Universum). Sobald der Leser das erst einmal verinnerlicht hat, kann er sich mit Informationen zur Kartographie des Weltraums beschäftigen und mehr über Entfernungen und astrographische Merkmale erfahren. Was genau sind Raumhäfen, was unterscheidet sie von Sternenhäfen und wie funktioniert die Kommunikation? Diese Fragen werden hier beantwortet – und noch viele mehr. Die Einleitung gibt dem Leser also das Rüstzeug in die Hand, um das Spiel-Universum verstehen zu können.

Einen Großteil des Kapitels machen dabei die Informationen über die verschiedenen Rassen aus. Vor allem die in mehrere Volksgruppen zersplitterte Menschheit wird beschrieben, aber auch andere intelligente Rassen wie die Aslan, Droyne, Hiver, K’Kree und Vargr. Die Nebenrassen und die Alten werden ebenfalls kurz erwähnt.

Das zweite Kapitel widmet sich gänzlich dem dritten Imperium. Obwohl die Spinwärts-Marken nur einen Teil des Imperiums ausmachen, ist das hier vermittelte Wissen Grundlage jeder Kampagne. So erfährt der Leser mehr über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Imperiums. Immerhin schreiben wir laut Buch aktuell das Spieljahr 1105 nach imperialem Kalender und in den letzten tausenden von Jahren ist Einiges geschehen.

Großen Wert legt Autor Martin J. Dougherty übrigens auf die Erklärung zum Adel des Imperiums und dessen Befugnisse. Da gibt es strenge Regeln und komplizierte Gesetze, klingt das Imperium mal nach einer Institution die Frieden schafft – oder einem bürokratischen Kraken mit wenig Befugnissen, weiß man die Paragraphen richtig zu nutzen. Hier sind viele verschiedene Szenarien möglich, sogar gleichzeitig. Das macht ebenfalls den großen Reiz dieses Kampagnenhintergrund aus.

Natürlich gibt es auch viele Informationen zu den imperialen Streitkräften, wie sie aufgebaut und was ihre Aufgaben sind, ebenso werden die größten Konzerne des Imperiums beschrieben. Informationen zu Raumfahrtlinien, Aufrührern, Terroristen, Kriminelle und Piraten runden das Kapitel ab.

Im dritten Kapitel dreht sich alles endlich um die Spinwärts-Marken. Erst einmal gibt es einen groben Überblick, dann folgen historische Daten. Dougherty besitzt eine gute Schreibe, so dass die Texte informativ und gleichzeitig spannend zu lesen sind. Das gilt auch weitgehend für die Übersetzung von Sascha Lübke und Daniel Mayer.

Nach dem historischen Abriss kommt es zu einer aktuellen Bestandsaufnahme. So wird erklärt was für Völker und Rassen in den Spinwärts-Marken beheimatet sind, wie das Imperium dort agiert, was psionisch aktive Traveller zu erwarten haben und wie es um den technologischen Stand in den Marken bestellt ist.

Kapitel Vier enthält nun eine detaillierte Beschreibung der sechzehn Subsektoren der Spinwärts-Marken. Zuvor werden jedoch neue Codebuchstaben erklärt. Diese ergänzen die Angaben aus dem „Traveller Grundregelwerk“.

Jeder Subsektor wird nun einzeln aufgeführt. Es gibt eine entsprechende Karte und allgemeine Informationen. Außerdem eine tabellarische Übersicht sämtlicher Systeme im Subsektor mit den Angaben der passenden Codes. Jeweils zwei wichtige Welten werden dann nochmals genauer unter die Lupe genommen und beschrieben. Durch diese Vorgehensweise können sich Spieler und Spielleiter ein gutes Bild von einem Subsektor machen und entsprechende Hintergründe und Abenteuer ausarbeiten. Verständlicherweise konzentriert sich Martin J. Dougherty nur auf die wichtigsten Einträge, da der Platz eines Buches schließlich begrenzt ist. Es gelingt dem Autoren aber ziemlich gut, die wirklich relevanten Punkte auszuwählen und vorzustellen.

Einzig störend ist der Umstand, dass dem Buch keine vernünftige Übersichtskarte der Spinwärts-Marken beiliegt. Die im Buch abgedruckte Karte ist selbst mit einer Lupe nur schwer zu lesen. Auf der „Traveller“-Homepage des Verlags kann zwar eine entsprechende größere Karte heruntergeladen werden, doch ohne Internetzugang oder entsprechende Information darüber, kommt man an das Material leider nicht heran. Eine beigelegte Faltkarte hätte man als Käufer des Buchs jedenfalls dauerhaft zur Hand. So muss man seinen Drucker oder eben eine Lupe bemühen.

Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit Kampagnen und Abenteuern in den Spinwärts-Marken. Dougherty gibt wertvolle Tipps zum Spielstil eines „Traveller“-Abenteuers und weist darauf hin, dass Handlungen in sich logisch sein sollten und Konsequenzen haben. Ein wichtiger Unterschied zu vielen anderen Systemen, in denen es nur um gegenwärtigen Spaß ohne Nachhaltigkeit geht. „Traveller“ ist ein Rollenspiel alter Schule und das merkt man glücklicherweise. Vor allem Erzähler und Spieler von Hard-Science-Fiction-Geschichten werden an dem System und an den Spinwärts-Marken ihre wahre Freude haben.

Auf Seite 124 erfasst der zweite Absatz übrigens hervorragend worauf es bei „Traveller“ ankommt und was das Spiel ausmacht. Kleines Zitat: „(…) Und wenn sie etwas abschleppen wollen, dann müssen Sie rausgehen und eine Leine befestigen (…)“.

Die Spieler und ihre Charaktere sind also gefragt, um Dinge zu erledigen. Es wird bewusst auf Technologien verzichtet, die einem die ganze Arbeit abnehmen oder den Job von zu Hause aus erledigen lassen. Wer möchte kann solche Technologien natürlich einbauen, immerhin ist „Traveller“ DTU.

Den Abschluss des Buchs bildet der Index, in dem sämtliche Stichworte nochmals aufgelistet sind. So findet man – unter anderem - schnell einen bestimmten Planeten wieder. Das Buch hat auch ein Stofflesezeichen, so dass eine wichtige Seite markiert werden kann.

Wie das Grundregelwerk auch, so sind Illustrationen eher selten, schwarzweiß und in ihrer Qualität schwankend. Neben hervorragenden Tuschezeichnungen finden sich auch Bilder, die an einen Hobbykünstler erinnern. Hier hätte man vielleicht mit neueren und besseren Illustrationen nachlegen sollen. Die Verarbeitung des Hardcovers ist dagegen hervorragend, ebenso die klasse Titelillustration.

Die Übersetzung des Buchs ist durchweg gelungen. Der Verlag hat sich dabei entschieden einige Planeten ebenfalls zu übersetzen oder eine etwas andere Schreibweise zu verpassen. Da im dritten Imperium Anglisch als Basissprache gilt und auf dem realen Englisch basiert, hätte man sich das vielleicht sparen können. Aber somit erhält man ein weiteres „Traveller“-Universum, dass vielleicht als DOTU bezeichnet werden kann: „Deutsches Original Traveller Universum“. Das hat seinen ganz eigenen Reiz und ehrlich gesagt, bekommt die Übersetzung so einen eigenen Stil.

Was negativ auffällt ist das miese Lektorat. Da schleichen sich manchmal die englischen Originalbegriffe ein, wirkt die Grammatik holprig, fehlen ganze Wörter, gibt es Buchstabendreher oder gar ganze Wortdreher. Hier wäre ein wenig Sorgfalt besser gewesen. Es gibt so viele Ausrutscher, dass es unweigerlich komische Züge annimmt. Dadurch wird der sehr gute Gesamteindruck stark geschmälert und rutscht auf ein knappes Gut hinab.

Trotz einiger Schwächen ist „Spinwärts-Marken“ ein sehr informativer Quellenband, mit dessen Hilfe spannende und hervorragende Abenteuer erlebt werden können. Für „Traveller“-Spielleiter im Grunde ein Pflichtkauf, für deren Spieler eine klare Empfehlung.

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net, Taysals Abenteuerland und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
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