Grundausbildung.de Geschwindigkeiten einer Kugel

Skar

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Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann haben normale militärische Gewehre eine Kugelgeschwindigkeit von ca. 1000m/sek. Also ca drei Mal schneller als der Schall. Bei nem guten Treffer kriegt man den Knall also gar nicht mehr mit.

Wie sieht das bei Pistolen aus?

Und es soll ja auch Unterschallgeschwindigkeitsgeschosse geben. Haben die eigentlich eine bessere Flugeigenschaft als ein geschnippter Popel?

Und wie verändern Schalldämpfer die Geschwindigkeit?

Und wie hoch sind eigentlich durchschnittliche Reichweiten einer Kugel (Flugreichweite und Gefechtsreichweite)?
 
AW: Geschwindigkeiten einer Kugel

Die meisten Fragen kann man gar nicht so pauschal beantworten, da es viele Tausend Arten von Munition gibt mit vielen unterschiedlichen Mündungsgeschwindigkeiten, ballistischen Eigenschaften, Reichweiten usw.

Es gibt in der Tat sogenannte subsonische Munition, die benutzt wird, um den Überschallknall zu vermeiden. Meistens wird hier eine schwächere Treibladung verwendet. Logischerweise ändert sich dadurch auch die Reichweite des Geschosses. Für die Zwecke, für die diese Munition gefertigt wird, reicht diese aber immer noch völlig aus. Als Schütze muss man sich halt auf die veränderten Eigenschaften einstellen und beim Schuß entsprechend beachten.

Schalldämpfer verändern die Geschwindigkeit eines Geschosses nicht. Sie halten lediglich die mit dem Geschoss austretenden Gase auf.

Und wie hoch sind eigentlich durchschnittliche Reichweiten einer Kugel (Flugreichweite und Gefechtsreichweite)?

Wie soll, an diese Frage beantworten? Wenn du willst, kannst du ja mal alle jemals aus Handfeuerwaffen abgefeuerten Munitionssorten aufaddieren und daraus dann den Durchschnitt bilden :)
 
AW: Geschwindigkeiten einer Kugel

Und: Was ist diesen Hochgeschwindigkeitsgeschossen die beim Kratzer einen Blutschock auslösen sollen?

Beispiel: Das G11
 
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Das mit diesem Schock ist wohl auch ein Märchen. Das einzige was wirklich unschön ist, dass Hohlmantelgeschoße im Körper zerplatze und dann halt viel viel Schaden machen. Das hat aber nichts mit diesem angeblichen Schock bei einem Kratzer zu tun.

Wikipedia hilft hier übrigens auch ganz gut weiter, bzw. liefert auch ganz nette Links zu dem Thema.
 
AW: Geschwindigkeiten einer Kugel

Wie soll, an diese Frage beantworten? Wenn du willst, kannst du ja mal alle jemals aus Handfeuerwaffen abgefeuerten Munitionssorten aufaddieren und daraus dann den Durchschnitt bilden :)
Sagen wir nicht "durchschnittlich", sondern "gängig". :)
 
AW: Geschwindigkeiten einer Kugel

Also wenn es um "gängig" geht, dann schau Dir einfach die Werte der gängigen Kaliber 9mm, 7,62x51mm, .223 Remington und 7,62x39mm an. Denke mal, das sind alles sehr häufig verschossene Kaliber, die als "gängig" gelten, zumindest im Bereich Militär und Sicherheit. Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, deren Daten bei wikipedia rauszusuchen, dass kannste ja dann selber :D

@Hoffi:
Dieser angebliche "hydrostatische Schock" ist eine Legende.
Interessant dazu das Buch:
Gunshot Wounds: Practical Aspects of Firearms, Ballistics and Forensic Techniques von Vincent Di Maio.
Besonders beachtet werden hier Velretzungen durch das zur Zeit des Beginns der Studien noch recht neue Kaliber 5,56mm, dass auch diese Theorien von "Schocks" ausgelöst hat.

Die neue und extreme Art der Verletzungen durch dieses Kaliber hat besonders im Vietnamkrieg (jaja, friendly fire ist hier DAS Schlagwort) bei vielen unerfahrenen Ärzten zu der Vermutung geführt, es gäbe so etwas wie diesen Schock. In Wirklichkeit hatte die hohe Sterblichkeitsrate eher etwas mit dem schnellen Verfall der sogenannten temporären Wundhöhle zu tun: das taumelnde Geschoss gab sehr viel kinetische Energie an sein Ziel ab, wodurch es zu sehr umfangreichen Gewebeschädigungen mit dem Entstehen einer ungleich größeren Wundhöhle kam, die unmittelbar nach dem Treffer allerdings wieder in sich zusammensank, wodurch optisch zunächst nur deutlich kleinere Verletzungen erkennbar waren.
Unter dem Begriff temporary cavity effects kann man auch bei Google einiges finden.

Der Schock bei kleinsten Kratzern ist auf jeden Fall eine reine Legende.
 
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Sagen wir nicht "durchschnittlich", sondern "gängig".

Hier gibts dann die enorme Diskrepanz zwischen "Scheibenschiessen" und "Ernstfall". Aber mal der Reihe nach.

Nehmen wir mal eine der gängigsten Pistolenpatronen, die 9mm Parabellum. Je nach Ladung und Waffe liegt die Mündungsgeschwindigkeit zwischen ~300 und ~360 m/s.
Zum Vergleich dazu das Film- und Fernsehbekannte Elefantenzäpfchen unter den Pistolenkalibern, die .50AE. Bei der liegt die Mündungsgeschwindigkeit so um die 400m/s.

Gehen wir mal davon aus, das du die Pistole in etwa 1,5 Metern Höhe parallel zum Erdboden hältst, pfeifen auf die Erdkrümmung und die höheren Stufen der Physik, dann hast du eine effektive Reichweite von 50-60 Metern, bevor die Kugel den Erdboden küsst. Zielen verbessert das etwas, allerdings hat auf längeren Strecken dann auch noch Wind und Luftwiderstand mehr Gelegenheit, den Schuss zu versauen. Pistolenschiessen auf 50 Meter ist rein sportlich betrachtet schon eine ordentliche Leistung.

Gewehre haben einen höhere Mündungsgeschwindigkeit und liegen ruhiger in der Hand (naja, zumindest wenn man damit zielt...). Geschwindigkeiten von etwa 840m/s (z.B. 7.62mm NATO) bis 940m/s (5.56mm) sind gängig, was die effektive Reichweite etwa grob verdreifacht. Natürlich kann man hier mit Flugbahnballistik/Zielen erheblich mehr rausholen, aber mit einem Gewehr deiner Wahl ein normalgrosses Ziel (z.B. den Torso einer Person) auf 150 Meter zu treffen ist auch schon eine sportliche Leistung.

Was nun den Schalldämpfer angeht, hier gibts ein schönes Video wie eine Waffe "mit" und "ohne" klingt. Den aus Film und Fernsehen bekannten Mäusefurz kannst du also getrost ins Reich der Legenden und Märchen verbannen. Subsonische Munition ist etwas langsamer als reguläre Pistolenmunition (also unter 330m/s), und hat dadurch etwas schlechtere Ballistik. Das einzige, was dadurch verschwindet ist der überschallknall des Projektils. Der Verschluss klappert nach wie vor wie die Mühle am rauschenden Bach, und der Schalldämpfer verringert nur den Radau, den die Waffe verursacht.

[ame=http://www.youtube.com/watch?v=68uwYqUbMQU]YouTube - Silencer Demonstrations I[/ame]


So, das ist die Theorie. In der Praxis schiesst jemand auf dich, die Beleuchtung ist garantiert suboptimal, beide Parteien rennen in Richtung Deckung oder schmeissen sich auf den Boden, um ein möglichst kleines Ziel zu bieten, du hast Adrenalin im Blut und zu allem Überfluss regnet es auch noch. Wahrscheinlich schreit auch noch jemand in deiner unmittelbaren Nähe. Eventuell bist es sogar du, der schreit.

Wenn du in einer solchen Situation überhaupt irgendwas triffst, dann schonmal Glückwunsch. Seit dem seligen Vietnamkrieg haben die Armee-M16s keine Dauerfeuereinstellung mehr, aus dem simplen Grund das so mancher panische GI schon mal 3-4 Magazine auf Verdacht hin rausgeblasen hat, ohne überhaupt irgendetwas zu treffen.

-Silver
 
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Das G3 (bis vor ein 2-3 Jahren das gängigige Deutsche gewehr) hat ohne Zielfernrohr eine angebliche Treffsicherheit auf 300 meter, mit Zielfernrohr von knapp 600 meter (wir haben allerdings auf eine Distanz von 50 metern Geschossen) und die Maximale Entfernung die die Kugel zurücklegt beträgt 3000 +- 300 meter
 
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Mit dem G3 hab ich problemlos auf 200m alles Getroffen was sich mir auf der Schiessbahn darbot. 150m ist für das 7.62 echt zu kurz.
Selbst beim Nachtschiessen auf der Geländebahn hab ich noch fast alles Getroffen, nicht nur im liegen.
Bis 400m kann man auch ohne ZF noch recht gut treffen.

Die P1 habe ich beim Bund auf 25m geschossen... das war deutlich schwieriger als mit dem G3 auf 300m. ;) Nicht umsonst hatte die P1 den Ruf das man besser die Einzelteile wirft.

@Ace: Ihr habt mit dem G3 auf 50m geschossen?
 
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Mir haben sie auch gesagt dass etwas zwischen 200 und maximal 400 Meter normale Kampfentfernung sei. Auf 100 Meter haben wir aber ganz sicher geschoßen und das ging eigentlich ganz gut (aber halt liegend nicht jetzt stehend wie im Fernsehen oder so was....).
 
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Hey die P1 fand ich toll, hatte damit nach unserem Zugführer die meisten Ringe auf 25 Meter getroffen (47 oder 48 von 50). Ich weiß echt nicht was jeder gegen die hat :)
 
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Stehend trifft man eh kaum was...
Als Aufsicht beim Schützen war ich mal beim Restmunverschiessen dabei. Stehend, aus der Hüfte mit einem vollen Magazin und Feuerstoss.

Nix haben wir getroffen. Nix. Nicht mal die Scheibe.
 
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Ah, warte.

Auf 50m schoß man mit dem G3 mit der blauen Üb-Mun.
 
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Es gibt da ein schönes Buch von Kneubuehl zu Geschossen und das FM (Field Manual): Emergency Warfare Surgery der US armee ist auch frei im Netz erhälltlich...

Geht das jetzt endlich mal in die Richtung: Trennt waffenreichweite und genauigkeit? :)
 
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Grundlegend haben wir u.a folgende "Gruppen" von Mündungsgeschwindigkeiten(V0):

Unterschallschnell: Diese Geschosse liegen meist bei 200-280m/s. Neben speziellen Geschossen mit verringerter Treibladung gibt es in dieser Gruppe auch Seriengeschosse wie 9x18 Makarow oder .45ACP. Auch die meisten .38er und .380er (9x17) liegen hier

Überschallschnell/Pistole: Dies sind vergleichsweise langsame Überschallgeschosse für Pistolen und MPi. V0 zwischen 330 und 450m/s. Typische Patronen sind die 9x19 Para, .357Mag, .44Mag, die 7.62Tokarev(2) und 7.65Para

Überschall/Kampfgewehr: Waffen der Kaliber 7.62x51Nato, 7.62x63 (aka 30-06), 7.62x54R, 7.92x57(8mm Mauser) und ähnliches, auch viele Jagdgeschosse für Reh o.ä fallen in diesen Bereich. V0 ist hier im Bereich 700-800m/sec (I.e die G3 hat 765-795m/sec)

Überschall/Sturmgewehr: Waffen mit Kalibern wie 5.56x47Nato/.223, 5.54Block etc. Mündungsgeschwindigkeiten um 900-1100m/sec. Die schnellste Kugel ist IIRC eine .223Swift mit etwas über 1200m/sec

Schwarzpulver-Waffen haben deutlich kleinere V0. So etwa das "Dreyse Zündnadelgewehr" bei ca. 200m/sec, Späte Gewehre (post 1860er) wie Martini-Henry, Mauser 1871 und 45-70 Springfield (Die Trapdoor der Kavalrie(1)) bei ca. 400-450m/sec bei einem Kaliber um die 11mm.

Großkaliber (.50BMG für das M82 oder M2HB Maschinengewehr etc) sind im Bereich zwischen 600 und 800m/sec angesiedelt.

Allgemein gilt das schwere/grosskalibrige Gewehrpatronen langsamer fliegen als leichte/kleinkalibrige(3) dafür aber weniger Energie/100m Flug verlieren und dadurch grössere Effektive (Tötliche) Reichweiten haben. 7.62x51 (etwa aus G3, MG3) hat eine tötliche Reichweite um 1100m (MG3 auf Dreibein, die V0 der G3 ist fast gleich) und eine maximale von 3600m (MG3 auf Dreibein). 5.56x47 (etwa aus der M16) hat eine tötliche Reichweite zwischen 200-500m je nach Lauflänge und maximal um 1600m.

Was die G3 beim Bund angeht:

+ Geschossen wurde auf 50m mit Plastik-Mun und Spezialverschluss zum eingewöhnen
+ Liegend/sitzend aufgelegt auf 100m zum Einschiessen (wo zielt das Ding hin(4))
+ 200-300m für die Grundübung GS-3 (IIRC 250m liegend/aufgelegt, kniend/aufgelegt, 200m kniend/freihändig, jeweils 6 Schuss)

Um die G3 einzunorden: 16-18/18 Schuss waren Schützenschnur Gold, 15-13 silber.



(1) Die Trapdoor-Springfield ist, mit guter Munition, eine sehr robuste und verlässliche Waffe. Leider hatten Custers Männer die billigste mögliche Munition
(2) Die Tokarev hat ein Geschoss mit sehr guter Durchschlagsleistung, deutlich besser als die meisten Pistolen.
(3) Gleiche Geschossart vorausgesetzt. Geschosse erhöhter Durchschlagskraft sind z.T. schneller als ihre normalen Verwandten
 
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