Rezension Buch 1: Söldner (I) [T-Rezi]

Taysal

RSP-Gott
verstorben
Registriert
17. September 2008
Beiträge
2.009
Buch 1: Söldner (I)


Traveller Quellenband [T-Rezi]


In schlichter Aufmachung wie das Grundregelwerk, so kommt auch „Buch 1 – Söldner“ daher. Im gleichen Format, diesmal jedoch mit grünem Schriftzug, passt es hervorragend und erweitert die Reihe der Regelwerke. Obwohl im Buch selbst das Dritte Imperium des Öfteren angesprochen wird, ist das Buch – wie bereits das Grundregelwerk – für unterschiedliche Settings und Kampagnenhintergründe ausgelegt. Dabei liegt der Fokus auf einer Söldnergruppe oder zumindest Charaktere mit einem militärischen Hintergrund. Für Fans der Military-Science-Fiction genau das Richtige.

Die Aufmachung des Buchs ist schlicht und das Layout übersichtlich, beinahe schon langweilig. Die im Buch vorkommenden Illustrationen in Graustufen sind von unterschiedlicher Qualität und machen einen manisch depressiven Eindruck: Mal zum Himmel hoch jauchzend und dann wieder zum Tode betrübt. Der Stil wirkt altbacken, versprüht aber gleichzeitig den Charme eines Retrorollenspiels. Und obwohl „Traveller“ bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, ist die am Klassiker orientierte Neuauflage trotzdem modern. Das liegt sicherlich auch an dem modernen Thema und den vielen Möglichkeiten, die das Spiel bietet.

Neben dem Äußeren, das Buch ist übrigens solide verarbeitet und besitzt ein Lesebändchen aus Stoff, muss vor allem der Inhalt stimmen. „Buch 1 – Söldner“ verspricht den Spielern von käuflichen Soldaten immerhin ein Paket an Möglichkeiten. Und der Quellenband hält sein Versprechen auch.

Nach einer kleinen Einleitung und einer Auflistung der wichtigsten Begriffe aus dem Söldnerjargon geht es sofort zum Kernstück des „Traveller“-Systems über: die Karrieren! Bevor sich die Autoren auf die Erschaffung eines Söldnercharakters stürzen, erfahren bestehende Karrieren der planetaren Streitkräfte und der Marineinfanterie eine Frischzellenkur. Dann geht es mit den Söldnerkarrieren weiter, die in gewohnter Manier aufgemacht sind. Es wird auch sofort auf eine Änderung bei den Abfindungen hingewiesen, denn Söldner erhalten keine Rente. Sie bekommen allerdings Premiumtickets, die sie bei späteren Verhandlungen einsetzen können.

Zu den neuen Karrieren gehören Guerilla, Kader, Kommandoeinheiten, Kriegstreiber, Sicherheitsdienst und Sturmtruppen. Jede der Karrieren splittet sich in weitere Karrieren auf, die der Charakter wählen kann. Natürlich gehören die darauf passend abgestimmten Tabellen dazu, die Ausbildung, Ränge, Unglücke und Ereignisse beinhalten. Die Anzahl an Möglichkeiten ist sehr hoch und es ist unwahrscheinlich, dass neu erschaffene Charaktere identisch sind. Hier gibt es immer wieder etwas Neues und kann Unerwartetes geschehen.

Da auch Außerirdische zum Söldnertum neigen, gibt es ebenfalls einen Abschnitt, der sich um die bekannten Aliens aus dem Dritten Imperium dreht. Außerdem wird die Mechanik der Medaillen und Auszeichnungen erklärt, was einem Charakter weitere Tiefe verleiht. Spieler können es sogar darauf anlegen, dass ihr Charakter auf der Jagd nach Ruhm ist.

Ein ganzes Kapitel dreht sich nun um neue Fertigkeiten und Spezialisierungen. Einige der bekannten Fertigkeiten bekommen dadurch neue Aspekte. Fertigkeiten wie „Schulung“, „Verhör“ und „Waffenkunde“ sind neu. Um diesen Änderungen und Erweiterungen fürs Grundregelwerk gerecht zu werden, gibt es auch hier eine kleine Anpassung. Hinzu kommen neue Fertigkeitspakete. Das ganze Kapitel ist in sich stimmig aufgebaut und eine logische Erweiterung der bestehenden Regeln, ohne als zusätzlicher Ballast in Erscheinung zu treten.

Eines der spannendsten Kapitel ist „Söldnertickets“. Hier dreht sich alles um das Kerngeschäft der Söldner. Die Tickets sind dabei die Verträge der Söldner und die Regeln bieten alle denkbaren Möglichkeiten, um diese Verträge auszuhandeln. Das muss einer Spielgruppe allerdings liegen, denn die Tabellen, Möglichkeiten und Berechnungen sind sehr vielfältig und können schnell in trockene Rechnerei ausufern. Richtig ausgespielt und angewandt sind die Verhandlungen und endgültigen Tickets auch etwas Besonderes, vor allem da Charaktere auf die Gestaltung der Tickets Einfluss nehmen können. Zudem bieten die Tickets spannende Ideen für Abenteuer und dienen gar als Abenteuergenerator. Auch hier ist es so, dass es sehr viele Möglichkeiten zum Kombinieren gibt und somit die Spannung stets erhalten bleibt. Wem das alles zu langweilig ist, der kann das Kapitel einfach als Ideenfundus verwenden und sich grob an die Vorlagen halten. „Söldnertickets“ macht auch nur dann richtig Sinn, solange die Gruppe Großteils aus Söldnern besteht.

Genau so speziell wie „Söldnertickets“ ist auch das Kapitel „Rekrutieren neuer Mitglieder für die Einheit“. Hier werden Mechanismen vorgestellt, um die eigene Einheit zusammenzustellen oder zu vergrößern. Den Abschluss des Kapitels bilden vorgefertigte Söldnercharaktere und Charaktere, die mit diesem Milieu in Verbindung stehen. Für Spielleiter erneut eine Fundgrube an Idee und Werten.

Was in ein Quellenbuch über Söldner unbedingt hineingehört sind natürlich neue Kampfregeln. Die Grundregeln bieten bereits viele Optionen, doch die neuen Regeln erweitern die Möglichkeiten um Einiges und ersparen Hausregeln. So wird erklärt, wie man mit tödlicher Genauigkeit zielt (gut für Scharfschützen), blind feuert oder in Panik um sich ballert. Kernpunkt ist jedoch das Schlachtsystem, um Kämpfe in großem Maßstab abzuhandeln. Dabei wird der Kampf in unterschiedliche Phasen eingeteilt. Die Regeln umfassen mehrere Seiten Text, sind leicht verständlich, aber keinesfalls kurz und knackig. Zumindest der Spielleiter sollte einen Überblick haben, um eine große Schlacht flüssig am Laufen zu halten.

Nun folgen Informationen und Regeln zu Söldnerhauptquartieren und Militärbasen. Da gibt es immerhin einiges zu bedenken und die Autoren gehen auf viele wichtige Punkte und Details ein. Auch hier fließen einem Spielleiter viele Ideen zu. Gut gelöst ist übrigens, dass die Einrichtung der Basen nochmals nach Technologielevel getrennt erklärt wird. Eine Burg ist immerhin keine Sternenbasis. Dadurch kann man sich alles viel plastischer vorstellen.

Das abschließende Kapitel behandelt die neue Ausrüstung, die den Spielern mit „Buch 1 – Söldner“ zur Verfügung steht. Es gibt neue Rüstungen, Waffen, dazugehörige Optionen und Anpassungen, Roboter, Drohnen, Fahrzeuge und andere Spielereien. Der Ausrüstungskatalog aus dem Grundregelwerk wird ordentlich erweitert. Irritierend ist allerdings die Tabelle mit den Fahrzeugdaten am Ende des Kapitels. Diese ist nämlich vertikal statt horizontal abgedrückt. Somit muss man hier den Kopf oder das Buch drehen. Da es die einzige entsprechende Stelle ist, wirkt das deplatziert. Eine andere Anordnung der Daten wäre passender gewesen.

Es folgt ein guter Index und dann ein korrigierter und aktueller Charakterbogen, der das Exemplar aus dem Grundregelwerk zukünftig ersetzt. Besonders lobenswert ist an dieser Stelle übrigens die offizielle Errata zum Grundregelwerk, die hier ebenfalls abgedruckt ist. Vor allem die Informationen zu automatischen Waffen machen endlich ein Ende mit den verwirrenden Regeln aus dem Grundregelwerk. In „Buch 1 – Söldner“ wurden übrigens auch die bis zur Drucklegung bekannten Errata eingearbeitet. Prima!

Die deutsche Übersetzung aus den Händen von Sascha Lübke ist sehr gelungen und weist keine großen Fehler auf. Sie wirkt sehr stimmig und macht Laune. Überhaupt hat die deutsche Redaktion gute Arbeit geleistet und ein gelungenes Buch auf den Markt gebracht. Obwohl „Buch 1 – Söldner“ vor allem Söldnerspielgruppen anspricht, ist es auch für alle anderen Spielgruppen eine Bereicherung und eine Fundgrube für Spielleiter. Immerhin gibt es auch genug Material in dem Quellenbuch, das allgemein für „Traveller“ tauglich ist. Zudem bleiben die Regeln im Gleichgewicht und ergänzen sich, auch in Bezug auf das Grundregelwerk. „Buch 1 – Söldner“ ist für „Traveller“-Spieler eine klare Empfehlung.

Buch 1: Söldner
Für eine Handvoll Credits
Traveller-Rollenspiel

13Mann Hardcover, Juli 2009
Seiten 128, ISBN 978-3-94-142001-4

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
Zurück
Oben Unten