Rezension Abseits der Wege I – Unweit [B!-Rezi]

Greifenklaue

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Unweit


Abseits der Wege I


Wer kann sich nicht daran erinnern, was Frodo darauf antwortet, als Gandalf ihn warnt, dass die Wege nach Mordor überwacht werden – „Gehe ich eben abseits der Wege!“. Und damit trifft man nicht nur eine der Hauptinstirationenquellen von Abseits der Wege, sondern auch eine ganz ähnliche Stimmung und Atmosphäre.

Wie am Anfang des ersten Herr der Ringe-Teils prallen märchenhafte Phantastik mit einer düsteren Bedrohung zusammen, welche epische Heldentaten erzwingt. Der junge Gaston Glück ist zusammen mit seinen Freunden Dunring und Halmir unterwegs auf der Jagd nach einem „Renntier“ fürs Rennen vorm großen Fest. Als dann ein Knorpelgnom am Allerwertesten von Dunring hängt, wird der kurzerhand gefangen und mit nach Hause gegeben – nicht ohne ihn einen Namen zu geben, nämlich den seiner Lueblingsspeise, Po. Ganz eine beschauliche Idylle.

Doch kaum zurück am Gasthaus seines Vaters wartet auf Gaston einer böse Überraschung. Ein Purpurner Prüfer in weiblicher Begleitung spricht gerade mit seinem Vater Tebald. Offenbar sucht er einen Weg nach Kaltbrunnen, dem Nachbarn Tiefenhags und ebenfalls eine Grenzstadt, allerdings zum kalten Reich der Faiyen (Feen). Und da Po im Sack Geräusche macht, kann Gaston dies nur mit einer Zusage übertünchen, den Prüfer dorthin zu führen.

Der Purpurne Prüfer selbst hat in einem erfolterten „Geständnis“ davon erfahren, dass in Tiefenhags Bruder, wie ein Brunnen kalt, Welkenwerk vor sich geht. Etwas, gegen das die Prüfer vorgehen, und alles Übernatürliche, vermutlich Magie, bezeichnet.

So ziehen die beiden los, um mehr über Kaltbrunnens Schicksal zu erfahren, während die wissbegierige Begleiterin des Prüfers in Tiefenhag zurückbleibt.

In einer Nebenhandlung stürmen die Truppen des Königs eine Burg von Abtrünnigen, ihnen zur Seite Purpurne Prüfer. Da diese jedoch nicht den König unterstehen, schickt sich der Hauptmann des Königs an, heimlich allein in die Burg einzudringen und den Prüfern zuvorzukommen, einen Nebelchronisten zu stellen.

Produzent Volker Sassenberg legt eine interessante, hochwertig produzierte Serie vor, wie man es von jemanden seines Kalibers erwartet. Schließlich gehen schon zwei große Erfolge auf sein Konto. Mit Point Whitmark legte er eine hervorragende Jugendserie vor, die mit meist grundsoliden Plots auskommt und eine mehr als würdige Konkurrenz für Die drei ??? (bzw. mittlerweile Die Dr3i) ist. Mit Gabriel Burns schaffte er es, den wiederentdeckten Medium Erwachsenenhörspiel nach der John Sinclair Edition 2000 nocheinmal eine Stufe an Qualität draufzulegen und neue Hörerkreise zu erschließen. Und die dritte vorliegende Serie traut sich in ein Genre, das bei Hörspielen (nicht Hörbüchern) fast noch unbearbeitet ist: Drizzt ist bisher der einzige Vertreter für klassische Fantasy gewesen, welche ein breiteres Publikum erfreut hat.

Aber auch dieser Hintergrund hat viel Potential. Auch wenn noch vieles im Nebel liegt und bisher nur zu vermuten ist, ist dies ja gerade der Reiz aus den gegebenen Puzzlestücken sich ein Bild zu basteln. So das geheimnisvolle Welkenwerk, welches z.B. durch verlaubte Hütten repräsentiert wird. Dazu kommt, dass in der Welt von „Abseits des Weges“ nur der Herbst herrscht. „Denn der Herbst war die Zeit und alle Zeit war der Herbst“, so ein Sprichwort. Desweiteren sind einige ungewöhnliche Ideen sind in die Story eingewoben: so die Motzblatter. Eine Pflanze, die sich ständig beschwert und motzt, vor allem wenn man ihre nachwachsenden Blätter zupft.

Auch mit den Stimmen hat er ein gutes Händchen – kaum Hollywoodsynchronsprecher aus der allerersten Riege, aber alles bekanntere, gute und vor allem unverbrauchte Stimmen. So Jürgen Kluckert, vielleicht der bekannteste, der den Part des Erzählers in Gabriel Burns innehat und Morgan Freeman und Chuck Norris synchronisiert. Desweiteren stechen Heinz-Werner Krähkamp (spielt in Abschnitt 40 mit), Timmo Niener (der nicht umsonst an Frodo erinnert, er synchronisiert tatsächlich Eliah Wood) oder als Purpurner Prüfer Karl Schulz hervor. Letzerer blickt auf viele kleine Einzelsynchronisationen zurück und hat als Boba Fett in Das Imperium schlägt zurück wohl die bekannteste seiner Synchronrollen. Weibliche Stimmen gibt es nur wenige, genauer vier, aber auch hier mit guten unverbrauchten Stimmen besetzt. Besonders zu gefallen wußte mir Diana Borgwardt, bekannt z.B. als Kes aus ST: Raumschiff Voyager.

Neben den Stimmen hat die restliche Produktion auch eine hohe Qualität. Getragende Klaviermelodien als abgrenzende Melodien, ähnlich wie bei Gabriel Burns. Reichlich passende Geräusche unterlegen die Handlung, Türknarzen, Wasserrauschen etc.

Besonders gelungen ist aber die Sprachfähigkeit des Drehbuchschreibers – mit wenigen Worten beschreibt er die Orte markant, plastisch und zugleich phantastisch. Sofort entstehen Bilder im Kopf, wenn der Erzähler von knotigen Schlierenbuchen und schlängelndem Wurzelwerk, einem Wald voll wilder Schönheit spricht.

Zur Aufmachung kann ich wenig sagen, da ich ein Promoexemplar vorliegen habe ohne Hülle, wie sie in den Handel kommen soll. Der Verlag redet von „einem filmreifen Artwork mit Goldprägung“ und das Cover macht tatsächlich einen gelungenen Eindruck, der aufs Setting einstimmt. Geplant sind jährlich drei Ausgaben. Lobenswert ist die Laufzeit von knapp 79 Minuten – mehr geht fast nicht und man bekommt eine volle CD für’s Geld.

Fazit: Die Folge erfüllt das, was man von einem Erstling erwarten darf. Er macht vertraut mit den Setting, den Charakteren und macht Lust auf mehr. Gerade letzteres gelingt Abseits der Wege hervorragend, auch nach mehrmaligen Durchhören puzzelt man noch die gegebenen Hinweise zusammen und versucht die Zwischenräume mit seiner Phantasie zu verbinden. Kurzum, ein erster Teil, der auf eine hervorragende Hörspielserie schließen läßt.

PS.: das Original ist zu finden unter LORP.de | Magazin - Rezensionen - dort kann man die Rezi auch bewerten (*lechz*), natürlich freu ich mich auch hier über reges Feedback!!!Den Artikel im Blog lesen
 
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