Der "leidgeprüfte Erzähler"-Thread

Midwinter

Kainskind
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1. Dezember 2008
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282
In diesem Thread will ich einfach mal ein paar der chronischen Probleme sammeln, mit denen man als Erzähler immer wieder konfrontiert ist (und für die es ja vielleicht ganz einfache Lösungsansätze gibt...).

Ich eröffne mal mit

1. Wie kann jemand flüchten oder sich verstecken (egal ob SC oder NSC), wenn man mit Präsenz 4 relativ einfach herbeigerufen werden kann?

2. Wie baut man eine Krimi-/Verschwörungs-Handlung oder ähnliche Mysterien auf, wenn ein Großteil der Spielergruppe über Disziplinen verfügt, mit denen man Geheimnissen relativ leicht auf den Grund gehen kann (Auspex, Beherrschung, Präsenz etc.)?

3. Wie setzt man SCs für eine Weile außer Gefecht, ohne sie gleich dem endgültigen Tod nahe zu bringen, wenn pfählen regeltechnisch betrachtet eine ziemlich knifflige Angelegenheit ist und die Regeln an und für sich sowas wie Bewußtlosigkeit nicht kennen?
3a. Wie geht man "Felsen in der Brandung" um, also SCs mit Widerstand 5 und Seelenstärke 5, die vielleicht keine ausgewiesenen Kampfsäue sind, aber denen, außer mit größtem Kaliber, kaum beizukommen ist?

Das wären nur mal so die ersten, die mir gerade in den Sinn kommen (insbesondere deshalb, weil ich gerade akut mit 1. und 2. zu kämpfen habe...). Fortsetzung folgt.

Womit schlagt ihr euch so rum? An welchen Problemen könntet ihr immer wieder verzweifeln?
 
1. Wie kann jemand flüchten oder sich verstecken (egal ob SC oder NSC), wenn man mit Präsenz 4 relativ einfach herbeigerufen werden kann?

Sich mit Beschäftigung / Kontakten / Arbeit / Verpflichtungen, kurz mit Dingen, die wichtig sind, ablenken. Bis zu einer gewissen Erfolgszahl ist das schon ein guter Schutz, um sich gegen den Ruf zu wehren / ihn abzuschütteln. Einsperren geht auch immer. Flüchten ist da vielleicht schon schwieriger. Wenn jedoch Lebensgefahr besteht, sofern man dem Ruf folgt, dann ist die Flucht auch kein Ding. Es braucht schon Einiges, um Jemanden trotz Gefahr für Leib und Unleben zu rufen. Bonus: größere Distanz zum Rufer bedingt gerne Mal größere Mühen, ihn zu erreichen -> mehr Erfolge nötig.

In letzter Konsequenz bleibt einem manchmal aber auch vielleicht wirklich nichts anderes mehr übrig, als sich vom Einfluss des Rufers zu befreien. Endgültig.

2. Wie baut man eine Krimi-/Verschwörungs-Handlung oder ähnliche Mysterien auf, wenn ein Großteil der Spielergruppe über Disziplinen verfügt, mit denen man Geheimnissen relativ leicht auf den Grund gehen kann (Auspex, Beherrschung, Präsenz etc.)?

Wie in guten Geschichten auch gerne mal gemacht: indem man die Herausforderung in der Überführung sucht und nicht in der Rekonstruktion. Das große Geheimnis zu hüten und die Spieler mit immer neuen, ganz überraschenden und natürlich unvorhergesehenen Wendungen zu teasen, ist nicht immer das, was man sich eigentlich erhofft. Und wenn die Charaktere aufgrund ihren Fähigkeiten gute Detektive sind, warum sie dann nicht auch dafür belohnen?

3. Wie setzt man SCs für eine Weile außer Gefecht, ohne sie gleich dem endgültigen Tod nahe zu bringen, wenn pfählen regeltechnisch betrachtet eine ziemlich knifflige Angelegenheit ist und die Regeln an und für sich sowas wie Bewußtlosigkeit nicht kennen?

Gibt immer die Möglichkeit, Jemanden sozial / politisch handlungsunfähig zu machen. Das ist aber eher langfristig. Wenn man was schnelles / kurzfristiges braucht reichen auch gute, alte Ketten, ein gut verschlossener Kellerraum etc. - Pfählen ist übrigens nur im offenen Kampf knifflig. Ist das Opfer einmal irgendwie fixiert und wehrlos, dann rammt man das Dingen rein und gut is.

Dann gibts natürlich noch schöne Disziplinen. Irsinn und Mortis können auf Anhieb lähmen / bewegungs- bzw. handlungsunfähig machen. Aber im Grunde reichen schon Präsenz und Beherrschung. Warum pfählen und fesseln wenn das geneigte Opfer freiwillig folgt / schweigt / verschwindet?

3a. Wie geht man "Felsen in der Brandung" um, also SCs mit Widerstand 5 und Seelenstärke 5, die vielleicht keine ausgewiesenen Kampfsäue sind, aber denen, außer mit größtem Kaliber, kaum beizukommen ist?

Im Idealfall (ich weiß, dass der selten ist) hat so ein SC nicht gleichwertig hohe Werte in allem Geistigen und / oder Sozialem, in den Tugenden und in Willenskraft. Schwachstellen sind also ganz klar geistige Disziplinen, soziales Intrigenspiel etc. Kaum ein Vampir, der länger leben will als ein paar Jährchen ist so kreativlos, offen gegen sojemanden zu kämpfen. Man kann ihn immer hin auch für sich selbst kämpfen lassen. Oder anderweitig unschädlich machen. Dann leidet auch eine Kampfsau immer noch unter Rötschreck und greift in der Raserei gerne mal die eigenen Verbündeten an. Da gibt es doch Einiges, was man tun kann.


Ich denk noch über ein paar chronische Probleme bei mir nach. Wenn ich welche finde, mach ich weiter.
 
Im Idealfall (ich weiß, dass der selten ist) hat so ein SC nicht gleichwertig hohe Werte in allem Geistigen und / oder Sozialem, in den Tugenden und in Willenskraft. Schwachstellen sind also ganz klar geistige Disziplinen, soziales Intrigenspiel etc.
Von diesem Idealfall bin ich bei uns in der Gruppe relativ weit entfernt: Eine Ventrue mit Widerstand 5, Seelenstärke 5, Willenskraft 10, Mut 5, und - natürlich - Schwerpunkt auf gesellschaftlichen Attributen. Über die entsprechenden geistigen Disziplinen (Beherrschung 5, Präsenz 5) brauchen wir gar nicht diskutieren...

Klar, nach entsprechend langer Spielzeit wird ein Spielercharakter zwangsweise ein gewisses Power-Niveau erreichen, das liegt in der Natur der Sache. Aber genau daher rührt ja das Problem, denn wenn es etwas gibt, das ich nicht leiden kann, dann ist es ein "Rüstungswettlauf" zwischen Spielern und Erzähler - die Spieler sind sooo mächtig, also muß man ihnen eine Herausforderung in den Weg stellen, die noch viiiiel mächtiger ist. Das hat für mich sowas "World of Warcraft"-mäßiges - Level up, dann kannst du dir einen größeren Boss vorknöpfen. Gut, vielleicht muß ich mich damit abfinden, dass meine Spielgruppe halt nicht mehr mit jedem dahergelaufenen Spatenkopf zu beeindrucken ist. Aber ständig irgendwelche uralten Ahnen und/oder Methusalems durch's Bild laufen lassen kann ja auch nicht die Lösung sein.

Ein Ansatz, der teilweise schon funktioniert hat (ich will ja nicht nur jammern), ist die "Viele Jäger sind des Hasen Tod"-Taktik. Es muß ja nicht ein einziger heftiger Gegner sein (solche Leute, da gebe ich dir Recht, Arlecchino, stürzen sich auch eher selten direkt ins Kampfgetümmel) - ein paar schwächere Gegner, von denen einfach nicht alle gleichzeitig abgewehrt werden können, kommen ja vielleicht auch ans Ziel. Oder um es mit einem Filmzitat zu sagen:
von Buffy The Vampire Slayer Season 5 Episode 7 Fool for love schrieb:
Spike: How many of my kind do you think you've done?
Buffy: Not enough.
Spike: Mm-hmm. And we just keep comin'. But you can kill a hundred, a thousand, a thousand thousand and the armies of Hell besides, and all we need is for one of us, just one, sooner or later, to have the thing we're all hoping for.
Buffy: And that would be what?
Spike: [whispers in her ear] One... good... day.
 
Klar, die vielen kleinen Nadelstiche sind schon ne gute Taktik. Und wenn man einfach hochgespielte Charaktere hat, ist das mit der Herausforderung natürlich prinzipiell schwieriger. Wobei selbst ein lange gespielter Charakter nicht einach so auf Willenskraft 10 und überall auf 5 hochspringt. Gerade die Tugenden und Wegwerte dürften heftig fluktuieren, wenn der nicht zufällig auch noch unglaublich Zen is und Konflikten aus dem Weg geht (und warum dann Kampfwerte auf 100+?)

Mir fällt es immer ein bisschen schwer, mir solche Charaktere vorzustellen, vor allem in "klassischen" Spielersituationen. Mit solchen Fähigkeiten und Disziplinen ist es aber durchaus nicht unwahrscheinlich schon ziemlich weit oben in der Nahrungskette zu stehen und das ist ja dann auch okay. Da kommen dann ganz andere Probleme auf sojemanden zu. Selbst mit den besten Disziplinskombinationen und ausgeklügeltsten Fähigkeiten kann man nicht jeden NSC überwachen und kontrollieren, der potentiell am Stuhl sägt. Und dann gibt es eben immer noch die großen, immer währenden Gefahren:

- Diablerie. Mit wenig Menschlichkeit / bestimmten Pfaden /Wegen ist es schwierig bis beinahe unmöglich, sich effektiv dagegen zu wehren. Deswegen sind die Alten so paranoid.
- Rötschreck / Raserei .. klar, sind auch die Tugenden irgendwo im Himmel ist das leichter, aber immer noch effektiver als ne Salve aus nem Maschinengewehr.
- Personal Horror. Was macht so eine unglaublich mächtige Kreatur? Ist sie auch für Verbündete eine Gefahr? Für sich selbst?
- Wahnsinn. Auch mit Willenskraft 10 und Selbstbeherrschung Drölfzig ist man davor nicht geschützt. Das geht über Malkavianer aber auch teilweise völlig von alleine. Sogar regeltechnisch, wenn zu große Diskrepanzen und Machtsprünge bei den Disziplinen vorliegen.

Es kommt halt immer drauf an, was so ein Spieler will. Warum er seinen Charakter überhaupt so hoch gesteigert hat. Ein Powergamer will vermutlich direkte Konfrontation als Herausforderung. Dann muss er halt damit leben, dass ab so einem Level Werwolfsrudel und Ahnen / Methusalem seine Sparringspartner sind. Oder ne große Jägerorganisation. Wenn er auch auf soziales und settinginhärent plausibles Spiel wert legt, dann ists vielleicht dazu noch ein Haufen ambitionierter und einfallsreicher Neugeborener. Oder eben er selbst. Selbst Götter scheitern an sich selbst. Jeder hat Schwächen und die zu finden ist oft nicht besonders schwer. Spieler und Spielleiter müssen halt wissen, dass sie auf dem gleichen Parkett spielen.

Ich kann verstehen, dass einem das Wettrüsten auf den Sack geht und man auch nicht immer Dragonball-mäßig den nächst größeren Powerlevel in den Ring schmeißen will. Dann muss man, wenn die Spieler da mitmachen, eben das Dingen rumreißen. Den Horror und die Herausforderung im Inneren suchen. Im Kleinen. Im Konflikt mit sich selbst und untereinander. Gerade auch eine Gruppe von so mächtigen Charakteren dürfte alles andere als harmonisch sein. Ganz im Gegenteil. Man steht sich im Weg, so etwas wie ewig währende Freundschaft und Verbundenheit gibt es unter Vampiren immer hin nur sehr selten. Wenn überhaupt. Ist ne philosophische Frage.


@Thread
Ich hab eins meiner Probleme gefunden:

- Was hilft, um das Gefühl zu unterstützen, tatsächliche Vampire zu spielen? Vielleicht kennt das der ein oder andere. Im politischen / sozialen Intrigenspiel geht die Kernessenz ein bisschen unter. Bluttrinken wird zur bloßen Nahrungsaufnahme und die Charaktere sind im Grunde phasenweise nur komische, sich selbst regenerierende Menschen, die nur bei Nacht aktiv sind. Das Problem hatte ich in den Jahren immer wieder. Es klappt immer mal wieder, Dinge einzubauen, die "das Vampirische" ein wenig hervorheben aber zu gezwungen solls ja auch nicht sein. Ist okay, wenns für die Gruppe so funktioniert, für mich persönlich ist es aber oft ein Krampf, wenn ich das merke und es mich akut nervt.
 
1. Wie kann jemand flüchten oder sich verstecken (egal ob SC oder NSC), wenn man mit Präsenz 4 relativ einfach herbeigerufen werden kann?
Thauma
2. Wie baut man eine Krimi-/Verschwörungs-Handlung oder ähnliche Mysterien auf, wenn ein Großteil der Spielergruppe über Disziplinen verfügt, mit denen man Geheimnissen relativ leicht auf den Grund gehen kann (Auspex, Beherrschung, Präsenz etc.)?
Thauma
3. Wie setzt man SCs für eine Weile außer Gefecht, ohne sie gleich dem endgültigen Tod nahe zu bringen, wenn pfählen regeltechnisch betrachtet eine ziemlich knifflige Angelegenheit ist und die Regeln an und für sich sowas wie Bewußtlosigkeit nicht kennen?
Thauma
3a. Wie geht man "Felsen in der Brandung" um, also SCs mit Widerstand 5 und Seelenstärke 5, die vielleicht keine ausgewiesenen Kampfsäue sind, aber denen, außer mit größtem Kaliber, kaum beizukommen ist?
Thauma oder zur Abwechslung mal Irrsinn
 
Klar, die vielen kleinen Nadelstiche sind schon ne gute Taktik. Und wenn man einfach hochgespielte Charaktere hat, ist das mit der Herausforderung natürlich prinzipiell schwieriger. Wobei selbst ein lange gespielter Charakter nicht einach so auf Willenskraft 10 und überall auf 5 hochspringt.
"lange gespielt" bedeutet in unserem Fall 20 Jahre :eek:, da kann der eine oder andere Wert durchaus das Maximum erreichen...
Mir fällt es immer ein bisschen schwer, mir solche Charaktere vorzustellen, vor allem in "klassischen" Spielersituationen. Mit solchen Fähigkeiten und Disziplinen ist es aber durchaus nicht unwahrscheinlich schon ziemlich weit oben in der Nahrungskette zu stehen und das ist ja dann auch okay. Da kommen dann ganz andere Probleme auf sojemanden zu. Selbst mit den besten Disziplinskombinationen und ausgeklügeltsten Fähigkeiten kann man nicht jeden NSC überwachen und kontrollieren, der potentiell am Stuhl sägt.
Aber - siehe Punkt 2 - wenn jemand am Stuhl sägt, dann fällt es wiederum relativ leicht, den Säger zu finden und ihm dann entsprechend zu... disziplinieren. Das "verdammt, wer arbeitet da hinter unserem Rücken gegen uns"-Gefühl ist nicht leicht aufrechtzuerhalten.
Es kommt halt immer drauf an, was so ein Spieler will. Warum er seinen Charakter überhaupt so hoch gesteigert hat. Ein Powergamer will vermutlich direkte Konfrontation als Herausforderung. Dann muss er halt damit leben, dass ab so einem Level Werwolfsrudel und Ahnen / Methusalem seine Sparringspartner sind. Oder ne große Jägerorganisation. Wenn er auch auf soziales und settinginhärent plausibles Spiel wert legt, dann ists vielleicht dazu noch ein Haufen ambitionierter und einfallsreicher Neugeborener. Oder eben er selbst. Selbst Götter scheitern an sich selbst. Jeder hat Schwächen und die zu finden ist oft nicht besonders schwer. Spieler und Spielleiter müssen halt wissen, dass sie auf dem gleichen Parkett spielen.
An dem Punkt kann ich zumindest postitiv vermerken, dass wir nur einen ausgewiesenen Powergamer am Tisch haben, und das nicht allzu häufig. Ansonsten haben wir durchaus Spieler in der Gruppe - mich selbst eingeschlossen -, die noch einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Betrag an unverbrauchten Erfahrungspunkten haben. Nicht, weil das was sie steigern wollen so teuer ist und man Punkte sparen muß, sondern weil es irgendwie gerade nichts Passendes zum Steigern gibt, das ins Charakterkonzept passt.
Ich kann verstehen, dass einem das Wettrüsten auf den Sack geht und man auch nicht immer Dragonball-mäßig den nächst größeren Powerlevel in den Ring schmeißen will. Dann muss man, wenn die Spieler da mitmachen, eben das Dingen rumreißen. Den Horror und die Herausforderung im Inneren suchen. Im Kleinen. Im Konflikt mit sich selbst und untereinander.
Ich habe vor langer Zeit mal eine NSC eingeführt, Valerie, die 11jährige Tochter einer ehemaligen Kommilitonin von einer unserer SCs. Im Laufe der Erzählung ging die Kommilitonin drauf, und unsere SC hat sich daraufhin um die Unterbringung bei einer nahen Verwandten gekümmert. Im Laufe der Zeit hat Valerie dann ein paar Pubertätsprobleme gehabt (sie ist von zuhause weggelaufen, weil sie zu ihrem Onlinefreund wollte), hat die High School absolviert und durch unsere SC einen Platz an einer Eliteuni bekommen und steht jetzt kurz vor ihrem Abschluß in Jura. Anhand von Valerie bemerken die Spieler immer wieder, wie die Zeit vergeht, und die betreffende SC bekommt immer wieder vor Augen geführt, wie ihr Leben hätte aussehen können, wenn sie selbst eine sterbliche Familie gehabt hätte.
Solche kleinen, persönlichen Geschichten finde ich viel prickelnder als "Wir haben die Welt gerettet. Schon wieder.".
Ich freu mich schon auf Valeries Hochzeit in ein paar Jahren...
@Thread
Ich hab eins meiner Probleme gefunden:

- Was hilft, um das Gefühl zu unterstützen, tatsächliche Vampire zu spielen? Vielleicht kennt das der ein oder andere. Im politischen / sozialen Intrigenspiel geht die Kernessenz ein bisschen unter. Bluttrinken wird zur bloßen Nahrungsaufnahme und die Charaktere sind im Grunde phasenweise nur komische, sich selbst regenerierende Menschen, die nur bei Nacht aktiv sind. Das Problem hatte ich in den Jahren immer wieder. Es klappt immer mal wieder, Dinge einzubauen, die "das Vampirische" ein wenig hervorheben aber zu gezwungen solls ja auch nicht sein. Ist okay, wenns für die Gruppe so funktioniert, für mich persönlich ist es aber oft ein Krampf, wenn ich das merke und es mich akut nervt.
Oh ja, das Problem kenne ich, insbesondere wenn ich das Gefühl habe, nicht "Vampire", sondern "Shadowrun mit Zähnen" zu spielen (oder wenn die oben erwähnten kleinen, persönlichen Szenen zu sehr in Richtung Seifenoper abdriften). Wir sind, nachdem wir bemerkt haben, dass die allnächtliche Weltrettung auf die Dauer etwas dröge ist, von Erzählungen rund um Feind A, B oder C abgerückt und stellen viel stärker die kainitische Gesellschaft in den Vordergrund. Wie sind die Claims in der Stadt abgesteckt? Zu welchen Konflikten kommt es clanintern oder zwischen den Clans? Welche disziplinarischen Mittel ergreift der Prinz, wenn mal jemand über die Stränge schlägt? Gerade bei letzterem Punkt läuft es den Spielern manchmal kalt den Buckel runter - weil sie bis vor nicht allzu langer Zeit selbst ab und zu die zu bestrafenden Delinquenten waren und so weit noch nicht weg sind von ihren Jugendsünden.

Was auch manchmal ganz interessant ist, ist den Spielern klarzumachen, dass sie mit Leuten umgehen, die schon beträchtlich mehr Jahre auf dem Buckel haben als sie selbst. Und damit verbunden sind dann natürlich auch gewisse Ansichten zu manchen Themen. Sicher, Demokratie mag eine tolle Sache sein. Für die Charaktere. Aber für jemanden, der im feudalen Europa aufgewachsen ist? Oder noch davor? Sklavenhaltung, pfui Teufel. Aber für manchen Ahn mag es völlig normal erscheinen, Menschen zu besitzen. Gleichberechtigung für Mann und Frau - klar, wir wollen die Spielerinnen am Tisch ja nicht vergraulen :D. Aber sooo alt ist die Idee des Frauenwahlrechts auch wieder nicht. Und die älteste unserer SCs wurde 1985 zum Vampir. Also vor geradezu lächerlich kurzer Zeit, wenn man bedenkt, dass der Prinz unserer Stadt schon gute 100 Jahre alt war, bevor die Indianer Nordamerikas zum ersten mal ein Pferd gesehen haben! Manchmal schadet es nicht, so etwas den Spielern vor Augen zu führen.
 
Zugegeben, Thaumaturgie hat theoretisch für fast jedes Problem eine Lösung, sei es ein Pfad oder ein Ritual. Aber anders als Stärke, Präsenz oder Beherrschung ist Thaumaturgie keine weitverbreitete Allerweltsdisziplin, und jedem dahergelaufenen NSC mag ich nun auch nicht Thaumaturgie 5 geben.
 
Natürlich nicht, aber Du musst Dir auch nicht zwangsweise einen Kopf machen. Wenn die Spielerchars so kernig sind, dann werden die auch nicht auf 08/15 Probleme angesetzt. Wenn es die Story braucht, dann kommt halt irgendwas zum Einsatz, dass deren Kräfte blockiert/neutralisiert. Da musst Du nichts erklären, einfach nur erzählen.
 
Ich hab eins meiner Probleme gefunden:

- Was hilft, um das Gefühl zu unterstützen, tatsächliche Vampire zu spielen? Vielleicht kennt das der ein oder andere. Im politischen / sozialen Intrigenspiel geht die Kernessenz ein bisschen unter. Bluttrinken wird zur bloßen Nahrungsaufnahme und die Charaktere sind im Grunde phasenweise nur komische, sich selbst regenerierende Menschen, die nur bei Nacht aktiv sind. Das Problem hatte ich in den Jahren immer wieder. Es klappt immer mal wieder, Dinge einzubauen, die "das Vampirische" ein wenig hervorheben aber zu gezwungen solls ja auch nicht sein. Ist okay, wenns für die Gruppe so funktioniert, für mich persönlich ist es aber oft ein Krampf, wenn ich das merke und es mich akut nervt.
Ich finde, dass sich Wahrer Glaube und Jäger sehr gut dafür eignen das zu thematisieren.
Nach dem Motto
"Ja, ihr verhaltet euch vielleicht wie coole Antihelden, aber mal ganz ehrlich: Gott hasst euch. Ihr seid die Bösen."

Mein anderer Vorschlag ist die typische ausgelutschte Methode Vampire darzustellen (nur in neues Gewand gepackt):
Irgendwo ist plötzlich aus irgendeinem Grund Blut...
In gefühlt 99% aller Vampirgeschichten schneidet sich jemand in den Finger. Dank Dschihad etc. muss man aber nicht auf so konstruierten Quatsch zurückgreifen, sondern kann auch einfach ma die SCs einen Sabbat-"Tatort" untersuchen lassen, während sie nicht völig satt sind.
Und während sie die Spuren eines grauenvollen Massakers betrachten, bittet man als SL einfach mal kurz um Selbstbeherrschungswürfe und teilt dann mit:
"Die Organe sind im ganzen Raum verteilt, der Teppich ist komplett voller Blut. Hans und Tina, ihr bekommt richtig Appetit.
Zeig den Spielern hin und wieder, dass Blut trinken eigentlich nach normalen menschlichen Maßstäben ne ziemlich gestörte und ekelhafte Sache ist.

Zugegeben, Thaumaturgie hat theoretisch für fast jedes Problem eine Lösung, sei es ein Pfad oder ein Ritual. Aber anders als Stärke, Präsenz oder Beherrschung ist Thaumaturgie keine weitverbreitete Allerweltsdisziplin, und jedem dahergelaufenen NSC mag ich nun auch nicht Thaumaturgie 5 geben.
Und hier setzt dann das ein, was ich "Spielweltlogik" nenne.
Weil die Situation nunmal so ist, wie du sie darstellst, kommen nur Idioten auf die Idee so etwas plumpes wie einen simplen Mord zu planen.
Wenn ein kluger NSC jemanden umbringen will, dann hat er entweder die notwendigen Superdiszis (wie eben Thaumaturgie) um damit durchzukommen oder er muss kreativ werden.

Wenn nun aber doch jemand einen einfachen Mord begeht, dann gehen die SCs da hin, lösen (falls die eigenen Diszis nicht reichen) ein paar Gefallen ein und schon ist der Täter identifiziert, wird gerufen, wird festgenommen und schließlich hingerichtet.
So funktioniert die WoD und es ist in meinen Augen absolut Feature und nicht Bug den Spielern auch genau diese Spielerfahrung zu präsentieren wann immer jemand so doof ist einen plumpen Mord zu begehen.

Kurz:
Man sollte auch nicht jedem dahergelaufenen NSC die Fähigkeit geben einen undurchschaubaren Mord durchzuziehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh ja, das Problem kenne ich, insbesondere wenn ich das Gefühl habe, nicht "Vampire", sondern "Shadowrun mit Zähnen" zu spielen

Das Problem hab ich gar nicht so sehr. Bei uns stehen selten Weltrettungsszenarien an und es laufen plenty of ancient Ahnen oder Methusalem rum. Es ist eben gerade das politische Intrigenspiel, die Ränke und Pläne, das NSC-lastige Dialogspiel, das gerne mal den Vampirismus in den Hintergrund drückt. Wie gesagt nicht oft, aber durchaus schonmal, dass es mich nervt. Ich hab schon eigene Wege gefunden, das ein bisschen aufzufangen, ein Problem ist es hin und wieder schon noch. Für mich, nicht für die Gruppe.

Ich finde, dass sich Wahrer Glaube und Jäger sehr gut dafür eignen das zu thematisieren.
Nach dem Motto
"Ja, ihr verhaltet euch vielleicht wie coole Antihelden, aber mal ganz ehrlich: Gott hasst euch. Ihr seid die Bösen."

Mein anderer Vorschlag ist die typische ausgelutschte Methode Vampire darzustellen (nur in neues Gewand gepackt):
Irgendwo ist plötzlich aus irgendeinem Grund Blut...
In gefühlt 99% aller Vampirgeschichten schneidet sich jemand in den Finger. Dank Dschihad etc. muss man aber nicht auf so konstruierten Quatsch zurückgreifen, sondern kann auch einfach ma die SCs einen Sabbat-"Tatort" untersuchen lassen, während sie nicht völig satt sind.
Und während sie die Spuren eines grauenvollen Massakers betrachten, bittet man als SL einfach mal kurz um Selbstbeherrschungswürfe und teilt dann mit:
"Die Organe sind im ganzen Raum verteilt, der Teppich ist komplett voller Blut. Hans und Tina, ihr bekommt richtig Appetit.
Zeig den Spielern hin und wieder, dass Blut trinken eigentlich nach normalen menschlichen Maßstäben ne ziemlich gestörte und ekelhafte Sache ist.

Antihelden weniger bei uns, aber ja: wahrer Glaube hilft, den Vampirismus deutlich zu machen.
Letzteres klappt auch schonmal, aber weniger mit dem in-your-face Splattermodus. Das ist bekannt, das lockt Niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Dann schon eher die Kleinigkeiten. Überhaupt tatsächlichen, lebensgefährlichen Hunger, das geht schonmal in Runden unter, wo die SCs mit Herden und generell leichtem Zugang zu Blut rumlaufen. Ist zum Teil auch so gewollt (römische Dekadenz), da muss man andere Sachen entgegen steuern.
 
- Was hilft, um das Gefühl zu unterstützen, tatsächliche Vampire zu spielen? Vielleicht kennt das der ein oder andere. Im politischen / sozialen Intrigenspiel geht die Kernessenz ein bisschen unter. Bluttrinken wird zur bloßen Nahrungsaufnahme und die Charaktere sind im Grunde phasenweise nur komische, sich selbst regenerierende Menschen, die nur bei Nacht aktiv sind. Das Problem hatte ich in den Jahren immer wieder. Es klappt immer mal wieder, Dinge einzubauen, die "das Vampirische" ein wenig hervorheben aber zu gezwungen solls ja auch nicht sein. Ist okay, wenns für die Gruppe so funktioniert, für mich persönlich ist es aber oft ein Krampf, wenn ich das merke und es mich akut nervt.

Die Holzhammermethode:
Im Erzählerkapitel stehen immer sehr übertrieben "artsy" beschriebene "Erzähltechniken" drin. Eine von denen hat sich als sehr zuverlässig erwiesen um aus Vampire ein "Horror"rollenspiel um Vampire zu machen: Man wechselt als Erzähler die Erzählperspektive. Wenn ein Spieler mit einem "ich gehe irgendwo trinken!" loslegt, dann nickt man, erklärt ihm das er jetzt ein Familienvater ist, der mit seiner Familie beim Essen sitzt und ein "Geräusch" im Wohnzimmer hört. Und dann stellt er eben fest, das SEIN Charakter hier gerade reinmarschiert ist um seine Frau, seine Kinder und ihn von ihrem Blut zu befreien, und er ist hilflos dank der vampirischen Disziplinen. Nachdem die Familie ausgelöscht (oder jedenfalls ihr Gedächtnis ausgelöscht wurde), kriegt der Spieler die Kontrolle über den Charakter mit den Worten "Gut, du hast irgendwo getrunken. Was machst du jetzt?" zurück. Wenn sich einer beschwert, verweist man auf das "Erzähltechniken" Kapitel ;-)
 
Solche Erzählerhinweise- und Tipps sind wahrscheinlich der Brunnen, aus dem so manches Gift geschöpft wurde, wenn es um Maskerade geht.
Ich muss meine Spieler nicht "schocken" oder irgendwie "zurechtrücken" damit sie "vernünftig spielen". Man weiß allgemein, dass man einen Vampir spielt und was das für Konsequenzen hat und ich überlasse es meinen Spielern, wie weit oder wie intensiv oder ob sie überhaupt den "personal horror" ausspielen wollen. Ab und zu dran zu erinnern, dass man eine mordraubende Bestie ist, ist sicher immer mal wieder hilfreich, aber dass der Vampirismus im Handlungsspiel untergeht passiert am Tisch erstmal unbemerkt. Mir fällt das erst im Nachhinein auf, unter anderem weils kein wirklicher Störfaktor ist. Wir haben Niemanden am Tisch der "ich geh dann jetzt mal trinken" sagt und sich zwei Blutpunkte anstreicht. Es wird halt oft einfach nicht mehr ausgespielt, vor allem mit Herde. Und das auch mit gutem Grund - nach ner Zeit wiederholen sich die Beschreibungen und werden langweilig, was das Spiel alles andere als bereichert.

Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, den Vampirismus einfach viel deutlicher in das kulturelle Gefüge einzuflechten. Ist für andere, die ein ähnliches Problem haben, vielleicht auch als Lösungsansatz interessant. Wenn sich die Charaktere und NSCs schon bei gesellschaftlichen Anlässen für Menschen völlig fremdartig verhalten ist das schonmal ein Bonus. Dazu kommen vampireigene Riten und Feste und besondere quirks oder Eigenarten, um die Clansflüche hervorzuheben. Bei Letzterem muss man natürlich aufpassen, dass es nicht zu plüschig wird. Aber der Ventrue, der ein potentielles Opfer erstmal ein paar Wochen begleitet, beobachtet und sich ab und an zeigt, um zu überprüfen, ob es wirklich in sein Beuteschema fällt, nur um aus dem Trinken schließlich einen wirklichen Genuss zu machen.. sowas hilft schon eher, um das Gefühl zu erzeugen, nicht einfach nur nachtaktive Menschen zu spielen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Solche Erzählerhinweise- und Tipps sind wahrscheinlich der Brunnen, aus dem so manches Gift geschöpft wurde, wenn es um Maskerade geht.
Ich muss meine Spieler nicht "schocken" oder irgendwie "zurechtrücken" damit sie "vernünftig spielen". Man weiß allgemein, dass man einen Vampir spielt und was das für Konsequenzen hat und ich überlasse es meinen Spielern, wie weit oder wie intensiv oder ob sie überhaupt den "personal horror" ausspielen wollen. Ab und zu dran zu erinnern, dass man eine mordraubende Bestie ist, ist sicher immer mal wieder hilfreich, aber dass der Vampirismus im Handlungsspiel untergeht passiert am Tisch erstmal unbemerkt. Mir fällt das erst im Nachhinein auf, unter anderem weils kein wirklicher Störfaktor ist. Wir haben Niemanden am Tisch der "ich geh dann jetzt mal trinken" sagt und sich zwei Blutpunkte anstreicht. Es wird halt oft einfach nicht mehr ausgespielt, vor allem mit Herde. Und das auch mit gutem Grund - nach ner Zeit wiederholen sich die Beschreibungen und werden langweilig, was das Spiel alles andere als bereichert.

Naja, das ist ja persönlicher Geschmack. Du hast gefragt wie man mehr "Vampir" daraus macht. Wenn einem das zu grafisch ist, dann muss man es ja nicht machen. Das hat weniger mit "zurechtrücken" und "vernünftig" spielen zu tun. Für eine "Tarrantino meets Blade Blutorgie" wäre so ein vorgehen auch äußerst unpraktisch. Und ja, das Beschreiben von Trinken ist in der Tat so repetitiv, das wir meistens nur würfeln und das aufschreiben, ohne noch irgendetwas zu besprechen.

Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, den Vampirismus einfach viel deutlicher in das kulturelle Gefüge einzuflechten. Ist für andere, die ein ähnliches Problem haben, vielleicht auch als Lösungsansatz interessant. Wenn sich die Charaktere und NSCs schon bei gesellschaftlichen Anlässen für Menschen völlig fremdartig verhalten ist das schonmal ein Bonus. Dazu kommen vampireigene Riten und Feste und besondere quirks oder Eigenarten, um die Clansflüche hervorzuheben. Bei Letzterem muss man natürlich aufpassen, dass es nicht zu plüschig wird. Aber der Ventrue, der ein potentielles Opfer erstmal ein paar Wochen begleitet, beobachtet und sich ab und an zeigt, um zu überprüfen, ob es wirklich in sein Beuteschema fällt, nur um aus dem Trinken schließlich einen wirklichen Genuss zu machen.. sowas hilft schon eher, um das Gefühl zu erzeugen, nicht einfach nur nachtaktive Menschen zu spielen.

Wenn es dir nur um das "fremdartige Verhalten" geht, dann ist vielleicht "Bram Stoker's Dracula", also der Film, ein Ansatz. Der geht ja schon teilweise eher ins surreale was den Vampir betrifft. Ich habe beim Larp (und in geringerem Maße im Paper) immer gerne mit einem etwas raubtierhaften Verhalten gearbeitet: Ein Zucken des Mundes, als hält man sich mühsam zurück nicht mit den Eckzähnen zu fletschen, ein tiefes, sehr bewusstes Einatmen durch die Nase usw.

Die letzte Idee mit der ich in der V20 mal experimentiert habe wäre die Raserei noch stärker zu betonen. Wenn man das ernst nimmt was in dem Buch steht, dann steht ein Vampir konstant kurz vor einer Explosion. Ich habe das meistens im Spiel ignoriert, aus Regelunkenntnis und weil ich bei den meisten Runden die ständige Raserei sehr störend fände, aber ich glaube darauf kann man eine sehr interessante Vampirgesellschaft aufbauen: Stell dir einfach ein Club voller Menschen mit Gewaltproblemen vor - alle sind zeitgleich Opfer und Täter, alle versuchen (wirklich) nicht zur Bestie zu werden, keiner will den anderen "provozieren". Eine Gruppe Menschen die konstant auf Eierschalen umeinander herum schleicht damit nicht einer durchdreht und man sich gegenseitig zerfleischt. Ist aber natürlich auch eher für eine der horrorlastigeren Vampire Runden gedacht.
 
Letzteres hatten wir bei unseren Runden im antiken Athen. Die Versammlungen der Brujah waren mordgefährlich, im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht nur, dass man sich bewusst verbal so leidenschaftlich angegangen ist, bis man sich zur Raserei trieb, das war auch meist der beinahe erstrebte Höhepunkt (und das Ende) der Versammlung. Deswegen war es tatsächlich eine ziemliche show of courage für Vampire anderer Clans, an diesen Versammlungen teilzunehmen und nichts, was man tat, wenn man noch alle Vasen im Oberstübchen hatte. Das widerum betraf die malkavianischen Priester und Seher in der Runde natürlich nicht.

Ich hab aber auch abseits davon immer wieder mit dem Prinzip der immer schwelenden Raserei experimentiert. Das kann das Spiel bereichern, wenn jedes größere, gesellschaftliche Ereignis zum gegenseitigen Belauern hungriger Bestien wird. Das wird allerdings auch problematisch, wenn man regelmäßige, halbwegs zivilisierte Versammlungen abhalten möchte. Auf der anderen Seite gibt es dafür eigens Disziplinen.
 
Noch eine Idee. Charaktere haben in der Regel auch Personen, die ihnen etwas bedeuten. Selbst 100-jährige Ahnen werden in der Regel irgendwo noch Bande geknüpft haben. Freundschaft, Liebe, aber auch Hass gehören zur Menschlichkeit und die Spieler mächtiger Charaktere wollen ganz bestimmt nicht, dass ihre mit Mühe hochgezüchteten Supermänner eingehen, indem sie zu sabbernden, instinktgetriebenen Monstern werden. Wenn sie keine Beziehungen haben, dann macht ihnen das als Meister klar. Kleine Warnungen alá "In diesen Nächten fühlst du dich zunehmend alleine. Einsam. Du bist zwar von anderen Kainskindern umgeben, aber diese Leere nagt dennoch an dir und du fürchtest dich vor dem Moment, in dem du vergessen wirst, wie es ist, etwas für eine andere Person zu empfinden. Etwas anderes als Misstrauen. Oder Hunger, wenn es um Menschen geht."
Blablaba, usw usf
Vielleicht lasst ihr NSCs auftauchen, die den Charakter enorm an den verstorbenen besten Freund, die verschollene Tochter oder die Verflossene erinnert. Möglicherweise baut man eine zerbrechliche zarte Verbindung auf, ganz unschuldig und neuartig und Zack - dadurch, dass ein Rivale davon Wind bekommt, schwebt die Person plötzlich in Lebensgefahr. Möglicherweise gibt es Nebenbuhler um diese Person. Oder man muss die geliebte Person vor sich selbst schützen, da sie es hervorragend auf die Reihe bekommt, immer wieder, ihr eigenes Leben zu sabotieren. Und wer weiß. Babies können das Leben der abgebrühtesten Erwachsenen auf den Kopf stellen. Das kann auch für Ahnen und ihre neuen Schützlinge gelten. Man braucht nicht immer die klassische Bedrohung mit Intrigen, Verschwörungen oder Monsterhorden.
 
Ich halte zwar immer noch nicht viel vom aufoktroyierten "du / dein Charakter empfindet so und so" und glaube einfach, dass das seine Wirkung verfehlt, wenn es nicht aus der Entscheidung des Spielers wächst, aber ja, die Idee mit dem Sterblichen ist gut. Vor allem wenn die größte Gefahr für solche geliebten Personen nicht irgendein Feind ist, der sie bedroht, sondern der Spielercharakter selbst. Weil er aufgrund des Tiers unberechenbar ist. Weil er rasen und den Menschen unabsichtlich verletzen könnte. Weil es ihm passieren kann, dass er obsessiven Besitzanspruch mit Liebe oder Fürsorge verwechselt und nicht registriert, was für eine Gefahr er für jeden Sterblichen darstellt.

Sowas muss allerdings immer sehr subtil passieren. Ich finde ein Spielgefühl zu predigen oder allzudeutlich zu veranschaulichen bereichert die Runde in der Regel selten.
 
Es gibt bei Hunter in einem der Quellenbücher eine tolle Geschichte, über einen Vampir der versucht "menschlich" zu sein. Seine Familie schleicht auf Zehenspitzen um ihn herum um ihn ja nicht zu "provozieren", weil er seine sehr kurze Zündschnur hat. Die Tochter weint jedesmal, wenn Papi nach draussen geht um einen der Hasen auszutrinken usw. Der Vampir selbst hält sich für total "menschlich". Es war eine sehr grobe Parabel auf Gewalt in der Beziehung, aber ich fand es damals trotzdem sehr effektiv um daraus für Vampire zu stehlen.
 
Ich halte zwar immer noch nicht viel vom aufoktroyierten "du / dein Charakter empfindet so und so" und glaube einfach, dass das seine Wirkung verfehlt[...]
Ja, mag ich prinzipiell auch nicht. Man kann/sollte vor der Sitzung am Besten noch mit seinen Spielern sprechen und das Thema offplay behandeln, sonst fühlen sie sich in etwas hineingezwungen. Und wenn ein menschlicher NPC auftaucht, der an einen geliebten Menschen erinnert und der Spieler von sich aus nichts tun will... naja, dann hat er selbst eine schöne Gelegenheit für gutes Rollenspiel verpasst. Hinterher sollte man das allerdings auch nochmal kommunizieren.

Andere Idee: ein einflussreicher Vampir hat ein Kind gezeugt, das sehr große Schwierigkeiten hat, sich an den neuen (Un)lebensstil zu gewöhnen. Eigentlich würde er sich ja selbst darum kümmern, aber gerade jetzt bekommt er selbst noch eine Menge Stress von außen und benötigt eigentlich alle Zeit, um sich selbst über Wasser zu halten. Bzw es passiert einfach etwas, was in seiner Prioritätsliste sogar noch über seinem neugezeugten Kind steht. Nun bittet er die Spielercharaktere, auf seinen Schützling aufzupassen. Wie viel dieser schon weiß und gelernt hat und inwieweit dieser Neugeborene an die Leine genommen werden muss, steht natürlich offen und kann je nach Vorlieben angepasst werden. Aber so ein Szenario kann verdammt lustig ausfallen.

Achja und man sollte, finde ich, auch immer mal wieder seine Spieler direkt fragen, was für Szenarien sie sich eigentlich (mal wieder?) wünschen würden. Oft haben sie selbst ganz gute Ideen.[/QUOTE]
 
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