Chaos

Wieso zwingend Nicht-Spielercharaktere?
Die uralten Vampire der Welt der Dunkelheit assoziiere ich gerne mit den Blutkulten der Antike. In dieser Epoche war es den Kindern Kains noch ein Leichtes, die Sterblichen zu täuschen und von ihrem Status als leibhaftige Götter zu überzeugen. Die niedrige Generation und die damit verbundene Macht prädestinieren insbesondere Vampire vom Kaliber eines Methusalems für die Rolle als personifizierte Gottheit, daher beziehe ich eher Nicht-Spielercharaktere in meine Überlegungen ein.

Allerdings möchte ich nicht kategorisch die Möglichkeit ausschließen, dass die Göttergestalten der griechischen Mythologie meine Spieler ebenso mit kreativen Impulsen für das Repertoire ihrer Charaktere inspirieren können freilich… :cloud:
 
@Skar
Ha, ich wusste, dass du auf diese Formulierung anspringst :-D

Aber Spaß beiseite - ich find ja gerade spannend, sich von diesem Denken zu lösen, wenn auch nur auf literarischer Ebene. Mir fallen spontan zwei Gestalten ein, die ich auf Grund ihres chaotischen Verhaltens ganz gelungen finde und deren Antagonismus vor allem Standpunktsache ist.

Zum einen ist das Dr. House und zum anderen Discord von My little Pony. Gibt bestimmt noch viel mehr Beispiele. Vor allem aber ist es ein Zeichen, dass personifiziertes Chaos nicht immer in Gewaltorgien münden muss, wie beispielsweise beim Joker.

@Kappadozius

Achso,da bist du. Ich dachte jetzt an normales Powerlevel. Davon ab, hab ich nie verstanden, warum Rollenspiele immer so ein Geschiss darum nachen, wen man alles nicht spielen darf. Shadowrun ist das beste Beispiel. Fenrir Schamanen sind (oder besser: waren anno dritte Edition) okay, aber himmelherrgott einen Toxischen Schamanen? Einen BLUTmagier? Huuuuiiiii, das geht nicht - aus Gründen...
 
@ArchangelGabriel
Also bei dir ist es eine Sache des Standpunkts des Bewerters? Das find ich nicht so valide. Dr. House mag für Dritte zuerst der Böse sein, entpuppt sich aber später als pragmatischer Retter. Das ist dein Chaos?

Du hast immer Teylen so zugestimmt, daher dachte ich dur würdest das so sehen wie sie:
Teylen schrieb:
Ich persönlich denke bei Chaos an Naturgewalten und um genauer zu sein Naturkatastrophen.
Das heißt etwas unbeherrschbares, etwas mächtiges, das unvorhergesehen über einen einbricht ohne dabei eine Motivation zu verfolgen.
Mitunter würde ich als Motiv noch eine Ordnung verstehen die sich jedoch einer Erfassbarkeit entzieht und die damit in der Betrachtung sowie dem Versuch mit ihr zu interagieren willkürlich wirkt.

Der normal Zustand herrscht dann wenn die Welt einer Ordnung folgt respektive wenn man die Welt zumindest als erfassbar empfindet.
Im Grunde wenn der Zustand besteht der im Toleranzbereich dessen liegt an das man sich gewöhnt hat.
Das wäre für mich zum Beispiel Krebs. Mächtig, unbeherrschbar und unvorhergesehen, ohne eigenen Antrieb oder Motivation.

Krebs als Übel - oder auch nur als zentraler Twist - in einer Rollenspielwelt ist aber doch irgendwie blöd. Keine Absicht, keine Ursache, nur Symptome. Dagegen zu kämpfen macht so wenig Sinn, dass mir da auf längere Sicht wiederum die Motivation fehlen würde.
 
Wenn ich an personifiziertes Chaos denke, dann fielen mir diese Personen ein. Und wenn House so n Pragmatiker wäre, wie er immer tut, dann würde er Dienst nach Vorschrift machen und keine Schmerztabletten essen. ;-)

Krebs ist n gutes Beispiel eigentlich und es kommt drauf an was man draus macht. Klar bei Shadowrun macht man ne Genbehandlung und das Zufallsprinzip wäre ausgehebelt.

Aber:
Fantasysetting - ein Magier errichtet seinen Turm und das Dorf nebenan kriegt das zunächst nicht mit. Und im Laufe der Jahre erkranken vor allem die Kinder und die Alten an unterschiedlichen Symptomen. Ihnen gehts dreckig und nichts vermag sie gesunden zu lassen. Der örtliche Kleriker ist überfragt, seine Gebete werden nicht erhört. Er kann lindern, hinauszögern, heilen jedoch nicht und binnen weniger Monate/ Jahre sterben sie. Egal ob alt oder jung, ob fit oder ehemals kränklich. Von Hexenwerk ist die Rede. Der alte Mann scheint mit dem Teufel im Bunde. Alle wissen: Der Typ muss brennen. Und richtig: Der Lynchmob kommt, der alte Magier wird überwältigt und am Scheiterhaufen verbrannt. Zunächst scheint das Dorf weiterhin verflucht, doch mit der Zeit lassen die Krankheits- und Sterbefälle nach. Und warum: Weil der Alte nicht mehr das Grundwasser mit Quecksilber anreichert, bei seinen grundlegend harmlosen Versuchen. ;-)

Nochmal zu House:
Ein Großteil seiner Diagnostiken basiert wohlwollend auf nem Bauchgefühl. In nahezu jeder Folge gibts zig Diagnosen, die alle wohlbegründet und dennoch falsch sind. Und in den letzten 5 Minuten, fällt ihm und ihm allein dann irgendein meist hahnebüchener Quatsch ein, der alles auf den Kopf stellt und die Leute heilen - komplett... Trotz mindestens drei neuer Organe. Das hat weder was mit Pragmatismus, noch mit sonderlich guten Medizinskills zu tun. Und mit Ordnung sowieso gar nicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Chaos und Ordnung sind zwei Naturkräfte und zwei Gegensätze. So wie schwarz und weiß. Es liegt u.a. an unserer Kultur, warum wir weiß als positiv sehen und schwarz als negativ. Wie bei jeden Gegensätzen versuchen wir Chaos und Ordnung auch jeweils einer Seite zuzuordnen. Ordnung ist demnach eher weiß und Chaos eher schwarz. Das prägt dann auch unsere Assoziationen dazu. Der Mensch empfindet symmethrische Gegenstände, Gebäude, etc. sprich die gewissen Regeln, Ordnungen unterliegen als schöner. An Regeln kann man sich auch eher halten als wenn keine Regeln da sind.

Chaos ist nichts böses. Chaos ist eine notwendige Kraft. Ohne Chaos keine Evolution, keine positive Mutation. Meistens werden Mutationen ja als was schlechtes angesehen.

Wenn ein Pyromane im Mittelalter in einem chaotischen Akt ein Stadtviertel in Brand steckt, bei dem viele Menschen umkommen, ist die Tat gut oder böse?
Ist die Tat böse, weil so viele Menschen dadurch umgekommen sind und der Pyromane ein X-facher Mörder ist?
Ist die Tat gut, weil er damit die ganzen Ratten und andere Krankheitsüberträger auch getötet hat, die sonst eine Seuche oder gar die Pest in das Viertel gebracht hätten, die dann noch viel mehr Tote gefordert hätte? Oder ist die Tat gut, weil so das Feuer Platz geschafft hat, dass das Viertel mit Steinhäusern und einer Kanalisation neu aufgebaut werden kann und so zukünftige Generationen ein besseres Leben hätten und eine Modernisierung des bestehenden Viertels mindestens noch unzählige Jahre später, wenn überhaupt erst möglich gewesen wäre?
 
Allerdings möchte ich nicht kategorisch die Möglichkeit ausschließen, dass die Göttergestalten der griechischen Mythologie meine Spieler ebenso mit kreativen Impulsen für das Repertoire ihrer Charaktere inspirieren können freilich… :cloud:

Da wir hauptsächlich in diesen Epochen spielen kann ich diese Möglichkeit fünfmal unterstrichen bestätigen ;)

@Thema
Die griechische Mythologie, die du angesprochen hattest, Kappadozius, bietet auch noch einen anderen interessanten Ansatz eines Wechselspiels aus Chaos und Ordnung. Ich würde Jeden einladen, sich das antipodische Prinzip des Dionysischen und Apollinischen durchzulesen. Das Dionysische steht für chaotische Schöpfungskraft, für Entindividualisierung und göttliche Apotheose, eine Kraft die ultimativ zerstörerisch ist, während das Apollinische für den Schein der Vernunft steht, für die musische Ordnung und Schönheit. Bei den Griechen haben sich beide Gottheiten gerne in Delphi abgewechselt und was in den ursprünglichen, bacchantischen Ritualen durch rituelle und rauschhafte Verschmelzung mit Dionysos erreicht wurde, goss man schließlich in die Stellvertreterform der Tragödie und verwandelte es in eine apollinische Kraft des Schöpferischen im Rahmen des Tragbaren / Zivilisierten. Schelling und vor allem Nietzsche haben auch so Einiges dazu zu sagen, was passiert, wenn man Chaos versucht im Apollinischen zu domestizieren.

In der chaotischen Gnostik wird das Chaos auch, wie hier schon angesprochen, als Urzustand bewertet, der durch Götter der Ordnung (Enlil) zerstört wurde. Generell ist der Ansatz nicht uninteressant, dass es sich entweder um einen natürlichen, ursprünglichen Zustand handelt, der sich im evolutionären Druck immer wieder nach oben kämpft und versucht die (falsche) Ordnung zu sprengen oder eben der, dass es gerade das Wechselspiel aus beiden Mächten ist, das den Urzustand darstellt.
 
Nur kurz: Bei Warhammer 40k ist das Chaos für mich nicht Chaos sondern Wahnsinn und Bösartigkeit. Die Orkze, die sind Chaos. : D

Ansonsten steht Chaos für mich für die Schöpfung und den Wandel in Extremform während Ordnung für mich Stillstand und Tod ist. Das sehe ich dann dualistisch das dass eine ohne dem anderen nicht existiert und konsequenterweiße gibt es keines dieser beiden Gewalten in irgend einer Reinform.
 
Wenn ein Pyromane im Mittelalter in einem chaotischen Akt ein Stadtviertel in Brand steckt, bei dem viele Menschen umkommen, ist die Tat gut oder böse?
Ist die Tat böse, weil so viele Menschen dadurch umgekommen sind und der Pyromane ein X-facher Mörder ist?
Ist die Tat gut, weil er damit die ganzen Ratten und andere Krankheitsüberträger auch getötet hat, die sonst eine Seuche oder gar die Pest in das Viertel gebracht hätten, die dann noch viel mehr Tote gefordert hätte? Oder ist die Tat gut, weil so das Feuer Platz geschafft hat, dass das Viertel mit Steinhäusern und einer Kanalisation neu aufgebaut werden kann und so zukünftige Generationen ein besseres Leben hätten und eine Modernisierung des bestehenden Viertels mindestens noch unzählige Jahre später, wenn überhaupt erst möglich gewesen wäre?
Wer kennt das nicht:
Man steht morgens auf und denkt sich "Heute will ich was Gutes tun. Ich töte einfach mal wahllos ein paar Menschen und vielleicht hats gute Auswirkungen.".

Ne, jetztmal ernsthaft:
Das war ne rein rhetorische Frage, oder? Die Tat ist natürlich böse.
 
Ich sperre mich ja diesem schwarz/weiß Denken gegenüber. Gut und Böse sind religiös besetzte Begriffe und für komplexe Gesellschaften wenig tragbar, find ich. Aus einer Tat wie der beschriebenen ableiten zu wollen, dieser jemand habe im Guten gehandelt ist in meinen Augen falsch aufgefasster Liberalismus. Die Tat, selbst wenn sie unter dem vermeintlich guten Ansatz einer Verbesserung stattgefunden hat, ist nach wie vor egoistisch und die Person mächtig gestört. Irgendwie muss mit dem Ergebnis jedoch umgegangen werden - und daraus kann dann auch etwas entstehen, wovon alle profitieren. So würde dann n Schuh draus. Puren Egoismus als Chaos zu werten, halte ich für mein Verständnis für falsch.
 
Gut und Böse sind religiös besetzte Begriffe und für komplexe Gesellschaften wenig tragbar, find ich.
Der Schwierigkeit bei Gut und Böse liegt nicht darin, ob die Begriffe weltanschaulich besetzt sind sondern an den unterschiedlichen Sichtweisen. Siehe Brot für die hungernde Familie A klauen. Das die Familie A ohne dann versorgt ist macht die Tat für Papa A gut, dass wegen dem Brotdiebstahl die Familie B vielleicht hungern muss macht sie trotzdem für Papa B böse. Da brauchst keine Religion oder Weltanschauung um das kompliziert zu machen.
 
Religion führt diese Begriffe explizit an, darum gehts mir. Dieser Dualismus ist zentraler Bestandteil jedweder Religion und prägt darüber hinaus auch philosophische Ethik.
Moderne Ethik sollte sehr gut ohne diese Worte auskommen - da sie kulturell vorbelastet sind und immer das Damoklesschwert der Verdammung mitschwingt. Nur einer der vielen Punkte an denen zu sehen ist, dass es mit der Säkularisierung nicht allzuweit her ist.
 
Im Polytheismus ist der Dualismus eher zwischen "richtig" und "falsch" konnotiert und hat viel mehr mit den spezifischen Vorgaben des Kultes zu tun, als mit einer allgemeinen Moralität oder einer universellen Vorstellung von Gut und Böse. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die entsprechenden Götter für chaotische oder chthonische Prinzipien stehen, die so überhaupt nichts mit Moral zu tun haben.

Der Zen-Buddhismus lehnt jedwede Form von Dualität ab, also auch das Prinzip von Gut und Böse. Das würde auch vielen anderen Punkten entgegen stehen, was den Universalismus und die Verortung des Individuellen im Ganzen betrifft. Bereits das Konzept von Gut und Böse als moralisch instanziertes Dogma läuft gegen das Prinzip von Zen Sturm.

Ich weiß, es will Niemand hören, das Bild ist so schön praktisch, aber es gibt dutzende Beispiele die aufzeigen, dass der dogmatische Moralismus der monotheistischen Religionen keinesfalls für jedwede Religion gültig ist - oder überhaupt sehr viel älter ist, als diese. Tatsächlich gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass moralische Prinzipien schon weit vor der oft zitierten religiösen Indoktrinierung zustande kommen, eben als (unausgesprochener) Vertrag und Basis menschlichen Zusammenlebens. Aus der pragmatischen Konsequenz eines erfolgreichen Zusammenlebens entwickelt sich moralischer Dualismus völlig areligiös. Lustigerweise sind die meisten Religionen im Grunde aber auch nichts anderes, als spirituelle Variationen dieses sozialen Pragmatismus (und eben sehr selten oder erst stark institutionalisiert die manipulativen Machtmittel, als die sie gerne gesehen werden).

Das ändert natürlich nichts daran, dass Chaos ohne den Dualismus auskommt und sich größtenteils sogar durch die Nichtexistenz der Prinzipien von Gut und Böse, Richtig und Falsch etc. definiert.
 
Zurück
Oben Unten